Calvin, Jean – An den Parlamentsrat de Loynes in Paris.

Nr. 749 (C. R. – 4041)

Da das Pariser Parlament besonders guisisch gesinnt war, gegen die Mündigkeitserklärung des Königs heftig protestiert hatte, und erst vom König selbst sich zur Anerkennung seiner Handlungen zwingen ließ (vgl. 735, 736, 744), so hatte der evangelisch gesinnte Parlamentsrat de Loynes Calvin um Rat gefragt, ob er in dieser Behörde bleiben dürfe.

Mahnung zum Ausharren im Amte.

Monsieur, wiewohl ich bisher von Ihnen noch nie einen Brief erhalten hatte, so war es mir doch eine rechte Befriedigung, von Ihnen selbst Gutes zu hören, wie man es mir schon mehrfach gemeldet hatte und wofür ich Gott danke. Doch Ihr Brief hat mich noch viel mehr gefreut, weil ich daraus die freundliche Zuneigung erkannte, die Sie mir entgegenbringen; es war mir das zwar nicht unbekannt, aber ich war doch recht froh, dass ein neues Pfand mich dessen noch gewisser machte. Wenn ich nun betrachte, wie Gott sie geführt hat seit Ihrer Ankunft in Paris, so hatte ich darüber keinen Zweifel, dass Sie in großer Not waren, während Ihre Kollegen so wütend taten. Jetzt aber, da diese Leute, um nicht vernichtet zu werden, zahmer und sanfter werden mussten, können auch Sie über Ihr Verbleiben in diesem Stand Beschluss fassen, oder besser Ihren bereits gefassten Beschluss ausführen. Ja, mir scheint, Sie dürfen da gar nicht schwanken, und ich bin so weit davon entfernt, Sie davon abzuhalten, dass ich mich vielmehr anstrengen wollte, Sie dazu zu treiben, wenns nötig wäre.

Sie haben geruht, mich um Rat zu fragen. Ganz abgesehen nun von dem allgemeinen Prinzip, dass man ein Staatsamt nicht verlassen und nach Belieben aufgeben darf, ohne dazu durch Not oder Gewalt gezwungen zu sein, verpflichtet Sie die gegenwärtige Lage im besondern doppelt, auf der Erfüllung Ihrer Amtspflicht zu beharren, und wäre es nur, um zu sehen, wie Gott Sie darin brauchen will. Ich will nicht auf Sie einreden, um Ihnen beizubringen, wie Sie alle Schwierigkeiten überwinden müssen. Jedenfalls das Tapferste ist es, wenn Sie einfach die Augen schließen gegenüber allem, was kommen könnte, und dahin marschieren, wohin Gott Sie ruft. Es wäre ja wohl wünschenswert, dass Sie Begleitung hätten, aber ziehen Sie nur das in Rechnung, dass Gott Sie zum Kampf berufen hat, wie Sie es sich ja bereits zum Voraus überlegt haben werden, damit Sie sich recht tapfer halten.

Es ist verwunderlich, dass der Teufel so eifrigen Helfershelfer hat, die keine Mühe sparen, alle Richterstellen in ihre Gewalt zu bringen, da sie wohl wissen, dass das das beste Mittel ist, die Kirche Gottes zu unterdrücken, und die dem Übel widerstehen sollten, verlassen ihren Posten. Das heißt wirklich nicht handeln nach der Vorschrift St. Pauli, denen die Ursache abzuhauen, die sie suchen [2. Kor. 11, 12].

Man müsste vielmehr so handeln, dass Plätze frei würden, an die man dann Leute bringen könnte, die zur guten Partei halten. Es brauchte nur ein Dutzend rechte Leute, so fiele denen, die nicht Fisch noch Fleisch sind, das Herz in die Hosen, und das wären mehr als sechzig. Da Ihnen Gott aber schon gezeigt hat, was Sie zu tun haben, so brauche ich nur ihn zu bitten, er wolle sie stärken mit unüberwindlicher Tapferkeit, und er wird es tun. Machen Sie nur ohne Zögern vorwärts; denn wir sind sicher, alles gewonnen zu haben, wenn wir uns im Vertrauen auf seine Kraft anstrengen, zu tun, was er uns befiehlt.

Indem ich mich damit, Monsieur, Ihrer Gewogenheit ergebenst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, Sie in seiner Hut zu halten, Sie zu leiten mit seinem Geist und Sie in allem Guten vorwärts kommen zu lassen.

Genf, 5. November 1563.

Calvin, Jean – An Jean Mercier in Paris.

Nr. 748 (C. R. – 4035)

Vgl. 555, 727. Mercier hatte sich neuerdings entschuldigt, er könne nicht nach Genf kommen. Der französische Hebraist Saintravier war kurze Zeit von 1561 bis 1562 in Genf Lehrer gewesen und dort gestorben.

Dringende Berufung an die Genfer Akademie.

Mir genügt deine Entschuldigung nicht, teils weil es überhaupt keine rechte Entschuldigung ist, teils weil ich durchaus nicht etwa, wie du meinst, für mich rede, teils weil die Notlage, in die du uns gebracht hast, gar keine Entschuldigung zulässt. Ich will nicht mit dir streiten darüber, ob deine Wirksamkeit in Paris im Allgemeinen reicheren Erfolg erwarten lässt. Aber da wir im Vertrauen auf dein Versprechen dich nun sicher als den Unsern betrachteten, so können wir uns mit Recht über dich beklagen, wenn du unsere Hoffnung nochmals enttäuschst und nicht wenigstens irgendwie den Verlust wiedergutmachst, [den wir dadurch erleiden]. Doch ich gehe weiter: ich glaube wirklich, dass deine Wirksamkeit hier in Genf von größerem Nutzen für die Kirche Gottes wäre. Du lachst vielleicht darüber; aber was dir unglaublich erscheint, werden die Tatsachen als durchaus wahr erweisen. Tatsächlich, unsere Akademie ist heutzutage die Pflanzschule der Pfarrer, die sich Gott gründlich und ehrlich widmen. Schätzest du es denn nicht hoch ein, Schüler auszubilden, die in kurzem in ganz Frankreich verbreitet sein werden? Viele werden ja vielleicht nur die Elemente [der Theologie] in sich aufnehmen; aber es gibt doch auch solche, die größere Fortschritte machen, und auch die nicht ganz Durchgebildeten werden doch schon durch ihr Kosten [von der Wissenschaft] tauglicher zu ihrem Lehramt. Die von ernstlicher Lernbegier Getriebenen werden dir ja auch hierher folgen. Denn wisse, du bist zum Nachfolger Antoine Chevalliers, der gegenwärtig unser Professor der hebräischen Sprache ist, bestimmt. Er hat seine Entlassung eingereicht, nicht weil ihm seine Stellung verleidet wäre oder er sie verachtete, sondern bloß weil er ein mäßiges Erbe nur antreten kann, wenn er in seine Heimat zurückkehrt. Ich gebe zu, die Besoldung ist klein; denn sie beträgt nur 200 Livres. Dazu kommt ein recht hübsches, geräumiges Haus. Aber du musst auch bedenken, dass die Auslagen hier viel geringer sind als bei Euch. Der andere Lehrauftrag ist nur nebensächlich. Ich vermute, wenn du hörst, eine doppelte Last solle dir aufgeladen werden, so schreckt dich das als zu schwer ab. Doch täuschst du dich darin. Erstens ist dir jedenfalls die Art, wie bei uns doziert wird, das reine Spiel; zweitens erhältst du zu dem außerordentlichen Lehrauftrag einen Helfer, der dir die Last erleichtern wird. Meine also ja nicht, die Leute, die in Genf Professoren sind oder sonst der Kirche dienen, seien sozusagen in eine Tretmühle geraten. Wir sind nicht so unmenschlich, noch so strenge Pedanten, dass nicht unsere Gelehrten in aller Freudigkeit Christo dienen könnten. Saintravier, den du hierher gesandt hattest, ist nicht erst hier krank geworden, sondern hat den Todeskeim schon mitgebracht; so ist er hier, als er eben erst mit der Arbeit begann, zusammengebrochen. Wie notwendig die Arbeit ist, für die er bestimmt war, brauche ich gar nicht zu sagen. Ich sehe tatsächlich nicht, wo du deine Kraft besser verwenden könntest; die Arbeit wird auch dir persönlich nur von Nutzen sein. Wenn du dich überreden lässest, so wirst du merken, dass das alles nicht bloß Worte sind. Doch tut Eile not. Hast deshalb im Sinn, dein Wort zu halten, so gibt uns vor Ende November Bescheid; du selbst müsstest dann ungefähr Anfangs März hierher kommen. Wenn uns auch diesmal unser Hoffen betrogen hat, (was Gott nicht wolle!), so kannst du weder vor Gott dich rechtfertigen, noch bei den Menschen deinen guten Ruf behalten, wenn du uns nicht wenigstens einen Stellvertreter anweisest, der dir zwar nicht gleichwertig ist, (wer könnte das!), aber doch dir irgendwie nahe kommt. Welche Bildung, welche Urteilskraft, welches Lehrgeschick ein solches Amt erfordert, weißt du selbst gut genug, deshalb brauche ich nicht davon zu reden. Also stelle uns jemand an deiner Statt, der dich deines Wortes entbindet, oder, was uns noch viel lieber wäre, stelle dich selbst bei uns ein.

Du hast ja Leute, denen du deine Antwort sicher anvertrauen kannst, de Segur, der dir diesen Brief bringt, Chapel und andere. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er erhalte dich gesund und unterstütze dich mit seiner Kraft. Meine Kollegen, besonders Beza, lassen dich grüßen.

Genf, 17. Oktober 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (747).

Nr. 747 (C. R. – 4034)

Vgl. 662, 744.

Genf und Frankreich.

Da unser lieber Beza versprochen hat, dir zu schreiben, will ich dich nicht durch Wiederholung derselben Dinge ermüden, verehrter Bruder, und lasse deshalb die französischen Angelegenheiten beiseite. Hier [in Genf] sind wir in großer Angst, denn wir sehen, wie unsre Stadt wie eine Spieltafel oder ein Würfelbrett behandelt wird. Wir haben mehrmals unsere Nachbarn [in Bern] gebeten, uns zu raten. Sie haben dann jeweils knapp und kühl geschrieben, was verhandelt worden sei, und auch davon nur das, was schon jedermann durch das allgemeine Gerede wusste. Neulich hat man, obwohl man wusste, dass unsre Gesandten nach Bern kamen, ihnen auch nicht mit einem Worte gesagt, wie sich unsre Obrigkeit zu verhalten habe. Unser Rat aber wagte, da ihm die Verhandlungen unbekannt blieben, nicht offen sich drein zu mischen oder besser dagegenzuwirken. Dieses unser Schweigen haben dann wieder die, die mit Savoyen unterhandeln wollten, missbraucht, indem sie behaupteten, wir hätten heimliche Pläne und unterhielten Gesandte am französischen Hof, die je nach Ausfall der Sache einen Vertrag mit Frankreich schließen sollten. Durch dieses falsche Gerede bei den Unkundigen verdächtig, wurden wir nicht geziemend berücksichtigt. Es wundert mich ja nicht, dass es unter dem geringen Volk Leute gab, die sich durch eine solche frei erfundene Verleumdung uns entfremden ließen. Aber was kam dir in den Sinn, so blöden Lügen zu glauben? Wenn du in Sorge bist, Frankreich könne uns durch Schmeicheleien in sein Netz locken, und unsern Stadtrichter Roset mahnst, sich das Beispiel des Metzer Rates zu Herzen zu nehmen, so tust du das zwar als Liebesdienst eines treuen, aufrichtigen Freundes, aber merken hättest du doch müssen, aus welcher Quelle diese Geschichte stammt, wenn nicht etwa ich und Beza dir verdächtig sind. Aber wir dürfen deutlich erklären, dass man so etwas nie beschlossen hat und auch nie von Frankreich dazu versucht worden ist. Ich gehe noch weiter: es ist die Sache auch nie nur erwähnt worden, ja nicht einmal der Gedanke daran kam uns. Ich will allerdings nicht verschweigen, dass ich vor zwei Jahren mit dem Admiral verhandelt habe, ob etwa ein Bündnis des Königs mit Bern möglich wäre unter der Bedingung, dass er sich verpflichtete, den Bernern ihren heutigen Besitzstand zu garantieren. Doch wollte ich damit nur verhüten, dass je Gelüste nach Genf entstehen könnten, und das wäre auch die beste Art gewesen. Du brauchst dich also weiterhin nicht mehr in grundloser Furcht quälen, bis du von uns erfährst, entweder Frankreich selbst habe etwas Derartiges im Sinn, oder Genf sei so ängstlich geworden, dass es sich unbesonnen der französischen Hilfe in die Arme würfe. Übrigens werden die Tatsachen bald jenes falsche Gerücht widerlegen. Unterdessen aber sollst du wissen, dass Eure Gesandten mit allem Eifer darauf drangen, dass die Berner Freiheit und Bestand Genfs dem Urteil der eidgenössischen Orte überlassen sollten. Was heißt das aber anders, als uns der Erdrosselung ausliefern? Sie haben aber wenigstens soviel erreicht, dass die Berner alle früheren Beschlüsse zurücknehmen. Nun sind wir wieder ganz ungewiss und in der Schwebe, woraus ich schließe, dass man dir und andern frommen Leuten viel verheimlicht hat. Eure Gesandten auf der Tagsatzung zu Baden waren ja sogar so freundlich, den Unsern jede Teilnahme an ihren Verhandlungen zu verbieten, nur um nicht selbst in bösen Verdacht zu kommen. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder, samt deiner Frau, deinem ganzen Haus und allen Kollegen. Der Herr erhalte Euch alle gesund, halte Euch aufrecht mit seiner Kraft und segne Euer Wirken.

Genf, 9. Oktober 1563.
Dein Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Louis de Bourbon, Prinzen de Conde, in Paris.

Nr. 746 (C. R. – 4027)

Vgl. 728, 744.

Erneute Anfrage wegen des Bekenntnisses; ernste Mahnung zu strengerem Lebenswandel.

Monseigneur, es ist schon ziemlich lange her, dass wir Sie baten, Sie möchten uns gütigst Ihren Willen kundtun bezüglich des Bekenntnisses, das während des Krieges aufgestellt worden war, um Ihren Feinden den Mund zu stopfen, die für jede beliebige Verleumdung Glauben zu finden hofften. Der das Bekenntnis verfasst hat, hat dies auch nicht aus eigner Willkür getan, sondern aufgefordert und gemahnt von Herrn d´ Andelot, der von seinem Aufenthalt in Deutschland wusste, wie notwendig und nützlich ein solches Vorgehen wäre. Das Bekenntnis wurde damals an Sie gesandt; da aber die Wege gesperrt waren, konnten wir keine Antwort erhalten, ob Sie die Veröffentlichung durch Druck gut fänden, und ohne Ihre Erlaubnis wollten wir nichts tun. Seither haben uns gute Gründe dazu gebracht und bewogen, die Zeit dafür jetzt für so günstig als je zuvor zu halten. Wir wissen nun nicht, woran es liegt, dass wir Ihren Willen nie erfuhren; wir können uns nur denken, es sei unter so vielen Geschäften vergessen worden. So sehen wir uns jetzt genötigt, Monseigneur, Ihr Gedächtnis wieder aufzufrischen, ja, wenn nötig, Sie damit zu behelligen. Denn wir sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Herzog von Württemberg einen Katechismus ins Französische übersetzen ließ, ausdrücklich zu dem Zweck, unsere Abendmahlslehre zu verdrängen. Davon sehen wir nun manche Schwierigkeiten voraus, denen man entgegentreten sollte. Er wird ihnen jedenfalls diesen Katechismus überreichen lassen, wenn es nicht bereits geschehen ist, um Sie von der reinen, einfachen Lehre, in der Sie erzogen sind, abzubringen. Erreicht er damit nichts, – wie wir hoffen, er täusche sich darin in Ihnen, – so wird er den oder jenen sonst damit versuchen wollen, um Ihren Glauben verdächtig erscheinen zu lassen; er wird auch wohl suchen, einige dafür zu gewinnen und dadurch Streit zu erregen und die einen gegen die anderen aufzustiften. Dagegen scheint es uns nun das beste Mittel, dass Sie Ihr Bekenntnis veröffentlichen, sowohl um seinem Vorgehen die Spitze abzubrechen, als auch um durch Ihre Festigkeit die abzuschrecken, die glauben, Sie mit diesem Schreckgespenst einschüchtern zu können; weiter um die Unwissenden aufzuklären und den Lästerreden zuvor zu kommen, die Sie treffen müssen, wenn man Ihre Sache nicht kennt. Sie glauben nicht, Monseigneur, wie günstig das in Deutschland wirken würde; möglicherweise müsste sogar der, der Sie jetzt zu gewinnen trachtet, sich überwunden und vernichtet erklären. Jetzt ist die beste Gelegenheit der Welt, ihm mit Gleichen zu vergelten, da er als erster [mit seinem Bekenntnis] Sie eingeladen hat. Deshalb bitten wir Sie, Sie möchten geruhen, uns Anweisung zu geben, was wir tun sollen; denn sobald wir Ihr Jawort haben, wollen wir uns mit allem Eifer daran machen. Sie können die Antwort sicher an Herrn Aubrec in Lyon gelangen lassen, der Ihr treuer Diener ist. Abgesehen davon, dass Ihnen schon zweimal eine Kopie des Bekenntnisses gesandt worden ist und Sie es jedenfalls gelesen und gebilligt haben, können Sie ja auch darüber noch die Meinung des Herrn Kardinals de Chatillon hören, um in Ihrem Urteil noch mehr bestärkt zu werden. Im Übrigen, Monseigneur, können wir auch nicht umhin, Sie zu bitten, nicht nur im Allgemeinen sich die Sache unseres Herrn Jesu Christi angelegen sein zu lassen zur Förderung des Evangeliums und zur Sicherung und Beruhigung der armen Gläubigen, sondern auch in Ihrer ganzen Lebenshaltung zu zeigen, dass Sie etwas gelernt haben in der Lehre zur Seligkeit, damit Ihr Beispiel alle Guten erbaue und allen Lästerern den Mund stopfe. Denn von je weiter her man auf Sie, der Sie so hoch stehen, sieht, desto mehr müssen Sie sich in acht nehmen, dass man an Ihnen nichts zu tadeln finde. Sie zweifeln gewiss nicht daran, Monseigneur, dass wir Ihre Ehre im Auge haben, wie wir Ihnen die Seligkeit wünschen. Nun müssten wir Verräter sein an Ihnen, wollten wir Ihnen die umlaufenden Gerüchte verschweigen. Wir meinen nicht, dass Sie etwas täten, was Gott direkt beleidigte; aber wenn man immer nur von Ihren Liebschaften mit allerlei Damen hört, so schadet das Ihrem Ansehen und Ihrem guten Rufe sehr. Die Guten ärgern sich darüber; die Bösen haben ihren Spaß daran. Das ist eine Zerstreuung, die Sie hindert und abhält, Ihre Pflicht zu tun. Ja, es kann gar nicht ohne weltliche Eitelkeit abgehen, und Sie müssen doch vor allem darauf acht geben, dass das helle Licht, das Gott Ihnen verliehen hat, nicht erlischt und erstirbt. Wir hoffen, Monseigneur, diese Ermahnung werde Ihnen genehm sein, wenn Sie erwägen, wie nützlich sie ist.

Indem wir, Monseigneur, usw.

Genf, 13. September.
Ihre ganz ergebenen Brüder
Johannes Calvin.
Theodor Beza.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (745).

Nr. 745 (C. R. – 4020)

Antistes Sulzer von Basel, der stark zum Luthertum neigte, hatte in Straßburg das Augsburgische Bekenntnis unterschrieben und damit großes Ärgernis in allen Schweizer Kirchen gegeben; der französischen Gemeinde in Straßburg hatte man ihre Kirche genommen (vgl. 732). Stanislaus von Zykow, Burggraf von Krakau, hatte Calvin um Auskunft über einige Fragen der Trinitätslehre gebeten.

Über Sulzers Luthertum. Das Ende der französischen Gemeinde in Straßburg. Misstrauen gegen Polen.

Eins ist mir vorgestern entfallen: wegen Sulzer. Hätte Eure Obrigkeit Mut gehabt, so hätte sofort eine Zusammenkunft angesetzt werden müssen, damit alle andern Bundesgenossen von den Baslern energisch Rechenschaft gefordert hätten in einer ehrlichen, offenen Darlegung ihrer Meinung. So wäre der Fuchs ins offene Feld gezogen worden. Dass Ihr darin so säumig waret, wundert mich. Denn wenn dieser Streitgegenstand nicht geschont wird, so bricht er bald in offenen Brand aus. Bern, Schaffhausen und St. Gallen sind ganz einig mit Euch, so dass nicht der geringste Widerspruch zu befürchten ist. Wenn also die Pfarrer dieser Städte von Sulzer verlangten, er solle sagen, was er wolle, so müsste er entweder die überstürzte Unterschrift, zu der ihn bloß der Ehrgeiz trieb, schmählich zurücknehmen oder wenigstens aufdecken, was dahinter steckt. Denn wenn ich mich nicht sehr irre, hatte er andere Absichten. Wenn Ihr ihm nicht entgegentretet, so werden sicherlich die Gegner zu Eurer Schmach prahlen, die Schweizer seien bereits unter sich gespalten. Marbachs Unverschämtheit hat schon soweit den Sieg davon getragen, dass den Franzosen [in Straßburg] ihre Kirche geschlossen worden ist. So ist das Gemeindlein, das fünfundzwanzig Jahre lang in Blüte stand, nun unter dem wütenden Angriff dieser Bestie zusammengebrochen. Sturm und Hotman reden dem [französischen] Pfarrer zu, er solle sich zu einer vermittelnden Auskunft herbeilassen. Sie wollten dazu auch meine Zustimmung; aber ich habe geantwortet, wie mirs die Wahrhaftigkeit vorschrieb. Den Brief des Herrn Stanislaus, dessen Geschlechtsnamen ich in seiner Handschrift nicht lesen konnte, werde ich beantworten. Wäre ich nicht nochmals dazu aufgefordert worden, so hätte ich vorgezogen, zu schweigen; denn diese ganze Nation ist mir jetzt verdächtig, weil nur ganz wenige aufrichtig handeln. Da ich aber höre, dass seine Kinder deine Pensionäre gewesen sind, so will ich ihm die Gefälligkeit nicht abschlagen. Meine Antwort lass ihm dann, bitte, zukommen. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Allen Kollegen viele Grüße.

Genf, 12. September 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (744).

Nr. 744 (C. R. – 4018)

Bullinger meldete Calvin, dass in den katholischen Nachbar-Kantonen für Frankreich geworben und dabei sehr mit den Heldentaten der guisischen Schweizertruppen geprahlt werde. Bern stand in Verhandlungen mit Savoyen wegen Zurückgabe des eroberten savoyischen Gebietes; am 25. April 1563 hatte in Basel eine Tagung stattgefunden, bei der die Eidgenossen, die reformierten Orte eingeschlossen, erklärt hatten, sie würden das von den Bernern eroberte Gebiet ihnen nicht verteidigen helfen; so sah sich Bern genötigt sich zur Auslieferung der drei Vogteien Thonon, Ternier und Gex zu entschließen, wogegen ihm die Waadt gesichert werden sollte; die Teilung kam durch spanische und französische Vermittlung am 30. Oktober 1564 endgültig zustande.

Von den Schweizern in Frankreich, der Mündigkeit des Königs und der savoyischen Gefahr.

Wenn sich Eure Nachbarn so frech aufspielen und rühmen, so wundert es mich, dass Ihr Euch durch solchen Lärm aufregen lasst und ihn nicht vielmehr verachtet und für nichts haltet. Denn man weiß in ganz Frankreich nicht, wo sie solche Heldentaten verrichtet hätten. Zwei Fähnlein liegen in Orleans als Besatzung. Einige von ihnen, die im Schlafe lagen, haben die Unsern aufgeweckt, doch ohne Blutvergießen. Bisher blieben sie ruhig dort und sind eben energisch damit beschäftigt, Trauben zu vertilgen wie hungrige Drosseln. Die, die an der Belagerung Le-Havre-de-Grace teilnahmen, haben sich, durch die frühere Niederlage vorsichtig geworden, gar nicht in den Bereich der Geschosse gewagt. Die Franzosen, die viel kühner vorgingen, sind scharf zurückgeschlagen worden, und als sie Laufgräben angelegt hatten, ließen die Engländer große Wassermassen darein strömen, die sie wegschwemmen sollten; es gab einen schweren Verlust. Seither wurde der Kampf nur mit dem schweren Geschütz geführt, bis das Pulver ausging. Da das den Engländern versteckt werden konnte, wurden sie zur Übergabe gezwungen. Indessen beginnt der Krieg sicher wieder von neuem; denn auf beiden Seiten werden Gesandte gefangen gehalten wider das Völkerrecht. Sieh, was Eure Nachbarn da ausposaunen können! Vor den Truppen, die, wie du meldest, in Luzern angeworben werden, fürchten sich die Unsern nicht. Könnten diese Truppen nicht auch gegen unsere Feinde ausgerüstet werden? Denn es missfällt dem königlichen Rat, dass sie auf eigene Kosten in Deutschland werben lassen, und es ist ihnen strenge untersagt worden, damit fortzufahren. Auch wird die Entdeckung einer frevelhaften Verschwörung ihren Einfluss brechen. Indessen kämpft die Königin-Mutter mit höchstem Eifer um die Mündigkeit ihres Sohnes. Er ist kaum über das dreizehnte Altersjahr hinausgekommen und hat sich trotzdem vor dem Parlament von Rouen majorenn erklärt in Übereinstimmung mit seiner Mutter und den Prinzen, unter denen als erster der Herzog d´ Orleans aufgezählt wird, ein elfjähriges Knäblein. Du siehst, wie der alte Glanz Frankreichs zum Gespött geworden ist! Die Pariser nehmen diese Mündigkeitserklärung nicht an, und das mit Recht. denn es bestehen zwar sieben oberste Gerichtshöfe in Frankreich, aber sechs sind nur dazu da, Recht zu sprechen. Allein das Pariser Parlament hat bisher auch politische, auf ganz Frankreich bezügliche Dinge behandelt; freilich, sollte es nach der Ordnung gehen, so müssten sogar die drei Reichsstände eingeladen werden. Wie dem auch sei, der König wird aller Natur zuwider marjorenn und erhält das Recht zu dieser Erklärung, das nach dem Gesetz für andere auf der Entscheidung des Königs beruht, nur von sich selbst. Seit seinem Einzug in Paris hat er vor, die Tollheit des aufrührerischen Volkes zu bändigen. Der Connetable verteidigt zäh das Edikt, das unsern Kirchen Freiheit und Sicherheit verspricht, und ist der Meinung, es müsse Geltung bekommen.

Wegen des Augsburgischen Bekenntnisses brauchen wir nicht so sehr in Angst zu sein; denn die Versuche, es Frankreich aufzudrängen, sind umsonst, weil niemand von den Papisten es annehmen will und auch die Unsern es energisch verwerfen. Dass aber unsere Sorglosigkeit keinen Schaden anrichte, dafür haben wir uns Mühe gegeben und werden es auch weiterhin tun.

Aber wie stehts indessen bei Euch? Für sich selbst sorgt Euer Rat wie immer und meint, er könne sein Land unangetastet erhalten, auch wenn alle andern zu Grunde gingen. Verzeih, wenn ich scharf rede, weil Euer Rat wirklich noch nicht das geringste Zeichen gegeben hat, dass ihn die Forderungen der Zeitlage ernstlich bekümmern. Die Berner wenigstens beklagen sich gewiss, dass in den Beratungen gar kein Eifer um das Gemeinwohl zutage getreten sei. Wenn heute dem Savoyer die drei Vogteien zurückgegeben werden, so sind wir von allen Seiten eingeschlossen und können, fern von aller Hilfe, leicht überrumpelt werden. Der Savoyer wird sich auch mit diesem Teil nicht zufrieden geben, sondern dann unbedenklich auch den andern in Anspruch nehmen, damit es sich auch eher verlohnt, Krieg zu führen. Aber wenn wir dadurch in die größte Gefahr kommen, so will ich doch nicht verlangen, dass Ihr uns berücksichtigt, sondern nur, dass Ihr der allgemeinen Gefahr Rechnung tragt. Nochmals, verzeih mir, aber bis Eure Obrigkeit sich anders benimmt, muss ich glauben, sie wolle zu unserm Unglück auch noch ihr Teil beitragen. Aber Gott lässt uns wohl so von den Menschen verlassen werden, damit wir lernen, unser Herz zu ihm zu kehren und an ihm festzuhalten. Lebwohl, berühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr erhalte dich lange gesund; er leite dich auch fernerhin und segne dein Wirken. Ich lasse alle Kollegen vielmals grüßen.

Genf, 9. September 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (743).

Nr. 743 (C. R. – 4007)

Das bisher noch von den Engländern besetzte Le-Havre-de-Grace hatte sich am 28. Juli den Franzosen ergeben. Louise de Crussol, geb. de Clermont, war Ehrendame der Katharina von Medici. Francois de Hangest, Sieur de Genlis, war von der hugenottischen Partei zu den Guisen übergegangen. Bullinger hatte Calvin geschrieben, Kurfürst Friedrich von der Pfalz wünsche keine Bücherwidmungen von ihm, um dem Schlagwort Calvinismus auszuweichen (vgl. 737); Kaspar Olevianus war Professor in Heidelberg.

Nachrichten vom französischen Hofe.

Wenn ich dir zuweilen auch einiges Unwichtige schreibe, so fürchte ich doch nicht, dir zu missfallen, denn ich habe dabei nur den Vorsatz, dir zu gehorchen. Dass Le-Havre-de-Grace durch Übergabe in die Hände der Franzosen gekommen ist, habt Ihr gewiss schon gehört. Die Franzosen haben nach ihrem Gutdünken eine Besatzung in die Zitadelle gelegt; auch wurden Geiseln gestellt dafür, dass die Englänger die Stadt auch wirklich verlassen und in ihr Land zurückkehren; Bedingung war gegenseitiger Austausch der erbeuteten Schiffe und Waffen. Seither kam aber schon die Nachricht, die Engländer hätten dem Vertrag entsprochen; so ist jetzt auch in der Normandie Friede, wenn die Königin von England nicht von sich aus den Krieg wieder beginnt, was aber sehr unwahrscheinlich ist. Jetzt, da unsere Königin-Mutter von dieser Furcht befreit ist, wird sie bald ihre wahre Gesinnung gegen uns offenbaren. Sicher ist, dass bisher infolge ihrer Treulosigkeit unsere Feinde sogar wagten, königliche Edikte einfach abzulehnen, die der Kanzler, der uns von Herzen wohl will, freigebig erlassen hatte; aber durch die geheimen Ränke der Königin-Mutter wird mit allem, was der Minister-Rat Gutes beschlossen hat, Spott getrieben. Vielleicht kann die Gattin des Grafen de Crussol sie noch umstimmen; früher konnte sie die Königin-Mutter wenigstens nach ihrem Gutdünken zu allem bringen, und sie ist eine tapfere Frau, die auf ihre Herrschaft nicht so bald verzichtet. Sie verspricht alles und wird hoffentlich auch etwas tun. Sobald Kardinal de Chatillon seinem Bruder, dem Admiral, anzeigt, es sei bei Hofe keine Gefahr mehr, wird dieser sich ihm anschließen. Der Admiral selbst schreibt, er sei zu ernstlichen Unternehmungen bereit; aber auf den Prinzen [de Conde] darf man nicht hoffen, denn er ist nicht nur schwach und feig, sondern auch ein eitler Narr, der ganz aufgeht in schändlichen Lüsten. De Genlis, der ihn doch durch heimliche Verräterei ins Unglück gebracht hat und schließlich schändlich zu den Feinden überging, steht in höchster Gunst; sein Bruder, der Bourges verraten hat, wird einer großen zahl der treuesten Freunde vorgezogen. Mit dem Herzog de Nemours ist er so vertraut, wie wenn der nie sein offener Feind gewesen wäre. Kurz, wenn de Conde nur sich im Schoß der Dirnen bergen kann, glaubt er König zu sein. Doch was man bei Euch von seiner Unterwerfung unter das Konzil von Trient erzählt, ist bloßes Gerede; denn er will durchaus nicht zugeben, vom evangelischen Glauben abgefallen zu sein. Es war eine Synode in Lyon angesagt, deren Abhaltung aber der König verboten hat. Schuld daran ist der Gouverneur, ein sonst ganz rechtschaffener, aber allzu ängstlicher Mann, der, weil er sich persönlich in acht nehmen wollte, die ganze Sache unmöglich machte. Wir haben den Brüdern geraten, was uns gut schien. Sobald sie uns berichten, was sie dazu meinen, wollen wir mit aller Macht danach streben, die Erlaubnis zu einer neuen Ausschreibung zu bekommen. Die Provence steht noch unter Waffen; in der Dauphine und Languedoc herrscht Ruhe; selbst von den Priestern und Mönchen haben viele bezeugt, sie wollten die Messe nicht mehr. Wenn ihnen niemand in den Weg tritt, werden sie also die Kirchen leer lassen.

Dein Brief mit der Mahnung, meine Vorlesungen über Jeremia dem Pfalzgrafen nicht zu widmen, kam zu spät, denn es war bereits geschehen. Ich hatte rechtzeitig unsern Kaspar um Rat gefragt und weiß nicht, weshalb er nicht geantwortet hat. Übrigens, wenn die Sache Anstoß erregt hat, so ist das leicht wieder gut zu machen; ich mache mir keine große Sorge, dass ich keine gute Aufnahme fände. Lebwohl, hoch berühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr erhalte dich gesund und segne dein Wirken. Allen Kollegen viele Grüße.

Genf, 12. August 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Madame de Coligny in Chatillon.

Nr. 742 (C. R. – 4003)

Vom Nutzen des Krankseins.

Madame, dass mein letzter Brief Ihnen ohne meine Unterschrift gesandt wurde, ist nicht aus Unbedacht oder Gleichgültigkeit meinerseits geschehen, sondern weil Herr Beza es sehr eilig hatte, der, während ich krank lag, die Briefe nahm und, ohne zu sehen, ob Unterschrift und Datum darauf stehe, sie versiegelte und einpackte. Doch es genügt ja, dass Sie errieten, von wem der Brief war; denn meine persönliche Unterschrift hätte nichts besonders Hübsches mehr dazugetan. Indessen will ich ein andres Mal besser darauf achten. Im Übrigen, Madame, danke ich Gott, dass er Ihnen wieder Genesung geschenkt hat von einer Krankheit, von der man wohl fürchten konnte, sie könnte zum Tode führen. Ich war freilich nicht in Sorge, gerade deswegen, aber ich habe doch stets Ihrer gedacht, denn mit gutem Recht liegen sowohl der Herr Admiral wie Sie allen wahren Dienern Gottes besonders am Herzen, zu denen ich hoffentlich auch gehöre, wiewohl ich der Unwürdigste unter ihnen bin. Sie wissen, Madame, wie wir unsern Gewinn suchen müssen aus den Züchtigungen, die wir von der Hand unseres guten Vaters empfangen, und auch aus der Hilfe, die er zur rechten Zeit wieder sendet. Sicher sollen alle unsere Krankheiten uns nicht nur demütigen, indem sie uns unsere Gebrechlichkeit vor Augen stellen, sondern sie sollen uns auch zur Selbstprüfung veranlassen, damit wir unsere Schwachheit erkennen und unsere Zuflucht zu seiner Barmherzigkeit nehmen. Sie sollen uns aber auch als Arznei dienen, die uns frei macht von den Leidenschaften dieser Welt und wegätzt, was überflüssig ist in uns. Sie sind ferner auch Botschaften vom Tode und sollen uns lehren, unsere Füße frei zu machen, um auszuziehen, wenns Gott gefällt. Indessen lässt er uns auch jedes Mal, wenn er uns davon befreit, seine Güte schmecken, wie es ja auch Ihnen, Madame, ganz nützlich war, die Gefahr zu erkennen, in der Sie waren und von der er Sie nun erlöst hat. So müssen Sie mit St. Paulo schließen: Welcher uns von solchem Tode erlöset hat und noch täglich erlöset, der wird uns auch hinfort erlösen [2. Kor. 1, 10]. Und so fassen Sie umso mehr Mut, sich in seinen Dienst zu stellen; denn bedenken Sie wohl, dazu hat er Sie erhalten. Ich bin sehr froh, dass der Herr Admiral sich entschließt, bei nächster passender Gelegenheit an den Hof zu gehen. Ich hoffe, diese Reise wird von großem Nutzen sein in verschiedener Beziehung, und wir bitten Gott, er wolle ihm Glück zur Reise geben.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, empfohlen halte, bitte ich unsern Gott und Vater, er wolle Sie stets in seiner Hut halten, Sie reich machen an seinen Geistesgaben, Sie allezeit leiten, damit sein Name an Ihnen gepriesen werde.

Genf, 5. August 1563.

Calvin, Jean – An Coligny in Chatillon.

Nr. 741 (C. R. – 4001)

Vgl. 736. Poltrot, der Mörder des Herzogs de Guise, hatte seine Behauptung der Mitschuld Colignys und der andern Führer zurückgenommen; der erwähnte Graf ist Odet de Chatillon, Graf de Beauvais, der jüngste Bruder Colignys (vgl. 664, 716). Er hatte schon 1561 bei seinem Übertritt zur reformierten Kirche auf seine Kardinalswürde verzichtet; als er aber 1563 nochmals feierlich abgesetzt und vor die Inquisition geladen wurde, legte er dem Papst zum Trotz die rote Kardinalstracht wieder an, nahm in ihr an Staatszeremonien teil und zog sie sogar später bei seiner Hochzeit an; auf das Ärgernis, das er damit gab, spielt Calvin in dem Satz von der roten Mütze an.

Über die Verteidigungsschrift; Kardinal de Chatillon.

Monseigneur, als wir Ihren Brief durch Herrn de Verace erhielten, merkten wir unsern Irrtum in Bezug auf den Druck Ihrer Verantwortung. Aber wir können uns leicht entschuldigen. Denn obwohl wir gehört hatten, die Abschrift, die Sie uns gesandt, könne bereits veröffentlicht werden, ließen wir es, da eine Verschiedenheit der Drucke sich doch schlecht ausgenommen hätte, trotz der recht späten Mitteilung anstehen bis zu Ihrem nächsten Brief, in dem Sie uns deswegen keine Schwierigkeit machten. So dachten wir nun, Ihre Meinung sei, wir könnten nun weitergehen, wie wir es auch taten. Nun, seit Herr de Verace gekommen ist, konnten wir nichts Besseres tun, als die Übersetzung besagter Verantwortung ins Lateinische und Deutsche anzuordnen und zu beschleunigen. Den französischen Abdruck der Kopie, die er uns brachte, wollten wir lieber noch hinausschieben bis zur Rückkehr unseres Boten. Nun werden wir nicht säumen, ihn zu beschleunigen, damit Sie sobald wie möglich zufrieden gestellt werden. Schlimm ists nur, dass bereits ein Teil des ersten Druckes verkauft ist; den Rest werden wir zurückbehalten.

Es tut uns recht leid, dass die Reise des Herrn Grafen sich verzögert hat, denn es wäre wünschenswert gewesen, dass er so schnell wie möglich an den Hof gekommen wäre. Doch wir sehen wohl, dass er guten Grund hatte, so zu handeln, sowohl um sich nicht in Gefahr zu begeben, als auch um die verborgene Stimmung am Hof zu prüfen. Fällt die Antwort aus, wie wir wünschen, so dient es sehr zu seiner und Ihrer Sicherheit und gibt Ihnen Anlass, einen bestimmten Entschluss zu fassen.

Was die rote Mütze betrifft, so wissen wir, dass die Sache nicht so wichtig ist, wie viele meinen; aber Sie wissen, Monsieur, es ist nicht unsere Sache, [Ihren Bruder] ganz freizusprechen oder gar seine Sache zu verteidigen; denn unsererseits könnten wir ihn nicht mit gutem Gewissen davon freisprechen, dass doch eine gewisse Schwachheit darin liegt. Es wird, scheints uns, genug sein, den Eifer derer, die sich zu sehr darüber ärgern, zu mäßigen, und die, die aufbegehren wollen, zur Ruhe zu weisen. So billigen wir zwar sein Tun nicht, aber wir finden, man könne es hingehen lassen und ihn deswegen doch achten, wie er es verdient. Was Sie betrifft, Monsieur, so danken wir Gott für Ihren Entschluss, sich auf den Weg zu machen, sobald der Herr Graf nach seiner Ankunft bei Hofe meldet, dass es dort nicht gar zu schlimm steht. Denn man hat während Ihrer Abwesenheit gemerkt, wie nützlich es gewesen wäre, wenn Sie stets dort geblieben wären, und es scheint sogar alles sich verschlimmern zu wollen, wenn Gott nicht bald dazu sieht, was er hoffentlich durch Sie tun wird. Da wir überzeugt sind, dass er Sie dazu aufbehalten hat, so bitten wir Sie, Monsieur, so sehr wir können, nicht die kleinste Gelegenheit dazu zu unterlassen; denn Ihr Anblick wird Ihre Feinde überraschen, wie die Sache auch stehe. In Bezug auf das Bündnis wollen wir Ihnen später einmal schreiben; denn zur Stunde könnten Sie ja auch nichts dafür unternehmen.

Indem wir uns Ihrer Gewogenheit ergebenst empfehlen, bitten wir den Vater im Himmel, er wolle Sie behüten, Sie stärken durch seine Kraft und Sie wachsen lassen in allem Glücklichen.

Genf, 5. August 1563.
Ihre ergebenen Diener
Johannes Calvin.
Theodor Beza.

Calvin, Jean – An Viret in Lyon (740).

Nr. 740 (C. R. – 3999)

Eine evangelische Synode war nach Lyon einberufen. Im Auftrag des Königs verbot der Gouverneur d´ Agoult ihre Abhaltung, als es schon zu spät war, sie abzustellen. Viret wandte sich deshalb um Rat an die Genfer Freunde.

Über das Verbot einer evangelischen Synode in Frankreich.

Es konnte kaum anders kommen, als dass die, denen nichts lieber wäre als eine Zersplitterung der evangelischen Kirche, Eure Synode zu hintertreiben suchten. Denn sie hoffen, wenn wir nicht mehr zusammenkommen könnten, so seien wir auseinander gerissenes Reisig; tatsächlich würde dann ja auch alles bald auseinander fallen, und böse Menschen könnten sich einer zügellosen Freiheit hingeben. So wird durch diesen Kunstgriff die evangelische Sache mehr geschädigt, als wenn die Feinde sie offen verfolgten. Also muss man der Gefahr entgegentreten und alles versuchen. Doch sind wir nicht dafür, dass eine Synode gehalten wird, ehe man vom König die Erlaubnis dazu erwirkt hat. Es scheint uns in dieser schwierigen Lage das Beste, dem König eine Bittschrift zu übergeben, wie wir sie [in beiliegendem] entworfen haben, damit Ihr daraus nehmen könnt, was Euch gut dünkt, wenn Euch überhaupt dieser Plan zusagt. Vernimmt man bei Hofe Eure bescheidene Sprache und Euren guten Willen zum Gehorsam, so lässt man sich zwar wohl nicht ganz umstimmen, aber die Härte wird doch gemildert und schädlich gemacht. Sobald wir Bericht von Eurer Meinung darüber haben, werden wir Euch nach Kräften unterstützen und hoffen doch, schließlich etwas damit zu erreichen. Da nun aber an manchen Orten Streitigkeiten entstanden sind, Zwistigkeiten zugenommen haben, einzelne frech und wild geworden sind, einige Gemeinden auch nach ihrer Willkür Pfarrer beriefen oder ablehnten, kurzum eine ungezählte Menge von Traktanden auf diese Synode zusammengekommen sind, so kam uns in den Sinn, man könnte es so machen, dass Ihr eine kleine Zahl Delegierte bestimmtet, die dann nach Genf kämen und, wenn sie dann auch nicht alle Streitigkeiten schlichteten, doch dafür sorgten, dass die Gemeinden nicht größern Schaden litten, wenn gar keine Untersuchung stattfände. Die Delegierten bekämen von jeder Gemeinde kurze erläuternde Schreiben mit und teilten dann nach ihrer Rückkehr das Resultat der Verhandlungen den Gemeinden wieder schriftlich mit; denn wenn auf französischem Gebiet irgendwelche Verhandlung stattfände, so böte das gleich zu Verleumdungen Anlass. Erwägt also, was das Beste ist. Lebwohl, trefflicher Mann und bester Bruder. Alle unsre Kollegen und Brüder lassen vielmals grüßen. Der Herr sei mit Euch.

Genf, 1. August 1563.
Deine Brüder und Kollegen
Johannes Calvin.
Theodor Beza.