… der alljährliche Überblick: Zur Zeit gibt es ca. 1840 Briefe von mehr als 200 Schreibern an ca. 550 Briefempfänger.
Autor: Andreas
Knox, John – An seine geliebten Brüder, das Volk von Schottland.
Seinen geliebten Brüdern, dem Volke von Schottland, wünscht Johann Knox Gnade, Barmherzigkeit und Frieden, nebst dem Geiste richtigen Urtheils!
Was ich von der Königin, den Ständen und dem Adel, als den gegenwärtigen Häuptern des Reiches, gefordert habe, das kann ich nicht aufhören, auch von euch zu verlangen, geliebte Brüder, die ihr ja die Gemeinde und der Körper des Staates seid, nämlich daß es euch gefallen möge, ungeachtet des falschen und grausamen Urtheils, welches eure verkehrten Bischöfe gegen mich gefällt haben, mir die Gunst zu erweisen, unparteiisch meine gerechte Vertheidigung anzuhören. Wenn, daß ihr das thut, Gott eure Herzen ehrlich bewegt (wie ich denn nicht zweifle, daß euer Vornehmen zum Preise seines heiligen Namens ausschlagen werde), so bin ich gewiß, daß ihr samt euren Nachkommen davon ganz besonderen Trost, Erbauung und Gewinn haben werdet. Denn wenn ihr hören werdet, um was es sich handelt, so werdet ihr leicht einsehen und erkennen, auf welchem Grunde der Glaube ruht, der jetzt unter euch mit Feuer und Schwert verfolgt wird. Was mich anbetrifft, so bin ich auf das Festeste überzeugt, daß Alles, was in der päpstlichen Kirche getrieben wird, mit Christi segensreicher Ordnung streitet und Nichts ist, als tödtliches Gift, und — wer davon trinket, der trinket sich, wie ich ebenfalls fest überzeugt bin, damit Tod und Verdammnis;, es sei denn, daß er durch aufrichtige Umkehr zu Gott davon gereinigt wird. Aber weil nun durch das lange Stillschweigen des Wortes Gottes in allen Klassen der Menschen Unwissenheit eingerissen ist, und weil Unwissenheit, verbunden mit langer Gewohnheit, in Mancher Herzen den Aberglauben befestigt hat, deßhalb verlange ich im Namen unseres Herrn Jesu Christi, daß ich Gehör finde sowohl von eurer Seite, als des Volkes, meine Brüder, als auch von Seiten des Adels und der Stände des Reiches, damit ich für die öffentliche Predigt hinreichend Raum habe, um meine Meinung über alle religiösen Streitigkeiten in dieser Zeit aussprechen zu können. Und ferner wünsche ich, daß ihr mit dem Adel gemeinsame Sache machet und eure Bischöfe und Geistliche zwinget, ihre Tyrannei fahren zu lassen, und eben so, daß ihr, um bessere Zuversicht und Belehrung für eure Gewissen zu haben, eure besagten Bischöfe und falschen Lehrer zwingt, nach Gottes Wort auf diejenigen Beschuldigungen und Anklagen zu antworten, welche gegen ihre nichtige Religion, ihre falsche Lehre, ihr sündiges Leben und ihre lästerlichen Reden erhoben werden. Ich weiß, daß mir der Vorwurf gemacht werden wird, ich fordre etwas Unvernünftiges von euch, nämlich eure Religion in Zweifel zu ziehen, welche durch so lange Dauer und die Zustimmung so vieler Menschen vor euch bestätigt und befestigt sei. Aber darauf antworte ich kurz, daß weder die lange Dauer der Zeit, noch die Menge der Menschen genügend ist, um unsre Religion als vor Gott gültig zu beglaubigen. Denn wie einige der ältesten Schriftsteller bezeugen, kann weder die lange Folge der Zeit einen Irrthum rechtfertigen, noch kann durch die Menge derer, welche ihm anhangen, sein Wesen verändert werden. Sondern wenn es ein Irrthum im Anfang war, so ist’s auch ein solcher am Ende, und je mehr ihn annehmen, desto verderblicher ist er und um so mehr muß man ihn fliehen. Denn wenn Alter oder die Menge der Menschen eine Religion rechtfertigen könnte, so wäre der Götzendienst der Heiden oder der Frevel der Türken eine gute Religion, denn das Alter billigt die einen und eine große Menge hat den andern angenommen und vertheidigt.
Aber es werden auch wohl fromme Menschen sich wundern, aus welcher Quelle die Meinung fließt, daß Niemand seinen Glauben und seine Religion an Gottes Wort prüfen dürfe, sondern ruhig Alles glauben und annehmen müsse, was Alter und eine große Menge gebilligt hat. Der Geist Gottes lehret es uns anders. Denn die Weisheit Gottes, Jesus Christus selbst, verweist seine Gegner auf Moses und die Propheten, um an ihnen zu prüfen, ob seine Lehre von Gott sei oder nicht. Die Apostel Paulus und Petrus gebietenden Menschen, die Religion, welche sie bekennen, an Gottes klarem Worte zu untersuchen, und preisen Diejenigen, welche Solches thun. St. Johannes gebietet geradezu, daß wir nicht einem jeden Geiste glauben sollen, sondern er will, daß wir die Geister prüfen, ob sie aus Gott sind oder nicht. Nun, weil dem so ist, daß dieß klare Zeugniß des heiligen Geistes uns besielt, unfern Glauben und unsere Religion nach Gottes offenbarem Wort zu prüfen, so ist es ein Wunder, daß die Papisten nicht einwilligen wollen, daß ihre Religion und Lehre demselben zur Prüfung unterworfen werde. Wenn der Ausspruch Christi wahr ist (und er ist durchaus wahr, weil er aus der Wahrheit selbst kommt), daß wer böse ist, das Licht hasset, und nicht an das Licht kommt, damit seine bösen Werke nicht geoffenbaret und bestraft werden, so verdammen unsere Papisten durch ihre eigene Meinung sich selbst und ihre Religion- Denn in sofern sie eine Untersuchung und Prüfung verweigern, erklären sie, daß sie wohl einige ihrer Fehler kennen, welche das Licht an den Tag bringen würde; dieß ist die Ursache ihrer Furcht und weßhalb sie an ihr Vorrecht sich anklammern, daß Niemand über ihre Religion disputiren darf, die Wahrheit und Aufrichtigkeit, ähnlich dem feinen, geläuterten Golde, fürchtet nicht die Feuerprobe, aber die Stoppeln und die Spreu der Menschenerfindungen, wie ihre Religion, können die Flammen des Feuers nicht aushalten. Es ist wahr, daß Mahomet den Befehl gegeben hat, daß Niemand bei Todesstrafe über den Grund seiner Religion disputiren oder denselben untersuchen soll, und dieß Gesetz ward durch Satans List bis aus den heutigen Tag von den Türken beobachtet, zu ihre r eigenen tödtlichen Verblendung und zu schrecklicher Lästerung Jesu Christi und seiner wahren Religion. Und von Mahomet (oder vielmehr vom Satan, dem Vater aller Lügen) hat der Papst und seine Gesindel dieß gelernt, nämlich daß über ihre Religion niemals disputirt werden darf, sondern was die Väter geglaubt haben, das sollen und müssen die Kinder billigen. Und in solcher List ermangelt der Satan der Vorsicht nicht. Denn Nichts hat mehr die Herrschaft des römischen Antichristen befestigt, als diese höchst arge Verordnung, nämlich daß Niemandem erlaubt war, über seine Macht nachzudenken und seine Gesetze in Zweifel zu ziehen. Das ist gewiß, daß, wenn jemals die päpstliche Religion einer Prüfung unterzogen wird, daß sie dann erfunden werden wird als eine solche, die keinen anderen Grund hat, als die Mahomets, nämlich menschliche Erfindung, List und Träumerei mit einem Firniß von Gottes Wort überstreichen. Und deßhalb, Brüder, weil es mit der Religion ist, wie sich der Magen zum Körper verhält, daß, wenn dieser verderbt ist, er alle Glieder vergiftet, so ist es nöthig, daß sie geprüft werde, und wenn sie erfunden wird als mit verderblichen Säften angefüllt, ich meine, mit Menschenerfindungen, dann ist es nothwendig, daß dieselbe gereinigt werde, sonst wird Seele und Leib für immer verderben.
Dieserhalb wollte ich, ihr wäret auf das Festeste überzeugt, daß eine verdorbene Religion das ganze Leben des Menschen befleckt, scheine sie noch so heilig zu sein. Auch möchte ich nicht, daß ihr meintet, die Sorge für die Religion und ihre Verbesserung komme euch weniger zu, weil ihr weder Könige, Regierer, Richter, Adlige seid, noch Gewalt habt. Geliebte Brüder, ihr seid Gottes Geschöpfe, geschaffen und gemacht zu seinem eigenen Bilde und Gleichniß, für deren Errettung das theure Blut seines eingebornen geliebten Sohnes vergossen ist, welchen er sein Evangelium und frohe Botschaft zu predigen befohlen und für die er die himmlische Erbschaft bereitet hat, möchtet ihr deßhalb doch ja die Mittel nicht halsstarrig zurückweisen und verachten, welche er verordnet hat, um das Erbe zu erlangen, nämlich sein gesegnetes Evangelium, welches er euch jetzt anbietet, damit ihr gerettet werden möget. Denn das Evangelium und die frohe Botschaft vom Reiche Gottes, lauter gepredigt, ist die Kraft Gottes zur Seligkeit für Alle, so daran glauben, welche zu glauben und anzunehmen ihr, das Volk, nicht weniger berufen seid, als eure Regenten und Fürsten. Denn obwohl Gott einen Unterschied zwischen dem Könige und den Unterthanen, den Regierenden und dem Volke angeordnet hat, was das Regiment und die Verwaltung der bürgerlichen Angelegenheiten betrifft, so hat er in der Berufung zum ewigen Leben doch Alle gleich gemacht. Denn so wie an Jesus Christus die Juden kein größeres Vorrecht haben, als die Heiden, der Mann als die Frau, der Gelehrte als der Ungelehrte, der Herr als der Knecht, sondern Alle eins in ihm sind, so giebts auch nur einen Weg und ein Mittel, um zur Theilnahme an seinen Wohlthaten und geistlichen Gaben zu gelangen, nämlich ein lebendiger Glaube, der durch die Liebe thätig ist. Und deßwegen sage ich, geliebte Brüder, daß es nicht weniger euch zugehört, versichert zu sein, daß euer Glaube und eure Religion auf das wahre und unzweifelhafte Wort Gottes gegründet sei, als euren Fürsten und Regierern. Denn wie euer Körper dem leiblichen Tode nicht entgehen kann, wenn ihr mit euren Fürsten und Regierern tödtliches Gift esset und trinket (sei es aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit), so werdet ihr auch nicht dem ewigen Tode entgehen, wenn ihr mit ihnen eine verderbte Religion bekennet. Ja!, ohne daß ihr im Herzen glaubt und mit dem Munde bekennet, daß Jesus Christus der einzige Erretter der Welt sei, welches ihr nicht könnt, wenn ihr nicht das angebotene Evangelium annehmet, so könnt ihr dem Tode und der Verdammniß nicht entgehen. Denn so wieder Gerechte durch seinen eigenen Glauben lebt, so verdirbt der Ungläubige durch seinen Unglauben, und so wie der wahre Glaube durch die lautere Predigt des Evangeliums Christi in den Herzen von Gottes Auserwählten erweckt, genährt und unterhalten wird, so wird Untreue und Unglaube begünstigt durch Verbergung und Unterdrückung derselben. Und wenn ihr also das ewige Leben sucht, so müßt ihr prüfen, ob ihr im Glauben seid, und wenn ihr eines wahren Glaubens sicher sein wollt, so muß euch nothwendig Jesus Christus wahr gepredigt werden. Und dieß ist die Ursache, thenre Brüder, weßhalb ich so oft wiederhole und standhaft behaupte, daß es euch nicht weniger zugehört, als euren Königen oder Fürsten dafür zu sorgen, daß Jesus Christus wahr unter euch gepredigt werde, weil ohne seine rechte Erkenntniß Keiner von euch Beiden zum Heile gelangen kann. Dieß ist der Punkt, worin, sage ich, alle Menschen gleich sind.
So wie Alle von Adam abstammen und durch dessen Sünde und Ungehorsam der Tod in die Welt gekommen ist, so geziemt es Allen, welche das ewige Leben erhalten sollen, einverleibt zu werden dem Einen, nämlich dem Herrn Jesus, welcher, da er gerecht ist, durch seine Erkenntniß Viele gerecht macht, nämlich Alle, die aufrichtig an ihn glauben.
Ueber diese Gleichheit, daß Gott von dem Unterthanen, sei er noch so arm, in Sachen der Religion Nichts weniger fordert, als von dem Fürsten und reichen Leuten, hat er im Gesetze Mosis eine deutliche Erklärung gegeben. Als nämlich die Stiftshütte gebaut, eingerichtet und in Ordnung gebracht war, bestimmte Gott, wie sie und Alles, was zu ihr gehörte, erhalten werden solle, damit sie nicht in Verfall gerathe. Und diese Unterhaltungskosten (obschon Himmel und Erde seinem Befehle gehorchen) wollte er nicht von den geheimen und verborgenen Schätzen nehmen, welche zerstreut liegen in den Adern der Erde, noch wollte er sie nehmen von den Reichen und Mächtigen seines Volkes, sondern er befahl, daß Jedermann von den Söhnen Israels, ob reich oder arm, wenn er in das Alter von 20 Jahren und darüber käme, jährlich einen halben Säckel als Opfergabe für den Herrn zur Erinnerung an ihre Erlösung und als Sühnopfer oder Lösegeld für ihr e Seelen geben sollte, welches Geld nach Gottes Befehl zum Schmuck und zu den Bedürfnissen der Stiftshütte verwendet werden sollte. Ferner gab er die Vorschrift, daß die Reichen zu diesem Behuf nicht mehr geben sollten, als die Armen, noch daß die Armen in dieser Hinsicht weniger darreichen sollten, als die Reichen. Dieß Gesetz mag nach menschlichem Urtheil sehr unvernünftig erscheinen. Denn einige Reiche hätten ja eher tausend Säckel, ohne es zu fühlen, geben können, als ein Armer einen halben, aber Gott machte doch Alle gleich, und wollte, daß der Eine nicht mehr, als der Andre, der Arme nicht weniger, als der Reiche bezahlen sollte. Dieß Gesetz, sage ich, mag sehr unbillig erscheinen. Aber wenn wir den Grund, den Gott angiebt, in Erwägung ziehen, so müssen wir darin die große Gnade und unschätzbare Weisheit Gottes erkennen, dieser Grund ist in folgenden Worten enthalten: „Dieß Geld, von den Kindern Israels empfangen, sollst du geben zum Dienst der Hütte, auf daß es für die Kinder Israels eine Erinnerung an ihren Herrn sei, daß er euren Seelen gnädig sein will.“
Dieser Fall. sage ich, beweist augenscheinlich, daß, so wie das ganze Volk durch die Allmacht Gottes allein aus der Sklaverei Aegyptens befreit war, so war jedes Glied desselben ohne Ansehn der Person durch seine Gnade geheiligt und in dieser Hinsicht der Reiche dem Armen in Nichts vorgezogen, denn nicht das Verdienst oder die Würdigkeit der Menschen bewog ihn, sie zu erwählen und seine Wohnung unter ihnen zu nehmen. All ihr Heil, ihr Vorzug und die Ehre vor allen andern Nationen entsprang allein aus dem Quell seiner ewigen Güte, welche sie frei liebte, so daß er frei sie aus allen Nationen der Erde erwählt hatte, sein priesterliches König» reich und heiliges Volk zu sein. So sie zu ehren, daß er in ihrer Mitte wohnen wollte, dazu war er, sage ich, weder durch die Weisheit der Weisen, noch durch den Reichthum der Mächtigen, noch durch die Tugend oder die Heiligkeit irgend eines Standes unter ihnen bewogen, sondern aus lauter Gnade liebte er sie und mit seiner Gegenwart ehrte er das ganze Volk, und deßhalb, um ihnen Allen seine allgemeine Liebe vor Augen zu stellen und jede Gelegenheit zu Streit und Gewissenszweifeln abzuschneiden, wollte er zur Unterhaltung der Stiftshütte, durch welche seine Gegenwart und Wohnung unter ihnen versinnbildlicht würde, von den Reichen nicht mehr nehmen, als von den Armen. Denn wenn der Reiche dem Armen vorgezogen worden wäre, so würde Jener vor Stolz aufgebläht worden sein, als wenn er durch seine reichere Gabe vor Gott angenehmer sei, und eben so würde das Ge» wissen des Armen beunruhigt und geängstigt worden sein, in dem Gedanken, daß seine Armuth ein Hinderniß sei, bei Gott in der völligen Gunst zu stehen, wie der Reiche, weil er nicht fähig sei, so viel zur Unterhaltung der Hütte zu geben, wie Jener. Aber er, der aus Gnade (wie gesagt) seine Wohnung unter ihnen nahm und der am besten weiß, was im Menschen ist, bestimmte das Heil für den Einen, wie für den Anderen, in dieser Beziehung sie gleich machend, die doch in andern Dingen so sehr ungleich waren. Denn wenn der Arme sich durch die Taxe beschwert gefühlt hätte und darüber, daß ihm so viel aufgelegt sei, als dem Reichen, so hätte er doch nicht weniger Ursache zur Freude darüber gehabt, daß Gott ihm in Betreff der Unterhaltung der Stiftshütte mit den Reichsten und Mächtigsten in Israel gleich geachtet und gleich gestellt hatte. Wenn nun diese Gleichheit bei der Unterhaltung der vergänglichen Stiftshütte von Gott befohlen worden ist, die doch nur ein Schatten von dem Besseren war, das kommen sollte, ist nicht dieselbe auch von uns gefordert, die wir jetzt das Wesen haben, nämlich Jesus Christus, welcher, angethan mit unsrer Natur, zum Immanuel gemacht worden ist, d. i. Gott mit uns! Obgleich sein natürlicher Leib in den Himmel auf» genommen ist, wo er bleiben muß, bis Alles erfüllt ist, was die Propheten geweissagt haben, so hat er doch versprochen, bei uns zu sein bis an das Ende der Welt.
Und zu diesem Zwecke und zu größerer Versicherung seines Versprechens hat er unter uns hier auf Erden die Zeichen seiner eigenen Gegenwart bei uns aufgerichtet, seine geistliche Stiftshütte, nämlich die lautere Predigt seines Wortes und die rechte Verwaltung seiner Sakramente. Zu deren Aufrechterhaltung ist der Unterthan nicht weniger verbunden, als der Fürst, der Arme nicht weniger, als der Reiche. Denn wie der Preis, der für Vieler Erlösung gegeben, derselbe ist, so fordert Gott von euch vor Allen, welche Theilhaber der Gnade sein sollen, dieselbe Pflicht, nämlich das aufrichtige Bekenntniß, daß wir allein durch Jesum Christum wieder erlangt haben, was in Adam verloren gegangen ist. Von dem Fürsten fordert Gott, daß er sich selbst verleugne und Christo nachfolge, und von den Unterthanen fordert er ganz dasselbe. Von den Königen und Richtern wird verlangt, daß sie „den Sohn küssen,“ d. h. daß sie ihm Ehre, Gehorsam und Unterwerfung zollen, aber von solcher Ehrerbietung nimmt Gott auch den Unterthanen nicht aus, der gerettet werden soll. Und dieß ist die Gleichheit, die zwischen Königen und Unterthanen, zwischen den Reichsten oder Vornehmsten und den Aermsten und Leuten des niedrigsten Standes besteht, nämlich so wie der Eine verpflichtet ist, im Herzen zu glauben und mit dem Munde zu bekennen, daß Jesus Christus der Herr und der einzige Heiland der Welt ist, also auch der Andre. Weder ist Jemand von Gottes Kindern (wenn sie die Jahre der Unterscheidung erreicht haben) so arm, daß er nicht zur Erhaltung und zum Schmuck der geistlichen Stiftshütte beitragen sollte, wenn es die Noth erfordert, noch Jemand so reich, daß Gott von seiner Hand mehr verlangt hätte. Denn obgleich David große Mittel sammelte zum Bau des Tempels, obgleich Salomo mit großem Fleiß und unglaublichen Kosten den» selben aufrichtete und vollendete, obgleich Hiskia und Josua die Religion reinigten, welche vorher verunreinigt worden war, so war ihnen doch Gott mit seiner Gnade um deßwillen nicht näher, als dem Niedrigsten aus der gläubigen Nachkommenschaft des gläubigen Abraham. Denn ihr Fleiß, ihr Eifer und ihre Werke legten vielmehr nur vor den Menschen ein Zeugniß und Bekenntniß davon ab, welche Ehrfurcht sie vor Gott hatten, welche Liebe zu seinem Worte und welche Verehrung für seine Religion, nicht aber daß eins der Werke, die sie thaten, ihnen das Wohlgefallen und die Gnade Gottes verdient hätte, sondern er liebte sie frei in Christo seinem Sohne, ehe der Welt Grund geleget war. Wie nun jene eben Genannten durch ihre Werke ein Zeugniß ihres aufrichtigen Glaubens geben, so thut dasselbe auch der Aermste, der aufrichtig und offen Jesus Christus bekennt, seine fröhliche Botschaft annimmt, Aberglauben aber und die Abgötterei verabscheut und flieht.
Der Aermste und Niedrigste, der in diesen Tagen schrecklicher Verfolgung fest an Christus glaubt und ihn vor diesem argen Geschlecht! muthig bekennt, ist nicht weniger angenehm vor Gott, noch hat er vor Gottes Angesichte weniger gethan in Beförderung der Sache Christi, als der König, welcher durch das Schwert und die Macht, die er von Gott empfangen hat, den Götzendienst ausrottet und so die Ehre Christi befördert. Doch um auf meine frühere Behauptung zurückzukommen, wird, sage ich, von den Unterthanen nicht weniger gefordert, an Christus zu glauben und seine wahre Religion zu bekennen, als von den Fürsten und Königen, und deß» halb behaupte ich, daß es euch vor Gottes Angesicht nicht entschuldigt, wenn ihr vorgebt, ihr seiet keine Häupter und Regenten und deßhalb komme auch die Sorge für die Religion und ihre Verbesserung euch nicht zu.
Ihr, theure Brüder, seid, wie gesagt, die Geschöpfe Gottes, geschaffen zu seinem Bilde und Gleichniß, welchen befohlen ist, auf die Stimme eures himmlischen Vaters zu hören, seinen Sohn Jesus Christus anzunehmen und dagegen alle Lehren und alle Religion zu fliehen, welche er nicht durch seinen eigenen, in seinem segensreichen Worte geoffenbarten Willen gebilligt hat. Nach seinem Willen und Befehle werdet ihr, wenn ihr als ungehorsam erfunden würdet, in eurer Bosheit umkommen, als widerspänstige und verstockte Knechte, welche keine Lust haben, dem heiligen Willen ihres obersten Herrn zu gehorchen, der so liebevoll Gehorsam von ihnen fordert. Und deßhalb, Brüder, kommt es in dieser Beziehung euch zu, wachsam und thätig zu sein. Denn die Frage betrifft keine irdischen Dinge, welche, wenn sie auch wohl mit Gefahren verbunden zu sein scheinen, doch durch Fleiß und den Verlauf der Zeit wohl noch eine günstige Wendung nehmen mögen, sondern es handelt sich um das Verderben eures Leibes und eurer Seele und um den Verlust des ewigen Lebens, welches, einmal verloren, nie wieder erlangt werden kann. Und deßhalb, sage ich, kommt es euch zu, achtsam und thätig in dieser so wichtigen Sache zu sein, damit ihr nicht, indem ihr die Gelegenheit, die Gott euch darbietet, vorüber gehen laßt, hernachmals mit Seufzern und Thränen nach einer ähnlichen verlangt und sie euch doch nicht zu Theil wird. Aber damit es euch nicht verborgen bleibe, welche Gelegenheit ich meine, so will ich es euch mit wenigen Worten sagen.
Nicht ich allein, sondern auch verschiedene andre fromme und gelehrte Männer bieten euch unsre Dienste an, euch treu in den Wegen unsres, des ewigen Gottes und in der Lauterkeit seines Evangeliums zu unterweisen, welches zu dieser Zeit durch das verfluchte Geschlecht des Antichrists (ich meine, durch den Papst und seine gottlosen Priester) beinahe ganz vor den Augen der Leute verborgen gehalten wird. Wir bieten euch an, unser Leben für das Heil eurer Seelen zu wagen und an dem offenbaren Gotteswerk, die Religion, welche unter euch jetzt mit Feuer und Schwert aufrecht erhalten wird, als nichtig, falsch und teuflisch darzuthun. Wir fordern Nichts von euch, als daß ihr geduldig unsre Lehre anhört, welche nicht die unsrige, sondern die Lehre von der Seligkeit ist, die durch den eingebornen Sohn Gottes ist geoffenbaret worden, und daß ihr unsre Gründe untersuchet, mit welchen wir uns zu beweisen erbieten, daß die päpstliche Religion vor Gott ein Gräuel ist. Und endlich fordern wir, daß durch eure Macht diese schrecklichen Bestien (ich meine, Priester und Mönche) gezügelt werden, bis wir unsre Meinung ausgesprochen haben in Betreff aller in dieser Zeit streitigen Religionssachen. Wenn ihr mir dieß in der Furcht Gottes bewilligt, und ebenso es auch Anderen zugesteht, welche mit lauterem Herzen es zu eurem Heile und zur Ehre Gottes fordern, so bin ich gewiß, daß ihr von Gott gesegnet werdet, was auch immer der Satan gegen euch erfinden möge. Aber wenn ihr Gott verachtet und den zurückweist, der euch so liebevoll Heil und Leben anbietet, so werdet ihr weder zeitlicher Plage entgehen, welche bald über euch kommen wird, noch auch der Qual, die dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, es sei denn, daß ihr durch schnelle Reue zu dem Herrn zurückkehrt, den ihr jetzt zurückweisen würdet, wenn ihr die Boten seines Wortes im Stiche laßt.
Noch aber, glaube ich, zweifelt ihr, was ihr thun sollt in einer so wichtigen Sache. Mit wenigen Worten will ich euch sagen, was ich meine. Ihr müßt die Ehre Gottes, die Beförderung des Evangeliums Christi und die Errettung eurer Seelen allen irdischen Dingen vorziehen, und ihr dürft, ob» gleich ihr Unterthanen seid, gesetzlich von euren Vorgesetzten, sei es der König, seien es eure Herren, Regierer und Gewalthaber, fordern, daß sie euch mit treuen Predigern versorgen und solche entfernen, die unter dem Namen von Hirten die Heerde verschlingen und zerstreuen und nicht sie weiden, wie Jesus Christus es befohlen hat. Und wenn in diesem Falle eure Vorgesetzten nachlässig sind oder sogar verlangen, daß ihr Tyrannen in ihrer Tyrannei aufrecht erhalten sollt, so mögt ihr gerechter Weise euch selbst mit treuen Predigern versorgen, sei es in euren Flecken, Städten oder Dörfern, dieselben unterhalten und sie vertheidigen gegen Alle, welche sie verfolgen und sich dadurch bemühen, euch um die trostreiche Nahrung für eure Seelen, um die treue Predigt des Evangeliums Jesu Christi zu betrügen.
Ihr mögt überdies die Zehnten und Einkünfte zurückhalten, welche eure falschen Bischöfe und Priester bisher ungerechter Weise von euch bezogen haben, bis zu der Zeit, wo sie gezwungen werden, ihren Beruf und dessen Pflichten gewissenhaft auszuüben, nämlich euch Jesus Christus lauter zu predigen, seine Sacramente recht zu verwalten, in Uebereinstimmung mit seiner eigenen Einsetzung, und so für die Seligkeit eurer Seelen zu wachen, wie es von Jesus Christus selbst und von seinen Aposteln Paulus und Petrus gefordert wird. Wenn Gott eure Herzen antreibt, in seiner wahren Furcht dieß Alles zu beginnen und es von euren Vorgesetzten zu fordern und zu begehren, was ihr mit vollem Rechte thun könnt, dann zweifle ich nicht, daß er in seiner großen Güte und freien Gnade die Augen eures Geistes er» leuchten und daß seine unzweifelhafte Wahrheit eures Fußes Leuchte sein wird, euch auf alle die Wege zu leiten, welche seine göttliche Weisheit billigt. Er wird eure Feinde zittern machen vor eurem Angesichte, er wird aufrichten sein gesegnetes Evangelium unter euch zur Seligkeit und zu ewigem Troste für euch selbst und eure Nachkommen. Aber wenn (was Gott verhüten möge) die Liebe der Freunde, die Furcht vor euren Fürsten, die Weisheit der Welt euch von Gott und seinem Sohne Jesus Christus abwenden sollten, so seid fest überzeugt, daß ihr den Becher seines Zornes trinken müßt, und zwar so Viele, fürwahr, als diesen liebevollen Ruf unseres himmlischen Vaters verachten und verschmähen. Es wird euch nicht entschuldigen, theure Brüder, vor dem Angesichte Gottes, noch auch wird es euch Etwas nützen in den Tagen seiner Heimsuchung, zu sagen: „Wir waren nur einfache Unterthanen. wir konnten die Fehler und Laster unsrer Oberen, Bischöfe und Priester nicht bessern; wir verlangten nach Besserung und wünschten dieselbe, aber die Brüder der Lords waren Bischöfe, ihre Söhne waren Aebte und die Freunde der Großen waren im Besitz der Kirche, und so waren wir gezwungen, Allem zu gehorchen, was sie forderten“. Diese leeren Entschuldigungen sage ich, werden euch vor dem Angesichte Gottes Nichts nützen, welcher nicht weniger von den Unterthanen, als von den Regenten fordert, daß sie von dem Bösen ablassen und Gutes thun, daß sie entsagen dem Götzendienst, dem Aberglauben, den Lästerungen, dem Morde und anderen solchen schrecklichen Lastern, welche sein Gesetz verbietet und die doch nichts desto weniger öffentlich getrieben und hinterlistig vertheidigt werden in diesem beklagenswerthen Lande. Und wenn ihr denkt, ihr wäret unschuldig, weil ihr nicht die Hauptanstifter solcher Bosheiten seid, so seid ihr höchlichst betrogen. Denn Gott bestraft nicht blos die Hauptthäter, sondern auch diejenigen, welche das Böse billigen und Alle billigen dasselbe, welche, wenn sie die Gottlosigkeit vor Augen sehen, nicht das Zeugniß ablegen, daß ihnen dieselbe mißfällt. Um diese Sache recht in das Licht zu stellen: wenn eure Fürsten und Regenten mit euren Bischöfen mit schuldig sind an all der begangenen Abgötterei und dem unschuldigen Blute, welches um des Zeugnisses der Wahrheit Christi willen vergossen ist, weil sie dieselben in ihrer Tyrannei unterstützt haben, so seid ihr (ein Jeder von euch, der kein offenes Bekenntniß vom Gegentheil ablegt) derselben Verbrechen mit euren Fürsten und Regenten schuldig, weil ihr dieselben unterstützet und in ihrer blinden Wuth erhaltet und nicht erklärt, daß ihr ihre Tyrannei verachtet. Diese Lehre, das weiß ich wohl, befremdet die blinde Welt, aber die Wahrheit derselben ist geoffenbart worden in allen ernsten Strafgerichten vom Anfang der Welt an. Wenn die erste Welt durch Wasser unterging, wenn Sodom und Gomorrha durch Feuer verzehrt, und endlich wenn Jerusalem auf schreckliche Weise zerstört wurde, meint da wohl Jemand, daß Alle gleich böse waren in den Augen der Welt? Es ist augenscheinlich, daß sie es nicht waren, wenn sie nach ihren äußerlichen Handlungen gerichtet wurden. Denn einige waren jung und konnten noch keine Grausamkeiten verüben, noch sich beflecken durch unnatürliche und viehische Lüste, Andre waren fromm und edel von Natur und dürsteten nicht nach dem Blute Christi, noch nach dem seiner Apostel. Aber entgingen wohl Einige der Strafe und Rache, welche über die Menge kam? Laßt die Schrift zeugen und betrachtet die Erzählungen, welche klar bezeugen, daß durch das Wasser alles Fleisch auf Erden umkam (Noah und seine Familie ausgenommen), daß Niemand in Sodom und den andern umliegenden Städten entrann, außer Lot und seinen beiden Töchtern. Und unzweifelhaft ist es, daß in der berüchtigten Stadt Jerusalem bei der letzten schrecklichen Zerstörung Niemand der Rache Gottes entkam, wenn nicht diejenigen, die schon vorher zerstreut worden waren. Und was ist die Ursache solcher Strenge, da doch nicht alle gleiche Uebelthäter waren? Laßt doch das Fleisch aufhören, mit Gott zu rechten! und möchten doch die Menschen an diesen Beispielen lernen, bei Zeiten die Gesellschaft und Gemeinschaft der stolzen Verächter Gottes zu fliehen, auf daß sie nicht am Ende mit in ihre Strafe gerathen. Der Grund ist klar, wenn wir uns ohne Murren dem Gerichte Gottes unterwerfen wollen, welches in sich selbst heilig und gerecht ist. Denn in der ersten Welt wurde Niemand gefunden, der der Tyrannei und Grausamkeit, welche allgemein geübt wurde, widerstanden, noch dieselbe ernstlich getadelt hätte. In Sodom gab es Keinen, der der wüthenden und viehischen Menge entgegen getreten wäre, welche das Haus Loth’s umringte und belagerte. Doch wollte Loth nicht glauben, daß die Stadt zerstört werden würde. Und endlich in Jerusalem war Niemand, der sich bemüht hätte, die Tyrannei der Priester zu unterdrücken, welche sich gegen Christum und sein Evangelium verschworen hatten, sondern Alle verzagten (ich nehme immer Solche aus, welche durch ihr Blut oder ihre Flucht Zeugniß gaben, daß solche Gottlosigkeit ihnen mißfiel), Alle beobachteten Stillschweigen, durch welches sie die Bosheit billigten, und reichten ihre Hände den Tyrannen, und so vereinigte sich dann Alles zu einem Kampfe gegen den Allmächtigen und seinen Sohn Jesus Christus. Denn wer nicht mit Christus sammelt in den Tagen der Ernte, der wird dafür angesehen, daß er zerstreue, und deßhalb wurden Alle einer gleichen Strafe theilhaftig.
Diese Dinge, von denen ich euch geredet habe, sollten euch zu ernstem Nachdenken über eure Pflichten in dieser letzten und gefährlichen Zeit bewegen. Die Bosheit eurer Bischöfe ist nur zu offenbar, ihr unreines Leben verpestet die Luft, das unschuldige Blut, welches sie vergießen, schreiet um Rache zu den Ohren Gottes, die Abgötterei und die Frevel, welche sie öffentlich treiben und ungestraft begehen, verderben und beflecken das ganze Land, und Niemand unter euch hat den Muth, solche Gräuel hinweg zu thun. Wird euch da Gott für unschuldig halten? Betrügt euch nicht, lieben Brüder! Gott hat nicht blos die stolzen Tyrannen, die argen Verbrecher und trotzigen Mörder, sondern auch die, welche mit ihnen an einem Strange der Bosheit zogen, sei es indem sie ihren Schandthaten schmeichelten, oder ihren Befehlen gehorchten oder Nachsicht mit ihren Gräueln hatten, alle Solche, sage ich, hat Gott sammt den Hauptverbrechern bestraft. Seid versichert, Brüder, daß, wie Gott unveränderlich in seinem Wesen ist, daß er so auch euch nicht verzeihen wird, was er so strenge an Anderen gestraft hat, und am wenigsten euch, weil er euch so deutlich vor der Gefahr gewarnt hat und hat euch seine Gnade angeboten, bevor er seinen Zorn und Unwillen auf die Ungehorsamen ausgießen will.
Gott, der Vater unsers Herrn Jesu Christi, welcher ist der Vater der Herrlichkeit und der Gott alles Trostes, gebe euch den Geist der Weisheit und offenbare euch die Erkenntniß seiner selbst durch seinen theuren Sohn, durch welchen ihr zu der Hoffnung und Zuversicht gelangen möget, daß ihr nach den Trübsalen dieses vergänglichen Lebens Theil haben werdet an dem Reichthume jenes herrlichen Erbes, welches denen bereitet ist, die sich selbst verleugnen und unter dem Panier Jesu Christi streiten in den Tagen dieses seines Kampfes. In ernster Betrachtung alles dessen möget ihr lernen, die unsichtbaren und ewigen Freuden den eitlen Vergnügungen des gegenwärtigen Lebens vorzuziehen. Gott gebe euch ferner seinen heiligen Geist, recht zu bedenken, was ich in seinem Namen von dem Adel und von euch, dem Volke, gefordert habe, und er bewege euch Alle mit einander, so zu antworten, daß meine Bitte nicht ein Zeugniß eurer gerechten Verdammniß werde, wenn der Herr Jesus Christus erscheinen wird, um das Blut seiner Heiligen und die Verachtung seines heiligen Wortes zu rächen. Amen!
Schlaft nicht in Sünden, denn die Rache ist nahe allen Ungehorsamen! Fliehet aus Babylon, wenn ihr nicht an seinem Verderben Theil haben wollt!
Seid Zeugen meiner Berufung!\\
Gnade sei mit euch!\\
Euer Bruder in der Gottseligkeit\\
Genf, den 14. July 1558.\\
Joh. Knox
Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche\\
X. (2. Suppplement-)Theil: John Knox\\
Elberfeld, Verlag von R. L. Friderichs.\\
1862
Brödlis, Johannes – An Friedli Schuhmacher und die Christen zu Zollickon
Dem frommen Friedli Schuhmacher zu Zollickon und andern seinen lieben Mit-Brüdern in Christo zu Zollickon.
Johannes ein Diener Jesu Christi, beruft das Evangelium Jesu Christi zu verkündigen, durch den Willen Gottes des Vaters, den frommen Christen und Beruften von Gott der Christlichen Versammlung zu Zollikon, Gnad und Fried von Gott dem Vater und unserm Herren Jesu Christo. Ihr wisset, liebe Brüder! wie ich euch das Wort Gottes, dieweil ich bey euch war, treulich klärlich, einfältiglich verkündiget, und nicht darmit gehandlet habe, wie die untreue Weinschencke, die da Wasser in den Wein schütten; Ihr wisset, wie ich Muth gehabt habe, bey euch zu wohnen, mit meiner Hand zu arbeiten, und niemand zu beschwehren; Ihr wisset auch, wie ich um der Warheit willen von euch vertriben worden nach dem Willen des Herren; Ihr wisset endlich, wie ich euch so treulich vermahnet habe, daß ihr nicht von der Gnade abfallet, in welcher ihr beruft waret. Gott wolle, daß ihr noch darinnen seyet! Ich bezeuge noch heut zu Tag Himmel und Erdreich, daß ich euch die Warheit gelehret habe: bestehet ihr in derselbigen Warheit, so seyt ihr Gottes, und er ist euer und ihr seyt seelig; fallet ihr aber ab, so seyt ihr Kinder der Verdamniß, und Gott ist weit von euch, und ihr seyt elend, und Waisen, los, und werdet eine jede Mucke fliehen. O wie einbrünstig ist mein Hertz gegen euch gewesen, da ich diese Dinge anfieng an euch zu schreiben? O wie gern wollte ich laut geschryen haben? Ich bitte Gott ernstlich, daß ihr in dem Glauben bestehet. O wie gern wollte ich bey euch seyn, damit ich euch ermahnen möchte, daß ihr bestündet? Ich habe gehört, daß etliche Brüder sollen gefangen seyn. Gott wolle, daß sie frölich seyen in Gott, wie ich auch bin! O wie einbrünstig und lustig bin ich gewesen, da mich Gott hieß von euch gehen? Ja, ja, ich bin frölich darvon gegangen; Ja, ja, ich habe nicht geweinet, da ihr alle von mir waret, sondern gesungen. O wie frölich wird ich seyn, wenn mich Gott wiederum wird heissen zu euch gehen? Da ich an die Spanweid kommen bin, ist Christus zu uns kommen, ja Christus in den Seinen. Denn ein frommer Bruder von Bern, Nahmens Christen, ist bis gen Kloten mit uns, und darnach am andern Tag wieder von uns gegangen. Ja, ja ich bin offt auf dem Wege geschlipfft, aber nicht gefallen. Ja, ja da wir über Eglisau kommen sind, hatte ich und der Wilhelm uns das Leben verschätzet. Ich halte darfür Gott habe es abgewandt. Wir kamen von der rechten Strasse, und giengen denselbigen halben Tag irre, ja durch Stöcke und Studen. Gott aber hat es also wollen. Zunacht kamen wir zu frommen Leuten, und endlich nach Hallau. Ich habe mein Weib und Kinder da gelassen, wir hingegen sind nach Schaffhausen gegangen, ja wir haben unseren lieben Bruder Conrad Grebel daselbst gefunden. Wir sind bey den Doctoren beyden gewesen, und haben mit ihnen zu Nacht geessen. Ja Doctor Sebastian ist einhellig mit uns gewesen des Tauffes halber. Gott wolle, daß es besser um ihn werde in allen Dingen! Wir sind wiederum von Schaffhausen gen Hallau gekommen; Am Tage darnach gieng der Wilhelm, und der Merger gen Waldshut; ich bin zu Hallau geblieiben. Der Wilhelm ist noch nicht zu mir gekommen, ich weis auch nicht wenn er gekommen ist; Der Merger weiß es vielleicht. Ich habe am nächsten Sonntage nach der Liechtmesse zu Hallau öffentlich geprediget, und eine grosse Ernd daselbst gefunden, aber wenig Schnitter. Das Volck hat ernstlich begehrt, mich zu hören, und begehrt es noch heutigs Tages. Die Pfaffen sind, wie sie mögen. Der Antichrist regiert noch hefftig unter dem Volcke. Bittet Gott für sie, daß er sie erleuchten wolle. Ich habe eine gute Herberge bekommen, und das Volck thäte gern das beste, aber der Hagel hat sie gar sehr beschädiget, und leiden viele einen grossen Mangel. Es ist meine ernstliche Bitte an euch, Liebe Brüder! Daß ihr mir mein Fleisch und den Ancken((Butter)), samt dem Wein schicken wollet. Mag es seyn, oder mag es nicht seyn, schicket mir doch das Fleisch und den Ancken. Ich förchte, ich könne nicht lange hierselbst bleiben, denn es sind alle Dinge theuer. Ich wollte am liebsten bey euch seyn, wenn es seyn möchte. Thut als getreue Brüder Christi; ich kan nicht mehrers sagen. Ich kan euch nicht mehr heissen von meinen Sachen zu schiken, weil ich nicht weis, wie lange ich hier bin. Ich wollte gern, daß ihr mir den Wein und das kleine Kinder-Pfändlein schicktet. Mein Weib bittet euch, daß ihr derselbigen ein Pfund Baumwullen und zwey Kämblein schicket, was es kostet wollen wir euch ausrichten. Schicket auch dem Weibe die schwartze Unter-Jüppe und mir des Carolstads Büchlein. Das übrige behaltet mir in Friedli Schumachers Hause. Schicket der Frauen zwey Ermel und mir meine Schuhe rc.
Liebe Brüder! beharret in dem Glauben, der Liebe und Hoffnung! Lasset euch niemand abschrecken. Welcher euch ein ander Evangelium prediget, denn ich euch geprediget habe, der seye ein Fluch. Wenn es seyn mag, so schicket einen Bruder zu mir, der mir sage, wie es um euch stehe, dann es wundert mich vast. Grüsset einandern mit dem Kusse des Friedens! Hütet euch vor einem jeden Bruder, der da unordentlich handlet, und nicht nach dem, so er und ihr gelernt habet! Hütet euch vor den falschen Propheten, die um den Sold predigen! Fleuhet sie! Ermahnet ihr einander und bleibet in der Lehre, die ihr empfangen habet. Der Friede Gottes seye mit euch allen Amen.
Johannes Brödlein, Euer Diener in Christo, jetzt wohnend zu Hallau.
Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten Des Schweitzerlandes
Johann Conrad Füßlin.
Erster Theil.
Zürich, bey Conrad Orell und Comp.
1741
und Leipzig bey Joh. Fried. Gleditsch.
Luther, Martin – An Johann Heß (Fragment)
Ich lobe den Eifer deines Fürsten für das Evangelium, aber sehe, daß du seinen Sinn mehr für den Glauben und die Liebe begeisterst, als für den äusserlichen Gebrauch des Sacraments. auch die Unsrigen laufen zum Empfang der beiden Gestalten, und vergessen unterdessen den Glauben und die Liebe. Gewiß machen die beiden Gestalten nicht den Christen aus, sondern der Glaube und die Liebe: jene aber halten sich dann für Christen, wenn sie diesem Gebrauche folgen.
Churfürst Johann an Luther
Vnsern grus zuuor, erwirdiger hochgelarter lieber andechtiger. Eur schreiben, so Ir itzt vor Ern Michel Stifel, dass wir denselben jegen der Lochaw zum pfarner vorordnen wolten, gethan, haben wir seines inhalts horen lesen vnd wollen Euch nit pergen, daß wir vor dieser Eur schrift von den dorfschaften inen den alden schosser Thomas Windisch zum pfarner zubestetigen auch ersucht vnd gebeten worden. Darauf wir vnserm amptmann daselbst geschrieben, inen zu Euch vnd dem magister Philippen Melanchthon jegen Wittenberg zuschicken vnd wo er nach verhorung von Euch baiden genugsam darzu geschickt befunden, were vns nit entkegen, dass er dieweil er beraitan berufen, zum pfarner angenomen vnd bestetigt wrude. Dieweil wir aber den obgedachten Stiefel gern in vnserm furstenthumb wissen wolten vnd wir doch besorgen, dass im die pfar mit irem einkomen des orts zur Lochau seiner geschiglikait nach etwas zu gering vnd sich darauf schwerlich erhalten mocht, so solt er vnsers achtens an einem andern vnd bequemern ort, nach dem die visitacion in kurz widerumb angehet, wirdet wol konnen vnterbracht vnd gebraucht werden, darauf Ir auch selbst werdet zu gedenken wissen, welchs wir Euch gnediger meynung nit verhalten wolten. Datum.
Als Ir auch in einem andern Brief, Jacob Eyseling, der etzlich zeit auf vnserm stift zu Wittemberg gedyent, dass wir ime Ern Sebastian Schmidts seligen behausung einthun wolten, vorbeten, seint wir vor des derwegen auch angesucht worden vnd haben darauf vmb vnterricht geschrieben, welchs wir Euch auch nit vnangzaigt lassen wolten. Datum vts.
Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefwechsel
Herausgegeben von Dr. C. A. H. Burkhardt
Leipzig
Verlag von F. C. W. Vogel
1866
Elisabeth von Braunschweig – Geleitbrief für den vertriebenen Prediger Valentin Heiland
Es geht an männiglich, wes Standes er sei, unsere freundliche Bitte, günstiges Gesinnen und gnädiges Begehren, Vorzeiger dieses um des lieben Wortes, auch unseres wahrhaften Zeugnisses willen aufzunehmen und ihm ein genügendes Unterkommen zu gewähren. Solches wird Gott der Allmächtige, dem es zu Ehren geschieht, reichlich belohnen.
Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg
Dr. Wilhelm Havemann
Göttingen
Druck und Verlag der Dieterichschen Buchhandlung
1839
Melanchthon, Philipp/Luther, Martin – Von der Rechtfertigung des Menschen vor Gott, An Johann Brentius.
Eure lange Schrift habe ich empfangen, bin lustig und fröhlich darüber worden: Ich bitte euch, ihr wollet oft und viel an mich schreiben.
Ich vernehme und merke wohl, was euch bewegt und anficht des Glaubens halben, weil euch noch im Sinne liegt St. Augustini Meinung, der so fern kommen ist, daß er vermeinet, daß die Gerechtigkeit der Vernunft vor Gott nicht gerechnet werde zur Gerechtigkeit. Diese Meinung ist recht.
Weiter ist seine Meinung, daß wir für gerecht gerechnet werden, des Gesetzes Erfüllung halben, die der heil. Geist in uns wirket. Also gedenkt ihr auch, daß der Mensch durch den Glauben in so fern gerecht werde, weil wir durch den Glauben den heil. Geist empfahen; daß wir also gerecht seyen durch Erfüllung des Gesetzes, aus Hülfe des heil. Geistes.
Dieser Verstand setzt und gründet die Erfüllung auf unsere Reinigkeit oder Vollkommenheit. Die Erneuerung, so der heil. Geist in uns wirket, soll zwar dem Glauben folgen, wir werden aber dadurch vor Gott nicht gerecht. Darum sehet gar nicht auf die Erneuerung noch auf’s Gesetz, sondern habt nur Achtung auf die Verheißung, und halt’s für gewiß, daß wir um Christi willen gerecht, das ist, angenehm vor Gott sind, und Frieden des Gewissens finden, und nicht um dieser Erneuerung willen. Denn diese Erneuerung ist nirgend gnugsam, darum sind wir allein durch den Glauben gerecht, nicht darum, daß er also glaubet, wie ihr schreibet, sondern daß er Christum ergreift, um welches willen wir angenehm sind, es stehe um unsere Erneuerung wie es kann. Wiewohl sie nothwendig folgen muß, sie vermag aber das Gewissen nicht zufrieden zu stellen.
Darum macht nicht die Liebe, welche des Gesetzes Erfüllung ist, sondern allein der Glaube gerecht, nicht daß er eine Vollkommenheit in uns ist, sondern allein daß er Christum fasset. Daß wir also nicht gerecht sind, von wegen der Liebe, noch Erfüllung halben des Gesetzes, auch nicht um unserer Erneuerung willen, ob sie wohl Gaben des heiligen Geistes sind; sondern um Christi willen, welchen wir allein durch den Glauben fassen und ergreifen.
Augustinus erlangt St. Pauli Meinung und Verstand nicht gnugsam, wiewohl er näher dazu kömmt, denn die Schul-Theologen. Und ich ziehe Augustin darum an, daß er bei allen ein groß Ansehen hat, wiewohl er nicht genugsam erkläret des Glaubens Gerechtigkeit.
Glaubet mir, lieber Brentz, es ist ein großer, darzu ein finsterer Zank und Hader über der Gerechtigkeit des Glaubens, welchen ihr alsdenn recht verstehen werden, wenn ihr allerdings die Augen wendet vom Gesetz und von Augustins Meinung, von Erfüllung des Gesetzes, und richtet euer Gemüth allein auf die bloße Verheißung, und gewiß haltet, daß wir um Christi willen gerecht, das ist, Gott angenehm sind und Frieden finden.
Dieses ist der rechte Verstand, welcher die Ehre Christi verkläret und hoch preiset, und die Gewissen über die Maaßen aufrichtet und tröstet. Ich versuchte zwar dasselbe in der Apologia klar darzuthun; aber es wollte sich nicht schicken um der Widersacher willen, die alles übel deuten und verkehren, also deutlich zu reden, wie ich jetzt mit euch rede, wiewohl ich eben diese Meinung angezeiget habe.
Lieber, wenn würde doch das Gewissen Fried und Hoffnung haben, wenn es halten sollte, daß wir alsdann erst vor Gott für gerecht gehalten würden, wenn die Erneuerung in uns vollkommen wäre? Was wäre das anders, denn durch das Gesetz, nicht durch die Verheißung, und aus Gnaden gerecht werden?
Droben habe ich gesagt: So die Rechtfertigung (wie man vor Gott soll gerecht werden), der Liebe zugeeignet wird, so werde sie unserm Werk zugeeignet. Hie verstehe ich das Werk, so der heilige Geist in uns thut oder wirket. Item, daß der Glaube allein gerecht macht, nicht derohalben, daß er ein neu Werk des heiligen Geistes in uns ist; sondern daß er Gottes Barmherzigkeit, in Christo uns angeboten und geleistet, ergreift und mit Freuden und Dank annimmt rc. Um welches willen wir angenehme sind, nicht um der Gaben willen des heiligen Geistes in uns.
Diese Sache werdet ihr leichtlich verstehen, wenn ihr des Augustini Verstand und Meinung fahren lasset; auch wird euch, als ich hoffe, unsere Apologia darzu dienen, und dazu helfen, wiewohl ich von so wichtiger Sache noch schlecht und furchtsam rede, welches auch nicht kann verstanden werden ohne Kampf des Gewissens.
Das Volk soll allerdings hören die Predigt des Gesetzes und der Buße, indeß soll gleichwohl dieser Verstand des Evangelii nicht verschwiegen bleiben. Ich bitte euch, ihr wollet mir wieder schreiben, was ihr beide von dieser meiner Schrift und Apologia haltet, und anzeigen, ob euch auf dießmal genugsam geantwortet sey auf eure Frage. Gehabt euch wohl!
Zusatz Doctor Martin Luthers, auf die vorhergehende Schrift Philipp Melanchthons.
Und ich mein lieber Brentz, daß ich die Sache besser verstehe und fasse, pflege also zu gedenken, als wäre in meinem Herzen keine Qualität oder Tugend, die Glaube und Liebe heiße (wie die Sophisten darvon reden und träumen); sondern ich setze es gar auf Christum, und sage: meine formalis Justitia, das ist, gewisse, beständige, vollkommene Gerechtigkeit, daran kein Mangel noch Fehl ist, sondern ist wie sie vor Gott seyn soll, die ist Christus mein Herr. Auf daß ich mich also frei mache, und herauswirke von dem Anblick des Gesetzes, und der Werke, ja auch von dieses Christi, der mir vorkömmt, und verstanden wird, als sey er entweder ein Lehrer oder Geber. Nicht also, sondern ich will, daß er selbst meine Gabe und Lehre sey, daß ich alles in ihm habe, wie er spricht: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben: Sagt nicht, ich weise oder gebe dir den Weg, die Wahrheit und das Leben, als würket er solches in mir, und wäre doch anderswo außer mir; nein, in mir soll er seyn, bleiben, leben, reden, 2. Kor. 5, auf daß wir würden in ihm, in Christo 1) die Gerechtigkeit die nur Gott giebt2).
Martinus Luther, Dr.
Quelle:
Der Menschenfreund Eine christliche Zeitschrift, redigirt von Pastor Sander in Wichlinghausen. Achter Jahrgang Gedruckt in der Rettungs-Anstalt zu Düsselthal 1832
Eberlin von Günzburg, Johannes – Ein brief zu geschickt An den Pfarrer von hohen synnen betreffen Doctor Martini Luthers lere.
Oder an ainen yeden Prelatischen Pfarrer seines vatterlands.
Mein wolmainung mit freüntlichem gruß auß guttem hertzen vnd gemüt zuuor. Erwirdiger gaystlicher vatter vnnd Vicari Christi/ nit auß fürwitz/ spot oder freuel/ sonder beweglich/ augenscheinparlich exempel/ das mich dartzu verursacht vndersteen ich armer Teutscher vngelerter lay/ deiner Eer wird zuschreiben mit verwunderung des frembden gaist anzaigende die wunderbarliche ler/ zu disen vnsern zeyten/ ains neüen lerers genant Doctor Martini Luther Augustiner zu Wittenber (als ich acht du gedenckest) was manifeltiger irrsal darauß kumm/ vnd auß solicher eingebung sich teglich erheben in den Christlichen hertzen Teutscher nation/ die sonderlich für all ander menschen gar warmen/ getrewen/ guten gemüts vnd gelüts sein darauß zubesorgen auffrür/ widerweil/ oder vngehorsam (ja den thorhafftigen regierern) erwachsen möcht/ besonder so der gemelt Lerer gar nyemants außschleüst noch verschonet/ vnd so ernstlich in die gemeinen stend der Christlichen priesterschafft (sonderlich den seel sorgeren) greyt/ dieweil doch nit alle Prelatisch Priester oder Pfarrer/ vngeschickt noch vnordenlich/ sonder zum tail vnd die merern gleych der Ewangelischen ler Christi leben als dann (on schmuck worts zureden) du mit deinem exempel ordennlich gaistlichem leben deines hertzens gemüt teglich (aber doch) in leyplichen wercken deine vnderthanen erzaygest vnd so du auch vil mer dann ander sonderlich verbunden bist zu hassen/ verachten auff das höchst alles das wz wider den höchsten Bischoff oder deinen Prelaten/ von dem dir dein (selbs gemachter) höflicher subtiler/ gaistlicher standt/ den du mit leiblichen diensten/ erworben hast des halben vnd darumb dir mer den andern dises Lerers Predigen/ Sermon/ vnd schreiben verdrißlich zulesen billich sein sol/ wie ich vermerckt hab/ du im gaist fürgenommen des Luthers leer dein vnderthanen/ besonder die du wilt achten deine knecht/ vnd bey vns Preister hayssen/ dartzu liber Prediger oder für gut (als es ist) zuhalten verbieten/ vnnd zum fewer verhelffen vrtailen wöllest. Nimm auß red vnd sprich die guten hayligen lerer sein vor zeitten all gestorben/ es lebt zu vnsern zeytten kainer mer der selben (das ist war) wer wil dir als ainem gelerten der schrifft (Dectetal vnd Bäbstlicher satzung ) das verargen/ dieweil on liebkosen/ besonders mit meiner (ja yetzigen) warhait dir mag zumessen du seyest ein volger der haupt artickel Christliches gesatzs darauff Luther am maysten die Prelaten Pfarrer vnd oberherren antastet/ deshalben dir mer dann andern in der ytzigen in habender pfar/ dy schaffzuwayden befohlen werden sollen hierinn du dich wol magst erfrewen obgleich wol durch des Luthers leer einicher krig entstat wider die Pfaffheit. Leb du/ bleib in rue onn sorg/ dann es wirt dich nit berürn nach haltung deines stands/ vnd nemlich darumb. Es ist durch den lerer mit Ewangelischer leer christi probiert (dz wöllen wir jm nit vermainen) doch unbegeben unsers gebrauchs in dem wir erwachsen sein. Zaigt an in seinen Sermonen das ain yeder Prelat oder Pfarrer sol sein ain nachuolgender Stathalter Christi doch sonderlich vnd zu forder ist alles gottes vnd kaines andern gebots zuuerkünden oder predigen/ das ist also fürgeben/ das ain oberer oder Pfarrer sol haben an jm die vier stück/ als Christus/ vnd sey gnug. Es ist Christus gewesen ain hyrt/ ain lerer/ ain prediger vnd ein marterer/ welcher vier artickel du dich wolgehalten habest. MAgst an nemen vnd bißher als lang ich dein kundtschafft gehabt/ in gutem gebrauch vnd übung gehalten/ auß dem dir des Luthers leer vnd predig nit zulernen not ist/ dieweil du on sein schreibenn nun etlich vnd vil iar vor lang her in guter regierung außlegest/ selbst haltest vnd andere lernest mit gebert vnd wortten. Dich am auch aller ersten in annemung deiner pfar fleyssig frag gehalten habest/ wieuil aigener leut krn/ habern/ wein/ opffer/ gelts/ zinß/ vnd haltung grosser herdvichs/ ecker/ wysen/ kraut/ lustgarten/ fisch/ weyher/ prunnen/ vnd Badstuben du einkummens/ oder nutzung zuerwarten habest wie dann vil deiner nachfolger/ gleich lebende der gestalt/ wie du on zweyffel von dir abnemen/ oder genomen haben/ gefunden werden Vnnd in gutem gebrauchenn habenn/ Des halben gut were/ das sein straff der rechten ordenlichen Prelaten vnd pfarrer (als du) billich verschwigen vnuerkündt blib/ Ich neme fur den ersten artickel zuulein ain hirdt/ das wirr bey dir manigfeltig gefunden/ hab selbst gesehen vnd gehort/ das du mit sorfeltigem gemüt/ die nacht geschlafen/ vnd des morgens frü auff gestanden/ ander deine vnderthanten erweckt/ anweysung fleyssigklich gegeben/ selbst zugriffen vnd gezaygt/ wie das ewer zinßbuch/ sigel/ brieff wachs/ vnd bley auß Italien newe zeyttung der Romanisten/ vnd die frey lebenden menscch auff dem haupt weyß beklaidet/ dartzu dein hauß haltung geschweiffte pferde/ esel/ schaff/ sew/ geyß/ kelber/ Küe/ ochssen/ vnnd dergleichen sollen verhüt/ geweydet/ auß getriben/ vnd auff das fleyssigst verwart werden/ auch der jungen lemmer vnd geyßleain besonder auff merckent hast zur Osterlichen zeyt. Sol dan ain Prelat vnd Pfarrer ain lerer sein/ wer wil sagen das du nicht ja billich zum höchsten darfür solt geacht vnd gehalten werden/ dan biß auf yetziges dein vorkommens alter bißher vnd nach die gut gewonheyt tißung du dich beflyssen hast zu lernen auß dem grunnd das ist gaystlich vnd weltlich recht. Begerest mit fleyß dein ler zu predigenn/ Propter bona lucrando zum gewinn. ERdichtest newe formen der beklaidung/ kumpt auß deiner leer auch zyerung der weingarten/ ecker/ wylen/ krautgarten/ wurtzlen äpffel byren/ mist furen/ tungen kom/ wein zyns/ einmessen karten apilen kurweylen anhaim/ vnd alles das ainem haußhabenden pfarrer/ dergern bey seinen vich/ kasten hauß vn nd wein keller Bleybt zugehört vnd wolgepurt als sich das erscheint an allen deinen knechten/ die bißher (von dir gelernet) vnd in deinen deinst gewesen/ werden hochuerstendig Stifft/ empter zubekommen/ vnd die allerbesten herbrit in deiner verwaltung frembd gest ein gelassen/ das alles hast du sy gar fleyssig gelernet. Sol dan ain Prelat vnd pfarrer sein ain Prediger. Du hast lang zeyt ain regierlichen guten Tittel gehalten als allen deinen vnderthanen bekantisten dienern/ megten/ vnd knechten des zu vil beschehen/ beklagen am morgens früe im tag offt/ des nachts bey dem liecht du vnd besonder nemest alle dien leer auß dem Capitel Solite de maioritate/ das ist für dich ( nach deinner außlegung) die menschen vnder dich zubringen. Predigst auch auff dem Chorgericht/ jm zynß hauß/ am Stifft tag/ darnach anhaim inn deiner Prouintz deinen vnderworffen vnd diern her vorbey der thür jm hoff oben auff dem Sal/ vom venster herab predigst/ in grossen geschrey/ sprechende mit lauter stim/ dz sich ein yeder bewar vor des Luthers leer dann er sey nit wirdig/ das der Bapst oder die hohenn priester vnd pfarrer mit jm sollen disputiren. du hast war lieber prediger also geschach auch Christo/ da sie sprachen/ Er würfft auß die teuffel in der gewalt Beltzebub. Dich bekummert auch gar hart vnd gantz fleyssig anzaigest was nöttiger geschefft dir künfftig sein brieff kommen von Rom newe Citation verkündigest/ welche pawren nach nit betzalt haben vnd was die pferd/ schaff/ sew/ geyß/ kelber/ küe/ rinder vnd ochssen/ alles der gleichen zu hauß haltung noturfftigklichen des selben tags bedürffen vnd in den selben deinen predigen du auch sorgfeltigklichen verkündigest die geschicklichait der firmament aspect/ nasser vnd trucknen zaychen/ der sonnen schein/ vnd regen/ auch wan gut lassen/ schrepffen vnd baden ist nach außweysung des newen Kalennders/ das alles wirt durch dich auch mit guter versehung gepredigt/ mit hohem fleyß das zu mer malen/ du dich darob in solchem zorn dir als dan so wee vnd kummerlich geschicht/ Das du dich selbst erkennest zusein/ Vonn deinen aygenn leuten/ pawren knechten/ vnd megten/ ain marterer in solcher marter sitzend auff ainem beklaiten thier kumpstu auff die trinckstuben in sorgen beruffest etlich deiner volger anfahender deiner gewonheit nachzumachnen dz spil des prets/ bockmendel/ nach legen der karten das kumpt in solchen verzug/ nahend die gantz nacht/ mit abpruch des naturlichen schlaffs in ein fassung der harten wolgebachen brots bissen/ auff das schwer starck Etzschtranck/ vnruwig/ kümmerlich in der metten zu morgens/ wider die alt sorg anfahest/ darumb du billich in solcher widerwertigkait von menigklich ain marterer erkent werden soltest auß dem dir billich diser spruch zusein ein hirt lerer prediger vna ain marterer/ mag zugemessen werden ob schon der Luther bey dir auß blib/ vnd mit seiner ler nit fur dein hochuerstendigs erfaren gelerte vnunfft kommen were/ deß halben der Luther wol zymet etlich/ vnd besonder die prelatischen pfarrer zum tail auß zu schlissen/ sein leer vnd geschrifft mit nichten vnder dein pfarrkindern kommen ließ/ damit du auß deine alten gewonhait lang herprachten würchlichen eüsserlich pfarlichen regierungen/ vnd/ von deinen aigen leuten mit nichten gedrungen werdest/ dein wesen/ vnd gebrauch zuuerkern/ vnd frembden personen über dein keller kasten/ vnd vichstal zuuertrawen ist mißlich (dazib Kuther gar nicht weyß zu sagen). Bewar dich wol/ vnd nit laß des lerers bücher/ damit magst du bleyben in alten leben vnd wesen/ wie von alter vnd yetzung vil deiner mitfolger gewesen noch sein vnd zubleyben willen haben/ oder standt auff/ predige/ wider den Luther greyfs tapfer an/ thu widerstanndt haw waidlich drein/ hab nit zweyffel/ wenn du dich wilt vmb in annemen/ wider in zupredigen/ schreiben vnd reden. Es wirt menigklich ynnen vnd offenlich bekant/ wie gelert/ erfaren/ glaubig vnd vernünfftig du bist/ das sunß nyemants wissen mag/ den so du mit der weltsachen beladenn bist/ sucht man bey dir sollichs nit. Warumb woltestu das vnderwegen lassen/ sprich ich byn ain Prelat/ pfarrer/ herr/ vnd nit der Luther laß nit bey dein pfarkindern ainem andern lerer dann dich selbs erwachssenn/ hast vrsach gnug wider in zufechten wie gehört ist/ billich verdrießlich hörest du seine Sermon lesen so er sich deiner gewonhait vnd herprachten gepraucht so gar nichts vergleicht. Eya wa fürt mich mein kunntschafft die ich zu dir mer dann andern Prelaten oder pfarrern hab/ vnd doch weil es gemain vnd offen ist/ du nit allain wie hie vor errzelt dein standt Christlichs gelerts lebens haltest/ sondern nahend des merer tails Prelaten, pfarrer/ vnd seelsorgern in vnsern landen/ sitten/ vnd gewonhaiten zu der Romanisten gebrauch kommen/ dann fast aller Prelaten hendlung ain handwerck worden ist/ leben als von dir gesagt. Darumb dir dise meine getrewe wolmainung/ nit von seinns wolstandt/ sonder so es sich der warhait gleichet bey dir allein nit inhalt sonder zaigs den andern deins gleichen/ der mainung/ das sie sich der gesatalt wie du/ von des Luthers leer ausschlissen vnd sich selbsgt entschuldigen. Beschließlich vermerck/ lyß inwenndigs betrachts/ nyms für dich/ vachs an leren bekenn die warheit/ vergiß nit/ acht gegenwertiger wirckung so finndest du begir zuhaben zu künfftigen leben (so wirstu mercken) glaub/ das das gut vnd aller best ding ist nach dem außgang bey vns in ewigkait (also thum im) das wirt dich machen recht vermercken vnd verstan ainen gutten lerer. Allain got die eer/ vns sein gnad/ zumercken die gutten ding anzunemen im gaist. Amen.
Melanchthon, Philipp – An den Stadtrath zu Rottenburg.
Gottes Gnade rc. Ehrbare, günstige Herren. Erstlich wünsche ich, wiewohl eine arme geringe Person, doch als einer, der von Herzen begehret, daß der ewige Gott, Vater unser Heilandes Jesu Christi, recht erkannt und angerufen werde, und daß viel Menschen selig werden, daß die Kirch in E. löblichen Stadt durch Gottes Gnade erhalten und seliglich regieret werde. Denn das ist ja das höchste Gut im Himmel und auf Erden, Gott recht erkennen. Wo ich E. W. dienen kann, bin ich darzu willig, denn es ist ja Gottes Wille, daß seine reine Lehre von seinem Sohne Jesu Christo und rechter Anrufung ewiglich erhalten werde; dazu ich gern dienen wollte, und sind alle Menschen dazu zu dienen zum höchsten schuldig, wie unser Heiland Christus spricht Joh. 15.: „damit wird mein Vater gepreiset, so ihr viel Frucht bringet, und werdet meine Jünger das ist, so ihr die Lehre des Evangelii helft pflanzen und erhalten. Dieweil denn Gott E. W. diese Gnade gegeben, so sollen wir billig ihm darum danken und bitten und hoffen, er werde auch forthin euch leiten, regieren und schätzen, und wirken, daß das Evangelium vielen zur ewigen Seligkeit diene, wie St. Paulus spricht: Wo Gott den Willen gegeben hat, da gibt er auch das Vollbringen, damit etwas Gutes zu seinem Wohlgefallen geschehe. Denn die gottlose Welt thut nichts, das Gott gefällig ist. Das geschieht in seiner Kirche, das ist, wo sein Evangelium recht gelehrt wird. Denn da allein ist sein Wort, wie St. Paulus spricht: ihr seid auf das Fundament der Propheten und Apostel gebauet, das ist auf das Wort, das ihnen Gott gewißlich gegeben hat. Darauf ist eure Kirche jetzund auch gebauet, und Gott, der ewige Vater unseres Heilandes Jesu Christi wolle dieses sein Geben in eurer Kirche allzeit erhalten. Am Tag der Geburt Mariä.
Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862
Melanchthon, Philipp – An Thomas Matthias, churfürstlich brandenburgischen Rath.
(Ehestandsepistel.)
Der ewige Gott, der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der Schöpfer der ganzen Natur und Stifter des so schönen und lieblichen ehelichen Bundes, sei mit deiner Ehe, und gebe, daß sie eine ruhige, gesegnete, glückliche und fruchtbare sei. Wie so Manches weise und fromm geschrieben ist, was nicht nur die Würde der Ehe uns zeigt, sondern auch erinnert, mit welch inniger Zärtlichkeit die Ehegatten einander umfassen sollen und mit welcher Fassung die allgemeinen Schwierigkeiten dieses Lebens zu ertragen seien, so enthält auch dasjenige, was Aristoteles auf der ersten Seite der Oeconomica von den Pythagoräern anführt, ein herrliches Gemälde vieler Pflichten. Hiernach sagten nehmlich die Pythagoräer, der Mann müsse gedenken, daß seine Verlobte gleichsam bittend vor dem Altar ihm zugeführt werde. Du siehst, es ist ein Brauch der Alten, daß der Bräutigam und die Braut vor dem Altare verbunden werden Angesichts Gottes und unter dessen Anrufung. Diese Sitte wurde ohne Zweifel von den ersten Vätern eingeführt, damit wir daran denken sollen, daß diese Verbindung von Gott eingesetzt sei und von ihm unterstützt werde. Sodann übertragt sie das ganze Recht der Bittenden der Braut. Es war üblich, daß die Bittenden an den Altären saßen, und die, an welche die Bitten ergingen, hinzutraten, um ihnen beizustehen. Durch diesen Gebrauch wurde die ihnen versprochene Gnade, Unversehrtheit und beständig fortwährende Vertheidigung verstanden. Was gibts Schöneres, als dieses Bild? Die Braut wird dir vor dem Altare gleich als eine Bittende übergeben, du nimmst sie auf dein Wort an, unterstützest sie als die schwächere und versprichst ihr beständige Barmherzigkeit und Vertheidigung. Siehe, an welch große Dinge das Alterthum uns durch diesen Gebrauch gemahnt wissen wollte: ist dieser ja doch auch ein Abbild der ewigen Verbindung zwischen der Kirche und dem Sohne Gottes. Die Kirche sitzt bittend am Altare, unter den größten Drangsalen. Der Sohn Gottes tritt als der Bräutigam zu ihr hin und richtet sie auf. Er umpfängt die Unglückliche und verheißt ihr ewige Barmherzigkeit und Vertheidigung. In solchem Glauben sollen wir auch in dieser betrübten Zeit vom Sohne Gottes Hülfe erbitten und gewärtigen. Ich flehe ihn an, daß er bei Eurer Heirath zugegen sein, und Euch bewahren und regieren wolle. Werde ich auch durch die traurigen Zeitumstände persönlich hinzukommen verhindert, so werde ich doch mit meinen Wünschen dort sein ….
Die Besiegung Nicanors war eine gerechte Strafe für die Schmähungen, die er drohend wider den Tempel Gottes geäußert hatte. Mit diesem Beispiele zeigte damals Gott, daß er seine Kirche schütze: so bete ich denn, daß er sie auch jetzt schützen wolle, ob sie auch durch große Unruhen erschüttert wird.
Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862