Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (329)

Vgl. 327. Calvin weilte als Gast in Lausanne.

Bitte um ein Gutachten über Bolsec und um Hilfe für die französischen Protestanten.

Ich muss diese paar Worte diktieren, weil mich das Kopfweh ans Bett fesselt. Der Überbringer meines Briefes ist der Schwiegervater meines Bruders. Er wird mir also treulich berichten, was du ihm aufträgst. In bezug auf Euer gemeinsames Gutachten [über Bolsec] habe ich wohl das Vertrauen, dass es in einer so gerechten frommen Sache für Euch kein Zögern und keine Schwierigkeit geben kann; aber ich bitte bei unsrer Freundschaft dich und Sulzer doch noch persönlich, die Sache in die Hand zu nehmen. Unser Rat ist zwar recht gestimmt; aber es ist sehr wichtig, dass er erfährt, dass Eure Kirche darin mit uns einig ist.

Auch etwas anderes möchte ich nicht weniger dringend von dir und den übrigen Brüdern erreichen; aber weil ich darum gar nicht ängstlich zu bitten brauche, genügt es wohl, es Euch nur zu melden; denn ich zweifle nicht daran, dass Ihr dann beide die Sache eifrig betreiben werdet. Kürzlich sind vom König von Frankreich gegen die Frommen mehr als furchtbare Edikte erlassen worden, in denen nichts von der Verfolgungswut fehlt, die alles vertilgen möchte, was im Reiche männlichen Geschlechtes ist. [2. Mose 1, 22]. Wenn schon vorher die Mehrzahl der Richter und Statthalter glühten, wo wird nun nicht nur deren Wut erhöht, sondern auch die Milderen werden wie gedungene Fechter mit heftigen Drohungen gezwungen, unschuldiges Blut zu vergießen; schon sind auch die Scheiterhaufen an mehreren Orten entflammt. Nur ein Mittel gibt’s, das diese Verfolgungswut mildern könnte, nämlich, dass die Schweizer, die der gesunden, reinen evangelischen Lehre anhängen, sich als Fürbittende anbieten. Vielleicht wird in diesen Kriegswirren ihr Ansehen mehr vermögen als irgendetwas sonst. Weil ich fest davon überzeugt bin, dass Euch die Angelegenheit, wie es Eurer Frömmigkeit ziemt, am Herzen liegt, so unterlasse ich es, mehr zu sagen. Lebwohl, von Herzen verehrter Bruder. Grüße alle Kollegen und Freunde angelegentlich. Der Herr leite Euch mit seinem Geiste und behüte Euch mit seinem Schutze.

Lausanne [Nov. 1551].
Euer
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (284)

Vgl. Nr. 283.

Wie der Consensus zu Stande kam.

Es hatte mir schon ein Freund berichtet, du seiest etwas erzürnt, weil wir über das Abendmahl, ohne mit Euch zu beraten, eine schriftliche Consensusformel in Zürich zurückgelassen hätten. Aber weil du ihm gesagt hattest, du werdest dich deswegen mit mir auseinandersetzen, so habe ich meine Entschuldigung bisher hinausgeschoben. Nun aber, da ich von unserm Bruder Farel erfahre, du behauptetest, allen Grund zu haben, dich beleidigt zu fühlen, so glaubte ich, nicht mehr länger zögern zu dürfen, dir wenigstens in ein paar Worten auseinanderzusetzen, wie die Sache ging. Denn ich bin überzeugt, eine eigentliche Verteidigung ist gar nicht notwendig; sondern wenn ich einfach die Geschichte erzähle, wirst du ganz zufrieden gestellt sein.

Zwischen mir und Herrn Bullinger war die Frage privatim hin und her erörtert worden. Da unserm lieben Farel die Hoffnung auf eine Einigung einleuchtete, mahnte er mich unaufhörlich, zu öffentlicher Verhandlung nach Zürich zu reisen. Ich, aus Naturanlage oder Trägheit Langsamer, war nicht dazu bringen, seiner Mahnung zu folgen, bis sich wider Erwarten ein andrer Anlass bot. Ich trat ganz rasch die Reise an, an die ich zwei Tage vorher noch nicht gedacht hatte. Meine vertrautesten Bekannten wissen, wie rasch mein Entschluss war. Zunächst nach Neuchatel reisend, überredete ich Farel ohne Schwierigkeit, den Versuch mit mir zu wagen, ob wir uns zu einer frommen Einigung verbinden könnten. Unsere erste Zusammenkunft segnete Gott, wie ich es gar nicht zu hoffen gewagt hatte und überhaupt niemand es nach dem ersten Anfang hoffen durfte, so dass innert zwei Stunden unter uns festgesetzt war, was Ihr jetzt lest. So muss also Farel, wie er sich rühmen kann, diese Verhandlung, ohne dass andere dafür sorgten, veranlasst zu haben, auch die Schuld, wenn es eine ist, allein tragen.

Übrigens glaube ich nicht, dass Ihr an der Lehre selbst etwas auszusetzen habt. Wenigstens Herr Butzer, dessen Urteil wir unsern Consensus, wie es sich ziemte, unterbreiteten, nimmt ihn gerne an. Wir konnten Euch nicht im Voraus anzeigen, was uns nie in den Sinn gekommen war. Wenn du einwirfst, zuallerletzt sei noch der Fehler begangen worden, indem die Sache in der Schwebe hätte bleiben sollen, bis auch Eure Kirche um ihre Meinung gefragt worden, so ist für Farel und mich die Entschuldigung gleich zur Hand. Wir waren nämlich dahin übereingekommen, unser Consensus solle nicht veröffentlicht werden, ehe er auch von Euch gebilligt sei. Wir wollten sogar die Aufgabe übernehmen, Euch darüber Bericht zu bringen. Da aber unsere Brüder von Zürich es nicht für nützlich hielten, so wagten wir es nicht, allzu eifrig unsere Hilfe anzubieten. Wir umgingen auch auf ihren Rat Bern auf der Rückreise. Sonst wäre uns beiden nichts erwünschter gewesen, als Euch zu besuchen. Seid Ihr also übergangen worden, so darfst du mir oder Farel darob nicht zürnen. Denn die Zürcher haben es übernommen, die Verantwortung dafür zu tragen. Freilich denke ich, dass sie wohl aus irgendeiner andern Ursache und nicht aus Verachtung für Euch so gehandelt haben. Denn es wurde von Euch nur mit Ehrerbietung und Wohlwollen unter uns gesprochen. Wenn du dich freundschaftlich an sie wendest, hoffe ich, sie werden dich zufrieden stellen, wie dein Herz es wünscht. Sie werden keinen Dienst, den sie Euch schuldig sind, verweigern. Lebwohl, trefflicher Mann und verehrter Bruder im Herrn. Der Herr Jesus sei stets mit dir und leite dich. Grüße die Kollegen und die übrigen Freunde angelegentlich von mir.

Genf, 26. November 1549.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (195)

Vgl. 190. Valerand Poulain hatte Fräulein von Wilerzy in Basel vor Gericht gezogen.

Richtigstellung von Behauptungen Poulains.

Ich war sehr verwundert, als ich hörte, der Prozess, den Valerand gegen Fräulein von Wilerzy angestrengt habe, sei noch bei Euch anhängig. Ich hätte nie gedacht, dass man in Basel solch langwierigem Verfahren Raum gebe. Ich wage es zwar nicht und wünschte es auch nicht, in der mir nicht genügend bekannten Sache ein Urteil zu fällen; aber soviel ich von zuverlässigen Zeugen höre, ist die Sache nicht so verworren, dass sie nicht rasch abgewickelt werden könnte. Um Valerand selbst tut es mir leid, denn von dem hatte ich früher etwas Gutes erwartet. Doch, offen gestanden, es ist eigentlich gekommen, wie ich gefürchtet; denn er hat auch schon früher guten und vernünftigen Leuten allerlei Anzeichen seines Leichtsinns gegeben. Darin freilich sehen wir uns alle getäuscht, dass er jetzt wie ein ganz schamloser Mensch sich so dem Gespött preisgibt, dass er ein Mädchen, das wahrhaftig solche Schmach nicht verdient hat, in schlechten Ruf bringt mit sich selbst. Was erreicht er damit, als dass er selbst als ein Mensch ohne Schamgefühl sich lächerlich macht? Ich sage das nicht etwa, damit du ihn mahnen sollst, weil ich nicht zweifle, dass du schon jedes Mittel versucht hast, und weil ich bei der Frechheit seines Charakters auch gar nicht die Hoffnung hege, dass Ermahnungen etwas nützen könnten. Gewiss wünschte ich ja auch, er möchte zu seiner früheren Gesinnung zurückgebracht werden, aber ich habe es bereits an einem Brief erfahren, dass man an einen Tauben hinredet, wenn man ihm etwas Vernünftiges raten will. Ich habe ihn ruhig und in aller Bescheidenheit zurechtgewiesen. Er antwortete, als ob er von mir entsetzlich beleidigt worden wäre. Dass er in seiner Antwort eine solche Wut, ja eine so ungeordnete Geistesverfassung an den Tag legte, verzeihe ich ihm gern. Aber dass er kein Bedenken trug, soviel ich höre, vor Eurem erlauchten Rat sich zu rühmen, mein Brief sei eine Verteidigung seiner Sache, das ist eine Unwahrheit, die ich nicht hinnehmen darf. Da er ja alles ausschwatzt, sehe ich nicht ein, was die Richter so lange aufhält. Er bringt Zeugen vor. Er hat ja aber doch kürzlich an Farel geschrieben, die Sache sei in Gottes Gegenwart, aber ohne menschliche Zeugen, abgemacht worden. Durch eine lange Reihe von Kleinigkeiten macht er die Sache verwickelt. Weshalb, wenn nicht, um den Richtern Sand in die Augen zu streuen? Sie sind zu geduldig mit ihm, wenn sie zugeben, dass er so seinen Spott mit ihnen treibt. Ich halte es für deine Pflicht, dem Mädchen, das du so bösartig gequält siehst, mit deinem Urteil zu Hilfe zu kommen, und damit zugleich dafür zu sorgen, dass der Frechheit dieses unverschämten Menschen Einhalt getan wird. Da es aber auch in meinem eigenen Interesse liegt, dass die Verleumdung, die er mir angetan hat, zunichte gemacht wird, so bitte ich dich, den Richtern und dem Rat zu melden, dass es reinweg erlogen ist, was er von meinem Briefe prahlt. Ich möchte nicht für so leichtsinnig gelten, als ob ich in einer so bösen und gemeinen Sache den Verteidiger machte. Ich habe von ihm vier Briefe erhalten in dieser Sache, Schimpfbriefe, voll hitziger Redensarten. Er hat von mir nur einen, in dem seine Tat maßvoll verurteilt wird. Unverschämt handelt er also, wenn er sich auszureden sucht mit meinem Namen. Kommt es anders heraus [als ich sage], so weigere ich mich nicht, die Schmach auf mich zu nehmen. Glaube nicht, dass es Ehrgeiz sei, wenn ich um meinen Ruf besorgt bin. Wo bliebe die Achtung vor unserm Amt, wenn ein solcher Verdacht auf uns sitzen bliebe? Denn ich zweifle nicht, dass er auch anderer Leute Namen missbraucht hat. Du tust also etwas, was ganz deiner ernsten Amtstreue entspricht und durchaus nicht etwa deiner Pflicht als Pfarrer nicht anstünde, wenn du dich bei den Richtern gegen die Frechheit dieses Menschen ins Zeug legst, damit sie sie durch ihren Machtspruch etwas im Zaum halten.

Lebwohl, hochverehrter Bruder im Herrn und hochberühmter Mann. Der Herr leite dich stets samt deinen Kollegen und segne Euer Amt. Allen Freunden und deiner Frau viele Grüße.

Genf, 1. Mai 1547.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (167)

Calvin als Freund des jungen Mannes.

Ein Kaufmann aus einem der ersten hiesigen Bürgerhäuser, der mir sehr befreundet ist, möchte seinen Sohn, einen gescheiten und artigen Knaben, nach Basel schicken, um Deutsch zu lernen, wenn er dort einen rechtschaffenen Mann findet, der ihm tausch weise seinen Sohn senden wollte, so dass der gegenseitige Unterhalt der Knaben sich ausgliche. Nun hat er vernommen, du habest einen Neffen, dessentwegen du mit jemand gesprochen habest. So bat er mich, ich möchte dich bestimmter über dein Vorhaben anfragen, ob es sich wirklich so verhalte. Gefällt dir der Vorschlag, so kommt dein Neffe zu einer anständigen, rechtschaffenen Familie. Ich bitte dich, mir sobald wie möglich Bericht zu geben, damit es nicht aussieht, als wäre ich in der Angelegenheit meines Freundes lässig gewesen. Lebwohl, bester hochverehrter Bruder und Kollege.

Genf, 1. Mai 1546.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (128)

Die so genannte Pestverschwörung in Genf, an die auch Calvin fest glaubt, ist eine Ausgeburt des Hexenwahns, den auch die Reformation nicht überwand. Papst Paul III. hatte an Karl V. eine väterliche Ermahnung zur schärferen Bekämpfung der Ketzerei geschrieben, die Calvin mit bissigen Bemerkungen herausgab.

Von der Pestverschwörung und der Verfolgung in der Provence.

Meinen besten Dank, dass du mir mitgeteilt hast, was du vom Kaiser und vom Reichstag hörtest. Dass du meinen Brief aus Versehen aufmachtest, verzeihe ich dir nicht, weil es gar keine Sünde war. Hier sucht uns der Herr erstaunlich heim. Denn vor kurzem wurde eine Verschwörung von Männern und Weibern entdeckt, die seit drei Jahren die Pest in der Stadt verbreiteten, durch ich weiß nicht welche Giftmischerei. Obwohl fünfzehn Weiber verbrannt, einige Männer noch grausamer hingerichtet worden sind, einige im Kerker selbst den Tod suchten, noch fünfundzwanzig gefangen gehalten werden, hören sie doch nicht auf, jeden Tag die Haustürschlösser mit ihren Salben zu bestreichen. Sieh, in welcher Gefahr wir schweben. Gott hat bisher unser Haus unversehrt erhalten, obwohl es schon mehrmals angegriffen wurde. Gut ist nur, dass wir uns in seinem Schutze wissen.

Lebwohl, trefflicher Mann und sehr verehrter Bruder.

Genf, 27. März 1545.

Der Überbringer, ein dir nicht unbekannter Edelmann, wird dir erzählen, wie große Nöte unsere Brüder in der Provence drücken. Weil ich weiß, dass dir ihre Rettung, wie sichs gehört, am Herzen liegt, so bitte ich nur, dass du dich, wenns Zeit zum Handeln ist, ihnen gegenüber als den Mann bewährst, als den wir dich kennen. Vor allem beschloss man, die Sache Butzer zu melden, damit er bei seiner Obrigkeit frage, ob man etwa günstigen Einfluss auf den König von Frankreich ausüben könne.

Grüße deine Frau und alle Freunde angelegentlich

Dein

Johannes Calvin.

Den ersten Bogen meines Buches schicke ich dir. Die Antwort auf die Schrift des Papstes ist hier gedruckt worden. Ich denke, sie wird in den Buchhandlungen aufliegen. Ich habe noch kein ganzes Exemplar zur Hand.

Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (115)

Auf dem Reichstag zu Speyer hatten die deutschen Protestanten ihre Hilfe im Krieg gegen Frankreich zugesagt, und das Heer, mit dem der Kaiser in Frankreich einfiel, war zum großen Teil protestantisch.

Von der Stellung der deutschen Evangelischen im Krieg gegen Frankreich.

Die Nachricht von den Kriegsrüstungen des Franzosen, die du von mir wünschtest, wirst du, glaube ich, jetzt gar nicht mehr nötig haben. Denn du siehst ja die Schweizer ihm zulaufen, und jedenfalls ist jetzt auch in Basel allgemein bekannt, was er für Pläne hat. In der Champagne ist ein Städtlein, Chatillon geheißen. Dorthin zieht er seine Truppen zusammen, um dort zu warten, bis der Kaiser heranrückt. Dabei hat er aber genügend starke Besatzungen in den irgendwie festen Städten. Schätzt man die Kräfte der beiden Gegner ab, so schwebt das französische Reich in großer Gefahr. Doch steht der Ausgang in Gottes Hand.

Wie jetzt die Weltlage ist, müssen wir alle wünschen, dass dem allzu ungestümen Mut des Kaisers Einhalt getan werde. Denn wenn es Frankreich ernstlich schlimm geht, so wird das, glaube es mir, auch über uns hereinbrechen. Denn ist Frankreich gebrochen und unterworfen, so ist gewisser als gewiss, dass dann der Kaiser seine siegreichen Waffen gegen uns [Evangelische] kehren wird. Kommt es aber zu irgendeinem Ausgleich, so wird der König, fürchte ich, die evangelischen Deutschen ganz der Raubgier des Kaisers preisgeben, um das Unrecht zu rächen, das sie ihm getan haben. Und wer will leugnen, dass er dabei Recht hätte? Gott hat sicher an dem Tag unsere [Glaubensgenossen in Deutschland] verblendet, sich selbst in ihren Untergang zu stürzen, als sie sich mit dem Kaiser verbündeten zur Vernichtung Frankreichs, das doch bisher das Bollwerk ihrer Freiheit und ihres Wohlergehens war. So müssen wir denn, als in einer ganz verzweifelten Lage, lernen, auf den Herrn zu schauen.

Da du mein Büchlein [an den Kaiser] nicht gern entbehrst, schicke ich dir eins. Lebwohl, bester Mann und trefflichster Bruder. Der Herr behüte dich samt Eurer Kirche und allen deinen Kollegen, die ich in meinem und unsrer aller Namen zu grüßen bitte.

Genf, 24. Juni 1544.

Dein Johannes Calvin.

Luther an Myconius

Luther an Myconius

Gnade und Friede in Christo! Ihr schreibt gar betrübte Dinge von D.(Draconites), lieber Friedrich, aber wie des Menschen Art ist, so sehe ich nicht, was ich rathen kann. Ich habe aber doch ziemlich ernst an ihn, wie mir dünkt, geschrieben, ob etwas helfen würde. Er schreibt Entschuldigungen zurück, aber die nichts taugen; von denen ich geschrieben, daß ich sie nicht einmal hören wollte. Ich sehe auch nicht, was es nütze, wenn die Sache hundertmal nach Hofe käme und durch des Fürsten Ansehen versucht würde. Er hat einen Kopf, der wenn er nicht vom Himmel geändert wird, so wird weiter nichts herauskommen, als daß er uns immer vorsinge: Gebuet hin, gebeut her; gebeut hin, gebeut her. Ich halte indessen, daß man ihn bis zur Kirchenvisitation warten lassen müsse. Unter der Zeit muß man ihn mit der ungeduldigsten Geduld tragen. Der Herr sei mit euch! und betet ihr für mich armen und schwachen Mann. Wittenberg, Sonnabends nach Himmelfahrt, 1528.

Martin Luther

Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde.
Siebenter Band, Erstes Hef
Jena
Friedrich Frommann
1867

Melanchthon an Myconius

Sage dem Pfarrer von Waltershausen in meinem Namen, er möge sein Loos geduldig ertragen und sogut es angeht sich selbst bemühen, mit Hülfe des Magistrats den Gehalt von seinen Gläubigern zu erzwingen, denn etwas anderes kann vorläufig nicht bestimmt werden. Du kennst ja die überaus große und unerträgliiche Nichtswürdigkeit des gemeinen Volkes, von dem ich fürchte, daß es über kurz oder lang seine schwere Strafe erhalten wird für seine Ruchloosigkeit. Glaube mir, das Gericht ist nicht fern. Der Charakter des Doctors (Draco) in eurer Stadt ist mir immer verdächtig gewesen. Du hast ihn mehr gehört als nöthig war. Allein wir wollen ertragen, was nicht mehr zu ändern ist; Alles aber will ich lieber thun, als etwas an den Hof bringen. Lebewohl und schreibe mir sobald du kannst. Am Tage Bonifacii.

Philippus
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Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde.
Siebenter Band, Erstes Hef
Jena
Friedrich Frommann
1867

Melanchthon an Myconius

Ich habe den Draco ermahnt, für die Ruhe seiner Kirche zu sorgen und aufzuhören, mit seinem Kirchendiener in Streit zu leben. Solcher Wirren im Gemeindewesen ist es genug des Ärgernisses, welches nur das Ansehn des Evangeliums herabdrückt; wiir müssen vielmehr diese inneren Zwiste beschwichtigen. Ich weiß nicht, was noch aus ihm werden soll. Ermahne doch die Behörde, daß sie ihn zur Ruhe verweise, wenn er sich nichht in sie schicken will. Um solche Lappalien an den Hof zu bringen, ist der Fürst viel zu beschäftigt, als alle solche Dinge kennen zu lernen und in Erwägung ziehen zu können. Lebt wohl, lieber Friedrich, und bitte Gott, daß er uns Frieden verleihe. Sonntag Exaudi.

Phil. Melanchthon.

Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde.
Siebenter Band, Erstes Hef
Jena
Friedrich Frommann
1867

Theodor Bibliander an Oswald Mykonius

Dem frommen und weisen Oswald Myconio, Bürger zu Zürich, meinem guten Freund und Gönner.

Bei der letzten Leipziger Messe, welche zu Michaelis abgehalten wurde, schickte ich Briefe dorthin, welche ich St. Galler Kaufleuten übergeben ließ, vor allem einen an Dich, worin ich meine sämtlichen Reiseerlebnisse mitteilte, wie ich meine Aufträge ausgerichtet und welches mein Schicksal von meinem Abschied an bis auf diesen Augenblick gewesen sei. Da Du, wie ich hoffe, jenen Brief erhalten hast, will ich nicht wiederholen, was darin stand, nur das Eine, dass Johannes Frumentarius, Geheimer Rat des Herzogs von Württemberg, sich viele Mühe gegeben hat, dass die Briefe und Schriften, welche Zwingli und Oekolampadius aufgegeben, so gut und zuverlässig als möglich besorgt würden. Nun vernimm meine persönlichen Nachrichten!

Ich bin körperlich gesund, fühle mich aber geistig nicht wohl teils wegen minder wichtiger Dinge, die ich übergehen kann, teils darum, weil ich von Euch keine Briefe bekomme, was ich mit ruhigem Gemüte nicht mehr zu ertragen vermag. Wie dies mich beunruhigt, kann ich kaum ausdrücken. Daher, bester Myconius, gib Dir Mühe und sinne doch auf Mittel, damit ich einmal einen Brief von Dir erhalte, wenn es nicht öfters sein kann. Durch St. Galler Kaufleute, welche die Leipziger Messe besuchen, könnte es wahrscheinlich wohl geschehen, dass ich von Euch Nachricht erhielte. Wenn irgend eine Gelegenheit sich darbietet, so beschwöre ich Dich, dass Du sie nicht vernachlässigst. Wenn Du mir aber schreibst, so vergiss nicht zu sagen, ob Du etwas von meinen Büchern weißt oder etwas darüber erfahren kannst; denn bis auf den heutigen Tag habe ich kein Wort davon vernommen. Ich weiß, dass Du dies mit Deiner gewohnten Güte und Umsicht für mich wohl besorgen wirst.

Die Schule hier hat wenig Zuwachs, ich weiß nicht, ob durch die Ungunst der Zeit, welche die Schulen so ziemlich in Abnahme bringt?

Der Fürst selbst steht fest im Glauben, als ein Vorbild der Fürsten steht er da für Christum. Das Verständnis des Abendmahles beginnt immer Mehreren aufzugehen, ob auch Papisten und Lutheraner widerstreben. Übrigens ist der Gebrauch (Form) nicht wiederhergestellt worden, außer bei den Wiedertäufern, deren Halsstarrigkeit, wie ich beiläufig bemerke, man aufs Strengste zu unterdrücken und zu bezwingen unternimmt.

Mehr zu schreiben will der eilende Briefbote dies Mal nicht erlauben. Wenn ich wieder einen Boten und Zeit haben werden, so will ich Dir ausführlich über Alles schreiben. Denn ich hätte mit Euch (den Zürchern) Mehreres schriftlich zu verhandeln. Grüsse von mir die ganze christliche und wissenschaftliche Genossenschaft bei Euch und sage besonders Deiner guten Gattin meinen besten Gruss. Das will ich noch beifügen, dass von den Straßburgern Briefe hier angekommen sind, von den Zürchern keine. Wie das kommt, darüber kann ich mich nicht genug wundern.

Liegnitz den 11. December 1527.

Theodor Buchmann, immer und von Herzen der Deine.