Capito an Bullinger

Was bei Luther’s Wuth zu thun ist, weiß ich kaum. In Summa etwa dies: Entweder schweigen, damit die Nichtigkeit seiner Flugschrift sich zeige, oder durch einen Mann antworten lassen, der mit Zwingli nicht so eng befreundet gewesen ist. Ich habe das betrieben in Privatbriefen; ob es aber erlaubt sei, damit in die Oeffentlichkeit zu treten, kann ich nicht beurtheilen, bis ich den Ausgang des evangelischen Konvents erfahren, der jetzt zu Schweinfurt stattfindet. Dann aber müssen wir einen Entschluß fassen. Es mißfällt mir unterdessen nicht, das Unglück Zwingli’s allgemeinen Ursachen zuzuschreiben und den Vorwurf des Zelotismus von ihm abzuweisen, denn es ist unerträglich, ihn mit den Münzerischen vergleichen zu sehen. Hüte dich jedoch, zu frei zu handeln; mir wäre es lieb, wenn du es indirekt thätest mit Verschweigung von Luther’s Namen … Ich bin der Ansicht, daß man Zwingli gegen Beschimpfungen vertheidigen und die Ursache der Niederlage dem Willen Gottes zuschreiben muß, der dadurch nicht die Meinung über das Abendmahl strafen wollte, dem es aber in seinem unerforschlichen Rathschluß gefallen hat, also die Unsrigen zu größerem Eifer für ihn zu entflammen.

Wolfgang Capito an Heinrich Bullinger

Denn was hat ein apostolischer Mann mit den Waffen gemein? Das wäre zu berücksichtigen, welche Leidenschaften der Kriegseifer in den Dienern des Geistes erzeugt, ferner, wie sehr es sie beim Volk herabsetzt, endlich, daß die Witwen und Waisen zu Haus einen Tröster brauchen, und daß mehr Leute zu Haus bleiben als selbst bei einem plötzlichen Krieg ausziehen, für welche der Geistliche zu sorgen hat. Ich will gar nicht davon reden, daß unter den Waffen kein Platz ist für ein ruhiges Gemüth. Es steht den Pfarrern ja auch frei, Diejenigen zu ermahnen, die aus Furcht daheim bleiben. Wir Diener des Geistes nehmen zu durch die Künste des Friedens und nicht durch ungewohnte Kriegsgeschäfte.

Capito, Wolfgang an Anna Reinhard – Fragment

Bald darauf, am 18. November, wurde in das Trauerhaus ein anderes Schreiben gebracht, welches von dem mit der Zwingli’schen Familie eng befreundeten Capito, Probst zu St. Thomas in Straßburg, herrührte. Auch dieser trauert über „den großen Schaden, der allen Kirchen zugefügt worden zu einer Zeit, wo die Freunde des Evangeliums täglich noch Schwereres befürchten mußten“, mahnt aber auch die Witwe des Reformators in ihrem Leid zu bedenken, wie viel Ursache sie habe, Gott zu loben, der ihr einen solchen Gemahl gegeben, „welcher nach seinem Tod bei allen Frommen geehrt und unvergeßlich bleiben wird und dessen Name ihren Kindern zu Nutz kommen soll“.

Wolfgang Capito an Bruckner – Fragment

Am gestrigen Tage ging hier das Geschrei, daß Zwingli, achtzehn seiner Mitbürger und zwei Rathsherren von Zürich umgekommen seien. Mit solcher Bestimmtheit wurde dies behauptet, daß zaghafte Gemüther beinahe davon überzeugt worden wären. Wir wissen aber, daß dieser Mann Gottes unter dem Schutz des Allmächtigen steht, ohne dessen Willen auch nicht ein Haar von seinem Haupte fällt.

Capito, Wolfgang – An gemeyne stend des heyligen Römischen reichs:

yetzund zu Speyr versamlet / wider D. Hanns Fabri Pfarrherren zu Lindaw ec. Missiuen und Sendbrief

Wolffgang Capitons

Mense Augusto, Anno M.D.XXVI.

Durchleuchtigster Großmechtiger Fürst und herr / Rö. Key. Mt. statthalter / Hochwürdigsten / Hochwürdigen / Durchleuchtigsten / Durchleuchtigen / Hochgebornen / Churfürsten / Edlen / Strengen / Hochgelerten / VEsten / ERsamen / WEysen ec. gnädigsten und gnädigen / besonders günstigen gebietenden herren / und gute freünd. E.F.D. CH. und F.G.G. und gnaden und früntschafft / sey die gnad gottes / und erkantnuß Christi JEsu unsers herrn und erlösers / mit erbietung meiner schuldigen undertenigen dienst zuvor.

Nach dem Dr. Hans Fabri / ein besondern brief von mir geschriben / wider form der recht verteutscht / durch den truck ußgeben hat / mit grossem falsch und verlesterung. Und da mit mich armen berüchtiget / und in alle welt auß geben / Das ich schädlich / auffrürisch / unerhörte lugen geschriben / und understanden haben solle / die undertonen gegen ir oberkeit / auch bey den Eidgnossen uff zuwicklen / mitt seltzaen geschwinden practicken / blutvergiessen / anzustifften / den bauren zu predigen / zu raten und zu helffen / wider ire oberherren / und gewißlich verachte alle hocheit / der fürsten und des Adels / Dero undergangg ich gern sehe / und zu fürdern begere ec. In wölchem allem / er mir gewalt und unrecht thut. Dann landtkundig ist es wes fleyß ich neben andern predicanten gepraucht hab / in der vergangnen entpörung / die bewegten unnd auffrürigen zu demmen / unnd zu friden zu bringen.

Dennocht hat D. Hans Fabri / durch fälschung gedachts briefs / unnd andere böße practick zu wegen bracht / das ein Ersamer Rhat zu Straßburg / gegen mir sträflich zu handeln fürgenomen / unnd hetten auch sollich straff volstreckt / wo nit Copey meins brieffs jn zugeschickt worden / und sye in meim abwesen durch sich selbs / und andere gelerten augenscheinlich den vilfaltigen flasch auß der selbigen befunden hetten. Also gewaltige zeügnüß hat ein lobliche Eidgnoschafft durch benanten D. Hansen Fabri berett und auffbracht / wider mich geben / in den briefen / so sye deßhalb an E.F.D. unnd G. auch an ein Ersamen Rhat zu Straßburg geschriben / die er D. Hans Fabri selbs durch den truck hat lassen außgon. Deßhalb mir von nöten gewesen / durch gleichförmig außschreiben / mein unschuldt fürzugeben / und söllich gezeügniß abzulenen / on jemants verletzung / und hinach gegen E.F.D. unnd G. mich underteniglich zu entschuldigen / die ich für mein gnädigste und gnädige herrn / im hertzen / als von gott fürgesetzte herschafft erkenne / und offenlich vergihe / und alweg verichen hab. Auch mit undertenigem fleyß ir hochheit / ehr / und wolfart alzit gefürdert und noch gern fürdern wolte. Dar wider kein biderman reden mag / er sey hoch oder niders stands. Dann ich weiß / dz ich solchs von gots wegen schuldig binn / und getrulich gethon habe. Dwil nun ich vilfaltig / für aller teütschen nation beclagt binn / hab ich sölliche beschuldigung alle / gegen der gemeyn / verantwurten müssen / auff das nit jemants gedechte / das er D. Hans Fabri etwas worhafftigs wider mich jnbracht hette / wölches verantwurten der notturfft nach weytleüffig ist / und ist doch nit alles vcn nöten / mich gegen E.F.D. und G. als hochverstendigen / zu entschuldigen / Darumb mein geflissen undertenig bitt umb gottes und der gerechtigkeit willen / nachgeende ort zu hören.

Zum ersten die vorred / zu allen Christen / darin begründte ursach meins brieffs angezeigt. Item volgende artickel / nemlich den andern und. 37. darin gesehen wie fern ich und andere Christliche prediger / und wer sunst / auch durch was mittel er die uffrur verursacht habe. Den. viii. in dem ich geste / wie KEy. Mt. man daren on verletzung ir Mt. gotzlesterig genant werden möchten. Den. ix. der meldet / wie ich die hochloblichen Fürsten mein gnedigsten und gnedigen herrn / nie tyrannen gescholten hab.

Den xxviii. und lv. die beweysen und außfündig machen / das ich nit begert noch geschriben hab / die Disputation zu Baden beschehen / zuverkeren / mit erklerung des offenlichen schädlichen falschs D. Hanns Fabri / der mein brief in worten und verstand gefälschet / unnd durch sein erdachte gloßen / in ein mißverstand gezogen hat / das von jm nit mag auß unwissenheyt beschehen seyn / wiewol er kein rechte erfarung in keiner kunst hatt / sonder allwegen zum pracht auff den scheyn getrachtet / wie yetzund / Gottlob / die kinder in ersten jaren jrer leer versteen und wissen.

Dann wie ich das wörtlin Catastrophe, das er verkerung teutschet / gepraucht hab / also ist es im gemeynen schuler prauch / und bey allen Kriechen und Latinischen schreybern / der massen allweg / unnd nie anders / gepraucht / on in etlichen alten und verlegenen vocabularien / darauß zwar D. Fabri / sein kriechisch fast kan / welche vocabularien bey den kinder lerern für glaubwirdig nie angenommen seind. Doch seind ander ding mehr / die er auch in meim brief gefälschcet hat / mir zu nachteyl / in welchen zulesen / ich Ewer Hochheyt / so mit mehren geschefften beladen seyn / verschonen will

Wo aber E.F.D. und G. mich schuldig / und als den befunden / der geschriben oder geredt / wie Faber von mir außgibt / oder der einige auffrur oder ungehorsam / wider die zeytlich Oberkeit ye gefürdert / ja nit treffenlich widerfochten hab / so empeut ich mich leybs straff anzunemen. Unnd bezeug mich vor Gott / in des augen ich stehe / das ich mich nit enteussern wölle. Und sag auch / das E.F.D. und G. sollichs zu thun schuldig seyn / nach Göttlichem gebott. Deutero. am. xviii. Capitel angezeygt. So ich aber unschuldig von Ewer Hocheit verstanden würd / wie ich zu Gott gentzlich verhoffe / als dann ist mein undertänig geflissen bitt / das D. Hanns Fabri / und anderer brief fälscher anklag nit angenommen / sonder ich unnd andere fromme biderleut / auß verdacht gelassen / und jn gar kein glaub wider uns unverhört / geben werde / wie sich gegen denen gepurt / so sich keiner offenlichen unwarheyt / auch von grossen gemeynden / als von der Stat Bern unnd andern / zuschreyben beschemen / Das wil ich umb E.F.D. Chur. und F.G. und G. ungunst / gegen Gott mit meim gebett / und befolhenem dienst im wort / gegen der welt / mit zeytlicher schuldiger dienstbarkeyt und gehorsam /alweg alles vermögens verdienen / Die Gott der Almechtig mit seiner heylsamen erkandtnuß weyters begabenn / und zu Christenlichen gottseligen Regiment langwirig unnd gesundt bewaren wolle. Geben STraßburg am Dreytzehenden tag Augusti. Anno 1526.

E.F.D. Chur. und F.G. und G. und freundtschafft

Underthäniger gehorsamer

Wolffgang Capito.