Clarenbach, Adolf – An Johann Klopris

Dem wirdigen inn Christo Jesu standthaftigen durch Gots unsers almechtigen vatters gnad und huld H. Johan Klopreiß umb des Euangelions willen gfangnen, seinem lieben hern und Christlichen bruder, wünscht Adolphus Clarenbach, sampt allen Christen genad, barmhertzigkeit und frid von Got unserm vatter und unserm Herrn und getrewen bruder Christo Jesu. Amen.

Gelobt sei Gott und der vatter unsers Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlicher segnungen im himlischen wesen durch Christum, durch welchen er uns erwelet hat, ehr der welt grund gelegt ward, das wir sollen sein heilig und unsträfflich vor im inn der liebe, das er uns durch sein unermeßliche gnad und barmhertzigkeit mit so vil zeugnussen in unsern hertzen versichert und gewiß machet; als nemlich mit dem kindlichen geist, der unsern geist gewiß und sicher mahcet, das wir kinder seind des allerhöchsten: mit dem geist der kraft, durch welchen wir dürfen setzen wider allen gewalt und kraft des teufels, der hellen, der welt, des endtchrists mit seiner heuchlerei: mit dem geist der liebe, durch welchen wir liebe gwinnen zu Gott dem allmechtigen und für alle Christgleubigen menschen unser leben lassen, ja auch für unser freind, nach dem vorbild unsers Hern Jesu Christi, der für uns seine feind gestorben ist, auff das er uns zu freund machet rc.: mit dem geist der zucht, der uns den alten Adam züchtiget und tödtet, das er nicht mehr seinen bösen willen erfülle, dem tod frucht zebrengen rc.: mit dem geist der warheit, der uns von aller heuchlerei und gleißnerei erlößt und inn alle warheit leitet. Hierauß kommets, das wir den menschen und der welt nicht gefallen und behagen künnen, ja von inen gehaßt und getödt müssen werden. Dann wir haben den bei uns, der alle ire anschleg, vornemen und werck strafft und veracht, mit dem lebendigen wort des Herrn, als uns Herr selber sagt Joan. 7. **Die welt haßt mich, dann ich zeuge, das ire werck böß sind.** So sehen wir nun, das sie von allen irer verderbnuß das wort des Herrn verfolgen und verdammen, an denen, die es durch den geist des Herren außruffen und außbreytten. Sehen, diß seind die gutte werck deß freien willens, der anderst nichts vermag, dann das zur verdamnuß dienet, da sie doch so vil von blappern, und wissen selbst nit (auch nach weltlicher weißheit zu sprechen) was sie reden oder sagen. Daraus wir mügen ermessen, wie gantz und gar die prophecei Pauli 2. Timoth. 3. erfüllt wirt werden: Sie werden nit auffhören, dann ir torheit wirt iederman offenbar werden, ja sie ist den meisten teil an tag kommen, on das, das sie alhie noch ein wenig verdeckt ist, und wenn sie die mit reden nit lenger verdecken und verbergen künden [können], wollen sie der gewalt dar zu gebrauchem und sehen die armen verblendten menschen it (der sich Gott müsse erbarmen alß er sich unser erbarmete, da wir auch in solcher blindheit wandleten), das ie meher sie der gewalt darzu brauchen, ie mehr sie ire torheit offenbar machen. Ja sie müssen der gewalt darzu gebrauchen, uff das sie dieselbig torheit offenbaren, sunst fiengen sy sich selbst in allen den garnen und netzen, die sie aussspannen und außstrecken, Gott mit den seinen darinn zu erschleichen und zu fangen. Das schafft der allmechtig Gott also, auff das wir bewegt werden zu der barmhertzigkeit, für sie zu bitten, das sie Gott auch erlöse von so grosser blindtheit und bosheit, darinne sie wandelen. Zum andern, das uns Gott so sicher und gwiß mache der ewigen herrligkeit, durch das Creutz und leiden, so sie uns an thund (uff das ich widerumb auff mein fürgenomen Thema komme), also verwandelt Gott das übel in das gut, und töstet uns in allen unseren trübsalen, auff das wir trösten künden die, so da seind in allerley trübsal, mit demselbigen trost, damit wir von im getröstet werden. Dann gleich wie vil leidens des Herren uber uns kompt, also kompt auch vil trosts uber uns, durch den Herrn Christum 2. Corinth. 1, also das wir in der gnad gottes stehen, uns nit allein berümen mögen der hoffnung zukünftiger herrligkeit, sonder rümen uns auch der trübsalen, dieweil wir wissen das trübsal gedult bringt, die gedult aber bringt erfarung, die erfarung bringt hoffnung, die hoffnung aber laßt nit zu schanden werden: das alles darumb, das die liebe Gottes außgegossen ist in unser hertz, durch den heiligen geist, welcher uns gegeben ist. Ro. 5, deß sei Gott in ewigkeit gelobt, der uns also sicher macht der ewigen herligkeit und ewigen lebens zu seinem preiß. Hie ist die Creatur und seuftzt, und ist in angst wie ein weib in kindsnöten. Hie seind wir, die erstling des geists haben, und seuftzen bei uns selbs nach der kindschafft, und warten auff unsers leibes erlösung. Hie ist der heilig geist und hilft unser schwachheit, und vertritt uns selbs gewaltigklich mit unaußsprechlichen seuftzen. Hie ist Gott für uns, der seinen einigen sun für uns alle dahin geben hat, und mit im alles frei geschencket. Wer wil uns nu beschuldigen, rc. Gott rechtfertiget uns, wer will uns verdammen? Hie ist der Herr Christus, der gestorben ist für unsere sund, auffgestanden umb unsrer rechtfertigung willen, und ist zur rechten hand gottes und vertritt uns [als] der einig allmechtig mitler. Wer wil uns denn scheiden von der liebe Gottes? trübsal oder angst? verfolgung oder hunger? oder blösse? oder gferligkeit? oder schwert? wie gschrieben stehet: Umb deinen willen werden wir getödtet den gantzen tag, wir sind gerechnet für schlachtschaf. Aber in dem allen überwinden wir weit, umb des willen der uns geliebt hat. Denn wir sein gewiß, das weder tod noch leben, noch engel, noch fürstenthum, noch gewalt, noch gegenwertigs, noch zukünftigs, noch hochs, noch tiefs, noch kein ander creatur uns vermag zuscheiden von der liebe Gotts, die inn Jesu Christo unserm herrn ist. Darumb sollen wir uns, lieber bruder, unsers trübsals nit verdrissen lassen, und nit müd oder matt werden. Dann ob unser eusserlich mensch verweset und umbkommet (das uns ye) gut und selig ist, so wirt doch der inwendig von tag zu tag vernewert. Denn unser trübsal, das zeitlich und leicht ist, schafft ein ewige, und uber alle maß gewichtige herrligkeit, die wir nit auffsehen auff das sichtbar, sonder auff das unsichtbar. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig, 2 Corin. 4, des wir ye ein klar und schön vorbild haben in unserm herrn und getrewen bruder für allen Jesum Christum. Welcher, nachdem er durch sein kreutz und leiden ein kleine zeit der allerniderste, allerdurchachtste [verachtetste] und allerbösest geacht ist worden, ist der allerhöchste, der allerachtbarste, der allerherlichste an der rechten des almechtigen vatters worden, also, das nichts ist, da er kein gewalt uber hab. Also auch wir, lieber bruder, mussen durch vil tribulation und trübsalen in das himelreich kommen. Denn welchen der herr lieb hat, den züchtigt er, er steupt aber ein ieglichen sun, den er annimpt, Prover. 3. So wir dann die züchtigung erdulden, so erzeigt und Gott als den kindern. Alle züchtigung aber, so sie zugegen [gegenwärtig] ist, wirt nit angesehen für ein frölich, sonder für ein trawrig ding. Darnach aber wirt sie geben ein fridsame frucht der gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind, Hebr. 12.

Auff solche und dergleichen wort des Herren wöllen wir durch die genad Christi uns vertrösten, wissend gewißlich und sicher, das alle, die gotseliglich leben wöllen inn Christo Jesu, müssen verfolgung leiden, 2. Timot. 3. Derhalben alle, die kein Verfolgung wollen leiden, die mögen inn Christo nit gotseliglich leben. Diß alles haben wir für exempel vornemlich den Herren Christum (wie vorberürt) selbs, Abel, alle Propheten, alle Apostel, alle Mertler rc.

Solichs hab ich für ein vorred, ehe ich zu ewres brifs verantwortung kommen bin, geschrieben (ich hett nit vermeint, das es so lang solt worden sein), auff das ir, lieber bruder, mein vertrawen auff den Herrn Christum und seinen und unsern vatter, so er mir durch sein gnad geben hat, inn diser meiner gefengnus, wissen mögt, und davon getrost und erfrewet werden, als ich auch uber alle maß getrost und erfrewet bin, do ich zum ersten gehort, darnach selbs gelesen hab auß ewerem brieff mit ewer eignen hand geschriben, was starckes glaubens und vertrawens ir durch die gnad und wirckung Gots habt inn ewerm trübsal, also, das ir auch andere trösten künden. Und als ich höre vil christen grosse besserung auß ewrem briff entpfangen haben, davon ich Gott unserm vatter alle zeit dancke, und bitte in, das er uns durch sein genad standhafftig halten wöll biß an das ende, und das er durch sein gnad erfülle, das er hat inn uns angefangen zu ere, preiß und lob seines heiligen namens.

Ich hatt zuvor gehört inn dieser gefencknus  von etlichen auch grossen Haufen der Sophisten, die zu mir kamen, das sie mich bekeren möchten zu irem Endtchrist, das ir sollet gesagt haben, ich hette euch verfüret, und darum berieffen ir euch auff mich, und wöllet euch mit mir vertheidigen.  Den selben lügnern ich allzeit entgegen gstanden mit fürgewanter ursach und in kein glauben gegeben, doch haben mich dieselben, wie wol mit unverschampten lügen, bewegt, das ich desto heftiger bin worden, und mer andechtig im gebett zu unserm himlischen vatter für euch, das er euch durch sein gnad in allen ewren nöten standhafftig wöl halten, auff dem gewissen wort der lere Jesu Christi unsers hern, damit euch zu vertedigen und nit einig vertrawen setzt auff mich armen sterblichen menschen oder auff einige anderke zu ewerm verderben, wie Jerem. 17. vermaledeit ist, der sein vertrawen setzt auff einen menschen. Der ursach halber hat mich ewer brieff noch mehr und mehr erfrewet und getröst und bewegt Got zu dancken und zu loben, für seine grosse gnad und barmhertzigkeit, so er an uns armen sünder gewendt hat, und auch in zu bitten rc. So ist mir auch ewer brief nit allein angenem, sonder auch zu grosser freud und trost in unserm Herrn Christo. Ich hab euch aber auff teutsch geantwort, da ir mir sehr artig und ordenlich latein geschrieben, auff das die brüder und schwestern, kein latein künden, diß lesen und verstehn mögen, und Got dem Herrn dancken für sein gnad und in bitten. Weiter, lieber bruder, so ir mich vermant, das ich keinen eid thun söll, das hat mich sehr getrost und erfrewet. Dann deßhalben haben sie mich einen halßstarrigen, und der auff sich selber allein stehe und allein weise sein wöl, gescholten und dabei gedrewt mich einen ketzer zu declariren, und als ich des (das ich nit schweren wolt) red und antwort geben wolt, seind irer zwen oder drei zusammen mir under die augen gefaren mit schelten wie kesselbüsser((Kesselbüßer = Kesselflicker; von büßen (mhd. büezen), besser machen, ausbessern, wieder gut machen, vergüten, Buße leisten. Daher auch Altbüßer = Schuhflicker.)) und gesagt, ich mach selber glosen uber den text, Mat. 5. Es ist (sprach der ketzermeister ein prediger münch) ein verdampte ketzerei, das man keinen eid thun sol. Also arguiren sie ex puris particularibus. Armer verblendter volck mag under der sunnen nit sein. Ich aber antwort: Wirdigen lieben hern, ich sage nit, das man inn keinem fall schweren söll oder vermög. Dieweil aber biß mein eigen sach antrifft, als nemblich, mich auß dieser gefencknus zekommen (als e. w. mir oft selbs bekant hatt) so ist mir dieser eid wider mein conscientz, derhalben ich in nit thun mag rc. Ketzermeister: Die conscientz oder gewissen ist irrig und ketzerisch. Adolphus: Wirdiger herr, e. w. möögen mich nit einen ketzer schelten, ehe ir mein bescheid und bewegnus wißt und verstehen.

So hatt ich mein bescheid inn schlußrede begriffen, die selbige ich auff teutsch anfing zu erzelen, und da ich die vierdte noch nit gar auß erzalt hatt, rieffe sie aufs new: ich solt den eid thun bei straff des banns, und wo ich des nit wolt thun, so möcht ich sehen, was mir davon komen würd. Ich sprach: NAchdem mir der eid so hart wider mein gewissen ist, mag und kan ich den nicht gethun; fragt mich, ich will euch doch sunst die warheit sagen, als mir der Herr Christus bevolhen hat: ja ja, neyn neyn zesein. Als sie nun nit forther kommen kundten, protestierten sie davon, und fingen an zefragen rc.

Mein bescheid, lieber bruder, von dem eid (auff das auch ir wisset, was mich der Herr Christus davon geleret hat, wo ein Christenmensche schweren und nit schweren möge) ist dieser:

  • Matth. 5. unser Herr Christus, und Jacob inn seiner epistel am 5. cap. gebieten den Christen, das sie inn keinen weg schweren sollen, und nemen hinweg alle die macht und gebrauch der alten zu schweren.
  • Der Herr Christus aber selbs und seine Apostel, und S. Paulus sonderlich, haben oft (wie man lißet) geschworen; thun sie anders dann sie leren? das sey fern.
  • Derhalben muß man sehen, in welchen weg sie selbs schweren, und warumb sie gebieten, gar nit zu schweren.
  • Nun lißet man an keinem ort, das sie geschworen haben, da es nit fürnemlich die ehre Gots, darnach die liebe, zu not und nutz des nehsten, betreffe.
  • Darumb mögen auch die Christen nach dieser weiß und exempel schweren, ja sie sein es auch schüldig, und thun auch wol daran, und auff diese weiß wirt der alten macht und gebrauch zu schweren bestimmet, und sein selig alle die bei im schweren, wie im psalter steht.
  • Derhalben wo es die ere Gottes, und die liebe des nehsten nit betrifft, sollen die Christen aller ding nit schweren, nach dem gebot Christi Matt. 5 und Jacobi am 5. cap. sonder yhr wort sollen sein ja ja, nein nein.
  • Wo es aber uns selbs betrifft, da ist offenbar, das es nit die ere Gots, noch die liebe rc. antrifft.
  • Darumb wa es uns selbs antrifft, da hat uns Christus gebotten, das wir aller ding nit schweren sollen, dann allein ja ja, neyn neyn sagen.
  • Nun inn dieser meiner handlung (wiewol ungewönlich den gfangnen zu schweren ist, dannoch ich des angelangt werd von den geistlichen) trifft der eid mich selbs an, nemlich das ich dadurch meiner gefengnus entledigt werd, als die ketzermeister einmal oder drei selbs bekant und gesagt haben, nemlich, ich mög dieser gfengnus nit entledigt werden, wo ich nit den eid thun wöll, und kunden dannocht nit beweisen, das ein ley und gefangner solchen eid thun söll, oder schüldig sei zu thun.
  • Derhalben inn dieser meiner handlung muß ich nit schweren, so fern ich gegen das gebot unsers Herrn Jesu Christi nit handlen wil, das ich nit thun sol, so lang Christus bei mir wirt sein mit seiner gnad (on welche wir nicht gutts vermögen) und solt ich darumb sterben,
  • Dann man muß Gott mehr gehorsam sein dann den menschen. Act. 5.

Beschluß aller vorigen rede.

  • Wo es mich selbst antrifft, sol ich frei und offenlich on Eid die warheit sagen, nach dem gebott Christi Mat. 5
    Aber wo es die glori Gottes, oder die liebe des nehsten rc. angehet, sol ich dieselbige mit Eid zu bevestigen nit weigern, nach Christi und der Apostel exempeln. So schweren die undersassen der Oberkeit, und also widerumb. Item, die gefangnen erledigt der gefencknuß thund urfrid((Urfrid, gewöhnlicher Urfehde, ist die eidliche Versicherung, daß man eine erlittene Vergewaltigung nicht rächen wolle. Eine solche mußten auch diejenigen leisten, welche aus dem Gefängnis entlassen wurden.)) rc.

Sehet, lieber bruder, das ist mein bescheid von dem Eid, des sie mir nit zulassen wolten, das ichs zum end sagen möchte.

Weiter, lieber bruder, wolt ich gerne, das ir ewer beide Testament bei euch hetten, und könt ich ettwas darinn gehelfen, wolt ichs von hertzen gern thun. Mein Testamentlin, sampt dem Psalter, haben mein herre vom Rath noch hinder sich, doch hab ich alls ettwas von andrer materi zu lesen gehabt. Auff Franckenthum hett ich auch ewer alt Testament ein zeit lang, das mir auch der Burggrave bißher fürgehalten hat, anders dann er mir zugesagt, alß ich da von dannen gefurt ward, ich hoffe aber es sol euch bald zu handen kommen. Nichts mehr, lieber bruder, (dann das bapir wirt mir zu schmal) dann das wir Gott unserm himlisichen vatter dancken für seine grosse unermeßliche gnad und barmhertzigkeit, so er an uns gewendet hat, und bitten in hertzlich und mit andacht fewerig, das sein götlich wort gepredigt werde durch die gantze welt, durch gantz Teutschland, durch all dise umbligende Länder, in diser statt Cöln sonderlich, und das er mit seiner gnaden erfüllen wöll, das er iin uns hat angfangen zur herrligkeit, preiß und lob seines heiligen namens.

Noch ein wort, lieber bruder, mußß ich sagen: Ich hab hinden an die antwurt, so ich den Ketzermeistern geben, auff ir frag also setzen lassen: So nun erfunden wurde, das ich yrgend inne irrete, beweißlich aus der heiligen Schrift, also,, das dieselbige in irem natürlichen verstande, darinn sie ligt, bleibe unverruckt, derhalben beger ich in solcher underweisung die bibel gegenwertig, auff das man aus solcher red solchen verstand unverruckt vernemen kund, und das aus den büchern die canonici heissen.

Ich hoffe, lieber bruder (alß auch ewer brieff vermeldet) der Herr sol in kurtzer zeit wunder ding wirken, darumb lasset uns seiner mit gedult verharren, und hefftig bleiben, inn dancksagung und geboett: Emanuel Amen.

Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins
herausgegeben von Prof. Dr. W. Crecelius
Neunter Band
Bonn 1873
In Commission bei A. Marcus

Clarenbach, Adolf – An Johann von Kirspe

Sendschreiben von Adolf Clarenbach, der neulich zu Köln verbrannt wurde, aus dem Gefängnis geschrieben an den ehrwürdigen Vater Bruder Johann von Kierspe, Mönch zu Köln aus dem Predigerorden, über einige Artikel des Glaubens.

Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden.

Dem frommen Leser.

Fasse guten Muth, wer Du auch seist, der Du Christo dich zugesagt hast. Er, der allerwachsamste Hirte verläßt Seine Heerde nicht. Ein so großer König und Triumphator, in dessen Hand die Herzen der Könige sind, wird seine Soldaten mit leichter Mühe beschützen. Es schadet ihnen weder Tod, noch Peinigungen, noch Bande. Es mögen die Sophisten schwätzen, es mögen die falschen Theologen ihre Stimme erheben, während die Gottlosen bis auf den letzten Mann zu Grunde gehen, wird Christus regieren, ja so regiert und triumphiert er schon in seinen Blutzeugen. Unter welchen der sehr ruhmwürdige Herr Adolf Clarenbach zugleich mit seinem Genossen Peter von Flisteden sowohl im Leben als im Sterben aus dem Heerlager seines Königes tapfer streitend den Sieg davon getragen hat. Dessen wahrhaft christliches Herz kann man aus folgendem Briefe, welchen er, wenngleich einem Feinde der Wahrheit, doch in sehr bescheidener Weise geschrieben hat, kennen und lieben lernen. Vernehmt denselben daher mit freudigem Geiste, und es gereue dich nicht, nach dem Beispiele jenes deinem Herrn und Heiland durch dessen Gnade nachzuahmen. Lebe wohl.

Seiner Ehrwürden, dem Vater und Bruder Johann von Kierspe, Predigermönch zu Köln.

Jesus Emmanuel.

Heil von Christo, dem Herrn über Alle. Großen und ungemeinen Dank statte ich Deiner werthen Person ab, verehrungswürdiger und menschenfreundlicher Mann (vergelten kann ich in der Gegenwart nicht, weshalb Christus, der alles vermag, vergelten möge), weil Du Dir meinetwillen so viel Mühe gegeben hast, der ich in Verachtung und Niedrigkeit im Namen Christi um Christi willen, wie ein Schaf, welches zur Schlachtung bestimmt ist, gefangen gehalten werde. Denn Du zeigst, daß Du einen beträchtlichen Theil beider Testamente von Neuem aufgeschlagen hast außer der übrigen Arbeit, die Du auf Durchsicht der Werke der Gewährsmänner und auf die Abfassung Deines Schreibens verwandt hast. Jedoch zur Sache. Zum Ersten handelst Du auf vielen Seiten nichts anderes ab, als daß Du beweisest, daß nicht jedes Schwören von Gott verboten sei, was ich niemals geläugnet habe, da ich vielmehr von Anfang meines Trauerspiels an offen und frei dieses in Gegenwart Ew. Hochwürden und öffentlich und privatim, wie dieses Euer Brief auch gesteht, behauptet und bekannt habe, daß das Schwören erlaubt sei, wo dasselbe sich auf die Ehre Gottes oder auf die Liebe des Nächsten beziehe. Wozu dient es daher, lieber Mann, so viel Mühe vergeblich unter so vielen und großen Beschäftigungen, durch welche Du nicht bloß täglich sondern stündlich in Anspruch genommen bist, anzuwenden und wie man zu sagen pflegt, das Abgemachte noch einmal vorzunehmen.

Sodann, nachdem es endlich zur Sache kommt, nämlich Du beweisen willst, daß ein Gefangener in seiner Privatsache schwören müsse, verlierst Du gänzlich und in dem Grade die Partie, daß ich allein daraus, wenn nichts anderes mir zu Gebote stände, den Beweise entnehmen könnte, daß ich in dieser Sache zur Eidesleistung nicht verbunden sei. Weil solches also ein durchgebildeter Theologe nicht beweisen kann (wie aus Deinen Schriften sonnenklar für die Aufmerksamen hervorgeht) wer wird es, sage ich, läugnen können, daß es etwas frivoles sei? Es steht schlecht um eine Sache, welche von den tüchtigsten Personen nicht vorgenommen und behandelt werden kann. Denn zuerst, da Du das Dir vorgenommene Thema zu beweisen unternimmst, bemühest Du Dich mich jene schmutzige und schändliche Selbstliebe zu lehren, ein Laster, welches auch die besseren Heiden verabscheut haben, gegen die ganze heilige Schrift, welche ja nichts anders lehrt, als daß wir die Liebe zu uns selbst daran geben und uns zu der Liebe Gottes stärken sollen? Das kannst Du nicht läugnen, wenn Du jenes einige Haupt von uns allen Jesum Christum hörst, da er schreibt: Du sollst lieben den Herrn Deinen Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth und aus allen Kräften und Deinen Nächsten, als Dich selbst. In diesen zweien Geboten hanget das ganze Gesetz und die Propheten. Wenn aber die Liebe zu Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth und aus allen deinen Kräften sein wird, so wird von der Selbstliebe nichts übrig bleiben was derselbe Herr Christus an einem andern Orte mit andern Worten folgendermaßen ausspricht: Wer mir – so sagt Er, – nachfolgen will, der verläugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach. Darauf geht auch das Wort Pauli an die Römer: Unser keiner lebt ihm selber und unser keiner stirbt ihm selber, leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Dies in der Kürze soweit es sich auf Gott den Allerhöchsten bezieht. Laß uns nun den Nächsten in’s Auge fassen: Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. Hier wägt und schätzt und mißt er die Liebe des Nächsten nach der Selbstliebe, oder nach der Aehnlichkeit der Liebe, welche der Mensch gegen sich selbst hat; denn er sagt nicht, du sollst dich selbst lieben wie den Nächsten, sondern, du sollst den Nächsten lieben, wie dich selbst. Wie aber liebst du dich selbst? Indem du alles Schädliche und Widerwärtige auf jegliche Weise abweisest, meidest und fliehst, alles aber, was Vortheil und Nutzen bringt, auf jegliche Weise erstrebst und demselben nachjagst und indem du, wie man sagt, mit Händen und Füßen dich bemühest, es zu erhalten. In allem diesem suchst du das deine. Siehe, so sollst du den Nächsten lieben, nämlich, daß du alles Schädliche und ihm Widerwärtige auf jegliche Weise in seinem Namen abweisest, vermeidest und fliehst, und ebenso alles, was Vortheil und Nutzen bringt, auf jegliche Weise für ihn begehrest, suchest und mit allen Kräften dich bemühst, daß er es erlange. Wenn du das thust, mußt du nothwendig die Selbstliebe bei Seite setzen. So weit ists davon entfernt, daß die Selbstliebe vorgeschrieben sei, vielmehr es ist vorgeschrieben, daß ich mich nicht liebe. Damit du aber nicht sagest, dies sei von mir erdichtet oder erdacht, so höre jenen Apostel von Tarsus, der nicht bloß an einer Stelle gleichsam zusammenfassender und kürzer, aber nach demselben Sinn das Gebet Gottes erklärt, wenn er spricht: Niemand suche das Seine, sondern das, was des Andern ist. Ebenso: Jeglicher sehe nicht auf das Seine, sonder das, was des Andern ist. Ebenso: Wer den Nächsten liebt, der hat das Gesetz erfüllet. Und damit dies so deutlich als möglich erscheine, bestätigen wir es durch Beispiele aus beiden Testamenten. Hat Moses, jenes Vorbild Christi, das Seine gesucht, als er begehrte von Gott aus dem Buch des Lebens getilgt zu werden, um das Heil des Volkes willen? Hat der Herr Christus sich und das Seine gesucht, welcher, da er doch der allmächtige Herr und selbst Gott war, für uns Mensch geworden ist, ein Knecht Aller, ein Fluch und der Elendeste von Allen? Siehe, so befiehlt er uns bei Johannes, daß wir uns untereinander lieben: Also liebt euch, spricht er, untereinander, wie ich euch geliebet habe. Hat endlich jener Apostel Paulus das Seine im Auge gehabt und gesucht, als er begehrte, verbannt zu sein für seine Verwandten die Juden? Ist aus allem diesem noch nicht klar, was der Apostel an die Corinther schreibt, nämlich: Die Liebe sucht nicht das Ihre? Ist es, sage ich, noch nicht völlig klar, daß das noch nicht Theologen seien das ist, die da suchen, was Gottes ist, sondern Anthropologen (damit ich mich inzwischen ein wenig der griechischen Sprache bediene) das ist Menschenweisheit suchende, die der Meinung sind, daß Selbstliebe die eigentliche Liebe sei? Denn was hat die rechte Liebe mit der Selbstliebe gemein? Ferner, wenn ein Mensch aus Liebe sich selbst lieben kann, so darf auch die Liebe das Ihre suchen. Wenn sie aber das Ihre suchen darf, so wird sie auch bisweilen das Ihre suchen (und es muß, wie Du selbst ohne Scheu hinzufügst, der Mensch sich selbst lieben, ja sogar sich selbst mehr lieben, als den Nächsten). Die Liebe sucht also das Ihre, und die Liebe sucht nicht das Ihre. Von diesen beiden Sätzen ist einer von beiden falsch, weil sie sich widersprechen. Wenn aber der Satz „die Liebe sucht nicht das Ihre“ wahr ist, so ist der Satz falsch „die Liebe sucht das Ihre.“ Siehst Du wohl, bester Mann, daß man nicht auf irgend eine Weise scherzen darf mit göttlichen Aussprüchen? und daß man sie nicht anders drehen darf, als wie sie liegen? Sonst wird es geschehen, daß derjenige, welcher sie misbraucht, von ihnen selbst der größten Gottlosigkeit angeklagt, gezwungen wird, zwei einander widersprechende Grundsätze zu gleicher Zeit (was auch bei den Sophisten den größten Schimpf bring) anzunehmen. Durch dieses Mittel also (isthoc medio), wenn irgend etwas falsch und der Lehre Christi und der Apostel ganz und gar widersprechend ist, kannst Du mir als einem Laien und Gefangenen nicht nur nicht beweisen, daß ich in einer Privatsache schwören müsse, sondern Du beweisest gerade in dieser Sache auf vielfache Weise, daß der Eid nicht geleistet zu werden braucht. Wenn du aber am Schluß sagst, auch die Liebe verlange es, so ist das falsch. Denn dieses Eid schwören ist ganz ungewöhnlich, und weil es von einem Gefangenen in seiner eigenen Sache gefordert wird, auch der Welt verdächtig, geschweige den Christenmenschen; ja sogar der Kaiser mit den Seinigen lacht über einen solchen Eid, als eine Lüge und rümpft (wie man sich ausdrückt) die Nase darüber. Aber dergleichen zu thun, was allen verdächtig, und für eine Lüge gehalten wird, das heißt die Liebe stark verletzen; man darf also nicht sagen, es verlange es die Liebe. Was Du übrigens anführst vom Eid der Verläumdung, und über Reinigung vom bösen Gerücht, bringt nichts zu Wege, als daß für den Eid der Verläumdung bei den leichtsinnig processirenden und im Stande der Freiheit vor Gericht handelnden von dem Kaiser im vierten Brief der Institutionen und im Rechtsbuche (d. h. dem corpus juris) eine Strafe festgesetzt worden ist. Und ich kann nicht durch einen solchen Eid mich vom bösen Gerücht reinigen, da er dem Verdachte unterliegt. Möge derjenige mich vom bösen Gerüchte befreien, der dies nach dem Recht thun muß. Derjenige aber ist rechtlich dazu verpflichtet, der mir durch seine äußerst unverschämten Lügen dasselbe erzeugt hat,, was der Herr sehen und richten möge1) Endlich, daß solche Art von Eiden den Christen von Christo verboten und diese nicht zu leisten sind, will ich mit wenigen und kurzen Sätzen und Zusammenfassungen aus Christi Lehre zeigen. Weil Du es mir neulich im Gespräche verneintest, so schreibe ich zunächst vorher die Worte Christi selbst, aus welchen der Beweis geliefert wurde, aus dem fünften Capitel des Matthäus ab, damit es einleuchtend sei, wie ich nicht etwas, das falsch ist, vorgebracht habe. Christi Worte sind aber nach der Uebersetzung des Erasmus folgende: Ihr hab gehört, daß zu den Alten gesagt ist „du sollst nicht falsch schwören, sondern du sollst dem Herrn, was du geschworen hast, halten.“ Ich aber sage euch: „Ihr sollt ganz und gar nicht schwören, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist sein Fußschemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt. Auch sollst du nicht bei deinem Haupte schwören, weil du auch kein einziges Haar weiß oder schwarz machen kannst. Aber eure Rede sei ja, ja, nein, nein, was hinzugefügt wird, kommt aus dem Uebel.“ Hieraus folgere ich, wo die Christen schwören und nicht schwören sollen, auf folgende Weise. 2).

  1. Matth. 5. unser Herr Christus, und Jacob inn seiner epistel am 5. cap. gebieten den Christen, das sie inn keinen weg schweren sollen, und nemen hinweg alle die macht und gebrauch der alten zu schweren.
  2. Der Herr Christus aber selbs und seine Apostel, und S. Paulus sonderlich, haben oft (wie man lißet) geschworen; thun sie anders dann sie leren? das sey fern.
  3. Derhalben muß man sehen, in welchen weg sie selbs schweren, und warumb sie gebieten, gar nit zu schweren.
  4. Nun lißet man an keinem ort, das sie geschworen haben, da es nit fürnemlich die ehre Gots, darnach die liebe, zu not und nutz des nehsten, betreffe.
  5. Darumb mögen auch die Christen nach dieser weiß und exempel schweren, ja sie sein es auch schüldig, und thun auch wol daran, und auff diese weiß wirt der alten macht und gebrauch zu schweren bestimmet, und sein selig alle die bei im schweren, wie im psalter steht.
  6. Derhalben wo es die ere Gottes, und die liebe des nehsten nit betrifft, sollen die Christen aller ding nit schweren, nach dem gebot Christi Matt. 5 und Jacobi am 5. cap. sonder yhr wort sollen sein ja ja, nein nein.
  7. Wo es aber uns selbs betrifft, da ist offenbar, das es nit die ere Gots, noch die liebe rc. antrifft.
  8. Darumb wa es uns selbs antrifft, da hat uns Christus gebotten, das wir aller ding nit schweren sollen, dann allein ja ja, neyn neyn sagen.
  9. Nun inn dieser meiner handlung (wiewol ungewönlich den gfangnen zu schweren ist, dannoch ich des angelangt werd von den geistlichen) trifft der eid mich selbs an, nemlich das ich dadurch meiner gefengnus entledigt werd, als die ketzermeister einmal oder drei selbs bekant und gesagt haben, nemlich, ich mög dieser gfengnus nit entledigt werden, wo ich nit den eid thun wöll, und kunden dannocht nit beweisen, das ein ley und gefangner solchen eid thun söll, oder schüldig sei zu thun.
  10. Derhalben inn dieser meiner handlung muß ich nit schweren, so fern ich gegen das gebot unsers Herrn Jesu Christi nit handlen wil, das ich nit thun sol, so lang Christus bei mir wirt sein mit seiner gnad (on welche wir nicht gutts vermögen) und solt ich darumb sterben,
  11. Dann man muß Gott mehr gehorsam sein dann den menschen. Act. 5.

Beschluß aller vorigen rede.

12. Wo es mich selbst antrifft, sol ich frei und offenlich on Eid die warheit sagen, nach dem gebott Christi Mat. 5

Aber wo es die glori Gottes, oder die liebe des nehsten rc. angehet, sol ich dieselbige mit Eid zu bevestigen nit weigern, nach Christi und der Apostel exempeln. So schweren die undersassen der Oberkeit, und also widerumb. Item, die gefangnen erledigt der gefencknuß thund urfrid3) rc.

Dies ist es, bester Mann, was ich zum Beweise meiner gegentheiligen Behauptung, obgleich ich rechtlich nicht dazu verbunden bin, da es Deine und der Deinigen Sache war mir gegen meine Einrede den positiven Beweis zu liefern, dennoch durch die Gnade unseres Herrn Jesu Christi vorbringen zu müssen geglaubt habe. Ich bitte, wenn bei Vergleichung mit der reinen und vollkommenen Lehre Christi etwas weniger angemessen gesagt sein sollte, daß Du dies mit einigen Worten wenigstens anzeigest, und ich werde mich nicht scheuen, alsdann dies sobald als möglich zu widerrufen, sei es auch vor den Augen aller Menschen. Endlich bemerkt Ew. Ehrwürden am Schlusse ihres Schreibens (an mich): Wenn ich in diesen Dingen Dir Genüge gethan habe, so beschwere es Dich nicht, in den einzelnen Artikeln meinen Irrthum mir anzuzeigen, was Du zu thun auch im Gespräche in meiner Gegenwart aus freien Stücken übernommen hast. Da ich aber in diesen Dingen Dir kein Genüge thun konnte, indem einerseits die sachlichen Gründe, andrerseits noch viel mehr die göttlichen Schriften mich drängten, so fürchte ich gleicherweise, daß auch Du jenem Geschäfte dich nicht besonders unterziehen werdest. Jedoch würde es mich auf besondere Weise freuen, wenn ich Deine Widerlegung, wie Du es in Aussicht stelltest, sehen könnte, nur daß sie etwas gewichtiger, und mehr als bisher mit den göttlichen Schriften gestärkt und befestigt wäre. Mein Plan war, Dir zuvor zu kommen, und meine Protestation aus hunderten von Stellen der canonischen Schriften zu bestätigen, welchen Plan ich durch die Gunst Christi noch nicht aufgegeben habe, wenn ihr nur zu Widerlegung derselben hervortreten und fortfahren würdet.

Gedenket wenigstens daran, daß die Schafe und die Kirche Christi auch allein Christi Stimme hören, und daß sie der anderen Stimme nicht nur nicht hören, sondern nicht einmal kennen, ja vor derselben fliehen. Gedenket auch dessen, was der Heiland bei Matthäus betont: Vergeblich dienen mir, welche Lehren und Gebote der Menschen vorbringen. Ebenfalls: Alle Pflanzung, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, soll ausgerottet werden. Lebe wohl in der seligsten Weise in Christo Jesu, dessen Gnade, Barmherzigkeit und Frieden ich wie Allen, so vor Allen Dir anwünsche. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch Allen Amen. Nochmals lebe wohl und bitte unsern himmlischen Vater, daß er zur Heiligung seines Namens uns in dem rechten Glauben Christi und in ungeheuchelter Liebe täglich je mehr und mehr wachsen lasse, und uns bis zum Ende standhaft erhalte, was wir durch Seine Gnade kräftiglich hoffen.

Aus dem Gefängnis, am Festtage Johannes des Täufers4) 1528.

Wenn Du dies vorher durchgelesen hast, so theile es mit dem Vertrauen, mit welchem ich es Dir geschrieben habe, andern Gläubigen mit, und empfehle es, und was ich für Dich sowohl bei unserm Herrn und Bruder Christus und bei den Menschen vermag, darin halte Du mich für ganz bereitwillig. Darum aber wünsche ich, daß Du und die Deinigen Dich meinetwegen bemühen möchtest, damit dies mein Trauerspiel, dessen Verhandlung über alles Maß und gegen alle Sitte langwierig und langdauernd ist, sobald es nur geschehen kann, sei es ein fröhliches, sei es ein trauriges, Ende und Ausgang gewinne. Denn ich bin durch die Gnade des himmlischen Vaters und unseres Herrn Jesu Christi zu Beidem bereit, sei es Christum zu bekennen, oder dem sichern Tode anheimzufallen. Ich bitte daher, kommt mit Christo, kommt mich zu belehren aus den canonischen Schriften und meinen Irrthum anzuzeigen, von dem ihr so viel Aufhebens macht. Christi Schaf bin ich, obgleich unter allen das kleinste, verachtetste und geringste, aber ich bin doch Christi Schaf, weshalb ich des einigen Christus Stimme zu hören mich rühme.

Adolf Clarenbach
Gefangener im Namen Christi
Jesu Emmanuel.


1) Clarenbach bezieht sich hier wahrscheinlich auf die Anklagen des Fiskal Trip, welche er in dem Verhör als unverschämte Lügen bezeichnet. Vergl. Alle Acta.
2) Die folgende Passage ist aus dem Brief Clarenbachs an Klopris entnommen, den ich später ebenfalls abschreiben und hier einfügen möchte. Dadurch erklärt sich auch der Unterschied in der Sprache. In der mir vorliegenden Quelle fehlen zu diesem Brief in der Übersetzung die zwölf Punkte; stattdessen gibt es einen Hinweis: „Es folgen hierauf sämmtliche 12 Sätze, die in dem vorhin mitgetheilten Briefe Clarenbachs an Klopreis in deutscher Sprache gegeben sind. Wir lassen sie deshalb hier in der Uebersetzung des Schreibens an Romberch weg indem wir auf die obige Stelle hinweisen.“ So erklärt sich auch der sprachliche Unterschied
3) Urfrid, gewöhnlicher Urfehde, ist die eidliche Versicherung, daß man eine erlittene Vergewaltigung nicht rächen wolle. Eine solche mußten auch diejenigen leisten, welche aus dem Gefängnis entlassen wurden.
4) Hiermit ist nicht der Gedenktag der Geburt des Johannes (24. Juni) sondern der Gedenktag des Todes (29. August) gemeint.


Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins
herausgegeben von Prof. Dr. W. Crecelius
Neunter Band
Bonn 1873
In Commission bei A. Marcus