Frecht, Martin – Der Erbaren frawen Cristina Frechtin, Bürgerin zu Vlm, meiner herzlieben Haußfraw zu Handen.

Den 31. Aug. 1548

Gnad und Frid von Gott durch Christum Jesum, unsern einigen Heiland und Nothelfer samt Erbiettung ehelicher treu und aller willigen Dienste zuvoran, herzliebe Hausfrau. Dein und unsers lieben Süns Jone Schreiben hab ich mit Fröden entpfangen und wol vernommen, was Fleiß, Sorg und Mühe ihr alle habend, domitt durch Gottes gnad, die auch den Lohn gebe, wir einmal ledig wider zu Haus kömend, das wir all Tag verhoffen nit von Menschen, die vil verheißen und wenig halten, sonder von Gott und doch das durch ordentliche Mittel, als durch der fromen Gebett und Fürderung, wißt aber, herzliebe Christina, wie die 2 Fendlin allhie uff den Sonntag nach Barthlomei zum Thor hinaus zogen, alsbald seind die Spanier herein zogen und sechs Spanier in unser Guardi uns zu bewaren mit Hacken kömmen, darob wir kein Bschwär sonders tragen. Dann, Gott sei Lob, wir bißher noch gute Hirten gehabt. Aber wie der Herr Altensteig, so uns mit Essen und Trinken wol gehalten (der Herr geb ihm den Lohn) und selbert am Wirt hat müssen zehren, do er dem spanischen Capitanien Sancho Mardonis hat weichen müssen, haben wir vom Wirt Victualia nehmen müssen, doch nit so vil, bis sich die Spanier all Tag baß einrichten. Die sehr mit Essen und Trinken mäßig, das müssen wir auch genießen, denn man gibt uns nur ein Suppen und Fleisch, Brot und Wein zimlich. Etwan lassen wir in einer Stille etwas vom Wirt auch holen und behelfen uns also. Das ich darumb nit schrib, das wir Klage ab Spanischer Haltung oder das Ihr vorab ein Trauern und Beschwerniß entpfahen solt, denn man weiß wol, wie es mit gefangenen Leuten zugadt, sondern das unsere guten Freundt, die vielleicht uns zu solcher Gefängniß befördert haben, wissen sollen, daß wir im Herrn benügig und fröhlich seind. Herr Bonaventura ist wohl etwan schwach. Her Martin, wiewohl er nit sehr notvest, aber mutigm, dergleichen Herr Jörg, der lieb alt Her Jacob gehabt sich wol, wie auch ich und mein lieber Bruder Jörg, dem sonderlich zu kurz geschicht, aber man muß sonderlich mit ein Panket hieran schenken. Das befiel ich Gott und der Zeit. Wir haben bitter spanische Pfaffen hier, die ohn Zweifel unser Sach schärpfen. Das befehlen wir aber Gott. So müssen wir hören, wie wir Lutheran feynd und dem Kaißer Rebell und ungehorsam, so doch wir Gott, was Gott, und dem Kaißer, was dem Kaißer zugehört, in aller unterthäniger Gehorsame geben wöllen. Man will den Heft unserer Sach nit verstohn. Es ist alles umb das Interim zu thun. Daß man will mit einem Eid, darvon kaißerl. Majestät Fürtrag kein Wort meldet, uns beschweren und Ursach suchen uns meineidig zu machen, das wir für unser Person das Interim sollen selbert halten predigen und nit darwider weder mit Wort und Werken, so wir uns vor unsern Herrn, vor dem Herrn Granvel und seinem Son uffs unterthänigst und demüthigst erboten alles das zu thun, so nit wider Got und unser Gewissen noch Gottes Wort gestaltet ist, das auch ohn gegebene Aergernus von uns mag geleist werden. Aber das hat bisher uns nit geholfen, denn man will vielleicht uns heftiger zusetzen denn Andern. Wir hören, das zu Geppingen soll Meister Michel auch ein Eid gethon haben, aber nit wie man uns den will zumuthen. So hat diese Tage von Nürtingen uff mein Schreiben der Hofprädikant mir freundlich und tröstlich zugeschrieben, wie man mit den andern Prädikanten noch nichts fürgenommen, wie auch JEdermann mit uns ein herzlich Mitleiden trage, das der Fürst selber soll geseuffzigt haben, als er gehört, wie wir gefangen. Das Ihr f. G. auch gern mit uns das Best thäte, so es erschießen möchte, denn er selbert der Gnad bedarf. Nachdenken wölle sie auch haben, wie wir erledigt und alsdann, so wir zu Ulm nit bleiben würden, anderswo versehen werden und dergleichen, der Fürst soll aber von Nürtingen gen Urach verrückt sein. Man sagt, im Land richt man auch 2 Altär uff. Hir gadt es lüderlich zu. Man prediget nichts, die Spanier halten Messe in der Kirche etc.

Ferners so wißt, herzliebe Christina, da mein l. Bruder Martin, als er hieher kömen, die Brief dem Herrn Altensteig hat übergeben und, die dem Grafen Hansen von Nassau unseren g. Herrn zustand, am andern Tag von hinnen gen Speyer geführt, hoff, er soll wohl doselbst ankömen sein und die Sach glückselig verrichten. Man hat ihn nit wollen zu mir lassen, so wöllen die Spanier die Guardi mit uns halten.

Nun warten wir auf Botschaft, die entweder unsers gn. Herren v. Ulm uns werden zuschicken oder mein Bruder Martin selbert oder schriftlich. Es wäre aber gut, wenn ein Antwort gefallen wär, das die nit unterdruckt, sondern uffs fürderlichst und scheinbarst uns zukömen, und zu bedenken, ob von nöthen, das man hier dem Capitani Sankto Mardonis auch von unsertwegen zugeschrieben wurde das wir weder mit einem schweren Eid noch der Zehrung halb beschwert würden, sondern als Burger gehalten. Aber man muß vor der Antwort erwarten, und folgends darüber Rath haben. Ich hab kein Zweifel meine freundlich liebe Schwäger, Hans Fingerlin und Michel Reichart, ja die unser alle beiderseits sparen kein Fleiß, mir ist allein um dich, daß du dich, wie ich hör, so viel beschwerst. Gedenk wie du mich allweg fröhlich getröst. Es gehört hiezu ein gottfürchtig und leicht Gemüet, alle Anfang in tugendreichen Sachen seind schwer, und bitter, aber das Mittel und End leicht und süß. Verzeihe es Gott denen, so uns also auf die Hochzeit beschenkt haben, wie wol wir möchten hören müssen, als machten wir der Stadt Ulm ein Anhang, das wir also halstärrig wären. Das wölle aber Gott richten und alle Gottsfürchtigen. Man weiß wol, wie ein jeglicher das ab ihm will schieben. Man soll sageen: die ein Ursach unserer Gefängniß seind wöllte, das Bier wider ihm naß wer. Aber was hilft es uns? Gott besser das und anders. Der verleihe uns sein Gnad, das wir sein Namen nit üppig im Munde nemend. Bald ist ein Eid geschworen, aber das nagend Würmlein bleibt nit aus. Ich hör auch, es sollend etlich Herren nit für gut haben, wenn Ihr liebe Schwester für eure Männer und Brüder bitt. Ihr solt etwan reuschig und mit reden scharpf sein. Aber man legt euch das euere eben, wie uns das unsere aus. Allein Geduld und Bescheidenheit gehört hiezu.

Meins lieben Bruder Jörg halben so bitt Bruder Bastian, das er das best thue, und von unser aller wegen grüß beiderseits ehrbare Freundschaft, unsere liebe Kinder, die geistlichen Brüder und Schwester, sonderlich den Stadschreiber und Schulmeister. Wenn die uns nit schreiben wölten, möchten sie doch dir das anzeigen. Die Nachpauern, den Laurin und sein Hausgesind, der dem Rauber geschrieben, was thut mein schewher Vogel im Dorf! Grüß mir sonderlich die Schwiger und den Schweher. Neu Zeitung haben wir nichts, denn das die Spanier, so uns verwarten, etwan sagen, der Landgraf und Sachsen werden in Flandern gen Jhent geführt und der Franzosch woll Guerra dem Kaiser machen.

Sag dem Michel, er wiß viel Neues, und dank seiner Frau, meiner beliebten Geschweien für ihr 2 Thaler. Wenn wir Geld bedarffen werden, wöllen wirs bei einem Mezger nehmen. Veit Fingerlin und den seinen sag auch meinen Dienst und Gruß. Befelch ihm meins Bruders Jörg Sach. Hiemit du und die Unsern all Gott treulich befohlen und laß dir die Weil nit lang sein. Der Christen Stärke stadt in Hoffen und Harren und Stillschweigen. Geben zu Kirchen an der Eck den letzten August 1548.

Dein lieber Hauswirt Martin Frecht,
des Kaisers Gefangener aber Christi Freier.

P.S. Möcht wol leiden, wenn man Botschaft gen Straßburg hätte, daß man dem Herrn Bucer von unsertwegen schriebe. Man stellt den Gelerten sehr nach, ob mans zemen brächte und wann M. Linhart und Herr Wendel von uns den angebotene Fried und Gruß wollent uffnehmen, so bieten und wünschen wir hiemit ihnen denselbigen.

Quelle:
Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte Herausgegeben von dem K. Statistisch-Topographischen Buerau Jahrgang IV. 1881

Frecht, Martin – Vom letzten August 1548 aus Kirchheim.

Man gibt uns nur ein Suppen und Fleisch, Brod und Wein ziemlich, etwa lassen wir in einer Stille auch etwas vom Wirth holen und behelfen uns also. Das ich darumb nit schreib, daß wir klagen ob der Spanischen Haltung, oder daß ihr darum ein Trauern und Beschwerniß empfahen sollt. Denn man weiß wohl, wie es mit gefangenen Leuten zugeht. Sondern daß unsre guten Freunde, die vielleicht uns zu solcher Gefängniß gefürdert haben, wissel sollen, daß wir in dem Herrn begnügig und fröhlich seind. Herr Bonaventura ist wohl etwan schwach, Herr Martin, wiewohl er nit sehr nothfest, aber muthig, dergleichen Herr Jörg. Der lieb alt Herr Jacob gehabt sich wohl, wie auch ich und mein lieber Bruder Jörg, dem sonderlich zu kurz geschicht. Aber man muß sonderlich mir ein Panket hieran schenken, das befiehl ich Gott und der Zeit. Wir haben bitter spanische Pfaffen hier, die ohne Zweifel unser Sach schärfen. Das befehlen wir aber Gott. So müssen wir hören, wie wir Lutheraner sind und dem Kaiser rebell und ungehorsam: so doch wir Gott, was Gott, und dem Kaiser, was dem Kaiser zugehört, in aller unterthänigen Gehorsam geben wollen. Man will den Hoff (?)1) unsrer Sach nit verstehn. Es ist alles umb das Interim zu thun, daß man will mit einem Eid, davon kaiserlich Majestät Fürtrag kein Wort meldet, uns beschweren und Ursach suchen, uns meineidig zu machen, daß wir für unsre Person das Interim sollen selber halten, predigen und dawider reden mit Worten und Werk etc. So wir uns vor unsern Herrn, vor dem Herrn Granvel und seinem Sohn uss unterthänigst und demüthigst erbotten, alles das zu thun, so nit wider Gott und unser Gewissen nach Gottes Wort gestaltet ist, das auch ohn gegebene Aergerniß von uns mög geleistet werden. Aber das hat bisher uns nit geholfen, denn man will vielleicht uns heftiger zusetzen dann anderen. Wir hören, daß zu Göppingen soll Mag. Michel auch ein Eid gethan haben, aber nit wie man uns den will zumuthen. So hat dieser Tag von Nürtingen uf mein Schreiben der Hofprädikant mir freundlich und tröstlich zugeschrieben, wie man mit den andern Prädikanten noch nichts fürgenommen, wie auch jedermann mit uns ein herzlich Mitleiden trage: daß der Fürst selber soll geseufzt haben, als er gehört wie wir gefangen, daß Ihr Fürstliche Gnaden auch gern mit uns das Best thäte, so es erschießen möchte, denn er selber der Gnad bedarf. Nachdenken wollen sie auch haben, wie wir erledigt und alsdann, so wir zu Ulm nit bleiben werden, anderswo versehen, und dergleichen etc. Man sagt, im Land richt man 2 Altär auf, hier geht es liederlich zu: man predigt nichts, die Spanier halten Meß in der Kirchen etc.

Wir möchten hören müssen, wir machten der Stadt Ulm einen Anhang, daß wir also halsstarrig wären, das wölle aber Gott richten und alle Gottesfürchtigen. Man weiß wohl, wie ein jeglicher das ab ihm will schieben. Man soll sagen, die ein Ursach unsrer Gefängniß sein wollt, daß das Bier wiederumb naß wäre. Aber was hilft es uns? Gott besser dies und anders, der verleih uns sein Gnad, daß wir sein Namen nit üppig in Mund nehmen. Bald ist ein Eid geschworen, aber auch das nagend Würmlein bleibt nit aus. Ich hör auch, es sollent etliche Herren nit für gut haben, wann ihr liebe Schwestern für eure Männer und Brüder bitten: ihr sollt etwan rüschig und mit Reden scharpff sein, aber man legt euch das euer eben wie uns das unser aus. Allein Geduld und Bescheidenheit gehört hierzu.

P. S. Wann Mag. Lienhard und Herr Wendel von uns den angebottenen Fried und Gruß wöllen aufnehmen, so bieten und wünschen wir ihnen hiermit denselbigen.

1) lies Heft, wo es hebt, happert

Frecht, Martin – Brief an seine Frau vom 24.8.1548

Gnad und Fried von Gott durch Christum Jesum , unsern einigen Heiland, samt eheliche Treu und alles Guts zuvoran, herzliebe Hausfrau Christina. Wiß, daß wir den ersten Tag ohnausgespannen bis gen Süßheim kommen, daselbst über Nacht blieben, und am andern Tag gen Kirchen an der Eck unsrem gnädigen Herrn Obersten Altensteig überantwortet, der uns ein groß Stuben und Kammer eingeben, mit Essen und Trinken, Gott sei Lob, wohlhält, mit 6 Hackenschützen uns verwahret, und sind also leider arme Gefangene. Haben aus Befehl des Obersten, unsers gnädigen Herrn, unser Anliegen schriftlich übergeben, ist uns aber noch keine Antwort worden, wie viel und oft wir anhalten; so ist unser gnädiger Herr, Graf Hans von Nassau hier gewesen, der mich gnädiglich gehört hat und getröst, er wolle unsre Sach treulich bei kaiserlicher Majestät anbringen, darauf wir auch hoffen müssen, wir hätten aber gemeint, unsre gnädigen Herrn zu Ulm hätten unsre Sache schon zu Ulm verricht, also daß unser in Eisen liegen und hieher gefänglich führen sollt unser Buß sein, und sollten wir einem ehrbaren Rath heimgestellt werden, das wir noch hoffen, Darum herzliebste Hausfrau, wöllst mit den andern lieben Weibern und Schwestern wiederumb unserthalben bei unsern gnädigen Herrn, den drei Bürgermeistern, anhalten und erfahren, ob unser gnädiger Herr, der Altensteig ein Befelch habe, mit uns zu handeln, und auf was Weis, wie auch unsre Herrn zu Ulm unserthalb ferner zu handeln Willens und Fürnehmens. Denn wir könnten sonst dieser Zeit niemand anrufen; so wird der gnädige Herr Altensteig auch hinweg, so mustert man die Knecht auch heut dato, vielleicht wird man sie morgens bezahlen und Urlaub geben. Alsdann möchten die Hispanier hieher kommen, alsdann möchten wir härter gehalten werden. Ich wollt gern, daß meins lieben Bruders Georgen Sach am ersten ausgerichtet, habe seinethalben supplicirt an unsern gnädigen Herrn Altensteig, auch unsern gnädigen Herrn, Graf Hansen von Nassau flehentlich gebeten, und viel gut Leut hier auch, aber ihr Gnad geantwort, sie müssens vor lassen an kaiserliche Majesätt gelangen. Alsdann wollen seine Gnaden die Sach fördern. Uns wird aber die Weil lang. Wenn wir nur gewiß wüßten, ob unser gnädige Herrn zu Ulm die Sach verricht hätten, daß wir ihnen wieder zugestellt werden, da sie entweder ein eigenen Boten hieher zu Herrn Altensteig oder gen Speyer zu Graf Hans von Nassau schckten. Du wöllest auch mein gnädigen Herrn Jörg Besserer, der Dich so wohl getröst, von meintwegen ansprechen, ihn und die Seinen fleißig bitten, uns zu erlösen: auch Veit Fingerlin, Stadtschreiber, und wen Du weißt, der zur Sach dienstlich, und wiß, in dieser Stund hat uns der Oberst erlaubt, ein eigen Boten hinaufzuschicken. Der ist der Schempp wird auch all Ding anzeigen, lugend nur, daß er bald gefertiget, oder an sein Statt ein Mezger hieher geschickt.. O daß der gemein Mann vor Rath auch für uns bäte! Ich habe etwa noch ein Gulden. Werden wir ledig, so müssen wir Geld haben. Was zu Nürnberg gehandlet und Straßburg, was man mit Gott und seinem Wort kann nachlassen und über das haben wir uns allweg erbotten: Wir hoffen, die Straf sei gnug, man lasse sich daran sättigen. Will man denn mit zwei Ruthen schlagen?

Dein lieber Hauswirt
Martin Frecht, kaiserischer Gefangener.

Quelle:
Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte Herausgegeben von dem K. Statistisch-Topographischen Buerau Jahrgang IV. 1881

Melanchthon, Drach, Bucer, Corvinus, Pistorius, Frecht, Musculus, Brenz und Dietrich – Empfehlungsschreiben für einen Griechen

der aus seinem Vaterland sich geflüchtet hatte und zu Loskaufung seines in türkischer Gefangenschaft befindlichen Bruders um Beiträge bat.

(Von Brenz während des Gesprächs in Regensburg 1541 verfaßt.)

Gruß dem Leser. Während des Regensburger Gesprächs kam zu uns Vorzeiger, Franz Magera, ein Grieche, über den wir uns, da wir fanden, daß er gut griechisch spreche und schreibe, aus verschiedenen Gründen freuten, daß wir uns mit ihm unterhalten, namentlich über die gelehrten Anstalten und Kirchen jenes Volks, das einst in besonderem Ruf der Gelehrsamkeit, Tapferkeit und Frömmigkeit stand, fragen konnten.

Er theilte uns nun mit, daß er in einer Stadt von Achaja, im Alterthum Paira genannt, geboren sei und dort als Lehrer die Jugend in den griechischen Rednern und Dichtern unterrichtet habe. Die Reste des griechischen Volks, die hin und wieder zerstreut sind, halten mit großer Zähigkeit an der wahren Lehre und Religion Christi fest und suchen so viel möglich den Schatz des Wissens unter so großem Ungemach zu erhalten. Nachdem aber jene Stadt, in der er der Schule vorstund, von den Türken genommen und eine große Zahl ihrer Bürger grausam hingeschlachtet war, sei er nach wunderbarer Errettung mit Wenigen den Feinden entronnen und wolle lieber unter christlichen Königen in der Verbannung leben, als unter den Türken in seinem Vaterland bleiben, die als barbarische Sieger mit Stolz und Grausamkeit die Unterworfenen beherrschen. Weil ihm das Unglück seines Vaterlands und seiner meisten Gemeinden nahe geht, schrieb er eine „MAhnung an den durchlauchtigsten unüberwindlichen Kaiser Karl V.“, er möchte die Türken bekriegen und Griechenland von seiner elenden Knechtschaft befreien.

Als wir uns vielfach nach den Kirchen- und Lehrmeinungen erkundigten, beantwortete er das Meiste mit ziemlicher Gelehrsamkeit und setzte uns die Bräuche und Ansichten der griechischen Kirche so auseinander, daß man sieht, er sei in der Kirchenlehre wohl bewandert, hänge an den heiligen Gebräuchen mit Liebe und ehre Christum den Sohn Gottes, unsern Erlöser, mit frommem Sinn. Und da wir während eines zweimonatlichen vertrauten Umgangs seine Sinnesart wohl beobachten konnten, bezeugen wir, daß er einen sanften, ehrbaren Charakter habe.

Nun erzählt er, daß sein Bruder in Gefangenschaft gerathen sei, und um ihn loszukaufen und aus der tyrannischen Knechtschaft zu befreien, bittet er um eine Beisteuer. Es ist fromme Pflicht, an dem Unglück des griechischen Volks Theil zu nehmen, das nicht nur die übrigen Völker in Literatur und Gelehrssamkeit unterrichtete, sondern lang und aufs Tapferste die türkischen Waffen aufhielt, zurückschlug und von dem übrigen Europa fern zu halten versuchte, und nicht ihrer Tapferkeit, sondern einem schrecklichen Verhängniß zum Opfer fiel, das auch den übrigen Völkern ähnliche Niederlagen droht, wenn wir nicht durch unseree Besserung den Zorn Gottes versöhnen.

Es ziemt uns daher, indem wir unsere Gefahr bedenken und Gott um seinen Schutz anflehen, mildthätig gegen jene Unglücklichen zu sein, die unter dem Druck türkischer Grausamkeit schmachten. Und vornämlich wollen wir die Noth ihrer Gelehrten zu lindern suchen, da die Kirche der Denkmale griechischer Sprache so sehr bedarf.

Regensburg, 9. Mai 1541.

Phililpp Melanchthon\\
Martin Bucer\\
Johann Pistorius\\
Wolfgang Musculus\\
Veit Dieterich\\
Johann Drach\\
Anton Corvinus\\
Martin Frecht\\
Johann Brenz

Quelle: [[verzeichnisse:quellen:evangelische_volksbibliothek]]

Frecht, Martin – An Erhard Schnepf und Ambrosius Blaurer

10.12.1537

Mein Verwandter Johannes Spengler (Spänglerus) hat mich gebeten, in Unterstützung seiner Bittschrift Euch dringend zu ersuchen, das ihm jüngst gezeigte Wohlwollen auch jetzt zu bewähren. Ihr vernehmt aus seinem Schreiben, daß die Vorsteher des Blaubeurer Spitals ihm nur 20 Goldgulden jährlich zahlen oder ihn zwingen wollen, sich mit der Spitalkost zu begnügen, was ihm sehr beschwerlich wäre. Auf solche Weise würden wir sicherlich nicht viele, die aus dem Papsttum kommen, beim Evangelium festhalten. Mag auch mein Verwandter seine Fehler haben, so scheint doch kein böser Wille vorzuliegen. Deshalb bitte ich Euch, bei Eueren Kollegen auszuwirken, daß für ihn reichlicher gesorgt werde. Entschuldigt meine Zudringlichkeit und laßt mich Euch empfohlen sein.

Raptim, Ulme 10. Decembris 1537

Quelle:
Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blaurer
1509 – 1548
Herausgegeben von der Badischen Historischen Kommission
Bearbeitet von Traugott Schieß
Band I
1509 – Juni 1538
Freiburg i. Br.
Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld
1908