Ambrosius Blarer an den Konstanzer Rat, 11.2.1538

„Ich bin aus viel scheinbarlichen Anzeigungen gewiß, daß mein Beruf in dich Fürstenthum Württemberg ordentlich und aus Gott, auch anbisher, ihm sei Lob, nicht übel erschossen ist. Nun sind aber die Sachen noch dieser Zeit dermaßen geschaffen, daß vielleicht der Halbtheil und dennoch nicht gar dieses Fürstenthums gevisitiret und der Nothdurft nach versehen ist, und zudem die verordneten Visitierer also gesinnet, daß ich gänzlich zu vermuthen habe, wo ich nicht zugegen, daß manchem guten Pfarrer, so von mir aufgesetzt worden, das Examen zu schwer und er demnach abgestoßen würde, nicht ohne kleinen Anstoß seiner Unterthanen und Nachtheil des ganzen Handels. Denn etliche Leute dermaßen erbittert, von daß der Bilder und etlicher anderen Sachen halber nicht ihres Gefallens gehandelt worden, daß sie gedenken, wie sie alle Diejenigen schüpffen möchten, so ihrer Meinung nicht wollen zufallen, wie ich denn in augenscheinlicher Erfahrung habe. So würde auch der Artikel, das Nachtmahl belangend, viel gröber und fleischlicher müssen gelehrt und gehalten werden, denn es Luther selbst begehrt; so wunderseltsam stehen etlicher Leute Fürnehmen…. Wenn ich mich selbst und meinen zeitlichen Nutz suchte, wollte ich viel lieber zu Augsburg, denn in diesem Fürstenthum sein, dieweil mir dieses viel genießlicher, minder arbeitsam und fahrlich wäre, denn an dem Ort zu sein, da ich über so viel Müh und Arbeit, Fahr und Sorg auch an dem Zeitlichen Nachtheil leiden und das Meine, wie denn noch bisanher geschehen, einbüßen muß. Aber billig sollen wir uns, solches Alles hintangesetzt, dem gnädigen Gotteswillen ergeben und nach seinem Wohlgefallen gebrauchen lassen, auch mit Verlust Leibs und Lebens, geschweige des hinfälligen zeitlichen Guts. Er ist der Herr, wir seine nichtige Geschöpfe, welche er wie, wohin und wie lang ihm geliebt brauchen soll. Meines gn. Herrn Herzogs Ulrichs halber kann ich nicht wissen, ob es mit Gnad oder Ungnad seinethalb sein möchte: die Stunden sind ungleich. Es sollte sich wohl fügen, daß anrucks groß Ungnad vorhanden und aller Dank sammt der Belohnung ganz verloren wäre; wiewohl ich Leute weiß, die gern zustimmen würden, daß es mit Gnaden beschehe, nur daß ich aus dem Land käme. Darnach würden sie ihres Gefallens Einen zu ihnen ziehen und alle Ding nach ihrer Wohlmeinung wiederum anrichten, auch die Sachen dermaßen versehen, daß ich keinen Regreß wiederum haben möchte, und also viel guten geschickten Hirten und frommen Unterthanen zu kurz beschähe. In Summa, es stehen alle Ding auf diese Stunde also, daß wenn der Fürst gleich jetzt nicht mein begehrte und mich nur leiden möchte, ich meinen Abschied dieß- mal nicht wüßte gegen Gott zu verantworten, bis die Visitation zu Ende lauft.“

Blaurer, Ambrosius – An Johann Machtolph über den Götzentag zu Urach

Sonders vertrauter, günstiger, lieber Herr und Bruder. Ich kann Euch in der Eil dannoch nit verhalten, daß auf Sonntag nächst vor dato ein Götzentag hie zu Urach gehalten worden, uff welchen von meinem gnädigen Herren beschrieben worden der Brenz, Doctor Pauls Phygio zu Tüwingen, Maister Caspar Greter, Pfarrer zu Herrenberg, Maister Mattheus Alber zu Reutlingen, Maister Erhart Schnepf und ich, auch ist Maister Wenz, Prediger hie zu Aurach auch dabey gewesen. Da hättet ihr Wunder gehört! Wir haben den ganzen Sonntag Morgens und Nachmittag Gespräch gehalten, in Beiseyn der verordneten Räth, nämlich des Marschalls, Balthiß von Gültlingen, Doctor Knoders auch Doctor Philipp Langen, aber uns nit vergleichen mögen, also daß die Räth leztlich begehrt, daß jeder seine Meinung in Schrift vergreifen, und aber all andern Umständ fallen lassen und allein schlecht und grad uff diß Frag Antwort stellen wollte: Ob unser gnädiger Fürst und Herr möge all Bildnisse dieser Zeit uss den Kirchen räumen lassen, welches also geschehen auf MOndtag, daß jeder insonderheit seine Meinung den Räthen übergeben hat. Wird man hochgemeldt meinem gnädigen Herren fürbringen, was dann sein Gnad weiter fürnehmen, wird sich in kurzem wohl erscheinen. Es ist doch ein große Straf und Plag über uns, daß wir so viel wichtiger Sachen auszurichten hätten und aber mit solchen Kindswerk umgond (umgehen) und daß die stummen Götzen ein solch Geschrey sollen machen. Der lieb Gott erbarm sich über uns, verleih seiner heiligen Gemeind Fried, Liebe und Einigkeit, Amen. Wöllet solches meinen lieben Herren und Brüdern, M. Jacob Ottern und Herrn Steffan auch anzeigen rc. und ihres Fürbitts für mich begehren. Datum zu Urach uff den XII. Septembris Anno 1537.

Ambrosius Blaurer

Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817

Blaurer, Ambrosius – An Johann Machtolph (Auszug)

27.11.1536

Dem achtbaren, hochgelehrten Herren Johann Machtolph, Stadtschreiber zu Eßlingen meinem günstigen lieben Herren.

Gnad und Fried durch Christum von Gott samt Entbietung meiner ganz gutwilligen christlichen Dienste zuvoren, sonders günstiger Herr und geliebter vertrauter Bruder.

Am andern, als ihr mir geschrieben, des Philippi Melanchthons halber, wißt, daß er ganz wohl mit mir zufrieden gewesen, auch aller Ding freundlich von mir abgescheiden ist, ja als er erstlich herkam, und ich am dritten Tag nach seiner Ankunft hinweg ritt von Tübingen, der Meinung, daß ich ihn über etlich Tag wiederum finden sollt, und er aber am Morgen, wie ich am Aubend wiederum kam, schon verruckt (hinweggegangen) war, hat er ein freundlichen Brief und epistel an mich hinter ihme gelassen, doch ritt ich ihme wiederum nach gen Stuttgart, als ich ihn hie nit fand, damit ich mit ihm letzte, do was er aber auf gnädig Ansinnen meines gnädigen Herren wiederum auf Tübingen verruckt, und hatte ich sein uff dem Weg verfehlt, kam aber gleich ihm nach gen Tübingen, und half handlen und berathschlagen der Schul halber, wie dann mein gnädiger Herr befohlen hatte, wie ich dann von Stund an auf des Philippi Ankunft meinem gnädigen Herren, der damals zu Sulz was (war), deßhalb geschrieben und Sein Gnad ganz unterthäniglich aufgesucht hab, daß Sie ihne wollte beschreiben rc. damit etliche Mängel der Schul möchten verbessert werden, bin auch darnach also etlich Tag bis auf seinen Abschied hie zu Tübingen bei ihme geblieben, und halt ihn gar nit so für leichtfertig, daß er anderst sich gegen mir, denn ihm zu Muth und Herz gewesen, erzeigt hab. Der Kirchen-Ordnung halber ist ihm gar nichts befohlen worden, hat sich deß auch nit angenommen. So weiß ich von keiner Ungnad, wiewohl man an viel Orten im Land, auch vor und eh Philippus kommen, davon gesagt hat, wie ich ein ungnädigen Fürsten hab, aber ich bins wohl gewohnt, und in denen und dergleichen Luginen jezt lang gewalket, der Vater der Lüge handelt nit anderst gegen den Dienern der Wahrheit, hat allenthalben seine Boten und Unterträger, die ihr Gift zu Nachtheil und Verkleinerung der Wahrheit uffgiessen, der treu Gott gebs ihnen zu erkennen. Mein gnädiger Herr ist nit so blöd, wenn er mir ungnädig wäre, er würde mirs keineswegs bergen, wenn ich ein viel größerer wäre, denn ich bin; darum wollt Euch diß Orts nichts irren lassen. Es sind wohl Leut hie zu Tübingen, die alles Args zu meinen Sachen reden, befiehl ich Gott, daß es alles zu seinem Lob gerathe, ich bin für meine Person nit besseres werth, ja hab zu tausendmal viel ärgers beschuldt, aber der Herr ist gut, der laßt uns vor seinen und unsern Feinden nit zu Schanden werden, dem sind (seyd) allezeit in sein Gnad und Schirm befohlen, und bittet ihn mit Treuen für mich.

Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817

Ambroius Blaurer an Thomas Blaurer, 14.3.1536

„Meine Frau brauch ich euch nicht erst zu empfehlen; sie rühmt in allen ihren Briefen eure Dienstwilligkeit; doch empfehle ich euch meine auch sonst genug empfohlene Wittwe. Sag der lieben Hausfrau, mich verlang so sehr zu ihr, daß ich doch einmal viel Ding mit ihr redete. Ich werd wohl halb vergessen, wo verzeicht, ehe ich komme; entbittet Gott treulich für mich. Ihr könnet euch leicht vorstellen, wie unbequem und unglücklich ich mich hier fühle. Ich lebe als ein Fremder. Stets neue Sorgen für die Kirchen nehmen mich in Anspruch. Vieles möchte ich ungeschehen, Anderes anders haben, und doch gelte ich Unschuldiger als der Schuldige für Alles. Die Kirchenvisitation, deren Beendigung mir vielleicht die Rückkehr zu euch gestattet, wird so oft ausgesetzt, daß sie wohl, wenn es so fortgeht, vor vollen zwei Jahren nicht zum Abschluß kommen dürfte. Unterdessen bin ich eures Anblicks und des Zusammenlebens mit euch und allen meinen Lieben, insbesondere mit meiner allerliebsten Frau beraubt, beraubt bin ich auch meiner Studien, beraubt auch aller der Dinge, welche dieses elende Leben erträglich machen und das Gefühl jener Leiden mildern könnten. Und was das Schlimmste ist, ich finde keine Gründe mich loszumachen, außer solchen, welche der Herzog gar nicht oder nur wenig gelten läßt. Doch sage ich dieses nur dir, denn ich möchte nicht, daß meine Frau von diesem Verzug erfahre; vielmehr soll sie durch die Hoffnung auf meine baldige Heimkehr aufrecht erhalten werden. Und vielleicht führt der Herr ja eine unerwartete Gelegenheit herbei, die mir die Rückkehr zu euch gestattet.“

Blarer an Johann Machtholf April 1534

„Es langt an mich von anderen trefflichen Städten her glaublich an, wie ich bei euch zu Eßlingen nicht wenig verläumdet und beschreiet sein solle, als ob ich mit meiner lieben Hausfrauen vormals, ehe ich sie mir ehelich vereinbart, Unlauterkeit gepflogen und Kindlein bei ihr gezeugt habe, welches denn Vielen bei euch, Oberen und Unteren, ein großer Anstoß und eine Ursach sei der Verkleinerung aller meiner Lehre. Wo nun dem also, wäre es mir ein groß, treffelich und herzlich Leid, nicht so viel von meinen, sondern von des theuren heiligen Gottsworts willen, zu deß Dienst mich der Herr berufen und wider meinen Willen gezogen hat. Bitte euch demnach auf das Höchste, wollet von Gottes Ehre und seines trefflichen Evangeliums willen Solches, wo es sich immer begibt, mit Ernst und Treuen verantworten und meine Unschuld hierin, wie sie denn warlich an ihr selbst ist, darthun. Denn ich mit meinem Gott, vor deß Gericht wir alle erscheinen müssen, so hoch mir möglich bezeuge, daß mir Solches gegen meiner l. Hausfrauen, vor und ehe ich unsere Ehe öffentlich habe vor der Kirche bestätigen lassen, nie zu Sinn oder Muth gekommen ist, daß ich weder zu Ehr und noch viel minder zu Unehr mit ihr handeln sollte, und daß kein Mensch im ganzen Konstanz nie Ursache gehabt hat, Solches zu argwohnen. Sie ist auch solcher Sachen in ihrem Kloster zu Münsterlingen weder mit mir noch keinem Andern nie bezüchtigt worden, hat allweg ein gut Geschrei und unvermackelten Leumund gehabt. Sonst hätten mir meines lieben Vaters seligen Schwester und andere zwo meiner nahen Basen, die auch in diesem angezeigten Kloster sind, keineswegs mich mit ihr zu verheiraten gerathen, sonderlich so ich doch wohl drei für eine gefunden hätte mit Ehren und Gut, auch Frömmigkeit und Anderem, das mich und Jeden an einer Hausfrauen freuen mag. Ja gewißlich sind Gott und sein Wort so theuer bei mir, daß wo ich Jemandem dergleichen Aergerniß gegeben hätte, oder mich mein Gott noch in dermaßen Schwachheit fallen ließe, daß ich mich also an seinem Namen vergriffe, wollte ich mich nimmermehr auf keiner Kanzel sehen lassen, ja ich würde ziehen, da mich kein Bekannter finden sollte, denn der Tod mir zu tausendmal weger wäre. Aber dem getreuen Gott sei Lob und Dank, der mich also noch mit seiner starken gewaltigen Hand erhalten hat, daß mich die Welt mit Wahrheit keines solchen Lasters beschuldigen mag. Weiß daneben wohl, daß Niemand zu fromm noch heilig ist, dem der Teufel durch die Seinen nicht unterstehen würde seinen Leumund zu beschwätzen, wie ich das auch gewohnt bin; ist Christo meinem Herrn selbst beschehen: wie sollte es dann mir ergehen? Ihr wißt, was hochgefärbter Lügen wider mich ausgestoßen sind worden, als ich noch bei euch war, denn der Teufel meinem Amt trefflich feind ist, wie billig und ihm noththut nach Gestalt seines Fürnehmens, soll ihn aber, ob Gott will, nichts helfen. Ich will mit der Gnade und Hilfe meines l. Vaters im Himmel ein guter Geruch Christi sein allenthalben, obwohl etliche den Tod darob empfahen müssen. Wer kann dem thun? Christus ist selbst der Stein des Anstoßes und Fels der Aergernisse, gesetzt als ein Zeichen zu Fall und Auferstehung Vieler in Israel. Was sollten denn wir sein, seine armen und unwürdigen Diener? Noch dennoch, so viel an uns, sollen wir die uns aufgetragenen Lügen, wie Christus auch gethan hat, verantworten; derhalb ich auch euch also habe schreiben und bitten wollen, um der Wahrheit willen mich getreulich hierin zu verantworten, wie denn zusammt meinem hohen Vertrauen auch christliche Pflicht und Billigkeit erfordert. Der Tag des Herrn soll es Alles offenbaren.“

Blaurer, Ambrosius – Aus zwei Briefen über Schwenkfeld (Brief 2)

2.1.1534

Schwenkfeld hält sich jezt zu Augsburg (auf), ein Mann eines erbaren Wandels und klugen Verstandes, der aber seltsame Eyer brütet in seinem Herzen, wiewol ers, meiner Achtung, alles gut meint, ich sieh aber wohl, mit viel andern, was Spaltungen sich bald zutragen werden, wenn man solchen Leuten nicht ernstlich warte und begegnete. Er hat zu Zürich den guten frommen Meister Leo Jud auch schier bewegt, aber der Herr hat Gnad geben, daß er den Butzen gespürt, und demnach dem Schwenkfeld gar ein ernstlich Epistel geschrieben hat, daß er ihn fürohin mit seinen Briefen unbekümmert laß.

Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817

Blaurer, Ambrosius – Aus zwei Briefen über Schwenkfeld (Brief 1)

10.11.1533

Ich hab auch ein Zeit des Schwenkfelds catechismum gelobt, letzund, so er ein solch schädlicher und grausamlicher Schismaticus ist, der sich mit keiner Kirche betragen mag, auch so schädlich, tödtlich Gift anspeyet, so will man sich auch damit beschönen, als ob mir dasselbig sollte wohlgefallen, davor mich mein Gott bewahren wolle. Ich hab damals gegen etlichen gesagt, ich trage Sorge, er hab noch andere Nupen hinter den Ohren stecken, und wolle ihm selbst damit Eingang machen, wie denn laider geschehen und die Sag ist, er unterstehe sich gar zu Eßlingen zu sezen, welches ich nicht glaube, Gott wolle euch denn gar zu nicht machen.

Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817

Blarer an den Esslinger Rath, 10.10.1532

„Ich bin hier von viel Gutherzigen und zuvor von einem ehrbaren Rath hoch und dringlich erbeten worden, etliche Tage zu verharren und ihnen auch meinen Dienst in Verkündigung des reinen Gottesworts zu beweisen, welches ich nach mir verliehener Gnad mit Treuen gethan und mein Beiwesen, nachdem ich mancherlei Mängel befunden, jetzund in die vierte Woche erstreckt habe, auch u. A. das Götzenwerk, so noch täglich in dem Benedictinerkloster, in der Stadt Ringmauer gelegen, im Schwank geht, mit Gottes Wort angetastet und eine ehrsame Obrigkeit zur Abschaffung desselbigen ernstlich und dringlich vermahnt, sonderlich angesehen, daß sie jetzund viel Jahr Gottes Wort bei ihnen gehabt und die Schwere und Größe dieses Greuels nach aller Nothdurft erlernt, sich auch jetzt zu den Städten verpflichtet, die Solches und Anderes, so wider Gott und sein Wort ist, hin und ab gethan haben. Nun aber über all mein ernstliches Anhalten will die Sache nicht ab Statt gehen und liegt ihnen menschliche Furcht für und für im Weg, die denn der Obrigkeit von etlichen Böswilligen eingestoßen und viel greulicher, denn sie an ihr selbst ist, fürgebildet wird, auf Meinung, als sollte solch thätlich Handlung wider den ausgeschriebenen Landfrieden und große Fahrlichkeit deshalb von Herrn Wilhelm Truchsessen, welcher ihr Nachbar und des gemeledten Klosters Kastvogt ist, zu besorgen sein. Der werde die Bürger fahen, stechen, würgen, wo sie ihm vor der Stadt in die Hände kommen, auch seine Unterthanen nicht mehr Eier und Schmalz und dergl. in die Stadt tragen lassen. Und so denn solches Alles eine nichtige, vergebliche und allein von den Böswilligen und etlichen kein nutzen Practicirern eingetriebene Furcht ist, und nichtsdestoweniger hie zu Isny Jedermann begierig ist, gemeldeten Götzen- und Meßgreuel aus der Stadt zu fegen, habe ich gedacht, ein tauglich und bequem Mittel sein möge, der Obrigkeit hie das Herz zu stärken, so sie von andern ihren mitverwandten ehrbaren Städten, so dann alle auch dermaßen gehandelt, schriftlich vermahnt und unterrichtet würden, daß ihnen Solches zu thun christlicher obrigkeitlichen Schulden halber in allweg gebührte und dadurch der Landfrieden keineswegs gebrochen, sondern allein dasjenige, so die Unsern in aller bis anher geübter Handlung auf etlichen gehaltenen Tagen ihnen haben vorbehalten, gehandelt würde.“

Ambrosius Blarer an Martin Bucer

Du wirst, mein lieber Bucer, ein Exemplar des Briefes gesehen haben, den Luther neulich an einen Augsburger, jedenfalls zur Unzeit, um nicht zu sagen in gottloser Weise, geschrieben hat. Dieser Brief quält mich so sehr, wie schon lange Zeit nichts mehr. Ich glaubte, daß jener zu erhitzte Geist sich etwas gemäßigt, und daß ihn unsere Offenherzigkeit und Bescheidenheit zu besserer Einsicht gebracht hätte. Wie ich aber sehe, steht es jetzt mit unserer Sache bei den Lutheranern schlimmer als je … wie entbrannte in mir das Herz, als ich las, daß diese schönen Helden uns die Papisten vorziehen, uns die Sakramente und jedes reinere Christenthum absprechen und dazu den Tod Zwingli’s als ein sicheres Zeichen des über uns ausgebrochenen göttlichen Zorns in’s Angesicht werfen! Steh auf, steh‘ auf, gütigster Vater, befreie uns von so schwerer Unbill, die nicht uns sowohl als Dich selber trifft!

Blarer an Georg Vögeli, 11.12.1531

„Meines Wiederkommens halber weiß ich wohl eines Raths Gemüth und Willen. Warlich die groß treffelich unvermeidlich Noth läßt mich noch nicht hinweg; denn wir begehren eine volle satte Reformation in Lehr und Leben anzurichten, und auf heut hält man groß und klein Räthe allhie der Ordnung halber; die ist in etlichen Punkten etwas besser gestellt denn die unsere; hoff, es soll für sich gehen. Des gemeinen Schandhauses halber hab ich meines besten Vermögens öffentlich gepredigt und insonderheit vermahnt, daß mir nicht zweifelt, es werde abgeschafft, wiewohl sich der Teufel sehr strüßt und auflehnt und viel davon geredet wird. Jedoch hoff ich gänzlich, die Sach sei dermaßen angebrittlet, sie werde hindurchgehen sammt anderem christlichen Fürnehmen. Darum es die hohe Noth erfordert, daß ich jetzt keineswegs abscheide, denn es erst am rechten Treffen ist, und bittet mich alltag Jedermann, sonders die Gutherzigen, die gerne sähen, daß die Sach einen Bestand hätte, ich solle um kein Sach hinweg, sonst seie es Alles verloren und werde der Bau eines Walls wieder einfallen, wie ich denn selbst am Besten urtheilen kann nach aller Gelegenheit. So weiß ich daneben, Gott sei ewiges Lob, daß bei euch diese Noth nicht ist; ihr seid wohl und genugsam versorget; Gott gebs wohl anzulegen.“