Blaurer, Ambrosius – An Johann Machtolph (Auszug)

27.11.1536

Dem achtbaren, hochgelehrten Herren Johann Machtolph, Stadtschreiber zu Eßlingen meinem günstigen lieben Herren.

Gnad und Fried durch Christum von Gott samt Entbietung meiner ganz gutwilligen christlichen Dienste zuvoren, sonders günstiger Herr und geliebter vertrauter Bruder.

Am andern, als ihr mir geschrieben, des Philippi Melanchthons halber, wißt, daß er ganz wohl mit mir zufrieden gewesen, auch aller Ding freundlich von mir abgescheiden ist, ja als er erstlich herkam, und ich am dritten Tag nach seiner Ankunft hinweg ritt von Tübingen, der Meinung, daß ich ihn über etlich Tag wiederum finden sollt, und er aber am Morgen, wie ich am Aubend wiederum kam, schon verruckt (hinweggegangen) war, hat er ein freundlichen Brief und epistel an mich hinter ihme gelassen, doch ritt ich ihme wiederum nach gen Stuttgart, als ich ihn hie nit fand, damit ich mit ihm letzte, do was er aber auf gnädig Ansinnen meines gnädigen Herren wiederum auf Tübingen verruckt, und hatte ich sein uff dem Weg verfehlt, kam aber gleich ihm nach gen Tübingen, und half handlen und berathschlagen der Schul halber, wie dann mein gnädiger Herr befohlen hatte, wie ich dann von Stund an auf des Philippi Ankunft meinem gnädigen Herren, der damals zu Sulz was (war), deßhalb geschrieben und Sein Gnad ganz unterthäniglich aufgesucht hab, daß Sie ihne wollte beschreiben rc. damit etliche Mängel der Schul möchten verbessert werden, bin auch darnach also etlich Tag bis auf seinen Abschied hie zu Tübingen bei ihme geblieben, und halt ihn gar nit so für leichtfertig, daß er anderst sich gegen mir, denn ihm zu Muth und Herz gewesen, erzeigt hab. Der Kirchen-Ordnung halber ist ihm gar nichts befohlen worden, hat sich deß auch nit angenommen. So weiß ich von keiner Ungnad, wiewohl man an viel Orten im Land, auch vor und eh Philippus kommen, davon gesagt hat, wie ich ein ungnädigen Fürsten hab, aber ich bins wohl gewohnt, und in denen und dergleichen Luginen jezt lang gewalket, der Vater der Lüge handelt nit anderst gegen den Dienern der Wahrheit, hat allenthalben seine Boten und Unterträger, die ihr Gift zu Nachtheil und Verkleinerung der Wahrheit uffgiessen, der treu Gott gebs ihnen zu erkennen. Mein gnädiger Herr ist nit so blöd, wenn er mir ungnädig wäre, er würde mirs keineswegs bergen, wenn ich ein viel größerer wäre, denn ich bin; darum wollt Euch diß Orts nichts irren lassen. Es sind wohl Leut hie zu Tübingen, die alles Args zu meinen Sachen reden, befiehl ich Gott, daß es alles zu seinem Lob gerathe, ich bin für meine Person nit besseres werth, ja hab zu tausendmal viel ärgers beschuldt, aber der Herr ist gut, der laßt uns vor seinen und unsern Feinden nit zu Schanden werden, dem sind (seyd) allezeit in sein Gnad und Schirm befohlen, und bittet ihn mit Treuen für mich.

Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte
J. C. Schmid und J. C. Pfister
Tübingen
bei Heinrich Laupp
1817