Calvin, Jean – An Jean de Soubise in Lyon.

Nr. 733 (C. R. – 3958)

De Soubise (vgl. 721) weigerte sich immer noch, den Frieden von Amboise anzuerkennen und wollte auf eigene Faust den Krieg fortsetzen, wobei er auf Unterstützung durch die mit der Durchführung des Friedens beauftragten Grafen de Crussol und de Beauvais hoffte.

Kein Krieg auf eigene Faust!

Monsieur, Ihre beiden Briefe haben mich in so schlimmem Zustande getroffen, dass es mir nicht möglich war, sie früher zu beantworten, und jetzt noch weiß ich nicht, ob ichs zustande bringe, denn die Schmerzen oder besser die Folterqualen, einer ganz verzweifelten Kolik lassen mich nicht los. Deshalb bitte ich Sie, meine Kürze zu entschuldigen; denn die leiblichen Schmerzen haben meinen Geist ganz dumm gemacht. Wenn ich den Verlauf Ihrer Angelegenheit betrachte, komme ich immer wieder darauf zurück, zu schauen und zu erwägen, was erlaubt und dann war möglich wäre. Wollen Sie mit gutem Gewissen kämpfen, so sehe ich nicht ein, unter welchem Vorwand Sie das tun könnten, da Gott selbst Ihnen die Waffen aus der Hand genommen hat. Sich zurückzuziehen und auszuweichen, halte ich für gut, vor allem, damit Sie Zeit gewinnen, zu erfahren, was die Meinung der Herren Grafen ist, und ob sie überhaupt die Mittel hätten, Ihnen zu helfen; denn ohne Hilfe könnten Sie, glaube ich, die Sache keinesfalls durchführen. Übrigens wenn die beiden sich auch mit Ihnen verbänden, so müsste erst noch eine rechtliche Grundlage vorhanden sein; denn etwas anzufangen, ohne dazu berufen und berechtigt zu sein, könnte nie gut ausfallen. Ich sage nicht, dass sich nicht vielleicht ein guter Grund finden ließe; aber ich kenne noch keinen, und deshalb wollte ich es nicht wagen, zum Beginn des Krieges zu raten, ohne genauer unterrichtet zu sein. Auch scheinen mir die Mittel dazu durchaus zu fehlen; es müsste denn der Herr Graf de Beauvais seinen Kollegen zu etwas bringen, was man nach dem Charakter der beiden nicht erwarten darf. Ich meine ja nicht, dass Sie nun mit einem Mal den Platz räumen und sich in den Rachen der Wölfe werfen müssten; aber direkt dem Befehl des Königs zuwiderzuhandeln, das erlaubt Gott doch nicht, soviel ich sehe. So bleibt Ihnen nur übrig, zu sehen, wie weit Sie mit Ausreden gehen dürfen, sowohl in Bezug auf die Frist für die Waffenstreckung, als auch hinsichtlich der Weigerung, Herrn de Nemours als Statthalter anzuerkennen. Ich verstehe die Schwierigkeiten wohl, die Sie anführen, aber ich halte mich als einzige Antwort an das Abrahams-Wort: Der Herr wird dafür sorgen [1. Mose 22, 8]; wie uns ja auch der Apostel sagt: Gott ist getreu, der uns nicht lässt versuchen über unser Vermögen [1. Kor. 10, 13]. Einzelheiten will ich jetzt nicht berühren, nur dass es meines Erachtens gut wäre, offen an die Herren Grafen zu schreiben und sich ihnen als treuen Genossen anzubieten in allem, was sie für gut finden, damit das ihnen Mut macht. Jedenfalls haben Sie doch dem Herrn Admiral über Ihre Lage geschrieben und ihn damit aufgefordert, die Verantwortung dafür zu übernehmen und Sie davon zu befreien.

Indem ich mich, Monsieur usw.
Genf, 25. Mai 1563.

Calvin, Jean – An Jean de Soubise in Lyon.

Nr. 721 (C. R. – 3926)

Am 15. März 1563 schloss Prinz de Conde zu Amboise einen Frieden, der für die Protestanten insofern ungünstig war, als er ihrer momentanen Machtstellung nicht entsprach; denn durch Montmorencys Gefangenschaft und die Ermordung des Herzogs de Guise durch Poltrot am 18. Februar 1563 hatte die katholische Partei ihre Führer verloren. Die Protestanten sahen im Frieden zu Amboise einen Verrat de Condes. Dieser Friedensschluss wurde sofort dem Lyon belagernden Herzog de Nemours mitgeteilt, der ihn im Lager kundtun ließ und ihn an den hugenottischen Kommandanten von Lyon, Jean de Soubise, sandte. Dieser weigerte sich jedoch, die Stadt zu übergeben, bis er selbst dazu Ermächtigung erhalte, und wandte sich an Calvin um Rat. De Boucart war ein mit der Publikation des Friedensedikts in Südfrankreich beauftragter Gesandter des Königs und des Prinzen.

Unterwerfung unter den bösen Frieden von Amboise.

Monsieur, nun ist die Zeit, wo Gott uns heimsuchen will. Also müssen wir uns stärken in dieser Versuchung, so hart sie auch sein mag. Ich will nicht weitergehen und die Sache im Allgemeinen behandeln; das hieße ja nur die Wunde noch schmerzhafter machen. Ich weiß ja auch, weshalb Sie den Überbringer dieses Briefes zu mir gesandt haben, nämlich um meinen Rat zu hören darüber, wie Sie sich verhalten sollen, wenn es gilt auszuführen, was ohne Sie abgeschlossen worden ist. Nun eben, es handelt sich nicht mehr darum, dass Sie Ihre Meinung äußern könnten in einem Rat, in dem Sie Sitz und Stimme hätten, sondern es liegt eine fertige, abgeschlossene Sache vor. Wären Sie zur Stelle gewesen, Sie hätten Ihr Leben dransetzen müssen, mit allem geziemenden Freimut dem bösen Vorhaben zu widerstehen. Nun aber ist die Frage: wie sich stellen zur Ausführung eines Beschlusses, der nicht in Ihrer Macht lag? Da heißts nun, darauf sehen, was Sie tun müssen und was Sie tun können. Das Tunkönnen verstehe ich aber nicht nach Art der Welt als die Überlegenheit des Stärkeren, sondern ich meine, was Sie tun können vor Gott, nichts anderes. Nun ists so, dass Sie in diese Lage gebracht worden sind durch den Elenden, der durch Verrat an Gott uns in seinem Leichtsinn in all diese Not gestürzt hat. Da müssen Sie nach der Lehre der Schrift handeln: Wenn Gott denen das Schwert nimmt, die er damit gegürtet hatte, so müssen wir uns unter diesen durch seine Hand gewirkten Wechsel beugen und unterordnen. Deshalb kann ich nicht finden, dass Sie Grund und Erlaubnis von Gott hätten, sich einem Befehl zu widersetzen, der von einer Stelle kommt, der wir eben doch nicht Illegitimität vorwerfen können. Wenn dieser Beschluss schlecht ist: Gott will uns heimsuchen, da müssen wir still halten. Übrigens, Monseigneur, scheint mir das richtige Verhalten für Sie das zu sein: – ich setze voraus, dass ehe dieser Bote zu Ihnen kommt, Herr de Boucart Ihnen seinen Auftrag ausgerichtet haben wird, – dann ist das erste, was Sie zu tun haben, sich Ihrer Kommandanten-Stellung zu entledigen, ihm gegenüber sowohl als auch gegenüber der Bürgerschaft von Lyon.

Was sie im einzelnen zu tun haben, das überlasse ich Ihnen, da Sie in Ihrer Klugheit es bereits wissen; denn ein Brief kann nicht so ins einzelne gehen, wie ich es mündlich tun könnte, wenn ich bei Ihnen wäre. Indessen werden Sie jedenfalls für die Stadt gut sorgen, dass sie nicht in schlimme Hände fällt. Da Sie dulden müssen, was Sie nicht hindern können, so verlangen Sie nur Frist für einzelne Punkte, die noch nicht vollständig klar gestellt sind. Ein solcher Aufschub kann Ihnen nicht als Auflehnung angerechnet werden; auch wird man Ihnen nicht vorwerfen können, Sie wollten Ihrem König Gebote aufzwingen, wenn Sie die Hauptsache im Friedensschluss annehmen und nur um genügende Aufklärung in einzelnen Punkten bitten, ehe Sie ihn zur Ausführung bringen. Ich weiß, solche Unterwerfung wird Ihrem Kriegsvolk sehr schwer fallen; aber ich denke, schließlich werden die Soldaten doch auch darauf achten, was Sie als Ihnen erlaubt ansehen; aber wie gesagt, indem Gott uns diesen nichtswürdigen Menschen von der Seite riss, hat er uns einen solchen Keulenschlag versetzt, dass wir liegen bleiben müssen, bis er uns wieder aufrichtet.

Damit, Monsieur, – – – –
Den 5. April 1563.