Calvin, Jean – An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra, in Bearn.

Nr. 734 (C. R. – 3961)

Die Königin hatte zur Reformation ihres Landes (vgl. 719) den Genfer Pfarrer Merlin kommen lassen und Calvin gebeten, ihr noch mehr Pfarrer zu senden; zu der Anleihe des Königs von Navarra vgl. 636.

Sendung von zwölf Pfarrern und Schuldenmahnung.

Madame, es tut mir leid, dass mich der Überbringer dieses Briefes in einer Lage gefunden hat, in der ich nicht, wie ich gewollt hätte, Ihrem frommen Wunsche nachkommen konnte. Denn ich wurde vierzehn Tage lang von einer so seltsam starken Kolik gequält, dass all meine Sinne und Geisteskräfte wie unbrauchbar waren vor heftigen Schmerzen. Jetzt hat mich das Übel zwar noch nicht losgelassen, aber doch hat es angefangen, geringer zu werden, so dass ich auf größere Erleichterung hoffen darf. Kurz, Herr Beza samt unserm Pfarrkollegium haben an meiner Stelle gehandelt; auch die gnädigen Herren der Stadt haben, als sie von mir Ihr Dankschreiben vernahmen, uns gebeten und ermahnt, alles so gut wie möglich zu besorgen. Wir haben schließlich ein Dutzend Leute gefunden. Sind sie nicht so trefflich, wie man wünschte, so bitte ich Sie, Madame, Geduld zu haben; denn das ist eben eine Ware, die man nicht immer nach Wunsch bekommt. Jedenfalls hoffen meine Kollegen, die zwölf seien so ziemlich geeignet und genügend, das Volk zu Ihrer Zufriedenheit zu unterrichten. Es bleibt nun nur noch übrig, Madame, sie ans Werk zu stellen und eine starke Hand über sie zu halten; denn Ihre Macht wird nötig sein, die Pfarrer zu wappnen und zu schirmen in den vielen Kämpfen, die ihrer warten. Dazu, wie Sie wohl wissen, Madame, müssen Sie sich selbst wappnen und schirmen mit Kraft und Festigkeit aus der Höhe, um nicht zu wanken, sondern Ihr frommes Vorhaben durchzuführen bis ans Ende. Haben Sie erst einige Ordnung geschaffen, was hoffentlich bald geschehen ist, so ersuche ich Sie untertänigst, uns unsern Bruder Merlin zurückzusenden, dessen Abwesenheit uns unserer kleinen Zahl wegen einigermaßen beschwerlich ist.

Übrigens, Madame, was die von mir erwähnte Summe angeht, so steht es damit so: Der verstorbene König, Ihr Gemahl, der sich damals noch wohl geneigt zeigte und in großer Verlegenheit war, fragte, ob man ihm nicht mit ein paar Groschen helfen könne. Ich bewirkte nur, dass man ihm von Genf bis zu 40 000 Franken versprach. Bevor man sie liefern konnte, sandte er Herrn de Maligny, den jetzigen Vidame de Chartres, nach Lyon mit dem Befehl, 25 000 Franken für gewisse Kosten, die er hatte, auszulegen, von denen ich ihm auf seine Forderung 10 000 anweisen ließ. Als es nun ans Zahlen kam, wusste ich nicht, wohin ich mich wenden sollte, denn ich bin nie ein Finanzmann gewesen; und ich kann Sie versichern, Madame, so wenig ich selbst hatte, – es ist ja fast nichts, – damals war ich ganz zu Ende damit bis auf die kleine Münze, die ich brauchte, den täglichen Bedarf zu kaufen. Aber, Gott sei Dank, schließlich kam der Beitrag zusammen, und der verstorbene König, Ihr Gemahl, der damals noch nicht abgefallen war, versprach Herrn Beza, uns zufrieden zu stellen, wie Ihnen dieser bezeugen kann. Wenn ich Ihnen nun davon schreibe, so geschieht es nicht, weil ich nur einen Groschen zurückhaben wollte von dem, was ich von dem meinigen beigesteuert habe, sondern nur, damit ich meinen Freunden gegenüber, die mir in dieser Not halfen, meine Pflicht erfüllen und mein Ehrenwort einlösen kann. Madame, ich wollte Ihre Majestät in keiner Weise damit belästigen, wenn ich nicht glaubte, Sie fänden es selbst nicht übel, wenigstens von der Tatsache unterrichtet zu sein, um nach Ihrer Freundlichkeit und wie Sie es für vernünftig halten, dafür zu sorgen. Indem ich mich Ihrer Majestät, Madame, ergebenst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie stets in seiner Hut halten, Sie reich werden lassen an all seinen Geistesgaben und Sie wachsen lassen in allem Guten und Glücklichen.

Genf, 1. Juni 1563.

Calvin, Jean – An Jeanne d´Albret, Königin von Navarra.

Nr. 720 (C. R. – 3904)

Antoine de Bourbon war am 17. Nov. 1562 bei der Belagerung von Rouen gefallen; da sein Sohn, der spätere Heinrich IV., noch minderjährig war, übernahm die Königin die Regierung und führte in ihrem Land die Reformation ein; der Nachbar, der sie dabei bedrohte, ist der König von Spanien. Calvin sandte Merlin (vgl. 662) zu ihr, um sie in der Reformation zu untetstützen.

Cuius regio, eius religio.

Madame, da es Gott gefallen hat, den König, Ihren Gemahl, aus dieser Welt zu nehmen und damit Ihnen die Sorge für Ihrer Länder und Untertanen zu übertragen, so tun Sie sehr wohl daran, wenn Sie Ihre Pflicht zu tun gedenken, da Sie ja dafür einem höchsten Herrn und Meister, der seine Rechte gewahrt wissen will, Rechenschaft abzulegen haben. Denn wenn er befiehlt, dass man ihn fürchten und die Könige ehren soll [1. Petr. 2, 17], und auch Ihnen damit die Ehre erweist, Sie gewissermaßen sich zuzugesellen, so haben Sie allen Grund, ihm mit allem Eifer zu huldigen und zu danken für den Stand und die Würde, die Sie von ihm haben. Und wie Sie nicht duldeten, dass die Ihnen zukommende Souveränität Ihnen von Ihren Beamten genommen würde, so müssen Sie auch, wenn Sie unter dem Schutze Gottes bleiben wollen, so gut wie möglich verordnen, dass alle Ihre Untertanen ihm dienen und ihn ehren, und selbst ihnen das Beispiel geben, dem sie folgen sollen. In der Tat, Madame, kann Ihre Regierung nur dann vor ihm bestehen, wenn Sie Ihre Majestät ihm ganz untertan machen. Sie wissen, dass alle Kniee sich beugen sollen unter die Herrschaft unseres Herrn Jesu Christi; den Königen aber ist es besonders ausdrücklich befohlen, sich huldigend vor ihm niederzuwerfen, um deutlich zu zeigen, dass sie mehr als andere gehalten sind, sich zu demütigen in der hohen Stellung, die ihnen gegeben ist, damit er erhöht werde, der das Haupt der Engel im Paradiese und also auch der Allerhöchsten auf Erden ist. Da nun, Madame, die Regierung in Ihre Hände gelegt ist, so müssen Sie auch merken, dass Gott Ihren Eifer und Ihre Sorgfalt prüfen will, ob Sie sich treulich in den wahren Dienst stellen, den er verlangt. Verschiedene Gründe hindern mich, dies länger auszuführen. Damit verbunden ist aber auch für alle, die Herrschaft auszuüben haben, dass sie ihre Länder reinigen von all dem Götzendienst und dem Schmutz, der die Reinheit des wahren Glaubens verdorben hat. Wenn St. Paulus für die Könige und alle Obrigkeit beten heißt, so begründet er das nicht ohne gut Ursache: auf dass wir unter ihnen leben mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit [1. Tim. 2, 2]. Bevor er von bürgerlicher Ehrbarkeit spricht, nennt er die Gottesfurcht, womit er zeigen will, dass es die Pflicht der Obrigkeit ist, für einen Gottesdienset zu sorgen. Ich ziehe die Schwierigkeiten, die Sie aufhalten, die Befürchtungen und Zweifel, die Sie entmutigen könnte, wohl in Betracht und zweifle nicht daran, Madame, dass alle Räte, die Sie um sich haben werden, im Blick auf diese Welt Sie in Ihrem Vorhaben zu hindern versuchen werden. Aber alle Menschenfurcht, die uns verleitet, muss in uns die Überzeugung wecken, dass wir ihn noch nicht recht fürchten und seine unüberwindliche Kraft, mit der er uns zu schützen verspricht, noch nicht recht schätzen. Deshalb, Madame, stützen Sie sich, um alle Schwierigkeiten zu überwinden, auf die Sicherheit, die Ihnen von oben gegeben wird, wenn Sie Gott gehorchen, wie er es verlangt. Auf zwei Dinge müssen sie vor allem Ihren Blick richten, und sie müssen Ihnen sogar zu Flügeln werden, die Sie über alle Hindernisse der Welt wegtragen; nämlich erstens Gottes Befehl und zweitens die Zuversicht, dass er Ihnen hilfreiche Hand bieten wird, zu Ende zu bringen, was Sie im Gehorsam gegen ihn anfangen. Nun kenne ich die Gründe wohl, die viele zum Nachweis erbringen dafür, dass eine Obrigkeit ihre Untertanen nicht zu christlichem Leben zwingen dürfe. Aber es ist denn doch eine zu weltliche Nachsicht, dem, der nichts von dem Seinen drangeben will, zu gestatten, dass sein Vorgesetzter um sein Recht betrogen wird. Genügt uns der Befehl nicht, so muss uns doch die Drohung erzittern lassen, dass jedes Reich, das nicht Jesu Christo dient, zu Grunde gehen wird [Jes. 60, 12]; denn diese Drohung bezieht sich ganz bestimmt auf den Zustand der christlichen Kirche. So schöne Ausreden auch die vorbringen mögen, die ihre Feigheit verbergen wollen, so bitte ich Sie doch, Madame, in sich zu gehen und selbst zu urteilen, ob nicht Gottes Herrschaft der Ehre, die er Ihnen erwiesen hat, vorgezogen werden muss, und Sie werden sofort recht entschieden haben.

An zweiter Stelle bleibt Ihnen dann noch die Pflicht, sich zu wappnen mit Gottes Verheißungen, damit Ihr Glaube der Sieg sei, der die Welt überwindet, wie St. Johannes sagt [1. Joh. 5, 4]. Erinnern Sie sich dabei auch daran, was dem Propheten Jesaja gesagt wurde [8, 12, 13] und was St. Petrus anführt [1. Petr. 3, 14. 15]: Fürchtet Euch aber nicht vor ihrem Trotzen und erschrecket nicht, sondern heiliget den Herrn der Heerscharen, dass er unsre Burg sei. Ich weiß wohl, Madame, wie Sie belauert werden von ihrem Nachbarn, der keinen Anlass vorübergehen lassen wird, Sie zu beunruhigen. Aber wenn Sie Gott fürchten, brauchen Sie ihn nicht zu fürchten. Es ist kein wahres Interesse, das ihn treibt, auch wenn er dergleichen tut. Wenn Sie sehen, dass er darauf lauert, Ihnen zu schaden, so stärken Sie sich mit der besten Verteidigung, die Sie haben können. Wenn Gott auch zulässt, dass die Bösen Ihnen einen Verdruss schaffen, so erinnern Sie sich an die denkwürdige Geschichte des Königs Hiskia [2. Kön. 18 – 19, Jes. 36 – 37]. Da gab Gott dem Feind auch die Zügel frei, Hiskia anzugreifen, der doch eben allen Aberglauben abgeschafft hatte, und Rabsake drohte ihm sogar, Gott werde ihm nicht helfen, weil er seine Altäre zerbrochen habe. Aber die wunderbare Hilfe, die dem König trotzdem vom Himmel her zuteil wurde, gibt auch Ihnen allen Grund, alle die zu verachten, die meinen, wegen der Änderung in Ihrem Land Ihnen überlegen zu sein.

Indessen, Madame, meine ich damit nicht, dass alles an einem Tag geschehen kann. Gott hat Ihnen Klugheit gegeben, das richtige Vorgehen herauszufinden, und die Umstände werden Ihnen die Mittel weisen, die die besten sind. Da ein Blatt nicht alles fasst, so habe ich das meiste dem Überbringer dieses Briefes aufgetragen, den ich als den Tauglichsten, den ich zur Hand hatte, auswählte, und den Sie hoffentlich auch als solchen kennen lernen werden. Ich habe bei unserm Kollegium wie bei unsern gnädigen Herren erwirkt, dass Sie ihn behalten können für die von Ihnen gewünschte Zeit, und alle haben es herzlich gerne gestattet; denn es ist keiner unter ihnen, der sich nicht ganz in ihren Dienst zu stellen wünschte. Nur eins möchte ich noch sagen, Madame: das Beste für Sie wird sein, an den Orten zu beginnen, wo es am schwersten scheint, da es am meisten in die Augen fällt. Denn sie werden sich dann mit weniger Lärm unterwerfen, und wenn Sie eine dieser Ortschaften gewonnen haben, so wird sie umso mehr andere nach sich ziehen. Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihre Gegenwart dabei nicht unbedingt erforderlich ist, und dass solche Vorbereitungen zu treffen sind, eine nach der andern, dass die Feinde schon besiegt oder wenigstens geschwächt sind, ehe der offene Kampf beginnt.

Wenn es Ihnen auch gefällig wäre, Madame, noch etwas zu überlegen und auszuführen, so wäre es ein Ihrer Majestät würdiges Tun und für die ganze Christenheit so nützlich als möglich, wenn Sie an die deutschen Fürsten eine Gesandtschaft schickten mit der Bitte und Mahnung, ihre bisher bewiesene Gewogenheit auch weiter der Verteidigung der Sache des Herrn angedeihen zu lassen. Man müsste sich wenden an den Kurfürsten und Pfalzgrafen zu Rhein, an den Kurfürsten Herzog August von Sachsen, den Herzog von Württemberg und den Landgrafen von Hessen, aber je bälder, je besser. Ich bitte Sie deshalb, Madame, diese Sendung möglichst beschleunigen zu wollen. Das Übrige mag Ihnen der Überbringer mündlich ausrichten.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, untertänigst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen Geist in aller Klugheit, Sie stark machen in aller Kraft und Festigkeit und Ihre Majestät zunehmen lassen in allem Guten.

Den 20. [Februar] 1563.

Calvin, Jean – An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra.

Nr. 703 (C. R. – 3748)

Über d´ Escars vgl. 694.

Trostbrief nach dem Abfall ihres Mannes.

Madame, das Mitleid, das ich mit Ihren Ängsten empfinde, lässt mich wenigstens teilweise spüren, wie hart und schwer sie zu tragen sind. Doch wie dem sei, es ist doch viel besser für Sie, um solcher Ursache willen traurig zu sein, als selbst schwach zu werden zu Ihrem Verderben. Es ist ja ein wünschenswertes Ding, in Ruhe und Wohlsein zu leben, und wenn Gott seinen Kindern dieses Gut schenkt, so können sie sich von Herzen freuen. Aber da dies nun einmal ein Vorrecht ist, das nicht ewig dauert, so müssen wir ihm eben auch auf rauen, schweren Wegen folgen, wenns ihm gefällt, uns hart zu prüfen. Man hat Sie wohl gelehrt, Madame, dass wir Gott nicht dienen können ohne Kampf. Die Arten dieser Kämpfe sind verschieden; aber wie es Gott gefällt, uns zu brauchen, so müssen wir bereit sein. Wenn die Angriffe, die Sie, Madame, nun auszuhalten haben, scharf und schrecklich sind, so hat Ihnen doch Gott lange Zeit Gelegenheit gegeben, sich darauf vorzubereiten. Der König, Ihr Gemahl, ist ja schon lange von diesen beiden Hörnern des Teufels, dem d´ Escars und dem Bischof von Auxerre, berannt worden. Nun hat er sich nicht nur von ihnen über den Haufen werfen lassen, sondern er stößt nun selbst wider Gott und die Seinen. Ich rede davon wie von einer ganz bekannten Sache. Ich weiß, Madame, die ersten Stöße gelten Ihnen. Aber hätten Sie auch hundertmal mehr Schwierigkeiten, die Kraft von oben, zu der wir unsere Zuflucht nehmen, wird doch siegen. Nur, Madame, werden Sie nicht müde, festzuhalten, dass Sie Gott zum Helfer haben! Denn wir brauchen ihm ja nicht aufs Geratewohl folgen, da seine Verheißung uns nicht fehlen kann, dass er auch Ihrer Festigkeit guten Erfolg geben wird, wenn sie sich gründet auf sein Wort. Mag auch die ganze Welt wanken; wenn unser Anker im Himmel festgemacht ist, so wirfts uns hin und her, aber wir kommen doch zum sichern Port. Der in seiner Hut hält, was wir ihm anvertrauen, ist getreu, sagt St. Paulus [1. Thess. 5, 24]. So wissen wir also, an wen wir glauben, und wollen beharren und Mitleid haben mit denen, die ihre Lust haben an Verlockungen so leichtfertiger Art, dass die Kinder ihren Spott damit treiben. Indessen, Madame, wollen wir Sie nicht vergessen in unserm Gebet, wie uns unser Bruder, Herr Beza, gemahnt hat, und wie wir auch sonst nach Ihrem Wunsche getan hätten. Ich bin sicher, Madame, Gott wird Ihre und unsere Seufzer erhören, wenn wir ihm nur das Opfer demütiger Ergebung bringen, das er wünscht. Denn so kühn wir sein dürfen und sollen in der Verteidigung seiner Sache, so müssen wir es doch unsern Sünden zuschreiben, wenn der Lauf seines Evangeliums aufgehalten wird. Wie dem auch sei, mitten in allen Nöten wollen wir uns an das Wort St. Pauli erinnern: Freuet Euch in dem Herrn, liebe Brüder, allewege, und abermals sage ich: Freuet Euch! [Phil. 4, 4] dann werden wir einen unüberwindlichen Mut haben in all unsern Trübsalen.

Madame, da der Überbringer dieses Briefes zu Ihnen zurückkehrt, um zu hören, wohin Sie ihn zu senden geruhen, so möchte ich Ihnen nur sagen, dass er sich bei uns so wohl gehalten hat, dass wir ihn am liebsten hier behalten hätten, wenn er sich nicht der Tätigkeit in Ihren Kirchen widmen wollte. Ich glaube, er hat seine Zeit hier nicht verloren, wie die Frucht seines Wirkens zeigen wird.

Den 22. März 1562.

Calvin, Jean – An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra, in Nerac.

Nr. 693 (C. R. – 3663)

Der König hatte Baudouin zum Erzieher seines natürlichen Sohnes, Charles Bourbon, gewählt. Der erwähnte Brief an Marguerite de Valois ist 130.

Ermunterung. Warnung vor Baudouin.

Madame, zu unserm großen Bedauern müssen wir noch für einige Zeit die Anwesenheit meines Bruders, Herrn Bezas, entbehren. Denn unsere Kirche leidet darunter, und die Schüler, die hier sind, um Theologie zu studieren, bleiben zurück, da ich nicht allem genügen kann. Da es nun aber sein muss, bitte ich Gott, Madame, er wolle den Erfolg, den Bezas Wirksamkeit für die Förderung des Reiches Jesu Christi haben wird, uns dafür zugute kommen lassen zu unserer Freude oder wenigstens zur Erleichterung unserer Notlage. Indessen haben wir doch auch Gott zu preisen, dass er so kräftig in Ihnen wirkt, Madame, und Sie alles überwinden lässt, was Sie vom guten Weg abziehen könnte. Es wäre nur zu wünschen, dass der König, Ihr Gemahl, diese Entschlossenheit zum guten Beispiel nähme und selbst auch nicht mehr zwischen zwei Wassern schwimmen wollte. Ich weiß, wie Sie daran arbeiten, aber ich bitte Sie, Madame, wenn Sie nicht sobald ans Ziel gelangen, wie es zu wünschen wäre, so lassen Sie sich durch das lange Warten nicht müde und kalt machen. Übrigens, wie dem auch sei, – Sie wissen, Madame, wie sorglich Sie sich davor hüten müssen, sterblichen Geschöpfen zu Gefallen von Gott zu weichen, und das muss Ihnen Mut machen, eifrig weiter zu wandern bis an das Ziel, das Ihnen gesteckt ist, welche Winde Ihnen auch entgegen blasen mögen.

Ich habe Sie, Madame, auch auf etwas aufmerksam zu machen, was ich gerne ließe, wenn ich dürfte; aber ich denke, wenn Sie den Grund gehört haben, der mich zwingt, so werden Sie mein Vorgehen schon entschuldigen. Es betrifft dies nämlich einen Kerl, den der König, Ihr Gemahl, zum Erzieher seines natürlichen Sohnes gemacht hat. Dieser Mensch ist ein Apostat und Verräter Gottes und des Glaubens und hat auch in einem gedruckten Buch alle erdenklichen Beleidigungen gegen mich von sich gegeben. Abgesehen davon nun, dass er mit dem Namen des Königs, Ihres Gemahls, prahlt, dem damit wenig Ehre angetan ist, braucht er auch die Königin selig, Ihre Mutter, zum Schild wider mich, weil sie einmal erzürnt war, dass ich die Sekte der Libertiner so scharf bekämpfte. Ich antwortete ihr damals darauf und sende Ihnen, Madame, nun die Kopie dieses Briefes, die unser Bruder des Gallars vor mehr als vierzehn Jahren geschrieben hat, damit Sie die Sache richtig beurteilen können. Ich habe nicht vor, Sie gegen ihn einzunehmen; Sie können tun, was Gott Ihnen zeigt; aber ich kann mich nicht enthalten, Madame, Sie zu bitten, Sie möchten durch ein Machtwort dafür sorgen, dass er Ihre Frau Mutter nicht ins Spiel zieht, sonst sähe ich mich gezwungen, die Sache Gottes zu verteidigen und dabei mehr zu sagen, als ich möchte. Der boshafte Kniff solchen Gesindels ist es, sich mit dem Namen von Fürstlichkeiten zu decken, um dadurch den Dienern Gottes den Mund zu stopfen; umso mehr müssen die Fürsten solche Leute mit starker Hand danieder halten.

Damit, Madame, empfehle ich mich untertänigst Ihrer Gewogenheit und bitte den Vater im Himmel, er wolle Sie in seiner Hut halten, Sie leiten mit seinem Geiste und Ihre Majestät wachsen lassen in allem Guten.

24. Dezember 1561.

Ihr untertäniger Diener

Charles d´ Espeville.

Calvin, Jean – An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra, in Bearn.

Nr. 650 (C. R. – 3315)

Jeanne d´ Albret, die Gemahlin Antoine de Bourbons, hatte zwar bisher die Reformation begünstigt, sich der reformierten Kirche aber erst im Dezember 1560 unter dem Eindrucke der Gefangennahme ihres Schwagers de Conde öffentlich und durch schriftliches Bekenntnis angeschlossen. De Chalone war das Pseudonym Bezas, dem die Königin ihren Übertritt angezeigt hatte.

Glückwunsch beim Übertritt zur reformierten Kirche.

Madame, ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie sehr mich der Brief erfreut hat, den Sie an meinen Bruder, Herrn de Chalone, zu schreiben geruhten. Denn ich sah daraus, wie mächtig Gott an Ihnen in wenigen Stunden gewirkt hat. Denn obschon er in Ihnen lange einen guten Samen ausgestreut hatte, so erkennen Sie es erst jetzt wirklich, dass er bisher sozusagen erstickt lag unter den Dornen dieser Welt. Wenn wir uns nicht täglich in der heiligen Schrift stärken, so bröckelt die Wahrheitserkenntnis, die wir hatten, Stück um Stück ab und verschwindet zuletzt völlig, wenn der liebe Gott nicht helfend eingreift. Nun ist seine unendliche Güte zuvorgekommen und hat verhütet, dass es bei Ihnen so weit kam. Freilich die, welche nachlässig werden, gefallen sich in ihrer Ruhe, denn sie merken nicht, dass ein Einschlafen zum Tode ist. Wenn es aber Gott gefällt, uns zu wecken und deutlich aufzurütteln zur Furcht seines Namens und in unsern Herzen den heißen Wunsch zu entzünden, seiner Ehre zu dienen, so ist solche Unruhe glücklicher und wünschenswerter als alle Wonnen, Vergnügungen und Lüste, an denen sich die armen Weltmenschen berauschen. Ich rede ganz vertraulich mit Ihnen, Madame, da ich denke, dass Sie mir das gerne erlauben, wie mir Ihr Brief auch das Gute gegeben hat, dass es mir nun freisteht, Ihnen zu schreiben. Deshalb bitte ich Sie, Madame, die Barmherzigkeit Gottes zu preisen, wie sie es verdient, nicht nur, weil er Sie ein für allemal aus der Finsternis des Todes herausgezogen hat und Sie die Lebensklarheit hat sehen lassen in seinem Sohne, der die wahre Sonne der Gerechtigkeit ist, sondern auch, weil er Sie von neuem wieder ganz zu sich geführt und den Glauben an sein Evangelium tief in Ihr Herz gedrückt hat, so dass er dort fest Wurzel fassen und rechte Frucht bringen kann. Denn Sie haben es nun durch Erfahrung gelernt, wie die Eitelkeit der Welt die Wahrheitserkenntnis absterben lässt. Gewöhnlich will man zwischen zwei Wassern schwimmen, so dass das Wort dadurch kalt und unwirksam wird, wenn die Kraft Gottes nicht damit verbunden ist. Das ist der wahre, vollkommene Bund, den Gott mit den Seinen zu schließen verheißt, dass er seine Lehre in ihr Herz schreiben und einprägen will [Jer. 31, 33]. Da Sie nun eine so unschätzbare Wohltat empfangen haben, so haben sie umso mehr Grund, mit desto innigerer Wärme sich ganz dem Gotte zu weihen, der Sie sich verpflichtet hat, wie Sie es ja auch tun. Sonst wollen Könige und Fürsten sich gerne der Unterwerfung unter Jesum Christum entziehen und pflegen ihre Vorrechte als Schild vorzuhalten; ja unter dem Vorwand ihrer hohen Stellung schämen sie sich sogar, zur Herde des großen Hirten zu gehören. Sie hingegen, Madame, sollen bedenken, dass die hohe Stellung und Würde, zu der Sie der liebe Gott erhoben hat, Ihnen ein doppeltes Band sein soll zum Gehorsam; denn von ihm haben Sie alles, und nach dem Maß, das ein jeder empfangen hat, muss ein jeder auch Rechenschaft ablegen. Da ich aber sehe, wie Gottes Geist Sie leitet, so habe ich mehr Grund, ihm zu danken, als Sie noch zu mahnen, wie wenn Sie noch des Ansporns bedürften. Dabei zweifle ich auch nicht, dass Sie selbst fleißig Ihr Bibelstudium treiben, wie es nötig ist angesichts unserer Kälte, Schwäche und Gebrechlichkeit.

Schon seit lange haben wir versucht, unsere Pflicht gegenüber Ihrem Herrn Gemahl, dem König, zu tun, ja schon wiederholt, um ihn zu ermutigen. Aber aus beiliegender Kopie des an ihn gerichteten Briefes sehen Sie, Madame, wie Ihre Mahnung gewirkt hat. Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, untertänigst empfehle, bitte ich den lieben Gott, er wolle Sie stets in seiner Gnade erhalten, Sie führen und leiten durch seinen Geist, Sie stärken durch seine Kraft und Sie zunehmen lassen in allem Guten.

[16. Januar 1561.]