Amrosius Blarer und Johannes Zwick an den Rath von Konstanz, 1538

„Wir haben, Aergerniß und allen Argwohn der Eigennützigkeit zu verhüten, keiner Besoldung nie begehrt, auch etwa die angebotene nicht haben annehmen wollen, und uns doch dabei nicht allein im Predigtamt, sondern auch in andern euren Diensten und Handlungen, auch hin und wieder Reisen so gutwillig und dermaßen erzeigt, daß Niemand spüren mögen, ob wir um Sold Solches gethan, sondern uns aller Ding als von Gott in dieß Amt gesetzt gehalten haben. Nicht daß Besoldung nehmen unser, auch Gottes halber unziemlich gewesen, sondern damit unsere Lehr und Predigt bei Männiglichen, sonderlich aber bei den Böswilligen desto ansehnlicher und bei dem Frommherzigen desto baulicher wäre, so beide Theile sähen, daß wir nicht uns selbst und das Unsere, sondern allein gottgefälligen Fürgang des gnadenreichen und von Neuem herglänzenden Evangelii und Wohlfahrt gemeiner Kirchen hie zu Konstanz in diesem Allem gemeint und gesucht haben. Ja auch zu dem, daß wir keinen zeitlichen Genuß von unserem Amt gehabt, haben wir auch nicht geringen Schaden von dessen wegen erdulden müssen, und ist uns nicht kleiner Kost aufgelaufen mit vertriebenen waislosen Predigern und andern frommen Christen, deren anfangs viel verjagt worden, jetzund mit andern armen heimischen und fremden Leuten, sonderlich in der verschienen klemmen und theuren Zeit, da wir für andere Leute um Hilf und Trost täglich angesucht worden, denn man anfangs meinen wollte, wir sollten Jedermann helfen und genug geben. Nun wären wir aber wohl nochmals, wo es immer in unserm Vermögen, erbötig und von Herzen geneigt, solches alles fürohin wie bis anher zu beharren, wollten auch nichts Lieberes, denn daß wir also mit unserem Dienst im Wort und zeitlichem Vermögen Männiglichem unsere Gutthätigkeit und Hilf beweisen und für und für leisten möchten; dieweil wir aber nicht durch unnütz, leichtfertig und üppig Schwenden oder überflüssige Köstlichkeit unseres Haushaltes und anderer Sachen, sondern allein durch erlittene Kosten und Ausgab jetztangeregter Ursach halber in Schulden geronnen und Minderung unseres Hauptguts dermaßen gerathen, daß nichts Gewisseres zu erwarten, denn, so wir also noch etliche Jahre dergestalt wie bis anher Hansen sollten, daß wir und unsere Erben in verderblichen Schaden, das Niemand billig begehren mag, wachsen und andern Leuten zum Erbarmen kommen müssen: so ist demnach unser Begehr, daß ihr in stattlicher Erwägung aller jetzt eingebrachten Ursachen, und daß wir, wo uns nicht Liebe unseres Vaterlands hie behielte, an etlich anderen Orten, so wir uns mit Dienst dahin begeben wollten, wohl viel höhere und reichlichere Besoldung, denn wir an euch begehren, haben möchten, uns günstiglich und väterlich bedenken wollen

Ambrosius Blarer an den Konstanzer Rat, 11.2.1538

„Ich bin aus viel scheinbarlichen Anzeigungen gewiß, daß mein Beruf in dich Fürstenthum Württemberg ordentlich und aus Gott, auch anbisher, ihm sei Lob, nicht übel erschossen ist. Nun sind aber die Sachen noch dieser Zeit dermaßen geschaffen, daß vielleicht der Halbtheil und dennoch nicht gar dieses Fürstenthums gevisitiret und der Nothdurft nach versehen ist, und zudem die verordneten Visitierer also gesinnet, daß ich gänzlich zu vermuthen habe, wo ich nicht zugegen, daß manchem guten Pfarrer, so von mir aufgesetzt worden, das Examen zu schwer und er demnach abgestoßen würde, nicht ohne kleinen Anstoß seiner Unterthanen und Nachtheil des ganzen Handels. Denn etliche Leute dermaßen erbittert, von daß der Bilder und etlicher anderen Sachen halber nicht ihres Gefallens gehandelt worden, daß sie gedenken, wie sie alle Diejenigen schüpffen möchten, so ihrer Meinung nicht wollen zufallen, wie ich denn in augenscheinlicher Erfahrung habe. So würde auch der Artikel, das Nachtmahl belangend, viel gröber und fleischlicher müssen gelehrt und gehalten werden, denn es Luther selbst begehrt; so wunderseltsam stehen etlicher Leute Fürnehmen…. Wenn ich mich selbst und meinen zeitlichen Nutz suchte, wollte ich viel lieber zu Augsburg, denn in diesem Fürstenthum sein, dieweil mir dieses viel genießlicher, minder arbeitsam und fahrlich wäre, denn an dem Ort zu sein, da ich über so viel Müh und Arbeit, Fahr und Sorg auch an dem Zeitlichen Nachtheil leiden und das Meine, wie denn noch bisanher geschehen, einbüßen muß. Aber billig sollen wir uns, solches Alles hintangesetzt, dem gnädigen Gotteswillen ergeben und nach seinem Wohlgefallen gebrauchen lassen, auch mit Verlust Leibs und Lebens, geschweige des hinfälligen zeitlichen Guts. Er ist der Herr, wir seine nichtige Geschöpfe, welche er wie, wohin und wie lang ihm geliebt brauchen soll. Meines gn. Herrn Herzogs Ulrichs halber kann ich nicht wissen, ob es mit Gnad oder Ungnad seinethalb sein möchte: die Stunden sind ungleich. Es sollte sich wohl fügen, daß anrucks groß Ungnad vorhanden und aller Dank sammt der Belohnung ganz verloren wäre; wiewohl ich Leute weiß, die gern zustimmen würden, daß es mit Gnaden beschehe, nur daß ich aus dem Land käme. Darnach würden sie ihres Gefallens Einen zu ihnen ziehen und alle Ding nach ihrer Wohlmeinung wiederum anrichten, auch die Sachen dermaßen versehen, daß ich keinen Regreß wiederum haben möchte, und also viel guten geschickten Hirten und frommen Unterthanen zu kurz beschähe. In Summa, es stehen alle Ding auf diese Stunde also, daß wenn der Fürst gleich jetzt nicht mein begehrte und mich nur leiden möchte, ich meinen Abschied dieß- mal nicht wüßte gegen Gott zu verantworten, bis die Visitation zu Ende lauft.“