Tyndale, William – Aus dem Brief an Heinrich VIII. (vor 1529)

Um Christi willen liebe ich Dich, bin ich bereit, alles für Dich zu tun und für Dich zu beten. Solange die Ursache anhält, bleibt auch die Wirkung bestehen, so wie es Tag bleibt, solange die Sonne scheint. Wenn Du mir das Schlimmste antust, mir Gut und guten Namen raubst, so will ich Dich doch nicht weniger lieben, solange Christus in meinem Herzen ist. Solange will ich Dich lieben wie mich selbst, solange bin ich bereit, Dir Böses mit Gutem zu vergelten, solange will ich für Dich beten aus ganzem Herzen. Denn Christus will es so und hat es um mich verdient. Im Vergleich zu seiner großen Güte ist Deine Unfreundlichkeit ein Nichts, eine Rauchfahne, die im mächtigen Winde verfliegt und nicht mehr zu sehen ist. Überdies empfange ich das Übel, das Du mir antatest, nicht als aus Deiner Hand, sondern aus der Hand Gottes kommend, als Gottes Geißel zur Übung meiner Geduld und zu meiner Erbauung. So habe ich keinen Anlaß, Dir gram zu sein, ebensowenig wie ein Kind gram sein darf der Rute des Vaters, oder ein reicher Mann einer bitteren Arznei, die ihn heilt, oder ein Gefangener seinen Fesseln, oder ein rechtmäßig Verurteilter dem, der die Strafe an ihm vollzieht. So ist Christus alles in allem, und um seinetwillen liebe ich auch Dich.