Calvin, Jean – An Vermigli in Zürich (702)

Nr. 702 (C. R. – 3743)

Weggelassen ein paar Sätze über eine Berner Synode. Vgl. 700. Julian Apostata bedeutet den König von Navarra.

Politische Vermutungen.

Endlich habe ich deinen Brief erhalten, hochberühmter und verehrter Bruder; wenn ich ihn nur kurz beantworte, so wirst du das verstehen, auch wenn ich keinen Grund dafür anführe. – – –

Unser Beza wird von harten Anfechtungen heimgesucht. Neulich fehlte nicht viel, so wäre er durch die verbrecherische Treulosigkeit Julians mit vielen andern aufs Schaffot geschleppt worden; doch hat Gott so frevelhafte Pläne wunderbar zunichte gemacht. Obwohl dieser Apostat nun sogar die Guisen an den Hof gerufen hat, um das Äußerste zu wagen, so hofft Beza doch, ihre Unternehmungen würden nicht nur umsonst sein, sondern die Kirche werde so wachsen, dass sie nachher nichts mehr wagen würden. Die ersten Zusammenstöße sind allerdings sehr zu fürchten, wenn Gott nicht zur rechten Zeit eingreift, worum wir ihn stets bitten müssen. Obwohl nun schwere Drohungen und Schrecken umherschwirren, ahnt mir doch etwas Gutes. Da der Papst dem König Philipp nicht genug tut und der Herzog von Florenz sich vor beiden fürchtet, so haben doch jedenfalls die Unsern dem König und seinem Rat bereits eine Einspruchsformel gegen das Konzil zu Trient vorgelegt. Die Königin-Mutter wünscht, auch wir möchten Einspruch erheben, worauf ich ja Herrn Bullinger aufmerksam gemacht habe. Seht zu, was Euch gut dünkt; es wäre Unsinn, wollten wir von uns allein aus etwas unternehmen, aber Eurer Meinung schlössen wir uns gerne an. Lebwohl, erlauchter Mann und herzlich verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er erhalte dich lange gesund und segne dein Wirken.

Genf, 16. März 1562.

Der Herr Marchese und die übrigen Freunde lassen dich grüßen. Von mir auch an deine Frau und dein ganzes Haus viele Grüße.

Dein

Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Vermigli in Zürich (671)

Nr. 671 (C. R. – 3483)

Auf Betreiben des Königs von Navarra ließen die Königin-Mutter und der König von Frankreich erst auf den Juli, dann auf August und schließlich auf September 1561 ein Religionsgespräch zu Poissy anordnen, zu dem von Genf Beza, von Zürich Vermigli abgeordnet wurden. Beza war selbst in Zürich gewesen, um für Vermigli die Erlaubnis zu erwirken.

Über Vermiglis Sendung ans Religionsgespräch nach Poissy.

Der Mann, der neulich unsern Beza hierher begleitet hat, reist nun wieder zu dir zurück. Er nimmt einen Brief des Königs von Navarra an Euren Rat mit, in dem er dringend bittet und wünscht, man möge dich eilends abordnen; er verspricht in seinem Namen, dies werde dem König und seiner Mutter als angenehme Gefälligkeit gelten. Beza ist jetzt, ehe er eine Urlaubsurkunde erhielt, abgereist. Von dem Dorf, in dem ich weilte, hat ihn mein Bruder zur nächsten Kurier-Station begleitet, damit er heimlich mit Eilpost reisen konnte. Du persönlich bis wohl ohne Zweifel bereits entschlossen, in solch wichtiger Stunde nicht zu säumen. Doch musst du dich auch bemühen, dass dich niemand sonst aufhält. Ich sehe wohl, wie viel an der Sache noch zu wünschen übrig bleibt, und habe dir bereits geschrieben, wie sehr mir ihre wenig weitherzige Behandlung missfällt, aber das scheint mir kein stichhaltiger Grund, überhaupt abzulehnen; denn wenns Gott noch nicht gefällt, uns die Tür aufzutun, so ist es doch besser, durch Fenster und enge Mauerritzen einzudringen, als die Gelegenheit zu einer guten Förderung unserer Sache unbenützt zu lassen. Ich hörte auch, die Königin-Mutter sei so begierig, dich zu hören, dass du ihren Wunsch gar nicht länger unerfüllt lassen darfst, wenn nicht viele sich über dich beklagen sollen. Wenn ich auch überzeugt bin, dass du den guten Willen hast und keines weiteren Treibens bedarfst, so möchte ich doch unsere lieben Brüder daran erinnern, dass, wenn man anfänglich im Rate schwankend sein wird, der Vorwurf sie treffen wird, sie seien nicht energisch genug gewesen, den Rat anzutreiben. Hast du im Sinn, die Reise zu unternehmen, so ist der Weg durch Burgund für dich ja kürzer, aber es wird das nicht so wichtig sein, dass du nicht auch uns in Genf auf der Durchreise besuchen könntest. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Herrn Bullinger und alle Kollegen, meine verehrten Brüder, grüße angelegentlich von mir. Der Herr leite dich auch fernerhin und mache dich reich an seinen Gaben. Auch deiner Frau und deinem ganzen Haus viele Grüße, bitte.

Genf, 17. August 1561.

Dein

Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Vermigli in Zürich (622)

Nr. 622 (C. R. – 3196)

Vgl. 620. De La Renaudie, den Calvin als windigen Gesellen bezeichnet, hatte sich in Wirklichkeit den Verschwörern nicht aufgedrängt, sondern war von ihnen zum Führer gewählt worden. Prinz Louis de Conde, der Bruder des Königs von Navarra, war Mitwisser der Verschwörung. Die Vorstadt St. Germain des Pres war der Hauptsitz der Pariser Evangelischen und galt als ein kleines Genf.

Nochmals über die Verschwörung von Amboise.

Du musst mein langes Schweigen verzeihen, hochberühmter Mann; denn volle sechs Monate habe ich, mit einem Herzen voll Kummer, nur gerade die Briefe geschrieben, die ich durchaus schreiben musste. Der Grund meines Schmerzes war die unbedachte Leidenschaft unserer Glaubensgenossen, die glaubten, mit Gewalt die Freiheit erringen zu können, die auf ganz andere Art zu suchen war. Schon vor acht Monaten fragten sie mich um meine Meinung; ich glaubte, sie mit meiner Antwort zur Vernunft gebracht zu haben. Kurz darauf erfuhr ich, (aber doch schon zu spät, denn ich konnte nicht mehr helfen), dass sie meinen Rat verschmähten und in ihren Plänen fortfuhren. Auch von hier sind trotz meines Widerspruchs etwas sechzig abgereist; man hätte wirklich meinen können, sie seien behext. Zwar bringen sie zu ihrer Entschuldigung vor, sie hätten nicht unbedacht zu den Waffen gegriffen, weil es nämlich einer der Prinzen erlaubt hatte, der nach altem Brauch in Frankreich und auch nach den schriftlichen Statuten des Kronrates, da sein Bruder abwesend ist, den höchsten Rang mit Recht für sich beansprucht. Es war so vereinbart, er sollte das bei uns erschienene Bekenntnis dem König überreichen; wenn dann die Guisen Gewalt anwendeten oder seine Tat als Verbrechen darstellten, so solle eine möglichst große Zahl der Unsern zu seiner Verteidigung bereitstehen. Aber selbst dieser scheinbar so einleuchtende Vorschlag gefiel mir von Anfang an nicht, wenn man nicht ganz sicher sein konnte, kein Blut vergießen zu müssen; denn ich sagte, es sei nicht anders möglich, als dass aus einem Tropfen bald Ströme würden, die ganz Frankreich überfluteten. Übrigens ist die unklug begonnene Sache noch unkluger weitergeführt worden. Tatsächlich hat ein windiger Gesell, der sich frech aufgedrängt hatte, alle zu Grunde gerichtet durch seine Dummheit. Wenn es nun auch nicht anders gegangen ist als ichs geahnt hatte, so kann mich das nicht trösten, dass ich den Misserfolg voraussah; es tut mir nur noch weher, dass die armen Leute so blindlings in ihr offenbares, ihnen vorher angesagtes Verderben gestützt sind.

Wäre man ihnen nicht in den Weg getreten, so hätte sich die Unsern überall mit Gewalt der Kirchen bemächtigt; in der Dauphine ist es sogar dazu gekommen. Doch ebenso so schnell wichen sie wieder zurück; diejenigen dagegen, die unserm Rat gehorchten, harren noch aus und bereiten sich mutig zum Tode vor. Indessen zeigt sich nicht überall das gleiche Temperament. In einer berühmten Vorstadt von Paris ist unter großem Zulauf der Menge neulich ein Bild des Kardinals gehängt worden, und, als auf Befehl des Parlaments Gardisten gesandt wurden, der schmählichen Verhöhnung ein Ende zu machen, flammte ein insgeheim angelegtes Feuer auf und verzehrte den Galgen samt dem Bild. Auch fliegen Schmähschriften gegen die Guisen durchs Land und werden Tag für Tag in den größten Städten angeschlagen.

Das ist nur der Anfang der Leiden, soweit es Frankreich angeht. Uns in Genf prophezeit man Schlimmes; doch warten wir ruhig ab, was Gott beschließt. Die Gefahr steht uns vor Augen; denn ringsum werden starke Truppenmassen gerüstet. Weil wir aber wissen, dass wir in Gottes Schutz stehen, so halten wir Wache, ohne großen Lärm zu machen.

Die jungen Leute, die du mir empfohlen hast, sollen erfahren, wie viel du und auch die andern unserer Kollegen in Zürich bei uns gelten. Sie haben Quartier gefunden, das ihnen hoffentlich zusagt. Lebwohl, stets verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir, er leite, behüte und segne dich samt deiner Frau, die ich vielmals grüßen lasse, unsern Brüdern und allen übrigen.

Genf, 11. Mai 1560.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Vermigli in Zürich (608)

Nr. 608 (C. R. – 3122)

 

Louis Bourbon, Prinz de Conde, war der Bruder des Königs von Navarra; seine Schwiegermutter, Madame de Roye, wies die um ihren Gatten trauernde Katharina von Medici auf das Evangelium hin, und als diese wünschte, einen evangelischen Prediger zu hören, suchte Madame de Roye eine heimliche Zusammenkunft mit einem solchen zu vermitteln. Mit Einwilligung der Königin-Mutter kam der Pariser Pfarrer La Roche-Chandieu in die Nähe von Rheims, während dort die Krönung Karls II. gefeiert wurde; doch kam Katharina nicht zu dem verabredeten Gespräch.

Schlimme Nachrichten aus Frankreich.

Es trifft sich gut, dass zwei Tage nach Ankunft deines Briefes, verehrter Bruder, ein Bote abging, dem ich meine Antwort sicher anvertrauen konnte. Freilich habe ich eben nur Trauriges zu melden, und nur ungern ziehe ich dich in meine Sorgen herein; es wäre denn, dass du von vornherein meine Ängste mit mir teilst. Großen Schmerz und nicht weniger Sorge und Furcht macht mir die schlimme Lage unserer Brüder in Frankreich, denen der wahre Glaube am Herzen liegt. In der Hand des Königs von Navarra hätte es gelegen, dieses Unheil abzuwenden, und er hat große Dinge versprochen; aber schon seine Feigheit war das Schändlichste, was man sich denken konnte, und schließlich kam noch Verrat dazu. Die Schwiegermutter des Prinzen de Conde hatte von der Königin-Mutter erwirkt, dass ein Pfarrer der Pariser Gemeinde zu einem Gespräch zugelassen wurde; er wurde berufen, aber mit Schimpf und Schande wieder heimgesandt. Indessen wendet sich alles zu einer fürchterlich blutigen Verfolgung; denn von Überläufern wurden alle verraten, die sich zu Christi Jüngern bekannten und die heimlichen Versammlungen besuchten. Die Lage ist mehr als traurig; doch müssen wir gleichmütig und ruhig abwarten, bis unser Rächer erscheint vom Himmel her, und ich weiß, er wird es tun zur rechten Zeit. Doch müssen wir ihn zugleich bitten, dass er die schwachen Herzen stütze. Ich will dich und deine Kollegen nicht ermahnen, für ihre Rettung zu Gott zu beten, denn ich weiß, Ihr seid dazu von selbst bereit. Lebwohl, hochberühmter Mann, von Herzen verehrter Bruder. Grüße die Freunde. Der Herr erhalte dich samt deiner Frau gesund; er leite und stärke dich und mache dich reich an seinen Gaben.

Genf, 4. Oktober 1559.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Pietro Martire Vermigli in Zürich (562)

Nr. 562 (C. R. – 2874)

Weggelassen sind einige Bemerkungen über Lelio Sozzini wie im vorigen Brief. Über Gribaldo vgl. 452, 524. Martinengo, der Pfarrer der italienischen Gemeinde in Genf, war 1557 gestorben. Lactanzio Ragnoni war sein Nachfolger.

Über die Antitrinitarier in Genf.

– – In diesen Tagen gab es in unserer italienischen Gemeinde einige Unruhen. Gribaldo hatte den Samen seiner Irrlehren ausgestreut, die im Großen und Ganzen sich dahin zusammenfassen lassen: es sei ein einiger Gott, der Vater Christi, und allein bei ihm, dem Vater, liege die Weltherrschaft; Christus aber komme erst in zweiter Linie, sozusagen als der Erstgeborene unter vielen Göttern. Das bemerkten freilich die einfältigen Leute nicht, begannen aber trotzdem, einmal in solche Grundsätze verstrickt, hartnäckig zu verteidigen, was sie gar nie begriffen hatten, und Dinge abzulehnen, die unter den Frommen gar nicht strittig sind. Noch zu Lebzeiten unseres liebsten Bruders Martinengo wucherten solche Zwistigkeiten empor. Auf seinem Sterbebett bat er deshalb mich und meine Kollegen auf dringendste, auf solche Übelstände vorbeugend und abhelfend zu achten. Mich nannte er dabei drei- oder viermal beim Namen und sagte: „Du warst mir und meiner Herde bisher ein Vater, lass nun auch die Herde, die ihren Hirten verloren hat, deiner treuen Pflege empfohlen sein, und wenn du die Krankheiten an ihr wahrnimmst, von denen ihr die größte Gefahr droht, so wende rechtzeitig die Gegenmittel an und wache eifrig darüber.“ Nach seinem Tode hatten Lactanzio und ich viel zu tun, einige unruhige Leute zur Ruhe zu bringen, die unter dem Vorwand, sie seien über manches im Unklaren, die andern mit ihren Wahnideen ansteckten. Als ich alles in Ordnung glaubte, stellte sich plötzlich heraus, dass durch ihre heimlichen Umtriebe eine ganze Anzahl verführt war. Dagegen gab es nun kein anderes Mittel, als alle ein bestimmtes Glaubensbekenntnis unterschreiben zu lassen, bei dessen Vorlegung es jedem freistand, dagegen vorzubringen, was ihn drückte. So habe ich alle Gewissensbedenken zerstreut und alle Knoten gelöst, so dass ich mich jetzt bestimmt darauf verlassen darf, dass die Gemeinde jetzt wieder zu heiliger Eintracht gediehen ist. Ich wollte dir das berichten, damit, wenn das Gerücht davon zu Euch dringt, du dir nicht etwa Sorge machst, als ob der Ausgang noch ungewiss wäre. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder; der Herr erhalte dich für sich und seine Kirche noch lange gesund; er leite dich mit seinem Geiste und segne dich.

Genf, 22. Mai 1558.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Vermigli in Zürich.

Nr. 527 (C. R. – 2667)

Durch einen Brief Valerand Poulains hatten die Zürcher von Bezas und Farels Bekenntnis (vgl. 526) erfahren und sich über die Sache, die die beiden selbst ganz verschwiegen hatten, bei Calvin beschwert, der selbst erst nachträglich davon erfuhr. Beza konnte ihre Tat nur sehr schwach entschuldigen; doch trat Calvin auf seine Seite und sucht den Freund in beschönigender Weise gegenüber den Zürchern zu verteidigen. Das Bekenntnis war in Wahrheit gar nicht das Resultat eines Gesprächs mit dem württembergischen Theologen Andreä. Weggelassen ist ein durch Unvollkommenheit des Textes unverständlich gewordener, aber, wie es scheint, mit dieser Sache nicht zusammenhängender Abschnitt.

Bezas unlauteres Bekenntnis.

Mit Farels und Bezas Bekenntnis ging es mir wie dir. Sie erwähnten bei ihrer Rückkehr gar nichts davon. Als mich kurz darauf ein Freund darauf aufmerksam machte, dass allerlei Gerüchte umliefen, zog ich Erkundigungen ein und warf auch Beza vor, dass er mir eine so wichtige Sache verschwiegen habe. Er antwortete, weil er auf Jakob Andreäs Bitte nur die Hauptpunkte einer Tags zuvor gehabten Unterredung aufgeschrieben habe, so habe er befürchtet, sich durch Veröffentlichung einer solchen privaten Aufzeichnung den Tadel bösen Ehrgeizes zuzuziehen; weil er sich also fürchtete, mit seinem Wirken zu prahlen, hat er etwas verschwiegen, dass zu wissen für uns von Interesse war. Hat mir dies damals missfallen, so freut es mich jetzt doch, dass es den beiden gar nicht in den Sinn kam, mir davon zu erzählen, da du daraus umso deutlicher siehst und ich umso bestimmter versichern kann, dass sie wirklich nicht hinterlistig gehandelt haben oder dass sie jemand nicht trauten. Diese Entschuldigung würde dich und die andern, wenn Ärgernis entstanden sein sollte, leicht befriedigen können; nun aber kann dich bei deiner freundlichen Gesinnung gewiss diese zwar recht unbedachte Scheu Bezas nicht verletzen. Weil ich aber weiß, dass Valerand nichts anderes vorhat, als durch indirekte Verleumdungen und heimliche Intrigen unsere brüderliche Eintracht zu zerstören, so ist mir mit Recht alles verdächtig, was von diesem Menschen kommt; damit er nicht etwa etwas Unrichtiges unterschieben kann, sende ich dir eine von Beza mir gegebene Abschrift des Bekenntnisses, dessen Klarheit und Ehrlichkeit, wenn ich mich nicht sehr irre, auch dir gefallen wird. Wenn er auch nicht alles Einzelne präzis ausdrückt, weil er das im Augenblick für nicht am Platze hielt, so finde ich doch nichts Zweideutiges und Unklares darin. Ich gebe zu, es steht nicht alles darin, was eine vollständige Erläuterung der Abendmahlsfrage eigentlich erforderte; doch entschuldige ich das einfach damit, dass sich dazu eben keine Gelegenheit bot. Sicher können die Gegner, so sehr sie darauf aus sind, Euch zu fangen, Euch daraus gewiss keine Schlinge legen.

– – Lebwohl, hochberühmter Mann und von Herzen verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er leite und segne dich. Herrn Bullinger und den andern Kollegen viele Grüße.

Genf, 20. Juli 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Unser lieber Herr Marchese, der Graf [di Martinengo] und die übrigen lassen dich grüßen.

Calvin, Jean – An Pietro Martire Vermigli in Straßburg.

Weggelassen ist eine in ihrer Knappheit schwer verständliche Auseinandersetzung mit den Ansichten der Kirchenväter Hilarius und Cyrillus. Vgl. 457. Bouquin war mit dem Juristen Francois Baudouin (Balduinus), von Bourges nach Straßburg gekommen. Über von Sleida vgl. 431. Der italienische Refugiant Geronimo Zanchi war Professor der Theologie in Straßburg seit 1553.

Was heißt Teil haben an Christo?

Sollte ich so unhöflich sein, irgendein Ärgernis, das ich in irgendeiner Sache an dir nehme, stillschweigend zu hegen, statt es durch eine freimütige Aussprache mit dir aus meinem Herzen zu tilgen? Sollte ich, der ich dich aus Erfahrung als aufrichtigen, treuen Freund kenne, irgendeinen schlimmen Verdacht, ohne unvorsichtig zu sein, auch nur aufkommen lassen können? Jedenfalls tust du, hochgelehrter Mann, recht und klug, dass du nichts Derartiges in deinem Sinn sich festsetzen lässest. Ist dir je ein Zweifel an mir gekommen, so ist er zerstört worden, ehe dein Brief in meine Hände kam. Denn du hast erfahren, woher mein Zögern kam. Gewiss, ich habe dir die Sache auseinandergesetzt, wie sie war, höchstens etwa habe ich dir das verschwiegen, dass ich auch deshalb so lange wartete, weil meine Schreibfaulheit mir diesen guten Vorwand vorspiegelte.

Was ich dir versprochen habe, nämlich, ich wollte dir über unser geheimnisvolles Teilhaben an Christo schreiben, das werde ich allerdings nicht so vollständig halten, wie du hoffst; weil ich, obwohl die Sache von großer Wichtigkeit ist, doch glaube, dass sie unter uns gut mit wenigen Worten sich darstellen lässt.

Dass der Gottessohn unser Fleisch annahm, um unser Bruder zu werden, teilhaft der gleichen Natur wie wir, von diesem Teilhaben brauche ich dir nicht zu reden. Denn nur um das Teilhaben handelt es sich, das aus seiner himmlischen Herrlichkeit fließt und uns Leben einhaucht und bewirkt, dass wir in einem Leib mit ihm zusammenwachsen. Ich behaupte aber, sobald wir im Glauben Christum aufnehmen, wie er sich uns im Evangelium darbietet, werden wir wahrhaftig seine Glieder, und Leben strömt in uns ein nicht anders als vom Haupte [in die Glieder]. Denn nicht anders versöhnt er uns durch das Opfer seines Todes mit Gott, als weil unser ist und wir eins mit ihm. So erkläre ich die Stelle bei Paulus, wo er sagt, die Gläubigen seien berufen zur Gemeinschaft mit ihm (1. Kor. 1, 9). Denn das Wort Genossenschaft oder Gesellschaft scheint mir den Sinn dieser Stelle nicht genügend auszudrücken, sondern mir bedeutet sie jenes heilige Einswerden, durch das uns der Gottessohn in seinen Leib aufnimmt, um alles, was ihm gehört, mit uns zu teilen. So schöpfen wir unser Leben aus seinem Fleisch und Blut, so dass es nicht mit Unrecht unsere Nahrung genannt wird. Wie das geschieht, das geht weit über das Maß meines Verständnisses hinaus; das muss ich gestehen. Also ich ahne dieses Geheimnis mehr, als dass ich mich mühe, es zu begreifen; nur das erkenne ich, dass durch die Gotteskraft des Geistes Leben vom Himmel auf die Erde herabströmt, weil das Fleisch Christi weder an sich lebendig machen, noch seine Wirkung zu uns gelangen könnte ohne das unmessbare Wirken des Geistes. Der Geist also ists, der bewirkt, dass Christus in uns wohnt, uns erhält und ernährt und alles das tut, was dem Haupte zukommt. Den krassen Vorstellungen von einer substantiellen Vermischung [unseres Fleisches mit dem Leib Christi] verschließe ich mich, weil es mir durchaus genügt, dass der Leib Christi zwar in seiner himmlischen Glorie bleibt, aber von ihm Leben auf uns herabströmt, nicht anders, als die Wurzel den Zweigen Saft zuführt.

– – Ich komme nun zu zweiten Gemeinschaft mit Christo, die mir als Frucht und Wirkung jener ersten gilt. Denn nachdem Christus uns durch das innerliche Wirken des Geistes mit sich verbunden und in seinen Leib aufgenommen hat, macht er noch eine zweite Wirkung des Geistes offenbar, indem er uns reich macht an Geistesgaben. Dass wir also stark sind im Hoffen und Dulden, dass wir nüchtern und mäßig uns der weltlichen Lüste enthalten, dass wir uns eifrig mühen, die Leidenschaften des Fleisches zu bändigen, dass das Streben nach Gerechtigkeit und Frömmigkeit kräftig in uns lebt, dass uns der Gedanke ans ewige Leben aufwärts zieht, das fließt, sage ich, aus dieser zweiten Gemeinschaft, indem Christus, um nicht müßig in uns zu wohnen, die Kraft seines Geistes in deutlichen Gaben zeigt. Es ist auch gar nicht widersinnig, dass Christus, wenn wir zu seinem Leib gehören, uns seinen Geist mitteilt, durch dessen geheimnisvolles Wirken unser Geistesleben erst entstanden ist, wie ihm denn die Schrift diese beiden Tätigkeiten öfters zuschreibt. Wenn auch die Gläubigen schon am ersten Tage ihrer Berufung in diese Gemeinschaft kommen, so bietet sich Christus, insofern sein Leben in ihnen wächst, sich ihnen jeden Tag wieder zum Genusse dar. Das ist das Teilhaben an Christo, das wir beim heiligen Abendmahl erhalten. Bei jedem andern, den ich belehren sollte, müsste ich ausführlicher darstellen, was ich bei dir nur kurz andeute, um dir zu zeigen, dass wir fast ganz gleicher Meinung sind.

Von deiner Berufung nach Genf wagen wir, falls nicht etwas ganz Neues eintritt, weiter kein Wort mehr zu sagen. Ängstlich wie ich in dieser Sache bin, hat man mich wirklich nie dazu bringen können, dich zur Übersiedelung zu veranlassen, es sei denn, dass du entlassen würdest. Ich hoffe aber, dass dein Wirken Früchte bringe, die es uns leichter machen, dein Fernesein zu bedauern. Die Katastrophe in Eurer kleinen französischen Gemeinde ängstigt mich sehr. Für Garniers Zukunft werden wir uns umsehen, sobald er kommt; doch der Wiederaufbau der erschütterten Gemeinde muss unsere erste Sorge sein. Du kannst, wenn du dich darum bemühst, hoffentlich viel nützen. Von Bouquin habe ich stets gefürchtet, was nun eingetreten ist. Wäre doch Baudouin lieber in Bourges geblieben, als dass er die Herde Christi mit diesem stinkenden Bock verunreinigt hätte! Gib dir also, wie bisher, Mühe, dieses Übel abzustellen, wobei dir jedenfalls die Herren Sturm und von Sleida treulich beistehen werden. Von unsern Verhältnissen kann dir der Überbringer, ein lieber Bruder und Kollege, besser berichten, als ichs in einem Brief tun könnte. Um also eine Wiederholung zu vermeiden, lasse ichs, davon zu erzählen. Lebwohl, hochberühmter, mir stets im Herrn verehrter Mann. Grüße meine Freunde, die Herren Sturm, Zanchi und die übrigen angelegentlich. Auch Herrn Pierre Alexandre möchte ich nicht übergangen wissen; ich wollte nur nichts von ihm schreiben, bis ich etwas Sicheres wusste. Eben ehe ich den Brief versiegle, berichtet mir ein Brief Garniers, dass durch seine [Alexandres] Ankunft die Unruhen zum guten Teil gestillt seien. Könnte doch meine Mitarbeit ihn nützlich unterstützen! Aber wenn er von der Gemeinde gewählt ist, so wird er ihr durch seine maßvolle Art bald ihre Ruhe wiedergeben, denke ich. Der Herr behüte dich stets; er leite dich mit seinem Geiste und gebe dir seinen Segen.

Genf, 8. August 1555.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Pietro Martire Vermigli in Straßburg.

Weggelassen sind zwei Erörterungen theologischer Natur. „Euer Pfau“ ist Dr. Marbach, der lutherische Hauptpfarrer in Straßburg, der „gottselige Bauch“, der seinerzeit als Lutheraner von Bern vertriebene, jetzt in Straßburg amtierende Beat Gerung. Celso di Martinengo, der Pfarrer der italienischen Gemeinde in Genf. Vermigli nahm den Ruf nach Genf nicht an, folgte aber im folgenden Jahr einem solchen nach Zürich.

Erwiderung auf die Ausstellungen an der Schrift gegen Westphal. Vermiglis Berufung nach Genf.

Unser Tremellius hat deinen Brief, um ihn mir, wie man sagt, von deiner Hand direkt in meine zu legen, lange bei sich behalten. Die Verzögerung richtete aber weiter keinen Schaden an, als dass ich dir erst spät darauf antworte. Denn dass ich die Stellen meiner Schrift, die du anmerkst, nicht geändert habe, hat in anderm seinen Grund, als in der Säumigkeit deines Boten. Zwar ist deine Warnung vor der Gefahr zweideutiger Ausdrücke recht klug und das Beispiel Butzers, den du dazu anführst, dafür ganz passend. Nur müsste unsere Stellung sich dann auch gleichen; ich brauche dir aber wohl gar nicht auseinanderzusetzen, wie groß der Unterschied ist. Denn Butzer gab sich, um den Trotz Luthers und seinesgleichen zu erweichen, mit solcher Untertänigkeit selbst preis, dass er in einzelnen Worten ganz unklar blieb. Ein weiterer Grund, der ihn zwang, bestimmten Ausdrücken aus dem Weg zu gehen, war, dass er nicht ganz aufrichtig die Schmach seiner früheren unklugen Äußerungen verdecken wollte, wie er selbst es oft von mir hören musste. Denn ich glaube, es gibt keinen Menschen, außer mir, der ihn in dieser Beziehung freimütiger und auch schärfer ermahnt hat, dass er es doch einmal wagen sollte, ehrlich und ohne Umschweife zu bekennen, was er für wahr halte. Er aber, darauf versessen, die Sachsen zu versöhnen, rückte nie damit ans Licht. So kams, dass er Himmel und Erde durcheinander brachte [in seiner Abendmahlslehre]. Ich aber habe weder mir Himmelsräume ausgeheckt, die zugleich auf Erden sind, noch einen unendlichen Leib Christi dazu erdichtet, noch mache ich aus den Einsetzungsworten des Herrn eine verdrehte Redefigur, um herauszubringen, dass das Brot seinen Leib enthalte, noch rede ich in gewundenen Worten vom wirklichen Essen des Leibes Christi. Vielmehr versuche ich, in dunkle Fragen Licht zu bringen, Zweifelhaftes lege ich durch unterscheidende Begriffe bestimmt aus, und all die widersinnigen Erfindungen, deretwegen unsere Gegner bisher mit uns stritten, lehne ich ausdrücklich ab. Ich habe mir gar nicht vorgenommen, meine Ausdrücke denen zu lieb zu ändern, die ich als ganz unversöhnlich kenne, und mit denen ich offen im Kampf liege.

– – Übrigens freut mich deine Offenheit zu sehr, als dass du nötig gehabt hättest, den auf meinen Wunsch übernommenen Liebesdienst [deiner Kritik] so sehr zu entschuldigen. Vielmehr müsste ich um Verzeihung bitten, dass ich deinem Rat nicht gefolgt bin, doch verlasse ich mich im Vertrauen auf deine Freundlichkeit darauf, sie werde nicht schwer zu erlangen sein. Denn weder allzu großes Selbstbewusstsein noch Ärger hätten mich gehindert, widerspruchslos das einzuschalten, was du für notwendig hieltest. Da mir aber der bestimmte Wille der Zürcher schon kund geworden war, so wollte ich mich in acht nehmen, dass nicht eine Änderung uns die Basler wieder ungnädig stimme; denn auch den Zürchern war das nicht verborgen, dass man Sulzer und einige seinesgleichen, die nur zu sehr zu den Sachsen neigen, sehr sanft behandeln müsse. Aber, – meinst du, – man durfte doch weder der Unvorsichtigkeit noch dem Eigensinn irgendeines Menschen nachgeben, sondern ich musste die wahre Lehre rein und ohne Verstellung bekennen. Gut, aber ich sehe wirklich keine Gefahr, als könnte mir jemand zweideutige Rede vorwerfen, oder es könnte den Gegnern durch meine Ausdrücke der Kamm schwellen. Weil aber Euer Pfau seinen Hochmut neulich durch sein Schweigen [auf meinen Brief] verraten hat, so wusste ich nicht, ob es gut sei, ihn nochmals zu rütteln. Da es nun aber nach deinem und Herrn Sturms Urteil nichts schaden kann, die Gesinnung aller [Straßburger Pfarrer] auf die Probe zu stellen, so habe ich ein kurzes Brieflein diktiert, das vielleicht eine Äußerung aus ihnen hervorlockt. Ich überlasse es Eurem Urteil, ob Ihr es abgeben oder unterdrücken wollt. Ich wollte nur mein Teil getan haben. Denn wenn ich auch bei dem Erwähnten und bei dem gottseligen Bauche nichts ausrichte, so sind doch vier oder fünf im Kollegium, die uns jedenfalls nicht abgeneigt sind, wie ich glaube.

Ich war eben so weit mit Schreiben gekommen, als man mir deinen zweiten Brief brachte und einen andern von Herrn Johann von Laski, von dem mich wundert, dass er so lang unterwegs aufgehalten wurde. Der gute Mann beklagt sich, er werde von Gegnern, die sich auf mich beriefen, schlimm bedrängt; ich kann mir nicht denken, dass er das zu einem andern Zweck tut, als um mich zu seiner dogmatischen Ausdrucksweise zu bringen, und das kann nicht sein. Da er sich erlaubt, einfach abzulehnen, was wir nach der Schrift über die Gnadenwahl Gottes lehren, so darf er sich doch nicht beschweren, wenn wir nicht annehmen, was er ohne überzeugenden Beweis vorbringt. – – –

Ich fürchte ein wenig, er steigert, verlockt durch ein paar treffende Formeln, durch die allzu scharfe Fassung seiner Ausdrücke nur den Eigensinn unserer Gegner. Das vertraue ich dir allein an. Ich wünschte, wenns möglich wäre, sollte den Feinden aller Anlass genommen werden, es zu weit zu treiben. Feinde kann ich ja die nicht ohne bittern Schmerz nennen, die unsere Brüder sein sollten. So gut es sein mag, ihren Trotz herzhaft abzuweisen, so wünschte ich doch, wir hielten in unserer Lehrart solche Mäßigung inne, dass, wenn sie dann noch auf ihrem Eigensinn beharren, es bei allen billig und vernünftig Denkenden die höchste Entrüstung wachrufen müsste. Melanchthons wegen bin ich so ängstlich nicht. Es kann sein, dass er einem nicht ganz diskreten Freund meinen Brief selbst gezeigt hat; wenn ihn dieser Brief betroffen gemacht hat, so ists ganz gut. Denn er enthielt sicher nichts, das geschrieben zu haben mich reute. Herrn Sturm aber pflichte ich bei, wenn er wünscht, Melanchthon sollte irgendwie aus seiner Umgebung herausgezogen werden können. Er sieht selbst ein, dass das für ihn wünschenswert wäre. Doch hin und her gezogen von mancherlei andern Erwägungen wird er selbst sich nie losmachen, wenn er nicht von anderswoher herausgerissen wird.

Doch jetzt ist eher bei dir von einem Ortswechsel zu reden, denn diese Sache ist weiter gediehen. Als unser Celso hörte, die hier lebenden Italiener wünschten dich herbei, um deiner Gelehrsamkeit wie um deiner Frömmigkeit willen, da schloss er sich nicht nur gerne ihrem Wunsche an, sondern wurde sogar zum eifrigen Förderer der Sache. Man zögerte nicht lange. Die ganze italienische Gemeinde beschloss, dich zu bitten, wenn du frei seiest, diese Stellung an ihr zu übernehmen. Ich werde von ihnen gebeten, bei dir dafür ein gutes Wort einzulegen, und nichts tue ich lieber. Auch täte ich es nicht erst jetzt, wenn vorher auch nur auf eine mittelmäßige Besoldung hinzuweisen gewesen wäre. Der Tiefstand unserer Staatskasse trug die Schuld, dass ich dir nichts anbieten konnte, da die Stadt selbst ihren Pfarrern kaum genug zum Leben gewährt. Wenn aber auch, was die italienischen Brüder zusammenlegen wollen, keine hohe Besoldung abwirft, so weiß ich doch, dass das dich jedenfalls nicht hindert, unsern Bitten zu folgen. Darum dreht sich die ganze Verhandlung, ob du deine jetzige Stellung verlassen darfst. Der heiße Wunsch, du möchtest kommen, den ich in mir spüre, macht, dass meine Ansicht darüber mir selbst etwas verdächtig ist. Klug, wie du bist, erkennst du gewiss aus deiner gegenwärtigen Lage, was sich zu tun empfiehlt, so dass du fremden Rat nicht brauchst. Fühlst du dich aber in Straßburg nicht so fest verpflichtet, dass du nicht ruhig weggehen dürftest, so mach dir keine Bedenken, dem Ruf nach Genf zu folgen. Denn wir sind ebenso fest davon überzeugt, dass es von Nutzen sein wird, wenn du kommst, als dass der Herr selbst uns diesen Gedanken gegeben hat. Es ist zwar eine kleine Herde, aber eine so auserlesene, dass ich glaube, man darf in ihr die schönste Blüte Italiens sehen. Auch brauchst du nicht zu fürchten, die Eifersucht eines Kollegen werde dir zu schaffen machen. Von unserm Celso verspreche ich dir, dass er nach seinem milden Charakter dir ein ebenso gefälliger als treuer Helfer sein wird, und du wünschest ja nichts mehr, das weiß ich, als auch ihn, an dem du die Anhänglichkeit eines Kindes sehen wirst, in aller Freundlichkeit und Bescheidenheit als Bruder zu betrachten. So erübrigt uns nur, abzuwarten, was dir dein Gewissen erlaubt. Denn wir wagen es nicht, dich zu berufen, es sei denn, dass du frei bist, besonders da dich der Herr zu Straßburg in ehrenvollem Amte mit Nutzen braucht.

Da den Deutschen ihre Waffen bisher so wenig Erfolg gebracht haben, so wunderts mich nicht, dass sie ihre Entwaffnung gar nicht als Verlust empfinden. Ja, da ihre eigene Trägheit sie schon früher den Schutz Gottes verscherzen ließ, so zweifle ich nicht daran, dass sie vom Herrn jetzt wie betäubt sind, so dass sie sich zu ihrem eignen Verderben verschwören. Eurer kleinen französischen Gemeinde, die zwar noch nicht Frieden, aber doch mehr Ruhe gefunden hat, wünsche ich dazu Glück. Lebwohl, hochberühmter Mann und sehr verehrter Bruder. Herrn Sturm und Sleidan viele Grüße. Der Herr fahre fort, Euch zu leiten und zu behüten und auf jegliche Weise zu segnen.

Genf, 18. Januar 1555.
Ganz der Deine
Johannes Calvin.