Juda, Leo – Brief an Ambrosius Blarer, September 1534

Was liebt Gott mehr als Fürsorge für die Armen? Der Ueberbringer dieser Zeilen ist um Christi willen wiederholt vertreiben worden und hat unter dem Kreuze gelebt, ist aber im Bekenntniß nicht eines Fingers breit gewichen. Gott hat ihm bisanhin diese Standhaftigkeit erhalten; er ist’s daher werth, daß Alle um Christi willen sich ihn lassen empfohlen sein. Das Fleisch ist schwach; dieses muß man stets unterstützen, damit es nicht wanke. Deshalb empfehlen wir dir nun diesen Greisen; er ist nicht sowohl gelehrt als fromm, d.h. er zichnet sich weniger durch Gelehrsamkeit aus als durch viel Fleiß und Treue, was mir weit vorzüglicher scheint als jenes. Es ist bei ihm nicht Einfalt ohne Kenntnisse, sondern die Umsicht eines Greisen, durch lange Erfahrung erworben, so daß man nicht besorgen muß, er handle in irgend etwas blindlings und unbesonnen, wodurch Manche die Kirchen in vielerlei Schaden bringen.

Juda, Leo – Brief an Peter Choli, März 1534

Wir sagen Gott dem Vater hohen Dank, der dir solchen Sinn verliehen, daß außer jenen Gaben, die er dir reichlich im Zeitlichen und Leiblichen sowie im Seelenleben bescheert hat, auch das, was geistlich und göttlich ist, dir so sehr gefällt. Glück auf, edler Jüngling! Fahre so fort, wie du begonnen hast. Gott wird diesen Samen, den er in dein Herz gelegt hat, dereinst lassen rege werden, daß er aufs reichlichste Frucht trage, nicht bloß dir, sondern deinem ganzen Volke. Du aber versäume nicht die Gottesgabe, die in dir ist, versäume nicht die Gelegenheit und die günstige Zeit, die du mit christlicher Klugheit beachten wirst; denn klug müssen wir sein, nicht bloß einfältig und lauter. Ich hoffe aber der Sauerteig, der durch dich beigebracht werden soll, werde die ganze Masse umwandeln, so du nur recht knetest. Nicht leer wird Gottes Wort vorüber gehen, sondern Frucht schaffen bei denen, die Gott erwählt hat.

Ich zweifle nicht, daß Mehrere bei euch seien, die der Vater zum Heile bestimmt hat durch Christum und daß sie deßnahen dereinst die Stimme ihres Hirten frei öffentlich und sicher werden hören können. Sei du nur der treue und kluge Haushalter, der vom Herrn belobt wird, daß er zu seiner Zeit einem jeden sein Theil vorzulegen gewußt habe. Der Herr erhalte dich lange seinem Volke, theurer Petrus!

Leo Juda – Fragment

Luther und die Seinen scheuen sich nicht, durch die unfläthigsten Pamphlete, Gedichte und Sarkasmen das Leben und die Lehre der frömmsten Helden sogar nach ihrem Tod anzugreifen und in den Koth zu ziehen, den Geiern und raubsüchtigen Harpyien gleich, die sich an den Leichen laben und weiden … Wer hat jemals unter Euch die Vertheidigung der Sache Christi übernommen? Ist es nicht schändlich, daß Luther allein Alles thut? Von Oekolampad und Zwingli ist keine Rede. Luther wüthet, donnert und blitzt, wie wenn er Jupiter selber wäre, und schleudert seine Bannflüche gegen uns und wir sind in Euern Augen die Friedensstörer! Es ist also das Schaf, das dem Wolf das Wasser trübt! Hat denn Elias die Kirche verwirrt, weil er sich gegen Ahab erhob? War Christus ein Verführer, weil die Pharisäer ihn dessen beschuldigten? … Er könne,“ hieß es weiter „, bei aller Anerkennung der Verdienste Luther’s nicht ertragen, daß Dieser die Schweizer Schüler des Teufels und Ketzer nennt, und daß vor ihm und seinem Auszischen nicht einmal die Todten sicher sind.“ Den Straßburgern gab er zuletzt zu bedenken, „daß sie doch nicht, um dem Kaiser und den Lutheranern zu gefallen, vielen Tausend Frommen mißfallen möchten