Martin Butzer über seinen Hausstand

„Diesen Winter habe ich nie unter acht Personen in meiner Behausung um des Herrn willen erhalten, abgesehen von anderer Steuer und Hilfesleistung, die ich den Dürftigen getan. Nicht ein Geringes habe ich von dem, das mir meine Hausfrau zugebracht also eingebüßt, dazu alle meine Besoldung, und dennoch Schulden, und zwar keine geringe gemacht. Dieses schreibe ich nicht gern, will mich auch selbst nicht rühmen, wie ich auch in solchem nicht gerechtfertigt und bei allem ein unnützer Knecht bin, hab es wegen der Anklage des Geizes (katholischerseits) getan, und das vor Gott, der Alles weiß und recht richten wird.“

Bucer, Martin – An Martin Luther

9.9.1544

Gnade und Friede von dem HErrn. Ehrwürdiger Vater! Uns kommt für, als sollen Ew. Ehrwürden etwas heftig und beschwerlich über die von Zürch bewegt seyn. Nun vernehmen nicht allein wir, die wir in den Kirchen des Heil. Reichs dienen, sondern auch die Brüder zu Bern und Basel, nicht gerne, daß euch von gemeldten Zürchern Ursach zu Zorn und Unwillen gegeben wird; dann wir, die wir die Notel der Einigung, von euch gestellt, angenommen haben, bleiben bey der angenommenen Wahrheit alle veste stehen, als die wir solche Artikel, nach Christllcher gnugsamer ERwegung und Vertrauen auf das göttliche Wort, bewilliget und aufgenommen haben.

Die von Bern und Basel halten ihre Confeßion und Bekenntniß, welche sie euch überschickt, dermassen lauter und rein, daß sie gar gleich mit uns stimmen, ausserhalb eines oder zweyer Widersetziger zu Bern; denn bey denen von Basel ist die Einigkeit der Kirchen rein und rechtschaffen. Dieselbigen haben neben uns nicht unterlassen, allerley Weise und Wege zu versuchen, damit wirdie Zürcher gänzlich mit uns hätten einig machen mögen. Aber der Teufel hat allwege noch etliche gefunden, durch welche er diese hoch nothwendige Einigkeit der Kirchen verhindert und zerstöret hat. Denn er hat gesehen, und siehet noch auf diese Stunde, wie ganz nütz- und dienstlich ihme diese Zwiespalt sey, zu Vermehrung und Bestätigung des rohen, wüsen, unchristlichen Lebens, auch zu Verführung und Verleitung der frommen rechtschaffenen Gewissen. Und aus denen Ursachen, dieweil wir diß Uebel nicht gänzlich haben abwenden mögen, haben wir uns doch befleißiget, dasselbige zu decken, denn sie wollen auch nicht dafür geachtet werden, als halten sie es dafür, daß im Nachtmahl des HErrn allein leere eichen, ohne wahrhaftige Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi seyn sollen. Und wenn sie also fliehen und vermeiden wollen die gegenwärtige und wirkliche Einschliessung Christi in den Zeichen, oder sonst dergleichen andere unwürdige Verbindung Christi mit den Zeichen, welche doch niemand setzt, schreiben sie also, wie sie schreiben und zanken, da sie keine Ursach zu zanken haben. Aber die Busse und Vergebung der Sünden im HErrn Christo treiben und lehren sie mit allem Fleiß, und leben ehrbar und unsträflich; deswegen wir auch bisanher in unzweiflicher Hoffnung gestanden, sie sollten von dieser Verführung (wo nur etliche wenige ausgerottetwürden,) mögen entledigt werden. Demnach wenn wir ansehen und gedenken, wie unzählig Unglück und Schaden dieser Sacramentzank in die Kirchen eingeführet hat, haben wir nichts liebers gewünschet, wünschens auch noch auf diese Stunde, daß solch Gezänk möge aufgehoben und beygeleget werden, zuförderst dieweil durch zuvor ausgegangene Schriften und Bücher allen frommen Gewissen. denen GOtt seinen Willen und Wort zu begreifen Gnade verliehen, gnug geschehen ist, und auch den zürchern dieser ihrer Zweyhelligkeit niemand Beyfall gibt.

Solches habe ich E. Ehrw. darum anzeigen und erinnern wollen, damit ihr es nicht dafür halten möchtet, als würden andere durch diese Zwiespalt auch verführet, daß ihr auch daneben vermerkt, wie hoch uns und andern zu Gemüth gehe, was die Zürcher hierinnen thun, und warum wir es dermassen erdulden. Wir sehen, daß das wilde unchristliche Leben je länger je mehr überhand nimmt, so sehen wir auch, welchermassen die Cöllner und andere Feinde Christi, die Papisten, nur je länger je beherzter un muthiger werden, gegen denen, welche die reine rechtschaffene Lehre Christi und allen Christlichen Wandel in die Kirche pflanzen und erhalten wollen. Der HErr JEsus wolle diese Ungestümen und Sturmwinde gnädiglich stillen, und wenden, und stehen wahrlich unsere Sachen jetziger Zeit dermassen allenthalben, daß es sich ansehen läßt, als eilte man ziemlich sehr zum Untergang der Deutschen Nation. Derowegen bitten wir mit allem Fleiß, E. E. wollen uns, unser Amt und Kirche, dem HErrn CHristo in ihrem Gebet behelfen. Datum Straßburg den 9. Septembr. Anno 1544.

Melanchthon, Drach, Bucer, Corvinus, Pistorius, Frecht, Musculus, Brenz und Dietrich – Empfehlungsschreiben für einen Griechen

der aus seinem Vaterland sich geflüchtet hatte und zu Loskaufung seines in türkischer Gefangenschaft befindlichen Bruders um Beiträge bat.

(Von Brenz während des Gesprächs in Regensburg 1541 verfaßt.)

Gruß dem Leser. Während des Regensburger Gesprächs kam zu uns Vorzeiger, Franz Magera, ein Grieche, über den wir uns, da wir fanden, daß er gut griechisch spreche und schreibe, aus verschiedenen Gründen freuten, daß wir uns mit ihm unterhalten, namentlich über die gelehrten Anstalten und Kirchen jenes Volks, das einst in besonderem Ruf der Gelehrsamkeit, Tapferkeit und Frömmigkeit stand, fragen konnten.

Er theilte uns nun mit, daß er in einer Stadt von Achaja, im Alterthum Paira genannt, geboren sei und dort als Lehrer die Jugend in den griechischen Rednern und Dichtern unterrichtet habe. Die Reste des griechischen Volks, die hin und wieder zerstreut sind, halten mit großer Zähigkeit an der wahren Lehre und Religion Christi fest und suchen so viel möglich den Schatz des Wissens unter so großem Ungemach zu erhalten. Nachdem aber jene Stadt, in der er der Schule vorstund, von den Türken genommen und eine große Zahl ihrer Bürger grausam hingeschlachtet war, sei er nach wunderbarer Errettung mit Wenigen den Feinden entronnen und wolle lieber unter christlichen Königen in der Verbannung leben, als unter den Türken in seinem Vaterland bleiben, die als barbarische Sieger mit Stolz und Grausamkeit die Unterworfenen beherrschen. Weil ihm das Unglück seines Vaterlands und seiner meisten Gemeinden nahe geht, schrieb er eine „MAhnung an den durchlauchtigsten unüberwindlichen Kaiser Karl V.“, er möchte die Türken bekriegen und Griechenland von seiner elenden Knechtschaft befreien.

Als wir uns vielfach nach den Kirchen- und Lehrmeinungen erkundigten, beantwortete er das Meiste mit ziemlicher Gelehrsamkeit und setzte uns die Bräuche und Ansichten der griechischen Kirche so auseinander, daß man sieht, er sei in der Kirchenlehre wohl bewandert, hänge an den heiligen Gebräuchen mit Liebe und ehre Christum den Sohn Gottes, unsern Erlöser, mit frommem Sinn. Und da wir während eines zweimonatlichen vertrauten Umgangs seine Sinnesart wohl beobachten konnten, bezeugen wir, daß er einen sanften, ehrbaren Charakter habe.

Nun erzählt er, daß sein Bruder in Gefangenschaft gerathen sei, und um ihn loszukaufen und aus der tyrannischen Knechtschaft zu befreien, bittet er um eine Beisteuer. Es ist fromme Pflicht, an dem Unglück des griechischen Volks Theil zu nehmen, das nicht nur die übrigen Völker in Literatur und Gelehrssamkeit unterrichtete, sondern lang und aufs Tapferste die türkischen Waffen aufhielt, zurückschlug und von dem übrigen Europa fern zu halten versuchte, und nicht ihrer Tapferkeit, sondern einem schrecklichen Verhängniß zum Opfer fiel, das auch den übrigen Völkern ähnliche Niederlagen droht, wenn wir nicht durch unseree Besserung den Zorn Gottes versöhnen.

Es ziemt uns daher, indem wir unsere Gefahr bedenken und Gott um seinen Schutz anflehen, mildthätig gegen jene Unglücklichen zu sein, die unter dem Druck türkischer Grausamkeit schmachten. Und vornämlich wollen wir die Noth ihrer Gelehrten zu lindern suchen, da die Kirche der Denkmale griechischer Sprache so sehr bedarf.

Regensburg, 9. Mai 1541.

Phililpp Melanchthon\\
Martin Bucer\\
Johann Pistorius\\
Wolfgang Musculus\\
Veit Dieterich\\
Johann Drach\\
Anton Corvinus\\
Martin Frecht\\
Johann Brenz

Quelle: [[verzeichnisse:quellen:evangelische_volksbibliothek]]

Bucer, Martin – An Ambrosius Blaurer

Straßburg, 1538 Mai 16.

Es ist gut, wenn nur die Geschäfte den Briefwechsel hindern. Ich fürchtete, Du habest an mir mancherlei auszusetzen, wie auch die Gattin jenes greisen Simon, der eine Zeitlang zu St. Georg war, Konrad (Hubert) fragte, ob kein rechtes Einverständnis zwischen uns herrsche. In Konstanz haben jüngst die Unseren mich hoch erfreut durch ihr wie früher offenes, liebevolles Entgegenkommen; nur in der einen und anderen Sache habe ich eine gewisse ungewohnte Vorsicht bemerkt, hoffe aber, daß seit unserer Unterredung die Befürchtungen geschwunden sind. Wie bist Du mit dem schönen, munteren Töchterchen bei voller Gesundheit der Mutter beglückt! Infolge von Ermüdung durch die Geschäfte und Schwachheit habe ich mich bäurische benommen, preise mich aber glücklich, wieder in die Liebe meiner Konstanzer aufgenommen zu sein. Über meine Schrift erbitte ich Dein offenes Urtheil. Der zu uns gesandte Bruder scheint der Unterstützung wert; doch einen wie Unwürdigen hast Du an seine Stelle gesetzt! Hüte Dich wohl; er ist, wie wir nachträglich vernahmen, ein armseliger Mensch, auch war unsere Empfehlung kühl. Die Unseren grüßen Dich; bete für uns zu Gott, der Dich stärke und segne.

Argent(oratori) 16. Maii 1538.

Grüße Harter, seine Gattin und die Freunde.

Quelle:
Briefwechsel der Brüder
Ambrosius und Thomas Blaurer
1509 – 1548
Herausgegeben von der
Badischen Historischen Kommission
bearbeitet von
Traugott Schieß
Band I
1509 – Juni 1538
Freiburg i. Br.
Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld
1908

Bucer und Melanchthon an Johann Friedrich von Sachsen, 1535

Herr Bucerus ist zu Augsburg fünr Wochen gelegen, hat da geprediget, und bericht, daß die Prädicanten der Oberkeit zugesagt haben, vom Sacrament und andern Artikeln der Confession und Apologia gemäß zu lehren, deß sie sich auch zuvor auf Ansinnen der OBerkeit erbothen haben, wie sie ihn bericht haben, und daß kein Betrug gesucht oder gemeint werde.

Von der wahrhaftigen Gegenwärtigkeit bericht er, daß sie bekennen, daß der Leib Christi wesentlich und wahrhaftiglich empfangen werde, so wir das Sacrament empfahen, und daß Brod und Wein Zeichen sind, signa exhibitiva, welche so man reichet und empfahet, werde zugleich gereicht und empfangen der Leib Christi, und halten also, daß das Brod und der Leib also sei ein sind, nicht mit Vermischung ihres Wesens, sondern als Sacrament, und dasjenige so sampt dem Sacrameng gegeben wird, quo posito aliud ponitur. Denn dieweil man auf beiden Theilen hält, daß Brod und Wein bleiben, halten sie solche sacramentalem coniunctionem.

Martinus Bucerus.
Philippus Melanthon

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen II
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1835

Martin Bucer an Margarethe Blarer – Fragment

Laßt uns den Herrn bitten, daß er uns recht Christen mache, so wirds alles recht nacher gohn, und wenn es unsere zu fil mutigen Eidgenossen noch so grob verhimplet (durch ungeschickte Uebereilung verdorben) hetten. Und Lob sy unserem getrewen Herrn Jesu Christo, der durch euch, euren lieben Bruder und synen so theuern Werkzeug zu Eßlingen so herrlich erstattet, das byn Schwytzern verloren ist. Ist deren schon nit so fil, so sind sy aber im werdt desto besser.

Martin Bucer an Blarer – Fragmente

„O Schande!“ ruft er aus, „O Aergerniß! o Treulosigkeit! o ihr Schweizer! Dir aber, o Christus, sei Lob und Ehre, der Du also zeigest, daß Du Alles bist, daß wir allein auf Dich sehen müssen! Gib uns Gemüther, gib Herzen, gib Augen, daß wir nur zu Dir uns hinwenden, nur auf Dich schauen, Dir alles anheimstellen. Je mehr unsere Sache gefährdet ist, desto tapferer wollen wir uns erweisen. Christus vermag alles.“