Albrecht, Cardinal und Erzbischof zu Mainz und Magdeburg, an Luther.

Lieber Er Doctor! Ich hab Euern Brief, welchs Datum stehet am Sonntag nach Katharine empfangen und verlesen, und zu Gnaden und allem Guten angenommen, versehe mich aber gänzlich, die Ursach sei längst abgestellt, so Euch zu solchem Schreiben bewegt hat.

Und will mich, ob Gott will! dergestalt halten und erzeigen, als einem frommen geistlichen und christlichem Fürsten zustehet, als weit mir Gott Gnade, Stärke und Vernunft verleihet, darumb ich auch treulich bitte und lassen bitten will. Denn ich bin von mir selbs niichts vermag, und bekenne mich, daß ich bin nöthig der Gnaden Gottes, wie ich denn ein armer sündiger Mensch bin, der sündigen und irren kann, und täglich sündiget und irret, leugne ich nicht; ich weiß wohl, daß ohne die Gnade Gottes nichts Guts an mir ist, und sowohl ein unnützer stinkender Koth bin, als irgend ein ander, wo nicht mehr.

Das habe ich auf Euer Schreiben gnädiger Wohlmeinung nicht wollen bergen, denn Euch Gnade und Guts umb Christus willen zu erzeigen, bin ich williger denn willig. Brüderliche und christliche Strafe kann ich wohl leiden. Hoffe, der barmherzige, gütige Gott werde hierin fürder Gnade, Stärk und Geduld verleihen, seins Willens in dem und anderm zu leben. Datum Halle, am Tage Thomae Apostoli, Anno 1521.

Albertus manu propria.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Dritter Band.
Briefe vom Dezember 1520 – August 1522
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1889