Bodenstein von Karlstadt, Andreas – Brief an Luther (12. Juni 1525)

Gottes huld und frid. Erwirdiger her doctor und lieber geuatter. Das ist mein bitt, Ir wollet mir alles das verzeihen, was ich aus dem alden Adam bewegtwider Euch gesundigt. Darnach wellet mein armes und elends weib und kind ansehen, sich uber sieerbarmen und uns verschreiben, dass wir widerumb zu dem unsern einkummen. Dann ich weiss wider rat noch hulf in disen schwinden und emporischen lauften ferner zu suchen. Es ist aufrur von hinnen bis an welsche lande, dem ich feynd und hessig bin, auch nye vertrawet hab noch vertrawen will. Ich hab geschriben und geantwort auf Eur schreiben, hett ichs nicht gethun, itzt liess ichs, dieweil ich die bescheit diser welt nu verstee; werdet Ir etwas in meinen buchlen finden, das Euch zu nahe oder unleidlich, kan ich leiden, dass Irs strafet und mich bezalet. Mir hab ich furgesetzt zukunftiglich gar nichts mer zuschreiben, predigen oder leren und gedenck auf solchem fursatz beharren, so vil an mir ligt. Thut als ein christlicher bruder und freund gottes und verschreibt mein weib, kind und mich gegen unserm gnedigsten churfursten und bringt uns widerumb eyn. Das will ich in demut und vleis verdienen und mich dermassen gegen obristen und gleichen erzeigen, dass Ir Eur furbitt halben keyn ungunst erlanget. Dem lebendigen gott befolen. Datum zu Franckfordt am Meyn. Montags nach Trinitatis Anno XXV. Bitt Eur schriftlich antwort.

Last Euch wider muhe noch zorn abwenden, uns armen und bedrengten zufurdern. Dann was ich nicht verdienen werde oder vermag, das wirt gott unser herr reichlich belonen. Wiewol ich mich noch vermugen allezeit bevleissen will, Eurn willen zuersettigen. Beweiset Eur christliche lieb und seumet uns elende nicht. Wir haben wider fur reysigen noch für paurn rue und angst und not hat uns umbgeben. Wie ich gleyt von dem rat der pauern zu Francken außgebracht und was mich ir gleyt geholfen, wirt Euch mein weib unterrichten. Datum vts. Gott beware uns alle sampt.

Ewr gutwilliger diener Endres Karlstat.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefwechsel mit vielen unbekannten Briefen und unter vorzüglicher Berücksichtigung der De Wette’schen Ausgabe Herausgegeben von Dr. C.A.H. Burkhardt Grossherzogl. und Herzogl. Sächs. Archivar Leipzig Verlag von F. C. W. Vogel 1866

Bodenstein von Karlstadt, Andreas – Brief an Luther (18. Februar 1525)

Frid und lieb Christi. Dein schreiben erwirdiger doctor Martine und bruder in Christo, das Du am freytag nach Sant Thomastag im vier und zweintzigsten jar gethan hast, ist fast langsam mir zukomen, als nemlich ist heut dato, und wunscht, daß mirs ehr worden were. Unser freundschaft begere ich ernstlich und treulich widerumb aufgericht zu werden nach weisung der warheit. Dann ich will sonst nyemant denn Christum zum hauptsacher unser irrung und zwispeldickeit abzuleynen haben, welche warlich zwischcen uns mit grossem nachteil der christenlichen kirchen erwachsen ist und dem gedeyen des euangelions vil mer entzogen hat, denn ich je gemeint hett, welchs wir wider hinlegen mussen. Derhalben bringe mir zuwegen ein geleyt von unsern durchl. fursten dem churfursten und seiner c.g. brudern, meinen gnedigen herrn, wie Du mir zusagest, so will ich zustund ankumen. Du solt mir aber ein genugsams sicher gleyt erlangen. Dann es ist das gerucht, dass mir ire f. g. ungnedig seind, dass vil leut Dir zumessen, als habstu dasselb zu wegen gebracht. Demnach will ich on ein gleit auch nicht einen fuß verwenden, und das haben mir verstendige freund geraten. Warumb solt ich mich auch in fare geben, weil Du mir doch wilt und kanst ein gleit gantz leichtlich erlangen.

Mir gefellt auch wol, daß Du die sach allein wider mich wilt treiben, dann ich will auch also thun, als wer ich mit der person tot. Darumb laß uns den alden Adam außthun, bruderlich zusamen treten, mit dem harnasch der warheit becleiden, und uns das wort gottes lassen beheiligen, wenn mir mit einander reden werden. Gegen der hellen rede Christi und den klaren gerichten gottes will ich weicher sein, den der schnee gegen dem heissen feur und will ehr zulaufen, denn ein tayle zu einem erwermten ecsteyn, wenn er geriben wirt. Derhalben hastu von hertzen geschriben, dafur ichs achte, so wirdestu das zugesagt gleit bald zuwegen bringen. Dann sobald ich das gleit bekum, so will ich mit dem furderlichsten, als mir muglich kummen. In dess gehab Dich wol in Christo mitsampt unsern brudern bey Dir. Datum am achtzehenden tag des Februarii Anno XXV.

Postsc. Wenn meine schweger zu Dir kumen, so troste sie in dem hern, sie sollen sich nicht bekumern, dan Christus ist mir nit fast ungnedig, durch des wundersam schutz und rat mir bisher ist geholfen worden. Dann ich hab in alleweg mussen gepeynigt und angefochten werden, sonst hett mich der herr wol doheym behuten mugen, wiewol die hellische pforten ergrimmet weren worden, wenn gott nicht gesehen hett, dass es mir gut were. Ich weiß nu wieuil ich vom hern hab, denn ich nicht wolt, daß die, so ich lieb habe mit einem aug oderfinger zuentgegen sein solten. Got gebe, dass wir zu seiner eren zusamen kummen, dann ich were mich nicht, under disem allermechtigsten und allergetreuesten hern lenger in fare zusteen und in seynem heer zukriegen. So bin ich gemeinem frid und unser freuntschaft zu gut berayt vom nienniglich mich zuweisen lassen. Allein schick mir bey disem boten ein furstlich sicher gleyt, das Du mir aus eigenem bewegnus zugesagt hast, oder Du wirdest sonst zu mir in das elend kummen mussen, welchs ich um Deines frummen willen nicht wolt. Darumb wirts vil besser sein, das Du mir das gleyt schickest, das ich auch aus craft Deiner starcken zusage begere. Gehab dich abermals wol durch Christum.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefwechsel mit vielen unbekannten Briefen und unter vorzüglicher Berücksichtigung der De Wette’schen Ausgabe Herausgegeben von Dr. C.A.H. Burkhardt Grossherzogl. und Herzogl. Sächs. Archivar Leipzig Verlag von F. C. W. Vogel 1866

Bodenstein von Karlstadt, Andreas – Sendtbrif D. Andree Bodenstein von Carolstad meldende seiner Wirtschafft.

Edeln erenwirdige gestrenge Ernucste/ hochgelerte Erbern und veste / mein undertenig unverdrossen dienst/ Seindt ewern gnaden und gunsten / stets vleis zuvor bereyt

Gnedige gunstige gebitende geliebt hern Ich han in heyliger schriefft vermerckt dz kein stant / got behegklicher ist dann der Ehlich stant/ dz auch kein leben Christlicher fryheyt nützer und dienstlicher sey dan das Ehelich leben / welchs mit vil und grossen benedeiun auch begnadt so das selb leben wirt göttlich gelebt/ wie es got eingestzt. Ich hab auch behertzt dz got seyne priester zu Ehlichem Stant erfordert/ und inen from ehlichs lebens vorgeschrieben hat darnach zu leben / so betracht ich auch in ansehung dz vil arme elende und vorlorne pfaffen yetzt in des teufels gefencknis unnd kercker ligen denen ane zweifel durch gut vorbild und Exempel möchtt gerathen und geholffen werden / derhalben han mich offentlich in beywesen etlicher meiner hern und freunde mit der Erbern iunckfrawen Anna Moschaw vorlobt und byn willens / so got wil die hochtzeyt uffsant Sabastians abent/ schirstkomende / anzufahen/ und volgentagk in beywesen meiner gelibten hern forderer / gonner und freunde also zuvol tzyhen den nach E.G. und gunsten dinstlichs fleiß bittende E.G. gunsten wollen uff obgnanten abent sant Sebastian sich alhie gnedigklich und gunstlich erzeigen/ solche wirtschafft/ in frölickeit und wolleben / zuberzeigen/ das will ich um E.G. und gunsten alltzeit meines hochsten vormögens zuvor denen gehorsam und willig erfunden werden Datum Wittembergk Sontag Circunsionis. Anno xxii.

Ewer G. und gunst
gehorsamer williger

Andreas Bodenstein vonn Carolstadt.

Carlstadt, Andreas – An Haubold von Einsiedel

4.2.1522

Dem gestrengen und ehrenvesten Herrn Haubolden von Einsiedel, churfürstlichen Rath, meinem günstigen lieben Herrn.

Meine ganz willige und unverdroßne Dienste mit Wünschung Gottes Gnaden, Frieden und Gesundheit allezeit zuvor. Gestrenger und ehrenvester Herr.

E. G. Schreiben, daß wir allhier, so predigen, zuweilen der Lehre und Unterweisung uneinig seyen, und wo ich zu Verkündigung des Worts Gottes nicht sonderlich wäre berufen, alsdenn sollte ich mich nicht dazu einlassen, habe ich gern verlesen. Gestrenger Herr, daß wir Zeiten [bisweilen] uneinig seynd, geschieht derhalben, daß wir nicht auf das Wort Gottes fußen, und daß wir achten, als möchten wir durch unsre Vernunft auch was erdenken, das Gotte behaglich ist. Also ist Uneinigkeit in dem Artikel die Beichte belangend entstanden. Für meine Person sage ich, daß ich der Schrift nachgefolgt, berufe mich dessen auf meine unverdächtigen Zuhörer. Ich habe auch gebethen, daß unsre Obrigkeit den Predigern bei einer schweren Pön owllt gebiethen, nichts zu predigen, denn das die Schrift innhält und lehrt. Mich soll auch gewiß kein Tod vom Grunde der Schrift abführen. So weiß ich, daß Gott nichts gefällt, das nicht nach Form heiliger Lehre entsprießet, daß auch Propheten menschliche Sünden Lügen und Träume nennen, und tugendhaftige Prediger und ihre anhörer vermaledeien. Darum bleibe ich straks in Gründen göttliches Worts, und lasse mich nicht irren, was andre lehren. Ich weiß auch, daß ich niemand ärgern kann, denn Unchristen.

Daß ich aber mich selber einlassen sollte ohne Berufung, ist auch so hin an E. G. gelangt. Denn mir gebührt zu Schlosse zu predigen. Weil nun der Probst früh prediget, habe ich nach der Vesper auch zu predigen vorgenommen, versehe mich, ich sey also genugsam dazu berufen, wiewohl ich mich ohne das auch sonst schuldig erkannt, Gottes Wort zu predigen. Bin ich doch unwürdiger Doctor, warum soll ich nicht predigen? Gestrenger Herr; mir ist das Wort fast in großer Geschwindigkeit eingefallen: wehe mir, werde ich nicht predigen. Derowegen bitt ich, E. G. wollen mich nicht verdenken. Ich weiß auch wohl woher solche Angebung kommen ist. Man ist mir feind, deß dank ich Gott; aber ich will sie nicht scheuen, ich weiß mich gerecht. Das will ich mich auch berühmen, daß ich Aufruhr hasse und fliehe. Gott gebe, daß meine Angeber nicht mit der Zeit werden einen Aufruhr erwecken, der nicht gut wird. Ich verbiethe Aufruhr. So aber drängen etliche den armen Mann also, daß ich gern wollte, sie handelten christlicher.

E. G. danke ich in hohem Fleiß günstiger Erinnerung, will auch gern wieder antworten, wo vonnöthen, und habe gar keinen Zweifel, so E. G. meine Lehre nach Vermögen heiliger Schrift werden richten und urtheilen, daß ich wohl vor E. G. und allen verständigen Christen will bestehen. Der lebendige Gott spare E. G. gesund.

Datum Wittenberg, eilig, Dienstag nach St. Blasii im XXII Jahre.

E. G.
Diener Endres
genannt Carolstadt.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Bodenstein von Carlstadt, Andreas – An Kurfürst Friedrich von Sachsen

31. Juli 1519

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst und Herr! Euern F. Gn. seien mein Gebet und unterthänige Dienst mit allem Gehorsam zuvorn bereit. Gnädigster Churfurst und Herr! Der achtbar Doctor Eck hat E. K. F. G. sein Handschrift und Klagzettel, darin er unter andern mich höchlich bei E. K. F. G. verkleint, als sollt ich ihm zu ungeschickt reden, mit seiner Vermeldung behänden lassen, und ist nicht anders, daß ich mein Kleinwenigkeit erwege, und mein widerwärtig Gemüth, daß ich kein Lust hab, mit einem solchen Rühmer und Schreier zu disputieren, demnach ich denn Ursach, in viel Enden hievor gedruckt, angezeigt. Aber daß sein Schreiben dahin deutet, als sollt ich ihm gering sein, bitt E. K. F. G. zu wissen, daß er mir nichts genommen hat, sondern ist etwan öffentlich, etwan verdeckt zu mir getreten, und hat mein Sentenz in der Disputation müssen halten, wiewohl D. Eck in seinen Predigten anders, denn in der Schuel gelehret. Gnädister K. F. und Herr! ich hab ihm mein Solutiones aus den Büchern, die er mir fürgeruckt und wider mich gecitiert hat, gelesen, und hoff meines Bedünkens ehrbarlich; auch hab ich D. Ecken öffentlich gesagt, daß er sein Bücher nicht wohl gelesen und vernommen, wie ich dasselbig mit Lesung beweist. Das thut ihm und etlichen Andern wehe, derhalben veracht und verschmächt er mich.

Ich kann auch E. K. F. G. nicht hehlen, daß mir vielgenannter D. Eck in Sachen, die den christlichen Glauben höchlich betreffen, als er selber in seinem Klagbrief anzeit, ketzerische Bücher allegiert und wider mich gebraucht, und endlich am letzten hat er ein Autorität Hieronymi fürgebracht, als diese: quod jstus noch semper peccat, dum bene facit. Da hab ich gesagt, ich wollte darnach sehen. Als er das höret, welch ein Geruf und Klappern ward von ihm gehört. Aber ich hielt fest und zeigt an, daß in solcher tapfern Sach mit aller Bedächtigkeit gehandelt und kein Leichtfertigkeit geübt sollt werden. Aber D. Eck macht sich seiner Bücher verlustig, wo die Autorität in aufgebrachtem Buch nicht geschrieben. Ich hab darnach weiter, denn mir vonnöthen war, gesucht und nicht gefunden, und derwegen viel Rede gehabt, und am Tag meines Abziehen mein Magister, Notarium und zween Gezeugen zu ihm geschickt und durch sie begehrt, er sollte mir sein allegiert Autorität zeigen oder sein Bücher geben, dazu wollt ich ihn ein falsarium schelten, das ich im Rechten thun könnte, wenn gefunden, daß er williglich falsch allegiert. Aber der gut Doctor zeiget mir noch nichts. Das hab ich alles in Eil, E. K. F. G. nicht ohn Antwort zu lassen, als ich itzt wegfertig gewest, nicht wollen bergen, und freue mich, daß E. K. F. G. gesund anheim gekommen. Der barmherzig Gott verleihe E. K. F. G. ein lang Leben, mit Gesundheit und Sieg. Datum Wittemberg, Sonntag nach Annae, Anno 1519.

E. K. F. G.

unterthäniger Capellan Andreas Carlstad.

Gnädigster Kurfürst und Herr! Der ehrwirdige Herr und Vater Martinus und ich wollen  E. K. F. G. kürzlich und sämptlich antworten; bitten,  E. K. F. Gn. wolle uns itzt gnädigst verzeihen, daß wir in solcher Zeit uns nicht haben bereden mügen.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887