Eberlin von Günzburg, Johannes – Ein brief zu geschickt An den Pfarrer von hohen synnen betreffen Doctor Martini Luthers lere.

Oder an ainen yeden Prelatischen Pfarrer seines vatterlands.

Mein wolmainung mit freüntlichem gruß auß guttem hertzen vnd gemüt zuuor. Erwirdiger gaystlicher vatter vnnd Vicari Christi/ nit auß fürwitz/ spot oder freuel/ sonder beweglich/ augenscheinparlich exempel/ das mich dartzu verursacht vndersteen ich armer Teutscher vngelerter lay/ deiner Eer wird zuschreiben mit verwunderung des frembden gaist anzaigende die wunderbarliche ler/ zu disen vnsern zeyten/ ains neüen lerers genant Doctor Martini Luther Augustiner zu Wittenber (als ich acht du gedenckest) was manifeltiger irrsal darauß kumm/ vnd auß solicher eingebung sich teglich erheben in den Christlichen hertzen Teutscher nation/ die sonderlich für all ander menschen gar warmen/ getrewen/ guten gemüts vnd gelüts sein darauß zubesorgen auffrür/ widerweil/ oder vngehorsam (ja den thorhafftigen regierern) erwachsen möcht/ besonder so der gemelt Lerer gar nyemants außschleüst noch verschonet/ vnd so ernstlich in die gemeinen stend der Christlichen priesterschafft (sonderlich den seel sorgeren) greyt/ dieweil doch nit alle Prelatisch Priester oder Pfarrer/ vngeschickt noch vnordenlich/ sonder zum tail vnd die merern gleych der Ewangelischen ler Christi leben als dann (on schmuck worts zureden) du mit deinem exempel ordennlich gaistlichem leben deines hertzens gemüt teglich (aber doch) in leyplichen wercken deine vnderthanen erzaygest vnd so du auch vil mer dann ander sonderlich verbunden bist zu hassen/ verachten auff das höchst alles das wz wider den höchsten Bischoff oder deinen Prelaten/ von dem dir dein (selbs gemachter) höflicher subtiler/ gaistlicher standt/ den du mit leiblichen diensten/ erworben hast des halben vnd darumb dir mer den andern dises Lerers Predigen/ Sermon/ vnd schreiben verdrißlich zulesen billich sein sol/ wie ich vermerckt hab/ du im gaist fürgenommen des Luthers leer dein vnderthanen/ besonder die du wilt achten deine knecht/ vnd bey vns Preister hayssen/ dartzu liber Prediger oder für gut (als es ist) zuhalten verbieten/ vnnd zum fewer verhelffen vrtailen wöllest. Nimm auß red vnd sprich die guten hayligen lerer sein vor zeitten all gestorben/ es lebt zu vnsern zeytten kainer mer der selben (das ist war) wer wil dir als ainem gelerten der schrifft (Dectetal vnd Bäbstlicher satzung ) das verargen/ dieweil on liebkosen/ besonders mit meiner (ja yetzigen) warhait dir mag zumessen du seyest ein volger der haupt artickel Christliches gesatzs darauff Luther am maysten die Prelaten Pfarrer vnd oberherren antastet/ deshalben dir mer dann andern in der ytzigen in habender pfar/ dy schaffzuwayden befohlen werden sollen hierinn du dich wol magst erfrewen obgleich wol durch des Luthers leer einicher krig entstat wider die Pfaffheit. Leb du/ bleib in rue onn sorg/ dann es wirt dich nit berürn nach haltung deines stands/ vnd nemlich darumb. Es ist durch den lerer mit Ewangelischer leer christi probiert (dz wöllen wir jm nit vermainen) doch  unbegeben unsers gebrauchs in dem wir erwachsen sein. Zaigt an in seinen Sermonen das ain yeder Prelat oder Pfarrer sol sein ain nachuolgender Stathalter Christi doch sonderlich vnd zu forder ist alles gottes vnd kaines andern gebots zuuerkünden oder predigen/ das ist also fürgeben/ das ain oberer oder Pfarrer sol haben an jm die vier stück/ als Christus/ vnd sey gnug. Es ist Christus gewesen ain hyrt/ ain lerer/ ain prediger vnd ein marterer/ welcher vier artickel du dich wolgehalten habest. MAgst an nemen vnd bißher als lang ich dein kundtschafft gehabt/ in gutem gebrauch vnd übung gehalten/ auß dem dir des Luthers leer vnd predig nit zulernen not ist/ dieweil du on sein schreibenn nun etlich vnd vil iar vor lang her in guter regierung außlegest/ selbst haltest vnd andere lernest mit gebert vnd wortten. Dich am auch aller ersten in annemung deiner pfar fleyssig frag gehalten habest/ wieuil aigener leut krn/ habern/ wein/ opffer/ gelts/ zinß/ vnd haltung grosser herdvichs/ ecker/ wysen/ kraut/ lustgarten/ fisch/ weyher/ prunnen/ vnd Badstuben du einkummens/ oder nutzung zuerwarten habest wie dann vil deiner nachfolger/ gleich lebende der gestalt/ wie du on zweyffel von dir abnemen/ oder genomen haben/ gefunden werden Vnnd in gutem gebrauchenn habenn/ Des halben gut were/ das sein straff der rechten ordenlichen Prelaten vnd pfarrer (als du) billich verschwigen vnuerkündt blib/ Ich neme fur den ersten artickel zuulein ain hirdt/ das wirr bey dir manigfeltig gefunden/ hab selbst gesehen vnd gehort/ das du mit sorfeltigem gemüt/ die nacht geschlafen/ vnd des morgens frü auff gestanden/ ander deine vnderthanten erweckt/ anweysung fleyssigklich gegeben/ selbst zugriffen vnd gezaygt/ wie das ewer zinßbuch/ sigel/ brieff wachs/ vnd bley auß Italien newe zeyttung der Romanisten/ vnd die frey lebenden menscch auff dem haupt weyß beklaidet/ dartzu dein hauß haltung geschweiffte pferde/ esel/ schaff/ sew/ geyß/ kelber/ Küe/ ochssen/ vnnd dergleichen sollen verhüt/ geweydet/ auß getriben/ vnd auff das fleyssigst verwart werden/ auch der jungen lemmer vnd geyßleain besonder auff merckent hast zur Osterlichen zeyt. Sol dan ain Prelat vnd Pfarrer ain lerer sein/ wer wil sagen das du nicht ja billich zum höchsten darfür solt geacht vnd gehalten werden/ dan biß auf yetziges dein vorkommens alter bißher vnd nach die gut gewonheyt tißung du dich beflyssen hast zu lernen auß dem grunnd das ist gaystlich vnd weltlich recht. Begerest mit fleyß dein ler zu predigenn/ Propter bona lucrando zum gewinn. ERdichtest newe formen der beklaidung/ kumpt auß deiner leer auch zyerung der weingarten/ ecker/ wylen/ krautgarten/ wurtzlen äpffel byren/ mist furen/ tungen kom/ wein zyns/ einmessen karten apilen kurweylen anhaim/ vnd alles das ainem haußhabenden pfarrer/ dergern bey seinen vich/ kasten hauß vn nd wein keller Bleybt zugehört vnd wolgepurt als sich das erscheint an allen deinen knechten/ die bißher (von dir gelernet) vnd in deinen deinst gewesen/ werden hochuerstendig Stifft/ empter zubekommen/ vnd die allerbesten herbrit in deiner verwaltung frembd gest ein gelassen/ das alles hast du sy gar fleyssig gelernet. Sol dan ain Prelat vnd pfarrer sein ain Prediger. Du hast lang zeyt ain regierlichen guten Tittel gehalten als allen deinen vnderthanen bekantisten dienern/ megten/ vnd knechten des zu vil beschehen/ beklagen am morgens früe im tag offt/ des nachts bey dem liecht du vnd besonder nemest alle dien leer auß dem Capitel Solite de maioritate/ das ist für dich ( nach deinner außlegung) die menschen vnder dich zubringen. Predigst auch auff dem Chorgericht/ jm zynß hauß/ am Stifft tag/ darnach anhaim inn deiner Prouintz deinen vnderworffen vnd diern her vorbey der thür jm hoff oben auff dem Sal/ vom venster herab predigst/ in grossen geschrey/ sprechende mit lauter stim/ dz sich ein yeder bewar vor des Luthers leer dann er sey nit wirdig/ das der Bapst oder die hohenn priester vnd pfarrer mit jm sollen disputiren. du hast war lieber prediger also geschach auch Christo/ da sie sprachen/ Er würfft auß die teuffel in der gewalt Beltzebub. Dich bekummert auch gar hart vnd gantz fleyssig anzaigest was nöttiger geschefft dir künfftig sein brieff kommen von Rom newe Citation verkündigest/ welche pawren nach nit betzalt haben vnd was die pferd/ schaff/ sew/ geyß/ kelber/ küe/ rinder vnd ochssen/ alles der gleichen zu hauß haltung noturfftigklichen des selben tags bedürffen vnd in den selben deinen predigen du auch sorgfeltigklichen verkündigest die geschicklichait der firmament aspect/ nasser vnd trucknen zaychen/ der sonnen schein/ vnd regen/ auch wan gut lassen/ schrepffen vnd baden ist nach außweysung des newen Kalennders/ das alles wirt durch dich auch mit guter versehung gepredigt/ mit hohem fleyß das zu mer malen/ du dich darob in solchem zorn dir als dan so wee vnd kummerlich geschicht/ Das du dich selbst erkennest zusein/ Vonn deinen aygenn leuten/ pawren knechten/ vnd megten/ ain marterer in solcher marter sitzend auff ainem beklaiten thier kumpstu auff die trinckstuben in sorgen beruffest etlich deiner volger anfahender deiner gewonheit nachzumachnen dz spil des prets/ bockmendel/ nach legen der karten das kumpt in solchen verzug/ nahend die gantz nacht/ mit abpruch des naturlichen schlaffs in ein fassung der harten wolgebachen brots bissen/ auff das schwer starck Etzschtranck/ vnruwig/ kümmerlich in der metten zu morgens/ wider die alt sorg anfahest/ darumb du billich in solcher widerwertigkait von menigklich ain marterer erkent werden soltest auß dem dir billich diser spruch zusein ein hirt lerer prediger vna ain marterer/ mag zugemessen werden ob schon der Luther bey dir auß blib/ vnd mit seiner ler nit fur dein hochuerstendigs erfaren gelerte vnunfft kommen were/ deß halben der Luther wol zymet etlich/ vnd besonder die prelatischen pfarrer zum tail auß zu schlissen/ sein leer vnd geschrifft mit nichten vnder dein pfarrkindern kommen ließ/ damit du auß deine alten gewonhait lang herprachten würchlichen eüsserlich pfarlichen regierungen/ vnd/ von deinen aigen leuten mit nichten gedrungen werdest/ dein wesen/ vnd gebrauch zuuerkern/ vnd frembden personen über dein keller kasten/ vnd vichstal zuuertrawen ist mißlich (dazib Kuther gar nicht weyß zu sagen). Bewar dich wol/ vnd nit laß des lerers bücher/ damit magst du bleyben in alten leben vnd wesen/ wie von alter vnd yetzung vil deiner mitfolger gewesen noch sein vnd zubleyben willen haben/ oder standt auff/ predige/ wider den Luther greyfs tapfer an/ thu widerstanndt haw waidlich drein/ hab nit zweyffel/ wenn du dich wilt vmb in annemen/ wider in zupredigen/ schreiben vnd reden. Es wirt menigklich ynnen vnd offenlich bekant/ wie gelert/ erfaren/ glaubig vnd vernünfftig du bist/ das sunß nyemants wissen mag/ den so du mit der weltsachen beladenn bist/ sucht man bey dir sollichs nit. Warumb woltestu das vnderwegen lassen/ sprich ich byn ain Prelat/ pfarrer/ herr/ vnd nit der Luther laß nit bey dein pfarkindern ainem andern lerer dann dich selbs erwachssenn/ hast vrsach gnug wider in zufechten wie gehört ist/ billich verdrießlich hörest du seine Sermon lesen so er sich deiner gewonhait vnd herprachten gepraucht so gar nichts vergleicht. Eya wa fürt mich mein kunntschafft die ich zu dir mer dann andern Prelaten oder pfarrern hab/ vnd doch weil es gemain vnd offen ist/ du nit allain wie hie vor errzelt dein standt Christlichs gelerts lebens haltest/ sondern nahend des merer tails Prelaten, pfarrer/ vnd seelsorgern in vnsern landen/ sitten/ vnd gewonhaiten zu der Romanisten gebrauch kommen/ dann fast aller Prelaten hendlung ain handwerck worden ist/ leben als von dir gesagt. Darumb dir dise meine getrewe wolmainung/ nit von seinns wolstandt/ sonder so es sich der warhait gleichet bey dir allein nit inhalt sonder zaigs den andern deins gleichen/ der mainung/ das sie sich der gesatalt wie du/ von des Luthers leer ausschlissen vnd sich selbsgt entschuldigen. Beschließlich vermerck/ lyß inwenndigs betrachts/ nyms für dich/ vachs an leren bekenn die warheit/ vergiß nit/ acht gegenwertiger wirckung so finndest du begir zuhaben zu künfftigen leben (so wirstu mercken) glaub/ das das gut vnd aller best ding ist nach dem außgang bey vns in ewigkait (also thum im) das wirt dich machen recht vermercken vnd verstan ainen gutten lerer. Allain got die eer/ vns sein gnad/ zumercken die gutten ding anzunemen im gaist. Amen.

Eberlin von Günzburg an Bürgermeister Conrad Eberhard und Thomas Zweifel in Rothenburg.

Ansbach, d. 11.9.1525
Gnad vnd frid von Got. Erbarn, achtbare Herrn vnd freundt. In diser gschrift Ehr Jorgen Voglers finden Ihr das argument des handels darvmb ich auch ietzt an euch schreibe. Nahmlich wie bey euch gottes wort geachtet werd als ein vrsal, nechst vergangner emborung darvmb man auch vnserm Euangelio. woe durch gottes gnad newlich wider erschynen, die schuld gibt als wolle es alle oberkait vnd orden … gewalt vertilgen, den gemainen man mutwillig machen alle burbrey furdern etc, das wahrlich nit ist, mehr aber leret es gedult gehorsam diemut zucht etc.. alls meine vnd anderer rechten predige beweysen mag, so bin ich beredt durch christlich lewt, mich zu euch zefügen, bösen wahn wider gottes wort Ingefasst mit gotts hilff abzustellen. In hofnung, ainn erber ratt vnd andere erber lewt wurden ain gefallen. und filen nutz davon entpfahen. So bin ich hie zu Ansbach ausz geschäften, darvmb ich hewt nit wol mag abziehen, aber die furgschrift schick ich eufch Bittend. Ihr wollen erfahren ob man mich wolet lassen ainmal oder zwey predigen alain zu verhören, so wolt ich mich auff Donnerstag zu euch fügen, vnd sobald Ihr euch bereden und bewerben bey denen dar an ligt. antwurt zu geben. wolt Ihr mir ainen botten hie her gen Anspach zu her Jorg voglers oder In her hans von Schwarzenberg husz schicken, wil ich Ihro trewlich lohnen. Ich wolt das mir botschaft käme auff necht Mittwoch, So nichts dar an were wolt Ich auf Dornstag wider gen Nürnberg faren. Ihr als christlich lewt verstandt alles zum besten. Got sy mit euch bittet fur mich. Datum Anspach auf Montag nach Nativitatis Mariae 1525

Sohen Eberlin von Güntzburg.
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Beiträge zur Bayerischen Kirchengeschichte
herausgegeben von D. Theodor Kolde
ord. Professor der Kirchengeschichte an der Universität Erlangen
1. Band.
Erlangen 1895
Verlag von Fr. Junge.

Johann Eberlin von Günzburg an den Rath der Stadt Ulm

Ende Oktober 1523

Den Ersamen fürsichtigen wysen herren Burgermeistern vnd Rat der loblichen Rychstatt Vlm, sinem günstigen lieben Herren in Christo, wünscht Johann Eberlin gnad vnd frid von Christo mit erbietung zu aller vnderthänigkeit.

Ersamen, fürsichtigen, wysen Herren, ich füge noch zu wissen, das ich komen bin von Wittenberg etlicher Geschäft halben, vnd vnder wegen auch Myne gute freindt zu Vlm besichtigen, bin ich härkomen, vnd niemand zu nachtheil noch zu beschwerlichem schaden mege ich wol ermessen, das myne Widersacher, Münch vnd Pfaffen vnruig send ze handlen vor ewer wysheit wider mich, ist mein diemüttig gebett an Ewer Wysheit ihr wollen mir vor vnbilligem gewalt wider mich sein, darzu erbiete ich mich vor ewr wysheit oder andern vnparteyischen richtern allen mynen Widersachern antwurt zu geben, warumb ich redlich vnd nottig abtreten bin von mynem Orden, auch erbiete ich mich myne Lere in geschriften vnd von mund vsgangen, Vrsach darzethun, darwber vrteyl gewarten erberer christlicher Zuhorer. So dann vil vurwe hie ist im predigen, gedunkt mich nuz vnd gut sein, ewr Wysheit lasse mich offentlich vor euch disputiren, also das ich fürhalte christliche Lere, vnd darwber hore alle Widersacher, welcher party erfunden wurt mit gschrifft Bas oder minder verfast, die blyb oder wiche der andern, also das sollichs in deutscher sprach geschah, mit anzaigung der biblien vor manigklichen, wann sollichs schryen vf der Canzel wurt in die Lange nit gut thun; Ich begere, Ewr Wysheit wolle sollichs bedenken, Ich hab gestern gebredigt den Glauben an Christum, Liebe zu dem nachsten vnd gehorsami gegen der Obrigkeit vnd nit vermaint ainem Ersamen rat ainen Verdruß daran ze thon, sollichs ewr wysheit anzezeigen, hat mich gut gedunkt, Ewr Wysheit wolle mir das in vngnaden nit vfnehmen, vnd mich armen ellenden veryagten vmb des Evangelion wegen auch lassen befolhen sein. Gott sy mit Euch allen. Datum Vlm, Montag nach Ursule 1523.

Ewr Wysheit
gutwilliger, vnderthäniger
Johann Eberlin von Günzburg

Mittheilungen zur schwäbischen und fränkischen Reformationsgeschichte
Carl Jäger
Erster Band
Stuttgart
bei F. C. Löflund und Sohn
1828