Amsdorf, Schnepf und Menius an Brenz und Andere

N. Amsdorff, E. Schnepf und Justus Menius an Brenz und Andere.

14 Januar 1553.

Gottes gnad und frid in Christo. Erwirdige, Hochgelerte, günstige liebe Herren und freundt in Christo. Was ergerlicher irrthumb Andreas Osiander in den Hauptartickhel unser Christlichen lhere von der Justification erregt habe, ist euch ohne Zweifel unverborgen. Auch werdet Ihr zue gueter Massen vernomen haben, von wie vieller Christlichen khirchen und Schuelen fürnemen Theologen solche seine irthumbe, als die der heiligen schrift ungemess und zuewider sein, durch offendtliche Refutationes und von Ihnen insonderheit erforderte Censuras gestrafet und verdammet worden sein. Dann der khirohen und Schuelen in Preussen, darinen diese Irthumb von Osiander anfenglich erweget und von den andern Theologen daselbst verleget worden sein, zue geschweigen, so sindt solche ihrtumbe auch von vielen anderen Christlichen khirchen und schuelen etlicher khur und Fürstenthumen, desgleichen vieler loblicher Stete und Communen, so die warheit des Evangelii laut und Inhalts der Augspurgischen Confession einhellig bekhennen, durch einer jeden khirchen und schuelen Theologen in gemein, und von derselben ettliche auch in sonderheit als unchristlich und verfürischen gestraft, verworffen und verdampt worden.

Demnach den zuhoffen gewesen, weil der durchleuchtigest hochgeborne fürst und Herr, Herr Albrecht der elter, Alarggrauf au Brandenburg, Herzog in preussen, unser gnedigster Fürst und Herr von so vielen Christlichen khirchen und Schuelen Censuras und iudicia über diese des Osiander ergerliche irthumb begeret und erlanget, es wurden S. F. G. wie sie siech in irem schreiben dessen erboten und vermanen lassen, solche so vieler christlichen khirchen und schuelen einhellige und in Gottes wortt aufs gwaldigst und reichligst gegrundte Censuras und Judicia auch exequieret, des schedlichen ergerniss auss den christlichen khirchen und schuelen sein F. G. Fürstenthumb weggereumet und der reinen warheit des bekhanten Evangelii, wie die in andern Christlichen khirchen gelert wierdt, Ihrenn freyen laufft unverhindert gelassen haben, welches aber bis daher (leider) mit grossen nachtheil und verhinderung des heiligen Evangelii, zue dem auch mit schwerlicher zuerrüttung vieller Christlichen khirchen aufgezogen und nachgeblieben ist.

Wiewoll wir nun nicht eigentlich sagen khönen, durch wen hochgedachter Herzog an der Exeeution bis daher aufgehalten und verhindert wirdt, so werden wier doch durch guthertziger frommer Christen leut schrieften vielfseltig und glaublich berichtet, als sol solcher verzug, aufhaltung und verhinderung mehrerern theils und fuernemlich durch ewr schreiben und bedenkhen, welche hochgedachten Herzogen zu Preussen etc. unscrn G. F. und Herren auf S. F. G. gnediges begeren Ihr zugeschickht, verursacht werden, weil ihr in demselben euren bedenkhen nicht mit gewissen klaren worten decerniret, was ihr in de« Osiandri, desgleichen auch in seines gegenthails lehre nach Gottes wortt und auss grundt heiliger schrieft fuer Christlich und recht oder wiederumb fuer unchristlich und unrecht halten, sonderen vielmehr allerley weise und weg suechet, wie ihr beider theil lere auf solche meinung und verstand zeigen and deuten möchtet, dass sie beide als gleuch Christlich und der heiligen schrieft gemess bestehn und geduldet werden möchten.

Daher dan Oslander ursach genomen, das er nicht allein inn sonderlichen privat schrieften an seine freunde, sonderen auch in öffentlichen aussgegangenen streitbuechern zue merglicher beschönung und verglunpffung seiner ihrthume, und aber daneben auch zue merglichen nachteil der warheitt, zue ergernuss und verfüeruug vieller einfaltigen armen gewissen uberlaut schreiet und rhuemet, als ob seine lehre von euch, fuernemlich aber den D. Johann Brentio füer gantz recht, Christlich und rein erkhandt, und dagegen die lere seines gegentheils, d. i. aller derer Christlichen khirchen und schlich*, so der Christlichen Augspurgerisehen Confession verwandt und zuegethan sindt (und demnach aus Gottes und heiliger schrieft solchen seinen Ihrthumen widersprochen und Ihren glauben dawieder offenlich bekhenen muossen) uuchristlich, verfuerisch, gantz falsch und unrein gestraft und verdammet wer, dan so hat er geschrieben an Peter Beckheren Thumprediger zue Stetin: Brentius non modo doctissimus verum etiam insigni probitate, candore, pietate Theologus, consultus a Principe nostro cum aliis eins regionis Theologis doctrinam meam esse syncerissimam respondit; quod si adversarii oonoedant, Deum ipsuiu esse nostram iustitiam, tunc posse et illorum dicta commode interpraetari, nondum enim novit furias illorum.

Also berucfft er sich auf D. Martinum Lutherum, D. Urbanum Rhegium gottselige und auf euch D. Brentium, als soltet Ihr in der lehre von der Justification seines verstandts und meinung mit Ihn einig sein, in der widerlegung der Anndtwortt D. Philippi in quateren Bg. und quatoren Ds. desgleichen an anderen mehr örtern.

Wiewol nun meuiglich, der D. Martinum Lutherum, D. Urbanum Rhegium gottselige, desgleichen auch euch, D. Brentium gehört und ewre sampt Ihener schrieften gelesen hat oder noch lieset, wol weis, erfcret und bekhennen muess, dass solch Rhuemen nur ein unverschempte unwarheit ist, und Oslander, da er noch gelebt und solchs geschrieben hat, solchs selbst nicht allein wol anders bey Ihm gewust, sonder auch bekhant hat, nichts destoweniger, so werden dennoch durch solch sein geschrey, ruffen und rhuemen viel gutherziger Leute schwerlich geergert und bevor aus der lohliche Furst und Herzog zue Preussen erbermlich dadurch betrogen und umbgefhuert. Dan da er Ihm dem Herzogen zue Preussen auf ewer uberschickhtes Bedenckhen hat, wie es Ihme gefiel« und ob ers auch also leiden und annemen khonte, anzeigen sollen, da hat er nuer mit halben munde darzue geantwortet und nicht strackhs Ja oder Nein darzue sagen durften, sondern also gemuckhet, wie folget:

Durchleuchtiger hochgeborner Fürst, gnediger Herr, dieweil E. F. G. aufs khurzt zuverstehn begert, ob und wie ich mit des Brentzi und seiner mitverwandten Schrieft zufrieden sey oder nicht, geb ich E. F. D. underthenigklichen zu verstehn, das ich von anfang derselben schrieft biss auf den Paragraphum: wiewoll nun die werkh der gerechtigkhait etc. etc. keine einrete hab, sondern lass mirs alles gefallen, den sie bekhenen und lehren christlich und recht, allein dass sie sich zue meinen widersachern vdhehen, sie bekhenen solchs auch, da weiss ich das widerspiel, versehe mich VE. F. D. wisse es auch anders. Aber von gedachtem Paragrapho bis ans Ende wirdt eine gezwungene entschuldigung meiner widersacher gesucht, die glaube ich sei guter meinung gesucht, dieweil sie aber selbst bekhennen, das sie das gerechtigkhait nennen, das nicht die gerechtigkhait selbs, sondern nur werkh der Gerechtigkhait sein, neme ich solch Bekhentnis an und las es dabey bleiben. Sie füeren auch etliche sprueche als Rom. 3. und dergleichen und deuten es auff eine unbestendige weise, welchs ich nicht dem Brentio sondern der mitverwanten und der grossen beguerde friden zumachen zuemesse, zweifel auch nicht, wan Brentius meiner widersacher ungestunkheit und alle umbstende gewust, es wer woll unterwegen blieben. Behalte mir in allewegen bevor, solche sprueche in Ihrem rechten eigentlichen göttlichen verstandt zue handelnn und wieder meniglich zuverteidigen. Haec Oslander.

Hierauss khönet Ihr nu lieben Herren und freunde woll verstehen, was ewr schreiben und bedenkhen bey Osiandro und denen, so auf Din sehen und Ihm anhangen, fuernemlich aber bey dem frommen alten Fürsten dem Herzogen zue preussen selbs wirkhet und schaffe, und wie es angenomen, verstanden und gedeutet wierdt; den so fern Ihr des Osiandri meinung lasset recht und guet sein, so fern ist er auch mit euch zufrieden, do Ihr aber seines gegenthails meinung auch fuer recht Christlich und guet erkhennet, sagt er, es sey eine gezwungene und gedrungene entschuldigung seiner widersacher. In Summa, es will Osiander seine meinung und verstandt soll allein recht und Christlich, und seines gegentheils d. i. aller deren khirchen, so der Christlichen Augspurgerischen Confession verwandt sein und »ich dazu bekhennen, allerding irrig, falsch und unchristlich sein, der sich mit seinem verstandt in kheinen weg conciliiren und vergleichen lassen: wie den auch (so manss im grundt besiehet) die warheit ist, des Osiandri meinung mit unsserer khirchen leer gar in kheinen weeg nicht kan noch mag vergleichet werden, Es hatte den Oslander seine Irtum erkhenen und enndern wollen, welchs doch nicht geschehen ist.

On Zweivel ists von euch getreulich und woll gemeinet, da ihr beider theil des Osiandri und seiner widersacher meinung gern auff einerley christlichen verstandt habt zuesammen ziehen und mit einander vergleichen wollen, und möchte auch vielleicht zuer vergleichung eine zuerichtung gewesen sein, wan Oslander ewer ausslegung und deutung hat dulden und daneben auch die andern knoten, so Ihr in ewren bedenkhen stillschweigendt übergangen habt, zugleich hat wollen fallen lassen, als da sin fit: Das er in der Justification die person des Herrn Christi offentlich trennet, in dem er saget, Christus sei unser gerechtigkhait oder mache uns gerecht allein nach seiner göttlichen natur, und nicht nach der menschlichen, so doch nach seiner des Osiandri selbst eigner Bekentniss Christus ohn die menschliche natur allein nach seiner göttlichen natur nicht Christus ist. Dan so er sagt in seiner Confession in quatern N. f. II: Die götliche Natur allein ist nicht Christus, die menschliche allein ist auch nicht Christus, und so ein Theologus der eins wolt sagen und vertedingen, der wer auch ein offenlicher bekhenter ketzer. Haec ille. Nun vermag ja khein mensch, Engell noch Creatur zu beweisen, das Gott uns gerecht machen oder unser gerechtigkheit sein wolle anders den in Christo, d. i. in der person des Sons Gottes, der warer Gott und mensch ist, den in seiner göttlichen natur und wesen ist er woll sein selbst ewige und wesentliche gerechtigkheit; aber unsere gerechtigkheit hatt er nicht sein noch werden wollen anders, dan das er auch menschliche Creatur an sich neme, sich damit unter das gesetz thete und die gerechtigkheit, so Gott im gsetz von uns fordert, erfüllete, wie S. Paulus Rom. 8. 1 Cor. 1. und Gal. 4. zeuget . Das aber durch dergestalt trennung der naturen in Christo die person auch getrennet wirdt, bekennet Oslander auch selbst in seiner Confession im quateren X. g. da er von seinen widersachern also saget: Sprechen sie, es sey allein seine menscheit unsere und in uns und nicht die gotheit, So haben sie schon die person getrennet, d. i. die Gotheit von der menscheit gerissen, welichs eine fuerlangst verdamte ketzerey ist etc. Haec ille. Wirdt aber die person zurissen und getrennet, so man die Gotheit von der menscheit scheidet, so muess sie freilich auch getrennet werden, so man die menscheit von der Gotheit trennet. Und so die ketzer sein, so die Gotheit von der menscheit scheiden, so muessen freilich die auch ketzer sein, so die menscheit von der Gotheit scheiden, solchs aber thuet Osian der, in dem er fner gibt und streitet, Christus sey unser gerechtigkheit allein nach seiner götlichen Natur und nicht nach seiner menschlichen.

Dergleichen ist auch, das er in ampt des mitlers das werkh unser Rechtfertigung auch in viel stuckh zerreist und trennet und die abgerissene stuckh von der Rechtfertigung gantz und gar hinwegwirft wieder die schrieft, in dem er von der Rechtfertigung absondert 1. die vergebung der sünden sampt der genugthuung und bezalung des Herrn Christi, damit die vergebung erworben ist; 2. die versunung; 3. die Erlösung; 4. das er furgibt, die versuenung und Erlösung sey geschehen fuer 1500 Jaren, so doch Paulus klerlich saget 2 Cor. 5: lasset euch versünen; 5. das er saget, den glaubigen werde allein die einwohnende Gotheit oder göttliche Natur zur gerechtigkheit zugerechnet, und nicht der gehorsam, welchen Christus Gott und mensch für ans dem vater geleistet hat, die gerechtigkheit im gesetz erfordert für uns darmit zu erfüllen. Dan weil die gantze Rechtfertigung in den zweyen stuckhen fuernemlich stehet, Erstlich das der arme Sünder der Sünden, so ehr an Ihm hat, loss werdt, zum andern, das er dagegen die  gerechtigkheit, so Gott im Gesetz von Ihm fordert und daran es ihm mangelt, bekhomme, So ist ihr khein ander weisse, dadurch er der sünden loss werden khönne, den durch die Vergebung, welche Christus damit, das er sich dafuer geopffert, bezallet and gnueg gethan, erworben hatt, gleich wie auch khein ander weise ist, die gerechtigkheit, so Gott im gesetz fordert, zue erlangen, dann das Christas sie fur uns erfüllet hat, sie uns schenckhet und zurechnet, so wier an Ihm glauben, dadurch wir den zuegleioh mit Gott versuenet, von der verdienten straff des ewigen todes und verdamnis, auss des teuffels und der hellen gewalt erlöset zu gnaden angenomen warhafftige Gottes khinder und erben des ewigen lebens und ewiger seligkheit werden.

Und was wil man viel weise und wege suechen, des Osianders Lere mit der unseren zu vergleichen, so er doch selbst sich genuegsamb erkleret, das ers mit unser khirchenlere und bekhentnis gar nicht halte, Ja das er unsere khirchenlere gantz und gar für Irsare und verfürisch halte. Dan so saget er in der widerlegung der antwortt D. Philippi: alle Magistri und Doctores, so da geloben, das sie in der einhelligkheit der Augspurgischen Confession und der Ihren Symbolen bestendig blieben und dieselbigen vertedingen wöllen, die haben Gottes wortt verschworen und seindt heimliche Bundtsgenossen einer solchen Conspiration worden, die mehr auf menschliches den auf Gottes wortt sehen und derhalben der Christenheit nicht wenig schedlich sein etc.

Weil nun das gewisslich also am tage und war ist, so khönnet Ihr ja liebe Herrn und freunde woll abnemen, das des Osiandri lehr mit der unseren sich in keinem wege nicht khan noch will vergleichen lassen, und habt demnach, Ihr lieben Hern und freunde, als die verstendigen, bey euch selbst leichtlich zuerachten, zue was ergerniss ewr wort, da Ihr in ewerem Bedenckhen schreibet, Ihr könnet beiderseiz weder wortt noch verstandt verwerffen, gereichen müssen. Dan Osiander sampt den seinen nemens Ihres theils an und rhuemen, ihre lere sey dadurch fuer Christlich und recht erkhandt, verdammen derhalben die anderen, so es mit Ihnen nicht halten, unter denen Ihr selbst auch seidt und müsset also nach des Osiandri verstandt Ihr durch ewre eigne wortt euch selbst verdammet haben, indem ihr des Osiandri lehre in seinem verstandt rechtsprecht, dan was ihr von vergebung der sunden, von gehorsam Christi und vom glauben sagt, das die auch wol megen eine gerechtigkheit genennet werden, solches trumpft Osiander nicht an, sondern verwirffets strackhs und sagt, es sey eine erzwungene und gedrungene entschuldigung seiner widersacher, auss liebe von euch gesuecht umb friedes willen, aber der schrieft in allen wege gantz ungemess und zuwider, und wan ihr seine widersacher recht kennetet und frey, wie es euch umbs herz ist, die warheit bekhennen woltet, so würdet ihr seine, des Osiandri lere allein rechtsprechen; dagegen die lere seiner widersacher d. i. aller deren christlichen khirchen, so der Augspurgischen Confession verwandt sein, verdammen.

Weil wir dan wissen, das ihr bis daher sampt denen khirchen, welchen ihr mit dem Evangelio Christi gedient habt, in einerley Confession und bekhentnis unserer Christlichen lere und glaubens je und allewege einhellig und bestendig gewesen, auch mit allerley gefahr und beschwerung, so Ihr derhalben erlitten habt, bestanden und beharret seidt, zue dem, das ewre, Johan Brentii sehrieften, so ihr bis daher, auch des neohst verschienen zwey und funfzigst Jare, da Osiander seine schwermerey schon offentlich ausgelassen gehabt, durch den druckh habt ausgehen lassen, eben dieselben lehre nochmals unverruckht, rein und lauter bekhennen thuen. derwegen das je zu einem schweren und unaussprechlichen ergerniss gereichen must, so entweder dieselbe ewre und ewerer bevolenen Christlichen khirchen rechte warhafftige Christliche lehre und bekhentnis durch das falsche rhuemen Osiandri bey guetherzigen fromen Christen, als ob sie mit des Osiandri Irtumen auch beschmeist und besudelt were, verdechtig gemacht, oder aber seine, des Osiandri sampt seines anhangs irrige, verfuerische, unchristliche lere durch ewern namen und zeugniss dergestalt beschonet und geschenckht werden solt, das frome, einfeltige, Christgleubige  Herzen dadurch bewegt, von der bekhanten warheit des Evangelii sich abfueren und die schedliche verdampte unchristliche irtume des Osiandri verfueren lassen sollte: Demnach damit solcher grosser und vielfaltiger schade und unrath soviel möglich verhuetet und vorkhommen werdt, d. i. auf das dem heiligen Eyangellio sein laufft nicht geschwecht, aufgehalten und verhindert, die verfuerischen irtum dagegen njpht gesterkht und gefodert, die verfuerten gewissen in irtumb nicht behalten und andere einfeltige dazue auch verfueret, die wol angerichteten khirchen unter einander in der lere zwispaltig und zerrutet und also durch sich selbst unter einander zue grundt zerstöret und wuest werden, da den freilich dem Teuffel und seinem Antichrist dem Bapst zue Rom khein grösser angenemer dienst immermehr geschöhn khöntc, sondern das viell mehr die warheit des Evangelii aufs einfeltigest fein rein und lauter bekhandt und erhalten werden:

So bitten und vermahnen wir euch als Prueder und getrewe mithelffer am dienst des Evangelii unseres lieben Herrn und Heilandts Jhesu Christi, Ihr wellet hinden gesetzt allen menschlichen affect und ungeachter aller welt freundtschaft und gnade, auch feindschafft und ungnade ewre censuram und erkhentnis auss grundt der heiligen schrieft mit gewissen, hellen und klaren worten aussprechen und nicht, wie bissher geschehen, weise und wege suechen, wie ihr beider thail wort und reden durch gesuechte deutung verglimpfen und zuesamen reimen möget, das sie bey nebeneinander, als ob sie gleich Christlich und recht weren, beseyn mögen, welchs doch nicht miglich ist, sondern wie gesaget, mit freien, durren, hellen, klaren und gewissen worten herauss sagen, was ihr. beid in des Osiandri und unserer khirchen lere fuer Christlich und rechtoder widerumb fuer unchristlich und unrecht haltet. Dan es ist ir trawn hie khein bellum grammaticale oder Wordtzankh, wie ihr eh ohn zweifell aus christlicher wollmeinung gern verstehen und deuten woltet, sondern der streit ist von hochwichtigen grossen sachen und verstehet ihr ein theil den andern gnuegsam, das der wort missverstandt nicht die ursach dieses zanckhs ist, sondern weil Osiander eine besondere newe lehr ertichtet, die er aus der heiligen schrieft verbeisen solt, druemb suechet und gruebelt ehr in der sohrieft und klaubeth wort herauss, die er meinet, das sie ihm dazue dienen solt, wans sichs leiden wolt; man fraget nicht, was Justitia Dei oder was Justificare heisse nach der Grammatica, das aber fraget man, wie ein armer sünder (der mit seinen sünden Gott erzürnet, die straff des ewigen todes und verdamniss verdienet hat und also unter des Teufels und der hellen gewalt gefangen ist, darunter er ewig sein und pleiben müsste) gerechtfertiget, d. i. wie er seiner sünden, aus gottes zorn der verdieneten straffe des ewigen todes und verdamnis, aus des Teufels und der hellen gwelt loss, fuer Gott gerecht versuenet, zue gnaden angenommen und selig werden möge.

Hie zue antworten wir nun sampt andern, so unserer khirchen Confession verwandt und zuegethan sein, der suender werde für Gott gerecht allein durch den glauben an Christum darum oder dadurch, das jhm Gott seine sünde, die er warhafftig an Ihm hat und sein ganzes Leben lang behalt, umb Christus willen nicht zuerechnet, sondere sie Ihm vergibt, dagegen aber, das er ihm zuerechnet den gehorsam oder die gerechtigkheit, damit Christus das gantze gesetz erfüllet hatt, ob woll der sunder solchen gehorsam und gerechtigkheit, die Gott im Gesetz von Ihm fordert, in seiner natur und krefften selbs nicht hat.

Und was wier hie von Christo reden, das reden wier von seiner ganzen person, wie er warhaftiger Gott und mensch ist, unzertrennet, also das die ganze person, die von Natur Gott und mensch ist, sich fuer unsere sünde geopferdt, den Vatter versuenet, die gerechtigkheit des gesezes fuer uns erfüllet, uns vom todte und verdamnis, auss des teufels und der hellen gewalt erlöset, zue gnaden gebracht und ewig selig gemacht habe.

Wier lehren und bekhenen auch, welche sünder durch den glauben der gestalt gerechtfertiget, versuenet, zue gnaden angenommen und Gottes khinder worden sein, das Gott denselben warhafftig seinen heiligen geist gebe, wie Rom. 8. und Gal. 3. S. Paulus zeuget, Ja wir lehren und bckbennen, das auch Gott der Vatter sampt seinem eingebornen son, von denen der heilig geist aussgehet, in solchen gerechtfertigen Gotts khindern warhafiag mitwohnen, ob sie wol noch sunde an Ihen feaben und Ihr ganzes lebenlang behalten.

Dagegen aber verdammet Oslander diser unser khirchenn lere und leret, der sünder der werde also gerechtfertiget, wan Ihm Gott das Evangelium predigen lasse, so er den demselben glaube, also dan gehet Christus sampt dem vatter und heiligen geist durch den glauben in sein hertz und wohnet darinnen, giesse Ihm seine gettliche und wesentliche gerechtigkheit ein, die in bewege und treibe, das er mit der that warhaftig gerecht werde und thue was recht sey, und sey also Christus der gleubigen gerechtigkheit allein nach seiner göthlichen natur, damit er sie bewege, und nicht nach seiner menschlichen; ja «eine menschheit gereebtfertiget werden, gleich wie wir durch den glauben von Ihr gerechtfertiget werden muessen.

Derhalben der ganze gehorsam Christi (der sich unter das gesetz gethan, die gerechtigkheit, so darinnen erfordert wierdt, fter uns erfüllet und fuer unsere sünde, ubertrettung und ungerechtigkheit mit seinem blut und Tode beaalet und gnueg gethun, uns Vergebung, versuenung und erlösung erworben hab) unsere Rechtfertigung nicht sein khönne.

Daraus dan Ihe klerlich erscheinet, das zwischen Osiandro und unsern khirchen gar khein bellum grammaticale oder wortgezenkh, sondern ein hefftiges und grosswichtiges bellum reale, d. h. ein khampf und streit uber den allerzohesten und grossmechtigiaten sachen sey, daran der göthlichen maiestat ehre und aller welt heil und seligkheit gelegen ist.

Derwegen ihr auch uns und andere, so eich dem Osiandro in solcher hochwichtigen, grossen und ernsten sachen opprmiret haben, desgleichen auch das wier diese freundtliche erinnerung bey euch thuen, desto weniger verdenkhen, und Ihr beneben uns der warbeit des Evangelii so viel deste getreulicher, ernster und emsiger verfechten helffen und euch also erkleren wollet, das Ihr nicht Scectrci, Neutralisten, Cohturnisten oder auf ander weise Servi homimns, sondern viel mehr getrewe diener im Hanse des Herrn Christi befunden und erkandt werdet.

Derselbe wolle uns und euch sampt allen andern seinen dienern in dem, das er uns vertrawet und bevolhen hat, ohne wandell zue einer herlichen zuekhunft erhalten, Amen. Datum Sonabends nach Erhardi den 14. Januarii Anno Domini MDLIII.

Nicol. Amsdorffius.
Erhardus Schnepfius.
Justus Menius, Ecclesiae Gothanae pastor.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Amsdorf, Nikolaus – An Georg Spalatin

Über die aus dem Kloster Niemptschen entflohenen Nonnen, für die Spalatin Fürbitte beim Kurfürsten einlegen soll. (Bruchstück)

1. April 1523

Es seind nich allein Neun sonder zwolff Nunnen außgetreten. Neun seind zu vns kummen Seind schon, feyn und alle vom Adel, under welchen ich keyn funfftzig jerige find. Die eldiste unter In, meins Gnedigen Hern und Ohemen Doctor Staupitz schwester hab ich dir mein lieber bruder zugerechenth zu eynem eelichen gemaheln, damit Du dich mügst eyns solchen schwagers berümen als ich mich eins solchen Ohemen berüm. Wiltu aber ein jüngere haben so soltu die wal vnder den schonsten haben.

Vnd wenn du armen wilt etwas geben, so geb es Inen. Dann sie seind ja arm elende und verlassen von irer freuntschafft.

Mich erbarmt der metzen. Sie haben wider schuch noch cleyder.

Mein liebster bruder ich bitt dich ob du kuntest von dem hofadel etwas fur sie erlangen, sie mit kost und claydung zu versehen. Du woltest vleis haben, dann sie seind in großer armut und angst gantz geduldig. Warlich mich nymbt wunder das sie so geduldig und frolich seind in so großer widerwertickeit und armut.

Und wenn du für sie von unserm gnedigsten Hern auch kuntest etwas zuwegen bringen, da thustu ein wunder Cristlichs werck an.

Es seind etliche under Inen, die wollen zu ir freuntschafft nicht wider wenn sie gleich von ir erfordert wurd, darumb das sie in Hertzog Jorgen Land musten des gotlichen worts mangel haben. Darumb wollest diser erbarn meydlen vorbitter am hof sein.

Von unserm Vatter Doctor Martinus hab ich nicht mügen erlangen das er doheym bliben wer. Er hat auch wider philippum noch mich horen wullen Sondern uns dise Antwort geben. Ich kan nicht beleydigt werden. Ich will mich mit gebet bewapen und wenn es von noten sein würd, so will ich sicherlich einst ein wundertzeichen thun. Und lacheth dortzu. Domit schlug er uns unser anschlag und bedencken zuruck. Es werden wenig Lection versaumt. Dann wir wollen bald wider kummen.

Dat am Sambstag in der Osterwochen Anno Dn. XV.XXIII.

Quelle:
Analecta Lutherana
Briefe und Actenstücke zur Geschichte Luthers
Herausgegeben von D. Theodor Kolde
Gotha.
Friedrich Andreas Perthes.
1883.

Nikolaus von Amsdorff an Friedrich von Sachsen

17. März 1523

Durchlauchtigster, Hochgeborner Churfürst. Meine unterthänige, verpflichte, gehorsame Dienste allezeit zuvor. Gestrenger Herr. Ich habe E. Chf. G. einen langen ungeschickten rief, wie es mir dazumal einfiel, geschrieben, und doch nicht eigentlich weiß, was ich beschlossen habe. Bitte derhalben unterhäniglich, E. Chf. G. wolle derowegen keinen ungnädigen Willen tragen, und mir solches gnädiglich verzeihen. Und ist dieß meine endliche Meinung: dieweil klar und öffentlich durch die heil. Schrift bewährt und gegründet ist, daß alle gestiftete und Präsenz-Messen nicht allein ohne Gottes Wort und Christi Einsetzung, das noch zu leiden wäre, wiewohl es auch einem Christen verdächtig seyn soll, sondern auch straks darwider fundirt und gestiftet seyn, so weiß ich dieselbigen nicht zu halten, auch nicht darüber zu halten, daß es andre thun, kann auch niemand dazu treiben, zwingen, oder dringen, wie einem Dechaut bisher geeignet und gebühret hat.

Derhalben kann ich die Dechaney in keinem Weg dergestalt annehmen. sind ihrer doch wohl, die es, als sie sagen, mit gutem Gewissen thun können, und wollten nicht ein Land nehmen, daß bei ihnen (die Messen) sollten abkommen. Denen trete ich abe, und weiche ihnen willig und gern aus Nothdurft meines Gewissens, das weiß Gott. Bitte unterthäniglich, E. Chf. G. wollte dieß nicht anders, denn gnädiglich von mir annehmen. Das will ich allezeit mit meinem unterthänigen Gehorsam geflissen seyn zu verdienen.

Ex. Wittenberga 1523 Dinstag nach Laetare.

E. Chf. G.
unterthäniger
Nicolaus Amsdorff.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Amsdorff an Friedrich den Weisen, 17.3.1523

Durchlauchtigster, Hochgeborner Churfürst. Meine unterthänige, verpflichte, gehorsame Dienste allezeit zuvor. Gestrenger Herr. Ich habe E. Chf. G. einen langen ungeschickten Brief, wie mir es dazumal einfiel, geschrieben, und doch nicht eigentlich weiß, was ich beschlossen habe. Bitte derhalben unterthäniglich, E. Chf. G. wolle derowegen keinen ungnädigen Willen tragen, und mir solches gnädiglich verzeihen. Und ist dieß meine endliche Meinung: dieweil klar und öffentlich durch die heil. Schrift bewährt und gegründet ist, daß alle gestiftete und Präsenz-Messen nicht allein ohne Gottes Wort und Christi Einsetzung, das noch zu leiden wäre, wiewohl es auch einem Christen verdächtig seyn soll, sondern auch straks darwider fundirt und gestiftet seyn, so weiß ich dieselbigen nicht zu halten, auch nicht darüber zu halten, daß es andre thun, kann auch niemand dazu treiben, zwingen, oder dringen, wie einem Dechant bisher geeignet und gebühret hat.

Derhalben kann ich die Dechaney in keinem Weg dergestalt annehmen. (Es) sind ihrer doch wohl, die es, als sie sagen, mit gutem Gewissen thun können, und wollten nicht ein Land nehmen, daß bei ihnen (die Messen) sollten abkommen. Denen trete ich abe, und weiche ihnen willig und gern aus Nothdurft meines Gewissens, das weiß Gott. Bitte unterthänigliche, E. Chf. G. wollte dieß nicht anders, denn gnädiglich von mir annehmen. Das will ich allezeit mit meinem unterthänigen Gehorsam geflissen seyn zu verdienen. Ex Wittenberga 1523 Dinstag nach Laetare.

E. Chf. G. 
unterthäniger
Nicolaus Amsdorff.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Amsdorff, Nikolaus von – An Georg Spalatin und Hauholden von Einsideln

1, Jan. 1522

Günstige liebe Herrn. Dieweil diese Leut von Zwickau, wie mich Philippus berichtet, sich rühmen, daß sie den Geist Gottes haben, und mit Gott reden, auch darzu aus der Schrift geschickt seyn und geistlich reden sollen, deßhalben sie denn zu Zwickau eine Sedition gemacht haben; so hab ich für gut angesehen, solchs meinem gnädigsten Herrn anzuzeigen, auf daß auch bei uns nicht ein Aufruhr und Empörung werde, auf daß auch nicht so bald mit Gewalt und Gericht sie unverhört gedämpft werden, sondern daß man mit ihnen aus der Schrift und Vernunft erstlich handelt, dieweil sie sich auf die SChrift und den Geist Gottes gerufen, auf daß wir das Wort Gottes in ihnen, ob sie gleich böse und unrecht wären, nicht verachten. Ich hab auch derhalben mit ihnen nicht reden, noch sie nicht sehen wollen, da ich in der Schrift ein neuer Schler bin, und sie so hohe, unerhörte Ding vorgeben. Man soll so bald ihnen nicht glauben; man soll sie aber auch nicht verachten, bis sie verhört und examinirt werden.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Amsdorff an Haunold von Einsiedeln und Spalatin, 1.1.1522

Günstige liebe Herrn. Dieweil diese Leut von Zwickau, wie mich Philippus berichtet, sich rühmen, daß sie den Geist Gottes haben, und mit Gott reden, auch darzu, aus der Schrift geschickt seyn und geistlich reden sollen, deßhalben sie denn zu Zwickau eine Sedition gemacht haben: so hab ich für gut angesehen, solchs meinem gnädigsten Herrn anzuzeigen, auf daß auch bei uns nicht ein Aufruhr und Empörung werde, auf daß auch nicht so bald mit Gewalt und Gericht sie unverhört gedämpft werden, sondern daß man ihnen aus der Schrift und Vernunft erstlich handelt, dieweil sie sich auf die Schrift und den Geist Gottes berufen, auf daß wir das Wort Gottes in ihnen, ob sie gleich böse und unrecht wären, nicht verachten. Ich hab auch derhalben mit ihnen nicht reden, noch sie nicht sehen wollen, da ich in der Schrift ein neuer Schüler bin, und sie so hohe, unerhörte Ding vorgeben. Man soll so bald ihnen nicht glauben; man soll sie aber auch nicht verachten, bis sie verhört und examinirt werden.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834