Melanchthon, Drach, Bucer, Corvinus, Pistorius, Frecht, Musculus, Brenz und Dietrich – Empfehlungsschreiben für einen Griechen

der aus seinem Vaterland sich geflüchtet hatte und zu Loskaufung seines in türkischer Gefangenschaft befindlichen Bruders um Beiträge bat.

(Von Brenz während des Gesprächs in Regensburg 1541 verfaßt.)

Gruß dem Leser. Während des Regensburger Gesprächs kam zu uns Vorzeiger, Franz Magera, ein Grieche, über den wir uns, da wir fanden, daß er gut griechisch spreche und schreibe, aus verschiedenen Gründen freuten, daß wir uns mit ihm unterhalten, namentlich über die gelehrten Anstalten und Kirchen jenes Volks, das einst in besonderem Ruf der Gelehrsamkeit, Tapferkeit und Frömmigkeit stand, fragen konnten.

Er theilte uns nun mit, daß er in einer Stadt von Achaja, im Alterthum Paira genannt, geboren sei und dort als Lehrer die Jugend in den griechischen Rednern und Dichtern unterrichtet habe. Die Reste des griechischen Volks, die hin und wieder zerstreut sind, halten mit großer Zähigkeit an der wahren Lehre und Religion Christi fest und suchen so viel möglich den Schatz des Wissens unter so großem Ungemach zu erhalten. Nachdem aber jene Stadt, in der er der Schule vorstund, von den Türken genommen und eine große Zahl ihrer Bürger grausam hingeschlachtet war, sei er nach wunderbarer Errettung mit Wenigen den Feinden entronnen und wolle lieber unter christlichen Königen in der Verbannung leben, als unter den Türken in seinem Vaterland bleiben, die als barbarische Sieger mit Stolz und Grausamkeit die Unterworfenen beherrschen. Weil ihm das Unglück seines Vaterlands und seiner meisten Gemeinden nahe geht, schrieb er eine „MAhnung an den durchlauchtigsten unüberwindlichen Kaiser Karl V.“, er möchte die Türken bekriegen und Griechenland von seiner elenden Knechtschaft befreien.

Als wir uns vielfach nach den Kirchen- und Lehrmeinungen erkundigten, beantwortete er das Meiste mit ziemlicher Gelehrsamkeit und setzte uns die Bräuche und Ansichten der griechischen Kirche so auseinander, daß man sieht, er sei in der Kirchenlehre wohl bewandert, hänge an den heiligen Gebräuchen mit Liebe und ehre Christum den Sohn Gottes, unsern Erlöser, mit frommem Sinn. Und da wir während eines zweimonatlichen vertrauten Umgangs seine Sinnesart wohl beobachten konnten, bezeugen wir, daß er einen sanften, ehrbaren Charakter habe.

Nun erzählt er, daß sein Bruder in Gefangenschaft gerathen sei, und um ihn loszukaufen und aus der tyrannischen Knechtschaft zu befreien, bittet er um eine Beisteuer. Es ist fromme Pflicht, an dem Unglück des griechischen Volks Theil zu nehmen, das nicht nur die übrigen Völker in Literatur und Gelehrssamkeit unterrichtete, sondern lang und aufs Tapferste die türkischen Waffen aufhielt, zurückschlug und von dem übrigen Europa fern zu halten versuchte, und nicht ihrer Tapferkeit, sondern einem schrecklichen Verhängniß zum Opfer fiel, das auch den übrigen Völkern ähnliche Niederlagen droht, wenn wir nicht durch unseree Besserung den Zorn Gottes versöhnen.

Es ziemt uns daher, indem wir unsere Gefahr bedenken und Gott um seinen Schutz anflehen, mildthätig gegen jene Unglücklichen zu sein, die unter dem Druck türkischer Grausamkeit schmachten. Und vornämlich wollen wir die Noth ihrer Gelehrten zu lindern suchen, da die Kirche der Denkmale griechischer Sprache so sehr bedarf.

Regensburg, 9. Mai 1541.

Phililpp Melanchthon\\
Martin Bucer\\
Johann Pistorius\\
Wolfgang Musculus\\
Veit Dieterich\\
Johann Drach\\
Anton Corvinus\\
Martin Frecht\\
Johann Brenz

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Wolfgang Musculus an die Bürgermeister Herwart und Seitz

12.4.1541

Ernveste f., w., günstige und gepietende herren!

Wie es mich, eh und ich hieher gen Regenspurg von eim ersamen, weisen radt geschickt worden, je und je geahnet hat, also findt es sich jetzund im werck, nemlich daß man das offenlich gesprech in der h. christlichen religion nit werde lassen auf disem reichstag seinen furgang haben. es haben schon unsere religion-stend kaiserlicher mt. verwilliget, daß man wenig personen solle, die seine mt. dargeben wurde, zusamen setzen, doch daß kais. mt. dieselbigen benenne und sie unserm theil auch onbeschwerlich seien. dieweil man nun, es gang, welchen weg es wolle, das wormbsisch gesprech hett lassen fallen und understanden dise wichtige sach in ain enge zu ziehen, kann ich nit erachten, daß mein gegenwertgheit allhie weiter möge nutzlich sein, bitte deßhalben, e. f. w. welle daran sein, daß ein erb. radt mich widerumb zu der kirchen haim beruffe, damit ich nit hie vergeblich zeit und weil verzere, sonder, so vil mir Gott verlichen, der kirchen im wort des herren diene, dann ich je nit kann mit gutem gewissen auf dise weis von der kirchen sein, deren ich zur besserung furgestelt bin. wa es aber uber ein zeit darzu keme, daß meiner gegenwertigheit begert wurde, kann ich doch mit der hilf Gottes allwegen zu guter zeit widerumb herab kumen.

Der allmechtig welle e. f. w. in seinen gnaden bestendig zu seinem lob und gemeiner statt wolfart erhalten. Geben zu Regenspurg 1541, 12. aprilis.

E. f. w.
untertheniger W. Meißlin

F. Roth – Zur Geschichte des Reichstages zu Regensburg im Jahre 1541
in: Archiv für Reformationsgeschichte
herausgegeben von Walter Friedensburg
Nr. 9
3. Jahrgang
Heft 1
Berlin
C.A. Schwetschke und Sohn
1905

Wolfgang Musculus an die Bürgermeister von Augsburg

Musculus an die Bürgermeister Herwart und Seitz, dd. 12. April 1541.

Ernveste f., w., günstige und gepietende herren!

Wie es mich, eh und ich hieher gen Regenspurg von eim ersamen, weisen radt geschickt worden, je und je geahnet hat, also findt es sich jetzund im werck, nemlich daß man das offenlich gesprech in der h. christlichen religiion nit werde lassen auf disem reichstag seinen furgang haben. es haben schon unsere religion-stend kaiserlicher mt. verwilliget, daß man wenig personen solle, die seine mt. dargeben wurde, zusamen setzen, doch daß kais. mt. dieselbigen benenne und sie unserm theil auch onbeschwerlich seien. dieweil man nun, es gang, welchen weg es wolle, das wormbsisch gesprech hett lassen fallen und understanden dise wichtige sach in ain enge zu ziehen, kann ich nit erachten, daß mein gegenwertigkeit allhie weiter möge nutzlich sein. bitte deßhalben, e. f. w. welle daran sein, daß ein erb. radt mich widerumb zu der kirchen haim beruffe, damit ich nit hie vergeblich zeit und weil verzere, sonder, so vil mir Gott verliehen, der kirchen im wort des herren diene, dann ich je nit kann mit gutem gewissen auf dise weis von der kirchen sein, deren ich zur besserung furgestelt bin. wa es aber uber ein zeit darzu keme, daß meiner gegenwertgheit begert wurde, kann ich doch mit der hilf Gottes allwegen zu guter zeit widerumb herab kumen.

Der allmechtig welle e. f. w. in seinen gnaden bestendig zu zu seinem lob und gemeiner statt wolfart erhalten. Geben zu Regenspurg 1541, 12. aprilis.

E. f. w.
untertheniger W. Meißlin

Archiv für Reformationsgeschichte
III. Jahrgang 1905/1906
herausgegeben von Walter Friedensburg
Leipzig
Verlag von M. Heinsius Nachfolger
1906