Calvin, Jean – An Antoine de Croy, Prinzen de St.-Porcien.

Nr. 730 (C. R. – 3949)

Antoine de St.-Porcien (vgl. 710) hatte sich aus Eifersucht gegen die Guisen der hugenottischen Partei angeschlossen und war de Conde´s persönlicher Freund; er stand damals im Alter von 22 Jahren.

Lob und Mahnung.

Monseigneur, wiewohl ich Ihnen bisher nie geschrieben, habe ich doch stets geziemende Verehrung für Sie gehegt und war geneigt, Ihnen einmal einen Dienst zu erweisen, wenn Gott mir dazu Gelegenheit böte; denn ich kann sein Diener nicht sein, ohne die hervorragende Tüchtigkeit, die er Ihnen verliehen hat, zu lieben und zu ehren. Da ich aber nicht mehr tun konnte, begnügte ich mich bisher damit, an Sie zu denken und den Vater im Himmel zu bitten, er wolle sie behüten und Sie wachsen lassen an allen Gaben seines Geistes. Umso mehr Vergnügen macht es mir, vom Überbringer dieses Briefes, der in Ihrem Dienste steht, zu vernehmen, dass Sie mir die gnädige Erlaubnis zu dem gaben, was ich nicht zu tun gewagt hatte, so sehr ich dazu Lust hatte. Ich danke Ihnen also ergebenst, Monseigneur, dass Sie geruht haben, Ihr Wohlwollen gegen mich zu äußern, nicht nur weil ich es hochschätze, bei Ihnen in Gunst zu stehen, sondern auch weil Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen zu erklären, wie sehr ich Ihr ergebener Diener bin. Da ich das aber nicht anders zeigen kann als durch meine Sorge um Ihr Seelenheil und durch Anwendung dessen, was mir Gott verliehen, so nehme ich dazu meine Zuflucht. Das heißt, ich will Sie bitten, Monsieur, und im Namen Gottes ermahnen, Mut zu fassen und fortzufahren in dem, was Sie so gut und glücklich begonnen haben. Seit einiger Zeit sind sie für einen Mann von Stand und Rang recht sehr geprüft worden, und Gott hat Ihnen unerschütterliche Tapferkeit gegeben, alles zu bestehen. Das war eine gute Bewährung Ihres Glaubens; aber Sie können nicht genug darauf hingewiesen werden, dass das noch nicht alles ist, und dass Sie noch gegen viele Versuchungen zu kämpfen haben. Denn das Christentum zeigt sich nicht nur darin, dass wir Waffen tragen und Leib und Gut wagen im Kampf für die evangelische Sache, sondern auch darin, dass wir uns im Gehorsam ganz dem unterwerfen, der uns so teuer erkauft hat, damit er gepriesen werde in unserm Leben und Sterben. Das ists, Monsieur, worin Sie beharren müssen: Sie dürfen nicht müde werden, nicht nur mit dem Schwerte gegen sichtbare Feinde zu kämpfen, sondern auch gegen alles, was Sie abziehen oder hindern könnte auf dem guten Wege. Ja noch mehr, nicht nur sind wir so gebrechlich und haben stets unzählige Kämpfe in unserem Herzen auszufechten, sondern der Satan legt uns stets Hindernisse in den Weg, um uns abzulenken oder uns kalt werden zu lassen. Soll also von wirklicher Ruhe die Rede sein, so müssen wir zum Himmel aufsehen; eine gewisse Erholung freilich mag uns ja Gott hienieden schon für eine Zeitlang gönnen. Ich sage das nicht aus Misstrauen, denn ich bin sicher, dass Gott, der Sie schon so Gutes hat merken lassen, Sie auch ferner nicht im Stich lassen wird. Aber auch Sie, Monsieur, werden erfahren, dass wir nie genug gewappnet sein können den vielen Versuchungen gegenüber, denen wir stets ausgesetzt sind. Da ich jedoch nicht zweifle, dass Sie fleißig sind, die frommen Mahnungen [der Schrift], die Ihnen als Schwert und Schild dienen können, zu lesen und zu hören, will ich jetzt nicht weiterfahren. Ich weiß nicht, ob Gott uns je die Güte erweisen wird, auf die Sie mich hoffen lassen, nämlich dass wir uns auf dieser Welt einmal sehen; die Hauptsache ist, dass wir zusammenkommen in seinem ewigen Reiche, obwohl ich deswegen nicht aufhöre zu wünschen, das andere möge auch noch eintreten. Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Monseigneur, untertänigst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie mehr und mehr stark werden lassen in seiner Kraft und Sie zunehmen lassen in allem Guten und Glücklichen.

Genf, 8. Mai 1563.

Calvin, Jean – An Antoine de Crussol in Languedoc.

Nr. 729 (C. R. – 3947)

De Crussol (vgl. 700, 716), seit 1561 Führer der Protestanten in der Languedoc behielt diese Stellung auch nach dem Frieden von Amboise und wirkte für die Beruhigung des Landes; er hatte wohl Calvin aufgefordert, an de Conde und Coligny über den Frieden freundlich zu schreiben.

Ermunterung in der bösen politischen Lage.

Monseigneur, hätte ich öfters Gelegenheit, Ihnen zu schreiben, so sollte es nicht an mir liegen, wenn ich es nicht täte. Selbst als die Wege noch gesperrt waren, habe ich es ja nicht zu tun unterlassen, wenn es mir notwendig schien. Aber ohne Not wollte ich keinen Brief dem Zufall anvertrauen. Die Lage Frankreichs scheint mir in jeder Hinsicht so verworren, dass ich fürchte, wir müssen mehr als je wieder von vorn anfangen. Nicht dass nicht leicht und rasch zu helfen wäre, wenn man hören wollte; aber Sie sehen, wie es damit steht. So bleibt uns nichts übrig, als uns in Geduld zu demütigen und zu warten, wie es Gott versehen wird, wovon wir gewiss, – daran zweifle ich nicht, – bald einige gute Zeichen sehen werden. Indessen müssen wir uns tapferer halten als je, denn Gott will die Seinen prüfen mit diesem Schlag, indem er ihnen einerseits große Schwierigkeiten in den Weg legt und ihnen damit andrerseits Gelegenheit gibt, recht mit vollem Bewusstsein sich in seinen Dienst zu stellen. Deshalb bitte ich Sie, Monsieur, fassen Sie Mut! Und da Sie sehen, dass Gott Sie der Ehre gewürdigt hat, andern als Beispiel und Vorbild dienen zu sollen, so versäumen Sie darin nichts, worauf ich mich übrigens verlasse, ohne Sie länger dazu ermahnen zu wollen. Ja, da ich sehe, wie Sie dafür sorgen, dass andere an ihre Pflicht gemahnt werden, so habe ich an den gnädigen Herrn Prinzen geschrieben; er hat nämlich auch selbst mir dazu durch einen Brief, den Herr Beza brachte, Erlaubnis gegeben. Doch müssen Sie mir verzeihen, wenn ich dabei eine andere Schreibart brauchte, als Sie vielleicht gewollt hätten. Denn ihn glauben machen, weiß sei schwarz, das wäre mir zu sehr wider die Natur gegangen, und das könnte ich nicht. Indessen habe ich mich so gemäßigt, dass Sie, glaube ich, auch zufrieden gewesen wären, wenn Sie es gelesen hätten. Ebenso habe ich dem Herrn Admiral geantwortet und ihn mehr persönlich gebeten, bei allerlei Dingen Hand anzulegen, nicht weil er es nötig hätte, angetrieben zu werden, sondern nur, weil er mich aufgefordert hatte. Findet er es gut, meinen Brief zu zeigen, so ist kein scharfes Wort darin, das Anstoß geben könnte, und doch enthält das Schreiben einige Winke zur Ermunterung eines jeden, der es liest.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Monsieur, untertänig empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie behüten, Sie in allem, was Sie unternehmen, leiten mit seinem Geist, Sie stärken in rechter Festigkeit und Sie zunehmen lassen in allem Glück.

Genf, den 7. Mai 1563.

Calvin, Jean – An Louis de Bourbon, Prinzen von Conde.

Nr. 728 (C. R. – 3950)

Zu Calvins Urteil über den Frieden von Amboise und über de Conde vgl. 722, 723. Über den Grafen de Beauvais, Odet de Chatillon, Colignys Bruder vgl. 664, 716.

Nach dem Friedensschluss; Dringen auf öffentliches Bekenntnis.

Monseigneur, ich brauche mich bei Ihnen nicht weiter zu entschuldigen, dass ich Ihnen so lange nicht geschrieben habe, denn ich hatte ja keine Gelegenheit, meine Pflicht zu erfüllen. Auch jetzt fürchte ich noch, die Wege könnten noch nicht ganz sicher sein; aber da Sie mir in Ihrer Gnade zuvorgekommen sind mit dem Brief, den mir mein Bruder, Herr Beza, von Ihnen brachte, so würde ich mich schämen, es noch weiter aufzuschieben, besonders da ich durch den Überbringer dieses Briefes, der in kurzem zu reisen hat, Gelegenheit erhalten habe.

Was nun die Friedensbedingungen angeht, so weiß ich wohl, Monseigneur, dass es Ihnen nicht leicht war, solche herauszuschlagen, wie Sie gewollt hätten. Wenn deshalb viele Leute bessere wünschten, so bitte ich Sie, das nicht verwunderlich zu finden, da diese Leute darin ja mit Ihnen übereinstimmen. Wenn uns nun aber Gott weiter zurückgebracht hat, als wir dachten, so müssen wir uns beugen unter seine Hand. Wie dem sei, – ich zweifle nicht daran, dass Sie sich Mühe gaben, Gottes Reich nach Möglichkeit zu fördern und für die Ruhe und Freiheit der Kirchen zu sorgen, und so hoffe ich auch und bin ganz überzeugt davon, dass Sie auch künftig fortfahren werden, alles in bessern Stand zu bringen. Nehmen Sie es jedoch nicht übel, Monseigneur, wenn ich Sie meinerseits dazu auffordere angesichts der Sie umgebenden Schwierigkeiten.

Vor allem, wenn Sie nicht durch Ihre Macht in Kraft treten lassen, was beschlossen worden ist zu Gunsten der Gläubigen, so bleibt der Friede wie ein Leib ohne Seele, und unsere frühern Erwartungen haben uns gezeigt, wie kühn und unternehmend die Feinde Gottes in ihren bösen Absichten sind, wenn man ihnen nicht lebhaft widersteht. Andrerseits sehen Sie, Monseigneur, in Ihrer Klugheit wohl, ohne dass man Ihnen nur ein Wort zu sagen brauchte, wie viele Leute auf die Gelegenheit lauern, obenauf zu kommen. Sie kennen diese Schliche, und wenn Sie diesen Leuten Zeit geben, Ihnen zuvorzukommen, so werden sie nicht verfehlen, es zu tun, und haben sie erst einmal den Fuß im Steigbügel, so ists zu spät, sie daran zu hindern. Das muss Sie veranlassen, sich in der Verwaltung der Geschäfte eine solche Umgebung zu verschaffen, dass allen schädlichen Widersachern die Tür verschlossen ist. Dabei gibt es dann noch manche Mittel, den Fortschritt des Evangeliums zu fördern. Ich weiß wohl, Monseigneur, es kann nicht alles an einem Tage geschehen; aber ich glaube doch, damit nichts Ungeschicktes passiert, müssen Sie sich an das Wort: „Je schneller, je besser“, erinnern, damit nicht neue Schwierigkeiten sich erheben, die alles zerstören, wenn mans im besten Zuge glaubt. Gerade zu dieser Stunde heißt es mehr als je arbeiten; denn es scheint, Gott wolle Ihnen dazu die Hand reichen und, wie er Ihnen die unschätzbare Ehre erwiesen hat, seine Sache mit dem Schwert zu verfechten, so Ihnen auch andere Wege zeigen, um das von ihm Begonnene zur Vollendung zu führen. Da es ihm nun also gefällt, Sie auf mancherlei Art zu prüfen und zu brauchen, so haben Sie allen Grund, sich ohne Schonung Ihrer selbst anzustrengen, um sich stets besser zu bewähren.

Noch eine andere Sache, Monseigneur, möchte ich hier berühren. Vor dem Reichstag zu Frankfurt, an den Sie Herrn de Passy gesandt haben, forderte mich Herr d´ Andelot auf, in Ihrem Namen ein kurzes Bekenntnis abzufassen, das dort vorgelegt werden könnte. Ich stellte es auf, wie Gott es mir eingab. Der Herr Graf de Beauvais sah es und wünschte, es sollte von Ihnen unterzeichnet werden. Aber weder Madame de Roye, noch Herr de Soubise konnten es Ihnen zukommen lassen. Schließlich sandte ich es Ihnen durch einen armen, wandernden Gesellen; aber es kam zu spät. So ist nun zwar die Gelegenheit vorbei, aber doch, scheint´ s mir, wäre besagtes Bekenntnis noch nicht unzeitgemäß, sondern könnte guten Erfolg haben in Frankreich sowohl, wie im Ausland. Man müsste nur die Einleitung ändern und, statt es an den Kaiser zu richten, es zu einem allgemeinen machen, ohne auf die Frage nach den Kriegsursachen näher einzugehen. Wäre solche Änderung Ihnen genehm, so habe ich mir herausgenommen, Ihnen zu zeigen, wie man es etwa anfangen müsste, und Sie könnten es aus beiliegender Kopie ersehen. Wollen Sie das Bekenntnis aber lieber lassen wie es ist, so brauchte man nur eine entschuldigende Bemerkung davor zu setzen, weshalb es nicht zur rechten Zeit und am rechten Ort vorgelegt worden ist. Welchen Erfolg ich mir davon verspreche, will ich nur in zwei Worten andeuten. Sie wissen, Monseigneur, dass Ihre Unterschrift vielen armen, unwissenden Leuten Lust machen wird, geduldig zu lesen, was sie sonst einfach wegwürfen, und so könnte es ein göttliches Mittel sein, eine ungezählte Schar zu gewinnen. Noch größeren Erfolg darf man aber im Ausland davon erwarten; denn die vielen Deutschen, die wegen der Abendmahlslehre den Franzosen entfremdet sind, werden sich aus Respekt vor Ihrem Namen nicht mehr erlauben, ihre Nase drein zu stecken, und das kann Ihnen dann nur umso mehr Gunst erwerben. Dazu muss ich Sie noch auf eine andere Gefahr aufmerksam machen, die Sie ja teilweise schon gespürt haben, nämlich dass man Ihnen unaufhörlich Netze stellt, um Sie mit dem Augsburgischen Bekenntnis zu fangen, das nicht Fleisch noch Fisch ist und schon viel Spaltungen und Händel unter den Deutschen verursacht hat. Haben Sie nun, Monseigneur, eine solche Erklärung abgegeben, so haben Sie allen derartigen Zumutungen, die man an Sie stellen könnte, die Tür verschlossen und können stets erwidern, dass Sie ohne ausreichenden Grund Ihr öffentlich abgelegtes Bekenntnis nicht zurücknehmen könnten. Ich brauche nicht zu betonen, dass ich damit nichts suche als Gottes Ruhm, das gemeine Wohl seiner Kirche und auch Ihre Ehre; denn ich denke, Sie halten mich nicht für einen Menschen, der dabei an sich dächte. So erwarte ich Ihre Antwort, um zu vernehmen, was Ihnen gefällig ist, und mich nach Ihren Befehlen richten zu können.

Da ich auch höre, Monseigneur, dass man über ein Bündnis verhandelt, in das auch die Schweizer einbezogen werden sollen, so bitte ich Sie, im Interesse des Königs eifrig für seinen Abschluss zu wirken. Ich sage das, denn es könnte Schwierigkeiten bieten, durch die Sie sich abschrecken ließen; wird aber alles ernstlich überlegt, so sollte man eine solche Sache nicht leichthin fallen lassen. Ich wagte nicht, Ihnen anzuempfehlen, dass auch Genf darein bezogen werden, – wiewohl die Herren von Bern, unsere Burgrechtsgenossen, versprochen haben, uns dazu zu verhelfen, – wenn nicht jedermann mit Augen sehen könnte, dass es von großem Vorteil für den König wäre, ja dass es sogar ein offenkundiger Schade wäre, wenn Genf beiseite gelassen würde. Ich wage mich zu dieser Angelegenheit nicht auch anzubieten, sondern begnüge mich mit der Versicherung, dass Sie mich stets bereit finden werden, wenn Sie mir mitzuteilen geruhen, meine Mitwirkung scheine Ihnen vorteilhaft.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Monseigneur, untertänigst empfehle, bitte ich unsern lieben Gott, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie führen durch seinen heiligen Geist, Sie stärken mit unüberwindlicher Kraft und Sie zunehmen lassen in allem Guten und Glücklichen.

[Genf, 7. Mai 1563.]

Calvin, Jean – An Jean Mercier in Paris.

Nr. 727 (C. R. – 3944)

Vgl. 555. Mercier hatte Calvin in dem erwähnten Briefe offenbar versprochen, nach Genf zu kommen, war aber in Paris geblieben und dort vom katholischen Pöbel misshandelt und fast getötet worden.

Glückwunsch zur Lebensrettung und Einladung nach Genf.

Zwei Tage, nachdem ich deinen Brief erhalten, traf uns wie ein Blitz die Nachricht von deinem Tode, die mich und viele andere nicht nur erschreckte, sondern geradezu niederschmetterte. Du kannst dir darin imponieren, dass du uns zu so bitterer Trauer Anlass gegeben; die falsche Meinung quälte uns etwa vierzehn Tage, bis schließlich die erfreulichere Botschaft kam, du seiest zwar vielfach verwundet in die Seine geworfen, aber wieder herausgezogen worden. In meiner Freude scherzte ich ganz ausgelassen über diesen glücklichen Fischfang. Jetzt ists an dir, dafür zu sorgen, dass ich mich recht und gründlich darüber freuen kann, dass du unversehrt geblieben bist. Wo du auch bist, – ich gratuliere der Kirche Gottes zu deiner Erhaltung; aber wenn du dein Versprechen nicht hältst, muss ich das doch bedauern und mich beschweren. Doch ich will nicht länger davon reden, damit es nicht scheint, als misstraute ich deiner Festigkeit und wolle dir indirekt den Makel leichsinnigen Versprechens aufprägen. Es wäre wirklich schändlich, wenn du, für unsere Sache so wunderbar gerettet und vom Tode auferstanden, vergessen wolltest, was du versprochen hast. Besinne dich, früher hast du Ausflüchte gesucht und Entschuldigungen vorgebracht, die ich für bloße Verzögerungsversuche hielt; dein letztes Wort hat dir Gott förmlich abgerungen und herausgelockt, das musst du zugeben. Ich denke, du seiest nun wieder genesen und ordentlich zu Kräften gekommen. Wenn du nun nicht die nächste, beste Gelegenheit ergreifst, kannst du dich nicht mehr entschuldigen. Lebwohl, hochberühmter Mann und von Herzen verehrter Bruder. Der Herr, der dich aus dem Rachen des Todes gerissen hat, stärke dich mehr und mehr durch die Kraft seines Geistes, bis du gesund und heil zu uns kommst.

3. Mai 1563.
Dein Carolus Passelius.

Calvin, Jean – An Stanislaus Sarnitzki in Krakau.

Nr. 725 (C. R. – 4015)

Vgl. 724.

Sachlicher Kampf gegen den Unitarismus, kein persönlicher gegen Lismanino.

So ist die Zeit ernstlicher Heimsuchung nun da; überall gibt Gott dem Satan Freiheit. Von der traurigen Lage meines lieben Frankreich wage ich kaum zu reden. Denn nach unzähligen Blutbädern, Plünderungen von Städten, allgemeinen Räubereien fahren die Feinde des Evangeliums so frech weiter, wie sie begonnen. Man hat versucht, Frieden zu machen; aber die königliche Macht wird von vielen verachtet, und es ist kein Ende abzusehen, bis einmal der Fanatismus der Gegner mit Waffengewalt überwunden und unterdrückt wird. Gleichzeitig erregen in ganz Deutschland aufdringliche Menschen allerlei Wirren und verstümmeln die reine Lehre.

Bei Euch in Polen hat zuerst Stancaro nichts unversucht gelassen, alles durcheinander zu bringen, und dann kam von der Gegenseite her Blandrata und zerstörte die Grundlagen des Glaubens. Zwar hat mich das nicht verwundert, dass ein Mensch von seinem nicht nur argen, sondern geradezu heillosen Charakter bei Euch, wo man ihm mehr Freiheit ließ, dasselbe versuchte wie bei uns; als ich aber aus deinem Briefe erfuhr, dass eine ganze, große Schar von Männern mit einem Male von Wahnsinn erfasst sei, erschrak ich doch heftig. Als man mir neulich ein Flugblatt zeigte, das Christum zu einem Gott, der er erst geworden ist, machte, schrieb ich eine Warnung, die hoffentlich bereits zu Euch gelangt ist. Nun willst du mich durch dein frommes Mahnen dazu bringen, ich solle das stets größer werdende Unheil nochmals zu heilen versuchen. Wenns nur nicht eine so unfruchtbare Arbeit wäre! Besonders dringend verlangst du, ich solle mich mit meiner Feder gegen Lismanino wenden. Verzeih, verehrter Bruder, wenn ich nicht sofort deinen Wunsch erfülle. Ich habe ihm längst zu wissen getan, als er mir verdächtig wurde, wenn er Blandrata begünstige, werde er mein erklärter Feind sein. Lügnerisch hat er geantwortet, er stehe dessen Irrlehren ganz ferne. Er hat mich betrogen; ich sehe es und habe übrigens schon damals nicht anders geurteilt. Da ich mich aber über Blandrata bereits öffentlich und privatim freimütig geäußert hatte, wie es nötig war, so glaubte ich meine Pflicht getan zu haben, da mein Urteil auch alle seine Anhänger traf. Unfreundlich aber ist es von dir, wenn du sagst, ich müsse wieder gut machen, was Lismanino verbrochen, weil er von mir aufs beste empfohlen zu Euch gekommen sei. Als ob er nicht auch bei uns die herrlichsten Empfehlungen vorgewiesen hätte, in denen ihn die Polen in den Himmel erhoben! Als er im Sinn hatte, wieder nach Polen zu reisen, und sich stellte, als brenne er vor Eifer ums Evangelium, bat ich die Brüder, einen Mann freundlich aufzunehmen, der durch seinen großen Einfluss ihnen ein guter Helfer sein könne. Da du mir aber nun solche Vorschriften machst, will ich künftig mit meinen Empfehlungen sparsamer und vorsichtiger werden. Übrigens, wenn ich zu freigebig war im Lob für ihn, warum denn habt Ihr nicht vielmehr dem geglaubt, was Ihr erfuhret, als dem, was ich sagte? Ich weiß, du forderst um der andern willen, [ich solle mich gegen ihn wenden]; aber es ist doch niemand so verblendet, nicht einzusehen, dass mein Urteil über Blandrata sich auch auf Lismanino bezog, so dass es überflüssig ist, von einer sachlichen Behandlung abzugehen und ihn persönlich dranzunehmen. Vielmehr möchte ich lieber, du samt den andern überzeugtest dich, dass mein Kampf der Gottlosigkeit gilt und sich nicht gegen die einzelnen Persönlichkeiten richtet. Du bist jedenfalls mit dieser Auffassung einverstanden; da aber oft der Streit die Blicke trübt, so bitte ich dich, lieber Bruder, doch alle Kraft auf die Bekämpfung der teuflischen Irrlehre selbst zu wenden. Setzt sich Lismanino zur Wehr, so heißts mannhaft seiner Tollheit widerstehen; will er sich durch geheime Machenschaften verborgen halten, so wird Gott seinen Betrug bald ans Licht bringen. Lebwohl, trefflicher Mann und von Herzen verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er leite dich mit dem Geiste der Klugheit und segne dein Wirken.

Genf [April 1563].

Calvin, Jean – An Jakob Sylvius in Polen.

Nr. 724 (C. R. – 3941)

Jakob Sylvius, Pfarrer im Dienst des Martin von Zborow, Pfalzgrafen von Posen, hatte Calvin aufgefordert, gegen die Antitrinitarier zu schreiben, denen der größere Teil der polnischen Evangelischen zugefallen war.

Vom Abfall Polens.

Als ich vor vier Monaten auf Eure Zwistigkeiten und auf den so traurigen Zerfall Eurer Kirchen aufmerksam gemacht wurde, schrieb ich eine kurze, aber deutliche Mahnung, die Brüder möchten sich vor Blandrata und ähnlichen Brandfackeln in acht nehmen. Zwar wünschte Herr Christoph Threcius, ich möchte doch Stancaros Phantastereien ebenso ausführlich zurückweisen wie Blandratas Irrlehre; da aber die Antwort, die ich Stancaro bereits gegeben hatte, durch Unachtsamkeit oder Betrug Eurer Landsleute verloren gegangen war, so unterließ ich es, nochmals diese Arbeit zu unternehmen, weil mich das zu sehr verdrossen hatte. Und sicher werde ich eine eigentliche Schrift mir nicht abpressen lassen, bis ich jene Schrift wieder habe, die mir zur Widerlegung der Verleumdungen dieses unsauberen, frechen Schmähredners Stancaro mehr als notwendig ist. Jetzt will ich aber doch auf deine und unseres Bruders, Herrn Sarnitzki, Mahnung einen gemeinsamen Brief an Euren Adel und die Bürgerschaft von Krakau schreiben. Wenn ich nicht an jeden einzelnen schreibe, so müsst Ihr mir das verzeihen; denn soviel übrige Zeit habe ich nicht, dass ich mein Amt beiseite legen, meine Landsleute übergehen und alles, was ich sonst zu tun habe, vernachlässigen könnte, um Euch einmal acht Tage hintereinander zu widmen. Außerdem lässt mir meine schwache Gesundheit dazu schon keine Zeit. Dir aber, trefflichster Bruder, gratuliere ich von Herzen, dass du, da der große Haufe abfällt, feststehst mit ein paar andern in der Verteidigung des reinen Glaubens. Ich erschrak förmlich, als ich sehen musste, wie all die Pfarrer von Klein-Polen plötzlich sich zu so krassem, abscheulichem Abfall hinreißen ließen. Was soll man anders davon sagen, als dass ein Felix Cruciger und seinesgleichen nach einem geheimnisvollen Ratschluss Gottes verzaubert wurden, ihre Hoffnung auf einen Gott zweiten Ranges, der erst Gott geworden ist, zu setzen. Lächerlich aber ist der Hochmut dieser Leute, die uns aus ihren Löchern drohen, als könnten sie mit ihren hochtrabenden Worten uns alle über den Haufen werfen. Doch ists gut, dass wir nicht um den eigenen Ruhm streiten, sondern nur darum, dass uns die wahre, ewige Gottheit Christi unangetastet bleibe und vor ihren Lästerungen verteidigt werde. Dafür mühe auch du dich und lass dich durch ihren Trotz nicht ermüden! Lebwohl, trefflicher Mann und von Herzen verehrter Bruder; der Herr behüte dich mit seinem Schutze; er wappne dich mit seiner Kraft und mache dich stets reicher an seinen Geistesgaben. Den erlauchten Herrn Pfalzgrafen von Polen, in dessen Dienst du stehst, grüße ehrerbietig von mir.

Genf [April 1563].

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (723).

Nr. 723 (C. R. – 3929)

Madame de Roye reiste in de Condes Auftrag nach Heidelberg, um den deutschen Fürsten für ihren Zuzug zu danken; dies meint Calvin wohl mit der Entlassung der Truppen. Weggelassen sind im Friedensvertrag einige Abschnitte, die nähere Bestimmungen für die zu erlassende Amnestie enthalten. Über die Reise des Kardinals von Lothringen vgl. 718.

Der Friede von Amboise.

So hat uns nun auch der zweite der Brüder [de Bourbon] schmählich verraten. Eidlich, – und er wollte es drucken lassen, – hatte er versprochen, nichts zu tun ohne Übereinstimmung der Genossen! Während er schon heimlich mit der Königin-Mutter unterhandelt, schreibt er dem Kommendanten von Lyon, er halte die Sache in der Schwebe bis zur Rückkehr des Admirals. Gleichzeitig aber gibt er bereits seiner Schwiegermutter Weisung, für die Entlassung aller Truppen zu sorgen, und gibt ihr die Versicherung, es sei bereits der Friede geschlossen. Das hat mir diese Frau, die für solche Dinge nicht schlau genug ist, brieflich gestanden, indem sie mich mit schönen Worten zu gewinnen suchte. Welche schönen Fortschritte de Conde mit einem Federstrich vernichtet hat, siehst du aus Bezas Brief; doch hat er nicht alles zu schreiben gewagt, da manches uns vor dem Bekanntwerden des bösen Friedensschlusses hätte die Waffen aus der Hand schlagen können. Die Herrschaft hat de Conde ganz verblendet; dabei glaubt er noch, Großes geleistet zu haben, da er sechs Herren seines Gefolges die Aufnahme in den königlichen Ritter-Orden erwirkt hat; über solche kindische Dinge triumphiert er. Möge Gott, wie er oft tut, in dieser Schwachheit seine Macht zeigen.

Folgendes sind die Hauptbedingungen des Friedens:

1. Alle Adligen, die Freiherrn sind und die hohe Gerichtsbarkeit oder Edellehen besitzen, sollen samt ihren Familien in ihrem Gebiete Gewissensfreiheit und freie Ausübung des von ihnen sog. reformierten Glaubens; ebenso ihre Untertanen, wenn diese freiwillig und ohne Zwang dabei sein wollen. Die Adligen aber, die keine Gerichtsbarkeit haben, sollen der gleichen Freiheit genießen für sich und ihre Familien, nur dürfen sie nicht in Städten, Flecken, Dörfern andern Gebietes wohnen; in diesem Fall dürfen sie ihren Glauben nur mit Erlaubnis ihrer Herren ausüben; der König aber gibt in dem ihm unmittelbar gehörenden Gebiet allen dieselbe Freiheit.
2. In jeder Provinz, die Appellationsbezirk eines Parlaments ist, wird eine Stadt bezeichnet werden, in deren Vorstädten allen Provinzgenossen, die dabei sein wollen, freie Religionsübung zugestanden wird, sonst aber nirgends. Wer aber bei sich zu Hause frei bleiben will, der darf keiner Belästigung ausgesetzt, keiner Untersuchung unterworfen und zu nichts wider sein Gewissen gezwungen werden.
3. In allen Städten, außer den bezeichneten, in denen bis zum siebenten dieses Monats die sog. reformierte Religion ihre Gottesdienste hatte, soll diese Religion auch fernerhin innerhalb der Mauern an ein oder zwei Orten ausgeübt werden dürfen; nur dürfen die Bekenner dieser Religion die Kirchen nicht für ihren Gebrauch in Anspruch nehmen. Dem katholischen Klerus soll all sein Gut zurückerstattet werden, dass er den Gottesdienst weiterführe wie vor den Unruhen; doch soll der Klerus um Zerstörtes nicht prozessieren.
4. Die Stadt Paris samt ihrem Gebiet bleibt frei von der Ausübung dieser Religion; doch sollen die dort wohnenden [Anhänger dieses Glaubens] ruhig ihres Gutes genießen dürfen und in Gewissenssachen weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft beunruhigt, gewaltsam gezwungen oder durch Untersuchung belästigt werden.
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7. Um den Herrn Prinzen de Conde, Generallieutnant und Gouverneur der Picardie, von aller Sorge zu befreien, dass er in Zukunft irgendwelchem gehässigen Tadel ausgesetzt sein könne, erklären und halten wir ihn für unsern lieben Vetter und Blutsverwandten und treuen Untertan des Königs, wie es seine Abstammung aus uns so nahe verwandtem Blute verdient; auch sollen alle Herren, Ritter, Adlige und Bürgerliche, auch Stadt- oder Dorfgemeinden oder wer in diesem Krieg auf seiner Stadt stand, wo sie auch gekämpft haben in diesen Unruhen, erklärt und gehalten werden als treue Untertanen des Königs; denn wir sind überzeugt, dass sie, was sie taten, getan haben in guter Absicht und in der Meinung, dem König zu gehorchen, weshalb sie alles Tadels ledig sein sollen.
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10. Alles Unrecht und aller Schaden, der in diesem Krieg entstanden ist, soll ausgelöscht, tot und begraben sein, und es wird jedermann, wes Standes er sei, bei Todesstrafe gegenseitige Beleidigung, Herausforderung zum Streit, Zank und Schmähung wegen Religionsfragen untersagt.
11. Die Bekenner der [sog. reformierten] Religion sollen jedem Bündnis entsagen, das sie eingegangen haben, sei´ s im Reich, sei´ s außerhalb der Grenzen; sie sollen ferner keine Schatzungen mehr halten, Listen führen und Steuern erheben, auch keine Versammlungen, Sitzungen und Zusammenkünfte mehr haben außer in Religionsfragen.

Amboise, 19. März 1563.
Eigenhändig gezeichnet: Charles.
Gegengezeichnet für den König in seinem Rat: Robertet.
Gesiegelt an doppelter Schnur.

Du siehst, bester Bruder, wie weit uns der Leichtsinn eines Menschen zurückgeworfen hat. Er hätte ohne Mühe erreichen können, dass die Königin-Mutter auf jede Bedingung eingegangen wäre; stattdessen hat er sich knechtisch zu jeder Unterwürfigkeit hingegeben. Nun warten wir ängstlich, was die Zukunft bringen wird; denn es sind starke Unruhen zu befürchten, die zu stillen im mein Möglichstes tun werde. Sobald Beza wieder hier ist, sollst du hören, was jetzt noch verborgen ist. De Nemours leidet an ständigen Fiebern so schwer, dass die Ärzte die Hoffnung auf sein Leben aufgegeben haben. Der Sekretär des königlichen Gesandten, der in Innsbruck war, als der Kardinal [von Lothringen] dorthin kam, erzählt, beim feierlichen Bankett habe man einen uralten, sehr weit ausgebauchten Kelch herum geboten, auf dem Verse eingraviert waren, die unsere Abendmahlslehre bestätigen, und der Kardinal sei von diesem Anblick so überrascht gewesen, dass er lange nichts zu sagen gewusst habe. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. In der Eile habe ich vergessen zu schreiben, dass ich heute zwei Briefe von dir erhielt, der zweite mit einer Bücherbeilage, für die ich dir danke. Deinen Kollegen allen, auch deinen Söhnen und Schwiegersöhnen viele Grüße, bitte. Der Herr erhalte Euch alle gesund. Genf, 8. April 1563.

Meine Kollegen und alle Freunde, unter ihnen vor allem Joinvilliers lassen grüßen.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Jean de Soubise in Lyon.

Nr. 721 (C. R. – 3926)

Am 15. März 1563 schloss Prinz de Conde zu Amboise einen Frieden, der für die Protestanten insofern ungünstig war, als er ihrer momentanen Machtstellung nicht entsprach; denn durch Montmorencys Gefangenschaft und die Ermordung des Herzogs de Guise durch Poltrot am 18. Februar 1563 hatte die katholische Partei ihre Führer verloren. Die Protestanten sahen im Frieden zu Amboise einen Verrat de Condes. Dieser Friedensschluss wurde sofort dem Lyon belagernden Herzog de Nemours mitgeteilt, der ihn im Lager kundtun ließ und ihn an den hugenottischen Kommandanten von Lyon, Jean de Soubise, sandte. Dieser weigerte sich jedoch, die Stadt zu übergeben, bis er selbst dazu Ermächtigung erhalte, und wandte sich an Calvin um Rat. De Boucart war ein mit der Publikation des Friedensedikts in Südfrankreich beauftragter Gesandter des Königs und des Prinzen.

Unterwerfung unter den bösen Frieden von Amboise.

Monsieur, nun ist die Zeit, wo Gott uns heimsuchen will. Also müssen wir uns stärken in dieser Versuchung, so hart sie auch sein mag. Ich will nicht weitergehen und die Sache im Allgemeinen behandeln; das hieße ja nur die Wunde noch schmerzhafter machen. Ich weiß ja auch, weshalb Sie den Überbringer dieses Briefes zu mir gesandt haben, nämlich um meinen Rat zu hören darüber, wie Sie sich verhalten sollen, wenn es gilt auszuführen, was ohne Sie abgeschlossen worden ist. Nun eben, es handelt sich nicht mehr darum, dass Sie Ihre Meinung äußern könnten in einem Rat, in dem Sie Sitz und Stimme hätten, sondern es liegt eine fertige, abgeschlossene Sache vor. Wären Sie zur Stelle gewesen, Sie hätten Ihr Leben dransetzen müssen, mit allem geziemenden Freimut dem bösen Vorhaben zu widerstehen. Nun aber ist die Frage: wie sich stellen zur Ausführung eines Beschlusses, der nicht in Ihrer Macht lag? Da heißts nun, darauf sehen, was Sie tun müssen und was Sie tun können. Das Tunkönnen verstehe ich aber nicht nach Art der Welt als die Überlegenheit des Stärkeren, sondern ich meine, was Sie tun können vor Gott, nichts anderes. Nun ists so, dass Sie in diese Lage gebracht worden sind durch den Elenden, der durch Verrat an Gott uns in seinem Leichtsinn in all diese Not gestürzt hat. Da müssen Sie nach der Lehre der Schrift handeln: Wenn Gott denen das Schwert nimmt, die er damit gegürtet hatte, so müssen wir uns unter diesen durch seine Hand gewirkten Wechsel beugen und unterordnen. Deshalb kann ich nicht finden, dass Sie Grund und Erlaubnis von Gott hätten, sich einem Befehl zu widersetzen, der von einer Stelle kommt, der wir eben doch nicht Illegitimität vorwerfen können. Wenn dieser Beschluss schlecht ist: Gott will uns heimsuchen, da müssen wir still halten. Übrigens, Monseigneur, scheint mir das richtige Verhalten für Sie das zu sein: – ich setze voraus, dass ehe dieser Bote zu Ihnen kommt, Herr de Boucart Ihnen seinen Auftrag ausgerichtet haben wird, – dann ist das erste, was Sie zu tun haben, sich Ihrer Kommandanten-Stellung zu entledigen, ihm gegenüber sowohl als auch gegenüber der Bürgerschaft von Lyon.

Was sie im einzelnen zu tun haben, das überlasse ich Ihnen, da Sie in Ihrer Klugheit es bereits wissen; denn ein Brief kann nicht so ins einzelne gehen, wie ich es mündlich tun könnte, wenn ich bei Ihnen wäre. Indessen werden Sie jedenfalls für die Stadt gut sorgen, dass sie nicht in schlimme Hände fällt. Da Sie dulden müssen, was Sie nicht hindern können, so verlangen Sie nur Frist für einzelne Punkte, die noch nicht vollständig klar gestellt sind. Ein solcher Aufschub kann Ihnen nicht als Auflehnung angerechnet werden; auch wird man Ihnen nicht vorwerfen können, Sie wollten Ihrem König Gebote aufzwingen, wenn Sie die Hauptsache im Friedensschluss annehmen und nur um genügende Aufklärung in einzelnen Punkten bitten, ehe Sie ihn zur Ausführung bringen. Ich weiß, solche Unterwerfung wird Ihrem Kriegsvolk sehr schwer fallen; aber ich denke, schließlich werden die Soldaten doch auch darauf achten, was Sie als Ihnen erlaubt ansehen; aber wie gesagt, indem Gott uns diesen nichtswürdigen Menschen von der Seite riss, hat er uns einen solchen Keulenschlag versetzt, dass wir liegen bleiben müssen, bis er uns wieder aufrichtet.

Damit, Monsieur, – – – –
Den 5. April 1563.

Calvin, Jean – An Madame de Roye in Straßburg.

Nr. 722 (C. R. – 3927)

Madame de Roye, de Condes Schwiegermutter, hatte sich mit seinen Kindern während des Kriegs nach Straßburg zurückgezogen und war dort in solche Not geraten, dass sie von Sturm 6 000 Gulden entlehnen musste; sie hatte Calvin über den Frieden von Amboise geschrieben und versucht, ihren Schwiegersohn zu entschuldigen; Calvin hofft, dass der Friede bei der guisischen Partei noch mehr Widerspruch finden werde als bei den Protestanten, und dass so seine Urheberin, Katharina von Medici, den Protestanten näher kommen werde.

Über den Frieden von Amboise.

Madame, die Friedensbedingungen sind so ungünstig für uns, dass wir allen Grund haben, Gott mehr als je anzurufen, er wolle sich unser erbarmen und der höchsten Not abhelfen. Jedenfalls müssen wir das Haupt beugen und uns demütigen vor Gott, der in seiner Hand hat, wunderbar zu Ende zu bringen, was uns anfänglich in schmerzliches Erstaunen setzt. Ich kann Ihnen nicht verhehlen, dass jedermann es schlimm findet, dass der Herr Prinz sich so leichtgläubig zeigte, und noch mehr, dass er so eilig abgeschlossen hat. Es scheint, er habe mehr um seine Sicherheit Sorge getragen, als ums gemeine Wohl aller Gläubigen. Aber sei dem, wie ihm wolle, – das eine schon heißt uns schweigen, dass wir wissen, Gott will uns von neuem prüfen. Mein Rat wird stets sein, nicht zu den Waffen zu greifen und lieber alle umkommen sehen, als nochmals solche böse Wirren erleben zu müssen. Ich hoffe, Madame, Sie werden sich nach Möglichkeit bemühen, wieder zu fördern, was heute einen Rückschritt gemacht zu haben scheint. Ich bitte Sie im Namen Gottes, strengen Sie sich darin recht an; ja ich denke, die verstockte Wut unserer Feinde wird vielleicht die Königin-Mutter und viele, die uns bisher nicht gerade günstig waren, so ärgern, dass alles sich noch zum Guten wendet. So weiß Gott Licht aus der Finsternis entstehen zu lassen. Diese Erwartung macht mir meine Bedenken etwas leichter; doch höre ich deswegen nicht auf, zu seufzen in der Angst, die mich bei diesen Nachrichten gepackt hat.

Indem ich mich, Madame, Ihrer Wohlgewogenheit ergebenst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, Sie in seiner heiligen Hut zu halten und Sie wieder gesund und heil heimzubringen samt den Kindlein, die Gott nun schon der Ehre gewürdigt, um seinetwillen in fremdes Land pilgern zu dürfen; das wird ihnen eine Erinnerung sein, wenn sie älter werden, ihm mit Eifer zu dienen ihr ganzes Leben.

[Genf, Anfang April 1563.]

Calvin, Jean – An Jeanne d´Albret, Königin von Navarra.

Nr. 720 (C. R. – 3904)

Antoine de Bourbon war am 17. Nov. 1562 bei der Belagerung von Rouen gefallen; da sein Sohn, der spätere Heinrich IV., noch minderjährig war, übernahm die Königin die Regierung und führte in ihrem Land die Reformation ein; der Nachbar, der sie dabei bedrohte, ist der König von Spanien. Calvin sandte Merlin (vgl. 662) zu ihr, um sie in der Reformation zu untetstützen.

Cuius regio, eius religio.

Madame, da es Gott gefallen hat, den König, Ihren Gemahl, aus dieser Welt zu nehmen und damit Ihnen die Sorge für Ihrer Länder und Untertanen zu übertragen, so tun Sie sehr wohl daran, wenn Sie Ihre Pflicht zu tun gedenken, da Sie ja dafür einem höchsten Herrn und Meister, der seine Rechte gewahrt wissen will, Rechenschaft abzulegen haben. Denn wenn er befiehlt, dass man ihn fürchten und die Könige ehren soll [1. Petr. 2, 17], und auch Ihnen damit die Ehre erweist, Sie gewissermaßen sich zuzugesellen, so haben Sie allen Grund, ihm mit allem Eifer zu huldigen und zu danken für den Stand und die Würde, die Sie von ihm haben. Und wie Sie nicht duldeten, dass die Ihnen zukommende Souveränität Ihnen von Ihren Beamten genommen würde, so müssen Sie auch, wenn Sie unter dem Schutze Gottes bleiben wollen, so gut wie möglich verordnen, dass alle Ihre Untertanen ihm dienen und ihn ehren, und selbst ihnen das Beispiel geben, dem sie folgen sollen. In der Tat, Madame, kann Ihre Regierung nur dann vor ihm bestehen, wenn Sie Ihre Majestät ihm ganz untertan machen. Sie wissen, dass alle Kniee sich beugen sollen unter die Herrschaft unseres Herrn Jesu Christi; den Königen aber ist es besonders ausdrücklich befohlen, sich huldigend vor ihm niederzuwerfen, um deutlich zu zeigen, dass sie mehr als andere gehalten sind, sich zu demütigen in der hohen Stellung, die ihnen gegeben ist, damit er erhöht werde, der das Haupt der Engel im Paradiese und also auch der Allerhöchsten auf Erden ist. Da nun, Madame, die Regierung in Ihre Hände gelegt ist, so müssen Sie auch merken, dass Gott Ihren Eifer und Ihre Sorgfalt prüfen will, ob Sie sich treulich in den wahren Dienst stellen, den er verlangt. Verschiedene Gründe hindern mich, dies länger auszuführen. Damit verbunden ist aber auch für alle, die Herrschaft auszuüben haben, dass sie ihre Länder reinigen von all dem Götzendienst und dem Schmutz, der die Reinheit des wahren Glaubens verdorben hat. Wenn St. Paulus für die Könige und alle Obrigkeit beten heißt, so begründet er das nicht ohne gut Ursache: auf dass wir unter ihnen leben mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit [1. Tim. 2, 2]. Bevor er von bürgerlicher Ehrbarkeit spricht, nennt er die Gottesfurcht, womit er zeigen will, dass es die Pflicht der Obrigkeit ist, für einen Gottesdienset zu sorgen. Ich ziehe die Schwierigkeiten, die Sie aufhalten, die Befürchtungen und Zweifel, die Sie entmutigen könnte, wohl in Betracht und zweifle nicht daran, Madame, dass alle Räte, die Sie um sich haben werden, im Blick auf diese Welt Sie in Ihrem Vorhaben zu hindern versuchen werden. Aber alle Menschenfurcht, die uns verleitet, muss in uns die Überzeugung wecken, dass wir ihn noch nicht recht fürchten und seine unüberwindliche Kraft, mit der er uns zu schützen verspricht, noch nicht recht schätzen. Deshalb, Madame, stützen Sie sich, um alle Schwierigkeiten zu überwinden, auf die Sicherheit, die Ihnen von oben gegeben wird, wenn Sie Gott gehorchen, wie er es verlangt. Auf zwei Dinge müssen sie vor allem Ihren Blick richten, und sie müssen Ihnen sogar zu Flügeln werden, die Sie über alle Hindernisse der Welt wegtragen; nämlich erstens Gottes Befehl und zweitens die Zuversicht, dass er Ihnen hilfreiche Hand bieten wird, zu Ende zu bringen, was Sie im Gehorsam gegen ihn anfangen. Nun kenne ich die Gründe wohl, die viele zum Nachweis erbringen dafür, dass eine Obrigkeit ihre Untertanen nicht zu christlichem Leben zwingen dürfe. Aber es ist denn doch eine zu weltliche Nachsicht, dem, der nichts von dem Seinen drangeben will, zu gestatten, dass sein Vorgesetzter um sein Recht betrogen wird. Genügt uns der Befehl nicht, so muss uns doch die Drohung erzittern lassen, dass jedes Reich, das nicht Jesu Christo dient, zu Grunde gehen wird [Jes. 60, 12]; denn diese Drohung bezieht sich ganz bestimmt auf den Zustand der christlichen Kirche. So schöne Ausreden auch die vorbringen mögen, die ihre Feigheit verbergen wollen, so bitte ich Sie doch, Madame, in sich zu gehen und selbst zu urteilen, ob nicht Gottes Herrschaft der Ehre, die er Ihnen erwiesen hat, vorgezogen werden muss, und Sie werden sofort recht entschieden haben.

An zweiter Stelle bleibt Ihnen dann noch die Pflicht, sich zu wappnen mit Gottes Verheißungen, damit Ihr Glaube der Sieg sei, der die Welt überwindet, wie St. Johannes sagt [1. Joh. 5, 4]. Erinnern Sie sich dabei auch daran, was dem Propheten Jesaja gesagt wurde [8, 12, 13] und was St. Petrus anführt [1. Petr. 3, 14. 15]: Fürchtet Euch aber nicht vor ihrem Trotzen und erschrecket nicht, sondern heiliget den Herrn der Heerscharen, dass er unsre Burg sei. Ich weiß wohl, Madame, wie Sie belauert werden von ihrem Nachbarn, der keinen Anlass vorübergehen lassen wird, Sie zu beunruhigen. Aber wenn Sie Gott fürchten, brauchen Sie ihn nicht zu fürchten. Es ist kein wahres Interesse, das ihn treibt, auch wenn er dergleichen tut. Wenn Sie sehen, dass er darauf lauert, Ihnen zu schaden, so stärken Sie sich mit der besten Verteidigung, die Sie haben können. Wenn Gott auch zulässt, dass die Bösen Ihnen einen Verdruss schaffen, so erinnern Sie sich an die denkwürdige Geschichte des Königs Hiskia [2. Kön. 18 – 19, Jes. 36 – 37]. Da gab Gott dem Feind auch die Zügel frei, Hiskia anzugreifen, der doch eben allen Aberglauben abgeschafft hatte, und Rabsake drohte ihm sogar, Gott werde ihm nicht helfen, weil er seine Altäre zerbrochen habe. Aber die wunderbare Hilfe, die dem König trotzdem vom Himmel her zuteil wurde, gibt auch Ihnen allen Grund, alle die zu verachten, die meinen, wegen der Änderung in Ihrem Land Ihnen überlegen zu sein.

Indessen, Madame, meine ich damit nicht, dass alles an einem Tag geschehen kann. Gott hat Ihnen Klugheit gegeben, das richtige Vorgehen herauszufinden, und die Umstände werden Ihnen die Mittel weisen, die die besten sind. Da ein Blatt nicht alles fasst, so habe ich das meiste dem Überbringer dieses Briefes aufgetragen, den ich als den Tauglichsten, den ich zur Hand hatte, auswählte, und den Sie hoffentlich auch als solchen kennen lernen werden. Ich habe bei unserm Kollegium wie bei unsern gnädigen Herren erwirkt, dass Sie ihn behalten können für die von Ihnen gewünschte Zeit, und alle haben es herzlich gerne gestattet; denn es ist keiner unter ihnen, der sich nicht ganz in ihren Dienst zu stellen wünschte. Nur eins möchte ich noch sagen, Madame: das Beste für Sie wird sein, an den Orten zu beginnen, wo es am schwersten scheint, da es am meisten in die Augen fällt. Denn sie werden sich dann mit weniger Lärm unterwerfen, und wenn Sie eine dieser Ortschaften gewonnen haben, so wird sie umso mehr andere nach sich ziehen. Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihre Gegenwart dabei nicht unbedingt erforderlich ist, und dass solche Vorbereitungen zu treffen sind, eine nach der andern, dass die Feinde schon besiegt oder wenigstens geschwächt sind, ehe der offene Kampf beginnt.

Wenn es Ihnen auch gefällig wäre, Madame, noch etwas zu überlegen und auszuführen, so wäre es ein Ihrer Majestät würdiges Tun und für die ganze Christenheit so nützlich als möglich, wenn Sie an die deutschen Fürsten eine Gesandtschaft schickten mit der Bitte und Mahnung, ihre bisher bewiesene Gewogenheit auch weiter der Verteidigung der Sache des Herrn angedeihen zu lassen. Man müsste sich wenden an den Kurfürsten und Pfalzgrafen zu Rhein, an den Kurfürsten Herzog August von Sachsen, den Herzog von Württemberg und den Landgrafen von Hessen, aber je bälder, je besser. Ich bitte Sie deshalb, Madame, diese Sendung möglichst beschleunigen zu wollen. Das Übrige mag Ihnen der Überbringer mündlich ausrichten.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, untertänigst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen Geist in aller Klugheit, Sie stark machen in aller Kraft und Festigkeit und Ihre Majestät zunehmen lassen in allem Guten.

Den 20. [Februar] 1563.