Kaiser, Leonhard – Brief an einen Freund

Du weißt meinen Unfall des alten Adams halben, welcher da in der Hölle gepeinigt wird und ihm sehr wider ist, und erhebt sich oft, in Ungeduld wider Gott zu murren, gleich als geschähe ihm groß Unrecht: so ist doch, wiewohl schwach, der Geist vorhanden, thut ihn wieder trösten. O wie gar armselig und matt derselbe ist, klag ich Gott und dir, mein Lieber; bitte du Gott für mich, daß er gestärket werde.

Ich habe wohl bei mir beschlossen, wie Paulus Röm. 8,38 sagt, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalt mich soll abwenden von der Liebe Gottes und seinem heiligen Wort. Es sind aber zwölf Stunden des Tages; dazu liegt es auch nicht an jemands Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen, wie er sagt Cap. 9. Derhalben ist es lauter Gnade, wenn ich beständig bleibe und gar nichts meines Thuns.

Ich lasse es wohl geschehen, daß du dich bemühst und Fleiß ankehrest von meinetwegen; ich will aber gelichwohl vor allen Dingen Gott meine Sach heimstellen, der hat mich hierein geworfen in das Loch, wiewohl der alte adam oft dawider strebet und sagt: Du wärest dieses Unglücks wohl müßig gangen, man hat dich oft genug gewarnt, du solltest dich hüten rc. Weil aber Christus Matth. 10, 29. spricht:Kauft man nicht zween Sperling um einen Pfennig? Und die Haare eures Kopfes sind alle gezählt: so muß ja der alte Adam hier stille halten und sprechen: es sei Gottes Wille, Klagl. Jer. 3, 37-39. Was murret der Mensch wider mich, der da spricht: Es komme weder Gutes noch Böses von Gott?

Gott ist ob ihnen, und spottet ihrer Anschläge und spricht: Ihr müsset ihm nichts thun, ich wolle es denn. O wenn mein Herz da fest hielte und könnte es glauben, daß dem also wäre, o wie selig ich denn meine Tage schließen thäte!

Quelle:
Fick, C. J. Hermann Die Märtyrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche Zweite Auflage Heft 1 St. Louis, Mo. Gedruckt bei m. Niedner & Co., Ecke der 3. und Pinestraße 1854

Kayser, Leonhard – Brief an Michael Stieffel

Gnade und Friede von GOtt, unserem Vater und dem HErrn JEsu Christo. Freuet euch mit mir, mein allerliebster Bruder in Christo, daß der ewige, allmächtige GOtt, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, mich, seinen unwürdigen Diener und großen Sünder, werth achtet des seligen Berufs, daß ich vor der argen Welt seinen heiligen, süßen und gebenedeieten Namen bekennen soll; gelobet sei er in Ewigkeit. Amen.

Derselbe GOtt und Vater unseres HErrn JEsu Christi, der in mir angefangen hat sein Werk, der vollführe es auch, stärke und richte mein Herz, alle meine Sinne und was ich vorhabe, auf den Weg der Seligkeit; regiere auch meine Lippen, Mund und Zunge nach Wohlgefallen seines väterlichen Willens, daß sie aussprechen sein Lob und Preis, so lange ich sie regen kann, daß ja durch mich, sein schwaches untüchtiges Gefäß, nicht geschwächt, noch verlästert werde sein heiliges, reines und lauteres Evangelium, daß ich so oft und lange gehört habe, ach! wollte Gott, mit Frucht und zu Ehre und Preis seines heiligen Namens.

Daß ich nun dieser meiner Bitte gewährt werde und sie erlange: so setzt mit Ernst zu mir mit eurem hitzigen, herzlichen Gebet, und laßt euch ja hierin euren Leonhard Kayser befohlen sein. Vermahnet auch fleißig euer Völklein, daß es unsern lieben GOtt im Namen unseres HErrn Christi in rechtem Glauben und Zuversicht für mich armen Sünder bitte laut der herrlichen, tröstlichen Verheißung: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen, und warum sie bitten, das soll ihnen unversagt sein, sondern widerfahren von meinem Vater im Himmel.

Lasset euch meinen Ulrich befohlen sein. Grüßet die ehrbare und gottselige Frau, die Wolfgang Georgerin und Fuchshuber, den treuen Diener Gottes und alle unsere Brüder. Die Gnade Gottes sei mit mir und mit euch allen, Amen. Aus meinem Gefängniß, Sonnabends vor Invokavit, Anno 1527.

Quelle:
Fick, C. J. Hermann Die Märtyrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche Zweite Auflage Heft 1 St. Louis, Mo. Gedruckt bei m. Niedner & Co., Ecke der 3. und Pinestraße 1854