Peter Mosellanus an Julius von Pflug

Peter Mosellanus,  Rector der Universität zu Leipzig, nach der Leipziger Disputation am 6. Dec. 1518 an Julius von Pflug, Domprobst zu Zeitz. (Aus dem Lateinischen.)

Martin ist mittlerer Leibesgröße, hager, theils von Sorgen, theils vom Studiren, so daß man fast, wenn man ihn genau ansieht, alle seine Gebeine zählen kann, aber noch im männlichen Alter und von klarer und heller Stimme. Seine Gelehrsamkeit und Verstand in heiliger Schrift ist unvergleichlich, so daß er fast alles an den Fingern herzählen kann. Griechisch und Hebräisch versteht er so viel, daß er von Auslegungen urtheilen kann. Es fehlet ihm nicht an Materie, zu reden, er hat einen großen Vorrath von Sachen und Worten. Im Leben und Umgange ist er höflich und freundlich, hat nichts Stoisches oder Stolzes an sich, ja er schickt sich für Jedermann. In Gesellschaften führt er ein fröhliches und angenehmes Gespräch, ist lebhaft und heiter, immer muntern und fröhlichen Gesichts, sieht immer freundlich aus, wie hart ihm auch seine Widersacher drohen, sodaß man wohl glauben muß, er gehe nicht ohne Gott mit solchen wichtigen Dingen um. Dieses wird ihm fast von Jedermann übel ausgelegt, daß er mit Bestrafung Anderer unvorsichtiger und stachlichter sei, als einem, der in der Theologie etwas Neues vorbringt, anständig ist.