Calvin, Jean – An Jeanne d´Albret, Königin von Navarra.

Nr. 720 (C. R. – 3904)

Antoine de Bourbon war am 17. Nov. 1562 bei der Belagerung von Rouen gefallen; da sein Sohn, der spätere Heinrich IV., noch minderjährig war, übernahm die Königin die Regierung und führte in ihrem Land die Reformation ein; der Nachbar, der sie dabei bedrohte, ist der König von Spanien. Calvin sandte Merlin (vgl. 662) zu ihr, um sie in der Reformation zu untetstützen.

Cuius regio, eius religio.

Madame, da es Gott gefallen hat, den König, Ihren Gemahl, aus dieser Welt zu nehmen und damit Ihnen die Sorge für Ihrer Länder und Untertanen zu übertragen, so tun Sie sehr wohl daran, wenn Sie Ihre Pflicht zu tun gedenken, da Sie ja dafür einem höchsten Herrn und Meister, der seine Rechte gewahrt wissen will, Rechenschaft abzulegen haben. Denn wenn er befiehlt, dass man ihn fürchten und die Könige ehren soll [1. Petr. 2, 17], und auch Ihnen damit die Ehre erweist, Sie gewissermaßen sich zuzugesellen, so haben Sie allen Grund, ihm mit allem Eifer zu huldigen und zu danken für den Stand und die Würde, die Sie von ihm haben. Und wie Sie nicht duldeten, dass die Ihnen zukommende Souveränität Ihnen von Ihren Beamten genommen würde, so müssen Sie auch, wenn Sie unter dem Schutze Gottes bleiben wollen, so gut wie möglich verordnen, dass alle Ihre Untertanen ihm dienen und ihn ehren, und selbst ihnen das Beispiel geben, dem sie folgen sollen. In der Tat, Madame, kann Ihre Regierung nur dann vor ihm bestehen, wenn Sie Ihre Majestät ihm ganz untertan machen. Sie wissen, dass alle Kniee sich beugen sollen unter die Herrschaft unseres Herrn Jesu Christi; den Königen aber ist es besonders ausdrücklich befohlen, sich huldigend vor ihm niederzuwerfen, um deutlich zu zeigen, dass sie mehr als andere gehalten sind, sich zu demütigen in der hohen Stellung, die ihnen gegeben ist, damit er erhöht werde, der das Haupt der Engel im Paradiese und also auch der Allerhöchsten auf Erden ist. Da nun, Madame, die Regierung in Ihre Hände gelegt ist, so müssen Sie auch merken, dass Gott Ihren Eifer und Ihre Sorgfalt prüfen will, ob Sie sich treulich in den wahren Dienst stellen, den er verlangt. Verschiedene Gründe hindern mich, dies länger auszuführen. Damit verbunden ist aber auch für alle, die Herrschaft auszuüben haben, dass sie ihre Länder reinigen von all dem Götzendienst und dem Schmutz, der die Reinheit des wahren Glaubens verdorben hat. Wenn St. Paulus für die Könige und alle Obrigkeit beten heißt, so begründet er das nicht ohne gut Ursache: auf dass wir unter ihnen leben mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit [1. Tim. 2, 2]. Bevor er von bürgerlicher Ehrbarkeit spricht, nennt er die Gottesfurcht, womit er zeigen will, dass es die Pflicht der Obrigkeit ist, für einen Gottesdienset zu sorgen. Ich ziehe die Schwierigkeiten, die Sie aufhalten, die Befürchtungen und Zweifel, die Sie entmutigen könnte, wohl in Betracht und zweifle nicht daran, Madame, dass alle Räte, die Sie um sich haben werden, im Blick auf diese Welt Sie in Ihrem Vorhaben zu hindern versuchen werden. Aber alle Menschenfurcht, die uns verleitet, muss in uns die Überzeugung wecken, dass wir ihn noch nicht recht fürchten und seine unüberwindliche Kraft, mit der er uns zu schützen verspricht, noch nicht recht schätzen. Deshalb, Madame, stützen Sie sich, um alle Schwierigkeiten zu überwinden, auf die Sicherheit, die Ihnen von oben gegeben wird, wenn Sie Gott gehorchen, wie er es verlangt. Auf zwei Dinge müssen sie vor allem Ihren Blick richten, und sie müssen Ihnen sogar zu Flügeln werden, die Sie über alle Hindernisse der Welt wegtragen; nämlich erstens Gottes Befehl und zweitens die Zuversicht, dass er Ihnen hilfreiche Hand bieten wird, zu Ende zu bringen, was Sie im Gehorsam gegen ihn anfangen. Nun kenne ich die Gründe wohl, die viele zum Nachweis erbringen dafür, dass eine Obrigkeit ihre Untertanen nicht zu christlichem Leben zwingen dürfe. Aber es ist denn doch eine zu weltliche Nachsicht, dem, der nichts von dem Seinen drangeben will, zu gestatten, dass sein Vorgesetzter um sein Recht betrogen wird. Genügt uns der Befehl nicht, so muss uns doch die Drohung erzittern lassen, dass jedes Reich, das nicht Jesu Christo dient, zu Grunde gehen wird [Jes. 60, 12]; denn diese Drohung bezieht sich ganz bestimmt auf den Zustand der christlichen Kirche. So schöne Ausreden auch die vorbringen mögen, die ihre Feigheit verbergen wollen, so bitte ich Sie doch, Madame, in sich zu gehen und selbst zu urteilen, ob nicht Gottes Herrschaft der Ehre, die er Ihnen erwiesen hat, vorgezogen werden muss, und Sie werden sofort recht entschieden haben.

An zweiter Stelle bleibt Ihnen dann noch die Pflicht, sich zu wappnen mit Gottes Verheißungen, damit Ihr Glaube der Sieg sei, der die Welt überwindet, wie St. Johannes sagt [1. Joh. 5, 4]. Erinnern Sie sich dabei auch daran, was dem Propheten Jesaja gesagt wurde [8, 12, 13] und was St. Petrus anführt [1. Petr. 3, 14. 15]: Fürchtet Euch aber nicht vor ihrem Trotzen und erschrecket nicht, sondern heiliget den Herrn der Heerscharen, dass er unsre Burg sei. Ich weiß wohl, Madame, wie Sie belauert werden von ihrem Nachbarn, der keinen Anlass vorübergehen lassen wird, Sie zu beunruhigen. Aber wenn Sie Gott fürchten, brauchen Sie ihn nicht zu fürchten. Es ist kein wahres Interesse, das ihn treibt, auch wenn er dergleichen tut. Wenn Sie sehen, dass er darauf lauert, Ihnen zu schaden, so stärken Sie sich mit der besten Verteidigung, die Sie haben können. Wenn Gott auch zulässt, dass die Bösen Ihnen einen Verdruss schaffen, so erinnern Sie sich an die denkwürdige Geschichte des Königs Hiskia [2. Kön. 18 – 19, Jes. 36 – 37]. Da gab Gott dem Feind auch die Zügel frei, Hiskia anzugreifen, der doch eben allen Aberglauben abgeschafft hatte, und Rabsake drohte ihm sogar, Gott werde ihm nicht helfen, weil er seine Altäre zerbrochen habe. Aber die wunderbare Hilfe, die dem König trotzdem vom Himmel her zuteil wurde, gibt auch Ihnen allen Grund, alle die zu verachten, die meinen, wegen der Änderung in Ihrem Land Ihnen überlegen zu sein.

Indessen, Madame, meine ich damit nicht, dass alles an einem Tag geschehen kann. Gott hat Ihnen Klugheit gegeben, das richtige Vorgehen herauszufinden, und die Umstände werden Ihnen die Mittel weisen, die die besten sind. Da ein Blatt nicht alles fasst, so habe ich das meiste dem Überbringer dieses Briefes aufgetragen, den ich als den Tauglichsten, den ich zur Hand hatte, auswählte, und den Sie hoffentlich auch als solchen kennen lernen werden. Ich habe bei unserm Kollegium wie bei unsern gnädigen Herren erwirkt, dass Sie ihn behalten können für die von Ihnen gewünschte Zeit, und alle haben es herzlich gerne gestattet; denn es ist keiner unter ihnen, der sich nicht ganz in ihren Dienst zu stellen wünschte. Nur eins möchte ich noch sagen, Madame: das Beste für Sie wird sein, an den Orten zu beginnen, wo es am schwersten scheint, da es am meisten in die Augen fällt. Denn sie werden sich dann mit weniger Lärm unterwerfen, und wenn Sie eine dieser Ortschaften gewonnen haben, so wird sie umso mehr andere nach sich ziehen. Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihre Gegenwart dabei nicht unbedingt erforderlich ist, und dass solche Vorbereitungen zu treffen sind, eine nach der andern, dass die Feinde schon besiegt oder wenigstens geschwächt sind, ehe der offene Kampf beginnt.

Wenn es Ihnen auch gefällig wäre, Madame, noch etwas zu überlegen und auszuführen, so wäre es ein Ihrer Majestät würdiges Tun und für die ganze Christenheit so nützlich als möglich, wenn Sie an die deutschen Fürsten eine Gesandtschaft schickten mit der Bitte und Mahnung, ihre bisher bewiesene Gewogenheit auch weiter der Verteidigung der Sache des Herrn angedeihen zu lassen. Man müsste sich wenden an den Kurfürsten und Pfalzgrafen zu Rhein, an den Kurfürsten Herzog August von Sachsen, den Herzog von Württemberg und den Landgrafen von Hessen, aber je bälder, je besser. Ich bitte Sie deshalb, Madame, diese Sendung möglichst beschleunigen zu wollen. Das Übrige mag Ihnen der Überbringer mündlich ausrichten.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, untertänigst empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen Geist in aller Klugheit, Sie stark machen in aller Kraft und Festigkeit und Ihre Majestät zunehmen lassen in allem Guten.

Den 20. [Februar] 1563.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (719)

Nr. 719 (C. R. – 3900)

Vgl. 716. Der schwer verwundete Sohn des Connetable war Gabriel de Montmorency; der Herzog de Nevers (vgl. 707) war zur katholischen Armee übergegangen. Louis de Vaudray, Seigneur de St. Phale, hatte auf hugenottischer Seite das Gefecht begonnen. Francois de Lorraine, der Bruder des Herzogs de Guise, war französischer Groß-Prior des Johanniter-Ordens. Über den Abfall des Adrets vgl. 716. Der Kardinal de Guise reiste von Trient nur für einige Tage nach Innsbruck. Baudouin wurde von Calvin beschuldigt, ihm Briefe entwendet zu haben. Mit dem Franzosen in Polen, der für die Antitrinitarier schrieb, ist wohl Pierre Statorius (vgl. 615, 627) gemeint. Christoph Threcius war ein in Genf studierender Pole.

Die Schlacht bei Dreux.

Endlich ist ein Brief vom Admiral gekommen, der uns über die Schlacht und ihren Ausgang berichtete. Der Prinz hatte seine Truppen ins Feld geführt, um die Feinde zu Verlassen des Lagers zu nötigen. Hätte das Fußvolk seine Pflicht getan, so wäre der Sieg zweifellos sofort ohne Mühe und fast ohne Verluste zu gewinnen gewesen. Die Feigheit des Fußvolks (andere halten es für Verrat) hat den Erfolg aufgehalten. Als der Prinz sah, dass sie so schmählich langsam vorrückten und zwar Deutsche wie Franzosen, brach er durch, um sie zu beschämen und so wenigstens in den Kampf zu treiben. Dabei wurde sein Pferd am Bug verletzt, und so kams, dass die Feinde, die in der Nähe waren, sich seiner bemächtigten, denn er konnte nicht rasch genug ein neues Pferd bekommen. Der Connetable war bereits gefangen, Marschall de St. Andre gefallen, ein Sohn des Connetable und der Herzog de Nevers hatten tödliche Wunden empfangen. Ein Bruder des Guisen, der sog. Groß-Prior, war ebenfalls schwer verwundet. Etwa zwanzig andere von den feindlichen Offizieren sind gefallen, darunter drei Ritter vom Königsorden. Vom hohen Adel sind nicht wenige gefangen und werden in sicherem Gewahrsam gehalten. Die deutschen Reiter haben sich brav gehalten, wie es rechten Soldaten ziemt; die gleiche Bravour zeigte die französische Kavallerie. Die Verluste sind im ganzen Feindesheer sehr groß; die Unsern haben nicht den fünften Teil davon verloren. Unter den Gefangenen ist außer dem Prinzen niemand, um den wir sehr in Sorgen wären, als etwa de St.-Phale. Bei einbrechender Nacht zogen beide Heere ins Lager zurück. Bei den Feinden herrschte große Angst; die Unsern waren am folgenden Tag noch so siegesfreudig, dass sie unbedenklich die Gegner zu neuem Kampfe reizten, doch hielt sich de Guise im Lager. Der Admiral hielt es für genügend, die Kampfeslust gezeigt zu haben. Der Prinz wird auf einer Burg zwischen Chartres und Dreux gefangen gehalten; die Königin-Mutter ist nach Chartres, der Hauptstadt der Gegend, aufgebrochen; kurz nach ihr kam der König. Jedenfalls ist auch der Prinz dahin gebracht worden. Wie die Unterredung ausgefallen ist, weiß man nicht; nur fürchten wir die allzu große Neigung de Condes, sich von der eiteln Hoffnung auf Frieden leiten zu lassen, die schon bisher die Ursache alles Übels für uns war. Obwohl er schon drei- viermal betrogen worden ist, konnte man ihn nie dazu bringen, sich in acht zu nehmen. Freilich denen, die ihn bewachten, ist er recht mutig entgegengetreten, so dass man sagen kann, seit dem Tag der Schlacht habe er rechten Mannesmut gewonnen. Er berief sich auf ein Edikt, das die Feinde im Juli im Namen des Königs veröffentlicht haben und in dem behauptet wird, sie hätten den Krieg begonnen, um ihn [Conde, aus den Händen der Hugenotten] zu befreien. Er sagt nun, dazu passe es nicht, dass er nun gefangen gehalten werde. Er setzte auch dazu, da ihm die Reichsstände die Regentschaft Frankreichs übertragen hätten, so verkörpere er das Königtum, und niemand dürfe Hand an ihn legen, der unter dem Könige stehe.

Am Tag vor der Schlacht hatte der Prinz den Admiral zu seinem Nachfolger ernannt. Auf seinen Namen sind die Truppen neu vereidigt worden. Ins Fußvolk hat er eine nicht unbeträchtliche Schar Neue aufgenommen. Etwa 1 000 deutsche Landsknechte sind in ihre Heimat zurückgekehrt; die deutschen Reiter dagegen sind so kriegslustig wie zu Anfang; keine Meuterei, keine Andeutung, als wollten auch sie abfallen. Ihr General hat alle Bundestruppen zum Standhalten aufgefordert und hofft das Beste; er bittet auch, man möge den Briefen des Prinzen nicht glauben, bis er wieder in Freiheit sei. Unglaublich aber ganz wahr ists, wenn ich dir berichte, dass der Connetable unter eine Bedeckung von nur zwölf Mann bis Orleans gebracht worden ist, und zwar so schnell, dass sie in vierundzwanzig Stunden in die Stadt kamen, nachdem sie dreißig französische Meilen in einem Ritt von fünfzehn Stunden zurückgelegt hatten. Der Admiral hatte vor, sich mit den Engländern zu vereinigen. Wenns nötig wird, weicht er einen zweiten Schlacht nicht aus. Falls er sich etwa gegen Lyon wendet, so haltet das nicht für eine Flucht. Zwar wird das Gerücht verbreitet, er suche in eine vom Krieg noch nicht heimgesuchte Gegend zu kommen, um sein Heer sich erholen zu lassen, doch steckt eine andere Absicht dahinter. Sicher ist es von großem Interesse, Lyon rechtzeitig Hilfe zu bringen, ehe es mehr von der Hungersnot leidet. Dazu kommt der Abfall des Barons des Adrets. Ist einmal der Herzog de Nemours geschlagen, so ist dieser ganze Strich Frankreichs bis zur Gascogne von den Räubern gesäubert. Languedoc hat Überfluss an Wein und Frucht; sobald die Straßen offen sind, ist Lyon außer Hungersgefahr. So ist künftig keine Belagerung zu fürchten. Und wenn ihm 2 000 Reiter zu Hilfe kommen, so können sie nicht wenige Neuangeworbene wieder mit zurücknehmen, was ein guter Zuwachs wäre.

Der Bote, der mir Bezas Brief brachte, ist entweder abgefangen oder auf Umwegen verirrt. Er hatte vier Tage vor der Schlacht mitten unter den Vorbereitungen geschrieben; durch die Dummheit des Boten machte der Brief allerlei Irrfahrten, ehe er in meine Hände kam; eine Kopie sende ich dir. Beza selbst ist unversehrt in Orleans, nachdem er vor der Schlacht die Soldaten tapfer ermahnt hatte, vor ihren Reihen stehend wie ein Bannerträger. So liegen unsere Dinge. Die Feinde hielten es für lohnend, allerlei prahlerischen Dunst zu verbreiten, um den Einfältigen Sand in die Augen zu streuen; aber ich habe den Hergang wahrheitsgetreu dargestellt.

Um eines bitte ich dich und alle Guten dringend, es mich schnell wissen zu lassen, wenn es heißt, der Kardinal von Lothringen komme. Er gibt vor, zum neuen römischen König reisen zu wollen, als Unterhändler wegen der Heirat des französischen Königs mit Maximilians Tochter. Doch hat er andere Absichten. So ists von Interesse für uns, zu wissen, dass er unterwegs ist, ehe er sich Frankreich nähert. Bemühe dich eifrig, die Sache herauszukriegen, und wenn du etwas erfährst, so lass es mich doch durch berittenen Eilboten wissen, damit wir seinen argen Plänen entgegen wirken können.

Hätte doch, als Baudouin bei Euch durchreiste, jemand sich meiner Klage gegen ihn angenommen! Man hätte dann entweder meinen Prozess ablehnen müssen, oder er wäre dem Strick nicht entgangen. Obwohl ich fest vorhatte, die polnischen Geschichten momentan nicht zu berühren, so hast du doch durch deine Bitte vermocht, dass ich die gottlose Irrlehre, von der die Unsern dort wie bezaubert sind, aufdecken möchte. Ich wundere mich über den dummen Hochmut des Mannes, der uns so selbstbewusst droht. Ich vermute als Verfasser des Briefes einen gewissen französischen Frechling, dessen Charakter ich in dem Brief wie in einem Spiegel zu sehen glaube. So habe ich auf deine Bitte hin mein Urteil über die Sache dargelegt, und weil seinerzeit mein Gutachten über das Mittleramt [Christi] verloren gegangen ist, so will ich, damit es nicht jetzt auch wieder so geht, das jetzige drucken lassen; auch weil eine weitere Verbreitung von Nutzen sein wird.

Während mein Brief auf einen Boten wartete, ist das Gerücht von einem neuen Gefecht entstanden, in dem die Feinde zwei Fähnlein verloren haben sollen. Denn was vom Tode des Guisen zu Cambray erzählt wird, scheint mir nicht wahrscheinlich. Aus Lyon sind 3 000 Mann ausgezogen, um die Umgebung zu brandschatzen; auf vielen Schiffen wird Weizen zugeführt. Wird Macon wieder erobert, wie man hofft, so hat man reichliche Zufuhr, weil dann die Schifffahrt nach Burgund frei ist, und die Saone könnte reichlich Wein, Weizen, Holz und Heu liefern. Lebwohl, hochberühmter Mann und von Herzen verehrter Bruder, samt den übrigen Kollegen. Der Herr erhalte Euch alle gesund und leite Euch mit seinem Geiste, damit Euer Wirken gesegnet sei.

Genf, 16. Januar 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Ich hätte diesen Brief bälder gesandt, wenn mich nicht Threcius dringend gebeten hätte, damit bis zu seine Abreise zu warten, weil er meinte, sein Kommen sei Euch lieber, wenn er ihn mitbringe. Ich hatte zwar sonst keinen Boten zur Hand; aber ich wollte lieber einen suchen, der ihn wenigstens bis Bern mitgenommen hätte. Vielleicht ging auch bei Euch das Gerücht um, das die Deutschen hier ausstreuten, ihre Gesandten seien in der Champagne ermordet worden. Ich halte es für falsch, da Se. Durchlaucht, der Pfalzgraf, dem Gesandten de Condes, Spifame, überhaupt geraten hatte, nicht auf eine deutsche Gesandtschaft zu dringen; so war die Unterhandlung überhaupt abgebrochen worden. Ganz unglaublich ist, was man sagt, der eine Gesandte sei aus dem Haus Lüneburg, der andere ein Graf von Mansfeld gewesen.

Calvin, Jean – An die französische Gemeinde zu Wesel.

Nr. 718 (C. R. – 3890)

Der Refugianten-Gemeinde zu Wesel sollte ein lutherisches Bekenntnis aufgenötigt werden, und um der Ruhe willen wollte sie es annehmen, fragte jedoch Calvin erst um Rat.

Über Aufrichtigkeit in der Bekenntnisfrage.

Sehr liebe Brüder, bevor wir Euren Brief beantworten, müssen wir Euch darauf aufmerksam machen, dass wir ihn erst vier Monate nach seinem Abgang erhalten haben, höchstens ein Tag fehlte noch. Wir erwähnen das, damit Ihr wisst, dass es nicht an uns lag, wenn wir nicht früher Eurem Wunsche nachgekommen sind. Doch um nun auf seinen Inhalt zu kommen, so tut es uns recht leid, dass Ihr so ohne End und Ziel umher getrieben werdet, und dass der Teufel, wo Ihr auch hinkommt, stets Mittel findet, Euch zu betrüben und zu belästigen. Freilich war die Lage unserer Väter um nichts besser, wie St. Paulus sagt, dass er und seinesgleichen keine Ruhe gehabt habe [2. Kor. 4, 8, 9; 11, 26]. So oft Ihr also auch Euren Wohnsitz ändern und so beweglich Ihr in Euren äußeren Verhältnissen sein müsst, so lernet fest und standhaft zu sein im Geiste und lebt nach dem Wort, das allen Gläubigen gilt, nämlich dass alle Kinder Gottes Fremdlinge auf Erden sein müssen [Hebr. 11, 13]. Einige von Euch hat Gott allerdings das in besonderer Weise erfahren lassen, indem er sie weit herum geführt hat. Indessen sind wir nicht ohne Mitleid und möchten Euch, wenn wir könnten, gerne eine Erleichterung schaffen. Aber so sehr uns Eurer Trübsal jammert, so steht es uns doch nicht an, Euch davon loszusagen, und täten wir es, so wäre es für Euch eine täuschende leere Schmeichelei und Ihr hättet nichts davon. Ja, Ihr wisst, je mehr wir versuchen, uns von Menschen freisprechen zu lassen, desto mehr steigern wir unsere Verdammung vor Gott. So bleibt mir nichts übrig, als Euch ganz schlicht und gerade unser Urteil in der uns vorgelegten Frage zu erklären.

Erstens waren wir recht erstaunt, von Euch zu hören, Ihr fändet in dem von Euch geforderten Bekenntnis nichts, was direkt gegen Gottes Wort verstieße, woraus wir sehen, dass Euch die Furcht ganz blind gemacht hat. Denn im Artikel von der Taufe werden ausdrücklich die verurteilt, die sagen, die Kinder seien von ihrer Geburt an geheiligt. Und was das Abendmahl betrifft, so wird von Judas ebenso gesagt, dass er am Leibe Jesu Christi teilgehabt habe, wie von St. Petrus. Weiter wird darin bekannt, unser Herr Jesus sei allgegenwärtig auch nach seiner menschlichen Natur, ganz wie es ihm beliebe, da er Gott und Mensch sei, wie wenn die Einheit seiner Person seine göttliche und seine menschliche Natur miteinander vermischte. Wenn Ihr sagt, es sei ja gar kein eigentliches Bekenntnis, so ist das mit Verlaub nichts als eine Ausflucht, um das Übel zu verhehlen und zu verbergen. Aber Gott ist kein Sophist und lässt seiner nicht spotten mit solchen Haarspaltereien. Nennt den Inhalt Eures Schriftstücks, wie Ihr wollt, so müsst Ihr doch mit feierlichem Eid bekräftigen, das sei Euer Glaube. Und selbst wenn man gar nicht an Gott dabei dächte, so spieltet Ihr doch ein doppeltes Spiel in einem solchen Versprechen, so dass man Euch mit Recht der Unaufrichtigkeit vor den Menschen zeihen könnte. Gesetzt den Fall, die Absicht, die die Herren vom Weseler Rat bestimmt, sei gut, so muss man doch danach trachten, einen guten Zweck nicht mit unerlaubten Mitteln erreichen zu wollen. Deshalb bitten wir Euch im Namen Gottes: habt Ihr eine kleine Weile geschlafen, so wacht nun zu klarem Erkennen auf. Denn, um offen zu reden, – wenn Ihr das Schriftstück, so wie es vorliegt, annehmt, so ist das, – wir wagen den Ausdruck, – ein indirektes Verleugnen der Wahrheit Gottes, die uns doch teurer sein sollte als jeder Wohnsitz der Welt, ja als unser eigenes Leben. Wir empfehlen Euch nun folgendes Mittel: Den ersten Artikel nehmt Ihr einfach an. Im zweiten, wo es heißt: „In der Meinung, dass die Taufe nicht notwendig sei für die Kinder, da sie schon heilig sind“ usw., setzt Ihr dafür ein: „In der Meinung, dass die Taufe überflüssig sei für die Kinder, da sie bereits durch die Verheißung geheiligt sind, da ja doch vielmehr das Sakrament eine für die menschliche Schwachheit notwendige Bestätigung sei und so die Verheißung die Taufe eher wertvoll als verächtlich mache.“ Im Artikel vom Abendmahl setzt Ihr statt der Worte: „Mit Brot und Wein die Substanz des wahren Leibes“ usw. folgendes: „Die Substanz des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi, die er angenommen hat von der Jungfrau Maria, wird allen dargeboten, Guten wie Bösen. Wiewohl aber nur die Gläubigen sie wirklich und wahrhaftig genießen, machen sich doch auch die Ungläubigen schuldig des Leibes und des Blutes Jesu Christi, da sie das Sakrament entweihen.“ Weiter an Stelle des Satzes: „Wir verwerfen die Lehrer derer, die sagen, man empfange es nur geistig“ usw., setzt Ihr: „die sagen, man empfange nur seinen Geist, und Leib und Blut davon ausschließen wollen. Denn es heißt: Mein Fleisch ist die Speise und mein Blut ist der wahre Trank [Joh. 6, 55]. Und wiewohl es ein geistiges Empfangen ist, so heißt es doch nicht, es sei kein wirkliches Aufnehmen, und noch weniger, es sei nur Phantasie und Einbildung.“ Ebenso an Stelle der Worte: „Dass Jesus Christus nach seiner menschlichen Natur sitzt“ usw., „wir bekennen: wiewohl Christus nach seiner menschlichen Natur im Himmel ist, von dannen wir ihn erwarten, so sitzt er doch nach seiner unendlichen Macht zur Rechten Gottes seines Vaters, die sich überallhin erstreckt. So kann er ohne Ortsveränderung in unbegreiflicher Weise uns wahrhaft nähren mit seinem Fleisch und Blut.“ Im zweitletzten Artikel fordert das Wort „Sakramentierer“ eine Erklärung, nämlich „es sind die, die die Wirksamkeit der Sakramente leugnen und sie falsch brauchen“. Ebenso ist in Beziehung auf das Augsburgische Bekenntnis beizufügen: „nach oben stehender Erklärung“. Wenn die Herren vom Weseler Rat Euch wirklich so wohl geneigt sind, wie Ihr schreibt, so können sie sich zufrieden geben, wenn Ihr ihnen die Erklärung abgebt, Ihr wollet Euch nicht vorwerfen lassen, Haarspaltereien und schlaue Ausflüchte gesucht zu haben, um sie zu hintergehen. Was aber die Pfarrer betrifft, so sehen wir wohl, dass sie Euch ein Netz stellen wollten, um Euch in ihre Phantasterei mit hineinzuziehen, als sei der Leib Jesu Christi ebenso allgegenwärtig wie seine Gottheit. Seid also auf der Hut! Da Ihr, liebe Brüder, nötig habt, dass Gott Euch seine Hand reiche, so wollen wir ihn bitten, er wolle Euch führen in solcher Klugheit und Euch stärken mit so unüberwindlicher Festigkeit, dass Ihr in keiner Weise abweicht von seinem reinen Wort den Menschen zu Gefallen, und dabei halte er Euch in seiner heiligen Hut.

Genf, 1. Januar 1563.

Calvin, Jean – An eine evangelische Gemeinde in Frankreich.

Nr. 717 (C. R. – 3890)

Dieser Brief, dessen genaue Datierung nicht möglich ist, gehört wohl vor den Ausbruch des Kriegs, der darin mit keiner Silbe erwähnt wird.

Bußbrief über schwere, sittliche Missstände.

Sehr liebe Brüder, ich möchte, wenns Gott gefiele, mir einen erfreulicheren Stoff zum Schreiben an Euch wünschen, als ich ihn jetzt habe, damit Ihr Euch mehr über meinen Brief freuen könntet. Deshalb dürft Ihr es nicht übel nehmen, wenn ich Euch eine kleine Weile betrübe, denn es ist das einzige Mittel, Euch in Gott fröhlich zu machen. Ich möchte lieber, wenn das anginge, Euren Glauben, Eure Liebe, Eure Geduld loben und Euch ermahnen, darin fortzufahren vom Guten zum Bessern. Aber da mir Euer Seelenheil teuer ist und am Herzen liegt, bin ich genötigt, Euch darauf hinzuweisen, dass Euer Leben der Erkenntnis nicht entspricht, die Euch Gott in seinem Evangelium gegeben hat. Die Notwendigkeit solchen Tuns entschuldigt mein Schreiben selbst. Wir sehen ja auch, dass St. Paulus, der milden und freundlichen Charakters war, die Korinther anklagt, weil er ihnen gegenüber Heftigkeit und Strenge brauchen musste [1. Kor. 4, 21], und als er sie gebraucht hatte, sagt er, es reue ihn nicht, da die Traurigkeit, die er ihnen durch seinen Brief verursacht habe, sie dazu gebracht habe, ihre Fehler zu beweinen und zu Gott zurückzukehren [2. Kor. 7, 8 – 11]. Ich begreife wohl, auf den ersten Blick mag Euch das hart erscheinen; wenn Ihr aber an Eure Krankheiten denkt, werdet Ihr erkennen, dass es keine süßere Arznei zu ihrer Heilung gibt. Ich rede nach dem, was ich von glaubwürdigen Leuten gehört habe, die Euch auch lieb haben. Um keine Umschweife zu machen, will ich Euch in einem Wort sagen: Euer Lebenswandel ist ein großes Ärgernis für viele rechtschaffene Leute und öffnet den Ungerechten den Mund, Gott und sein Wort zu lästern. Ich muss so reden, um euer Übel aufzudecken; denn es ist notwendig, dass Ihr es spürt, wenn man es heilen will. Ich weiß wohl, man hat die Ärzte lieber, die das Übel durch Salben und Pflastern lindern und es innerlich weiter fressen lassen, als die, die es gründlich untersuchen, um es auszuputzen. Es wäre mir auch ganz lieb, wenn ich zum Heil und Nutzen Eurer Seelen ein Mittel hätte, das Euch angenehmer wäre. Aber was gewönne ich, wenn ich Sachen verschwiege, die allgemein bekannt sind, und so unsagbar schändliche Dinge als gering darstellen wollte? So bitte ich Euch, die Klagen, die man gegen Euch erhebt, geduldig anzuhören, damit wir eine Besserung der schon zu lange unter Euch herrschenden Zustände erstreben können.

Erstens ist es ein allgemeines Gerede, Ihr seiet stark abgekühlt in der Liebe, die Ihr früher zu Gottes Wort zeigtet, was man daraus ersehe, dass Euch nichts mehr daran liege, etwas davon zu haben. Weiter sagt man, Ihr seiet aus Rand und Band gekommen in Lästerung, Leichtsinn und Unzucht, und zwar solcher Art, dass ich mich schäme und entsetze. Anstatt Euch gegenseitig zu erbauen durch gute, fromme Reden, seiet Ihr stark einem spöttischen Wesen ergeben, indem Ihr Euch ohne Maß und Ziel foppt und stichelt; Gehässigkeit, Schmähsucht und Neid herrsche unter Euch, ja Zank und Streit bis zu Prügeleien. Das sind die Früchte, die die Verachtung der Predigt trägt, einer Predigt, die uns als Zügel dienen sollte, uns zu erhalten in aller Ehrbarkeit und frommem Leben. Und das ist nun auch der erste Punkt, den ich berührt habe, dass Ihr keinen Eifer mehr habt, Gottes Wort zu brauchen, wie man ihn früher bei Euch sah. Das ist ein schlechtes Zeichen. Denn die, die es recht verdauen, um ihre Nahrung daraus zu ziehen, bekommen nie zu viel davon; dagegen wer zu viel davon bekommt, der zeigt dadurch, dass es ihm bereits überdrüssig geworden ist und er wieder ausspeien möchte, was er davon genossen hat. Ich weiß wohl, Ihr seid nie ganz rein belehrt worden in Euren Predigten, wie es zu wünschen gewesen wäre; aber immerhin war es doch besser, ein wenig vom Guten zu haben als gar nichts. Nun sagt man aber, es sei Euch gar nicht wichtig, noch weiter unterrichtet zu werden, weder der ganzen Gemeinde, noch den einzelnen. Hättet Ihr hundertmal mehr gehört, als Ihr habt, so ist doch die Weisheit Jesu Christi noch viel größer und höher, so dass Ihr stets noch mehr darin finden könntet. Ja, die größten Gelehrten sind in dieser Schule noch Lernende, so lang sie auf Erden sind. Aber selbst wenn die Belehrung Euch nicht notwendig wäre, so erwägt doch, wie nötig es Euch ist, durch Ermahnung angetrieben und auf die Fehler aufmerksam gemacht zu werden, die unaufhörlich unter Euch aufkeimen. Und wäre es nichts anderes, so wäre es schon schlimm genug, Rückschritte zu machen statt Fortschritte; wäre kein anderer Übelstand als der, er wäre schon zu groß. Denn eine unverzeihliche Undankbarkeit ist es, wenn wir unser inneres Ohr nicht offen halten, so Gott seinen Mund auftut, und da er das nicht nur einen Tag tut, sondern in unserm ganzen Leben, so müssen wir jeden Tag ihm Gehör schenken, wie uns auch St. Paulus ermahnt, die Lehre zur Seligkeit reichlich und im Überfluss unter uns wohnen zu lassen [Kol. 3, 16]. Erkennet deshalb, dass es schon ein großer Fehler ist, wenn Ihr nicht mehr den Wunsch habt, stets besser zu lernen, was Gottes Wille ist, und wenn Ihr nicht mehr fleißig seid, Euch in seiner Erkenntnis weiterzubilden, sei es durch Schriftlektüre oder andere Mittel. Denn wie es offenbar ist, dass unser Leib nicht in Ordnung ist, wenn wir kein Fleisch essen mögen, so ist sicher unsere Seele in noch schlimmerem Zustand, wenn man Geschmack und Lust am Worte Gottes verloren hat.

Die Größe Eures Übels aber lässt sich an den Früchten erkennen, die es gebracht hat. Ich sage das nicht, um Eure schmerzhafte Wunde noch zu verschlimmern, sondern um Euch die Gefahr zu zeigen, in der Ihr seid, damit Ihr umso bereitwilliger die Arznei nehmt. Es ist ein seltsam Ding, dass der Name Gottes, der uns so teuer sein sollte, unter Euch so entweiht ist. Denn wie ich höre, nimmt man sich bei Euch nicht nur die Freiheit, ohne jeden Grund zu schwören, sondern es kommen auch ganz ungeheuerliche Lästerungen vor. Wenn Ihr an Gott glaubt, wie könnt Ihr dann ohne Zittern sein Wort hören, das sagt, wer seinen Namen missbrauche, werde nicht ungestraft bleiben? [2. Mose 20, 7.] Wenn er keinen leichtsinnigen Schwur dulden will, denkt Ihr, er wolle es hinnehmen, dass sein heiliger Name so verächtlich gemacht wird, ohne eine furchtbare Rache dafür zu nehmen? Ist Euch der Leib und das Blut Jesu Christi nicht mehr wert, als dass Ihr verächtlich oder spaßhaft davon redet? Wenn Ihr nicht mehr daran denkt, so wird er es Euch zu Eurem Schaden zeigen, wie hoch er sie schätzt. Er hat es ja teilweise schon gezeigt. Denn die übeln Dinge unter Euch, sind die nicht Strafen, die er Euch schickt, weil sein Name nicht besser geehrt wird unter Euch? Ihr wisst, was St. Paulus sagt: Dieweil die Menschen wussten, dass ein Gott ist, und haben ihn nicht gepriesen, – – darum hat er sie dahingegeben in alle Unreinigkeit [Röm. 1, 21. 24]. Er sagt das von den Heiden, die nicht so erleuchtet waren wie Ihr. Da er Euch nun so viel mehr Klarheit gegeben hatte im Evangelium, wundert es mich nicht, wenn er Euch bitter zürnt, weil sein Name unter Euch so in Fetzen gerissen worden ist. Daher kommen nun die bösen Zustände, die Ihr habt, unter anderm die Hurerei, und zwar so schändliche, dass sich die Ungläubigen darüber entsetzen. Ich spreche kein Urteil darüber, weil ich nicht sicher unterrichtet bin von den einzelnen Tatsachen; aber das Ärgernis könnte nicht allgemeiner sein. Hättet Ihr die Lehre Pauli recht behalten, allen bösen Schein zu meiden [1. Thess. 5, 22], so wäret Ihr vorsichtiger und nähmet Euch in acht. Aber es scheint, als ob einige unter Euch ein Vergnügen daran fänden, der schlimmen Meinung, die man von ihnen hat, stets neue Nahrung zu bieten und ein böses Beispiel zu geben. Es wäre wünschenswert, das böse Gerede, das nur zu allgemein verbreitet ist, würde ganz erlöschen; aber die Hauptsache ist, dass die zu Grunde liegenden Tatsachen ausgefegt werden. Denn unser Herr lässt zu, dass die Schändlichkeit aufgedeckt wird, damit die, die sichs in ihren geheimen Lastern wohl sein lassen möchten, sich schämen, wenn sie ans Licht gezogen werden. Es ist das ein Mittel, durch das er uns zur Buße ruft. Ihr wisst, liebe Brüder, was die Schrift uns von der gewöhnlichen Hurerei sagt, dass sie verflucht ist von Gott, dass um ihretwillen die Rache Gottes über die Ungläubigen kommt, dass, die sich ihr hingeben, ausgeschlossen sind vom Reich Gottes [1. Kor. 6, 9, 10; Eph. 5, 5], dass sie anzusehen ist als Tempelschändung, weil unsre Leiber, die Tempel Gottes sein sollen, dadurch befleckt werden, dass, wer sich ihr überlässt, sich trennt vom Leibe Christi, und dass, wer huret, sündigt an seinem eignen Leibe mehr als mit andern Lastern [1. Kor. 6, 15 – 19]. Was man aber von Euch sagt, das geht ja noch über das hinaus. Seht, welche Schande ist das, dass man Euch vorwirft, Euch Dinge erlaubt zu haben, die selbst die Heiden verabscheuten, da die Natur sie lehrte, dass kein Verbrechen so unerträglich ist wie die Blutschande!

Was auch immer daran ist, – trachtet in erster Linie danach, dass in dieser Hinsicht Euer Gewissen rein und sauber sei vor Gott, und dass die Menschen keinen Anlass haben, Schlimmes von Euch zu denken oder zu reden. St. Paulus sagt: wenn er in Korinth Hurer und Unzüchtige finde, die ihre Missetaten nicht bereuten, so müsse er darüber traurig sein und die Schande für sie tragen [2. Kor. 12, 21]. Noch viel mehr Grund haben die Fehlbaren selbst, zu weinen und sich zu demütigen. Diese Demütigung soll Euch dazu dienen, dass Ihr Euch mehr als bisher müht, Euch zu erbauen durch ein gutes Beispiel im Leben sowohl, als auch durch Worte. Denn Ihr habt auch darin einen bösen Namen, dass einige unter Euch zu weit gehen, mit Spottworten einander zu sticheln. Ihr wisst, was St. Paulus sagt, dass sich schandbare Worte, Narrentheidinge oder Scherz einem Christen nicht ziemen [Eph. 5, 4]. So soll auch das ferne von Euch sein, umso mehr, als böse Worte leicht Anlass geben zu bösen Taten, denn man vergisst dabei leicht das Maßhalten. Dann gibt es bei Euch nachher die Gehässigkeiten und Eifersüchteleien, die zeigen, dass Gott unter Euch nicht regiert; denn er ist ein Gott des Friedens und der Eintracht. Es kommen Zänkereien vor, die deutlich beweisen, dass die Liebe bei Euch keine Statt hat, die doch die Menge der Sünden bedeckt [Jak. 5, 20]. Da kann ich mich nun nicht ganz wundern, dass Ihr nicht an die vielen Feinde denkt, die Euch umgeben und nach nichts so trachten, wie nach Eurem Verderben. Selbst bei den Italienern, die doch in ihren Händeln die unversöhnlichsten Menschen sind, vereinigen sich Welfen und Ghibellinen stets, wenn ein dritter Feind sich auf sie wirft. Ihr seid eine Handvoll Leute, gehasst von allen Euren Nachbarn, und wollts doch nicht lassen, Euch untereinander aufzufressen wie Hunde und Katzen! Ihr wisst, wie viele auf Euch lauern, um Euch anpacken zu können, und Ihr selbst gebt Ihnen die gesuchte Gelegenheit, indem Ihr Euch untereinander verlästert, als wolltet Ihr selbst das Messer schleifen, das Euch den Hals abschneiden soll.

Ich musste so scharf mit Euch reden, um Euch aufzuwecken. Denn schliefet Ihr nicht zu fest, so hättet Ihr es Euch nicht bis jetzt in so großen Lastern wohl sein lassen. Schwachheiten kommen ja überall vor, aber Euer Übel geht doch zu weit. Doch ist meine Absicht nicht, Euch zu entmutigen, sondern im Gegenteil, Euch Hoffnung zu machen darauf, dass Gott bereit ist, alle, die zu ihm zurückkehren wollen, in Gnaden aufzunehmen. Was die Vorwürfe über Eure Laster betrifft, die ich Euch gemacht habe, so ists erst genug, wenn Euer Leben, das Euch jetzt nichts als Schmach und Schande bringt, der Ehre Gottes dient, so dass Ihr Euch mit gutem Rechte in ihm rühmen könnt und nicht mehr fälschlich seinen Namen führt. Ermuntert Euch darum, die Lehre Gottes zu hören, die Euch zurückbringen kann! Seid fleißiger als bisher in der Schriftlektüre und andern frommen Übungen! Tut weg aus Eurer Mitte alle Unreinigkeit! Erweist dem Namen Gottes Ehrfurcht und redet von ihm nur noch zu seiner Ehre! Ein jeder halte sich keusch in seinem Familienleben und gebe keinen bösen Verdacht der Unkeuschheit. Alle Eitelkeiten und aller für Christen unziemliche Leichtsinn werde abgetan. Und um Hass und Zank recht mit der Wurzel auszurotten, geht zuerst den Ursachen zu Leib, d. h. reinigt Euch von aller Unaufrichtigkeit und Bosheit. Auch der Stolz herrsche nicht so unter Euch, dass jeder nur alles an sich ziehe. Vor allem bittet Gott, er wolle Erbarmen mit Euch haben, die Fehler der Vergangenheit begraben sein lassen und Euch bessern und zu sich zurückführen. Denn da muss seine Hand wirken, oder es besteht Gefahr, dass Ihr für alle andern zum Beispiel werdet dafür, dass er kein Herr ist, der seiner spotten lässt. Hütet Euch, dass Ihr Euch nicht verstockt gegen diese Mahnung, damit Ihr nicht in die Verdammnis derer fallet, die seine Gnade verschmähen und sich dadurch ein Feuer entzündet haben, das sie verzehren wird [Hebr. 10, 26 – 29]. Von Euch aber hoffe ich Besseres und wünsche in Bälde Neues zu hören, betrübt wie ich jetzt bin. So will ich denn zum lieben Gott beten, er wolle die Gnade, die er in Euch gelegt hat, nicht erlöschen und zunichte werden lassen, sondern Euch trotz Eures Falles so wiederherstellen, dass Ihr ein Spiegel seiner unendlichen Liebe werdet, und dadurch sein Name gepriesen werde an Euch mehr als je.

[1562].

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (716)

Nr. 716 (C. R. – 3886)

Das erwähnte leichte Gefecht war die beginnende Schlacht bei Dreux am 17. Dezember in der auf katholischer Seite der Connetable de Montmorency, auf hugenottischer de Conde in Gefangenschaft geriet, und die dadurch zur Niederlage der Evangelischen wurde. Das Pariser Parlament hatte Coligny und seinen Bruder d´ Andelot zur Enthauptung in effigie verurteilt. Baron des Adrets wollte tatsächlich zur katholischen Partei übergehen, wurde aber an einem solchen Versuch im Januar 1563 verhindert. Über Kardinal Chatillon, Colignys jüngsten Bruder vgl. 664. In Frankfurt war Maximilian II., der Sohn Ferdinands I., zum römischen König gewählt worden.

Vom Krieg in Frankreich, vom Reichtstag und Konzil. Über die Ubiquitätslehre.

Wenn ich dir auch über so ganz ungewisse Dinge lieber nicht schriebe, verehrter Bruder, so will ich doch die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, da dieser gute, junge Mann mir seinen Botendienst anträgt. Was Prinz de Conde vorhat, ist für uns schwer zu vermuten. Anfangs dieses Monats rückte er mit seinen Truppen vor die Mauern von Paris und hatte in einer Belagerung von wenigen Tagen die Stadt durch Aushungerung fast bezwungen. Zwei Ausfälle machten die guisischen Truppen, wurden aber heftig zurückgeworfen und blieben auch ruhig. Nun verlegte sich die Königin-Mutter auf ihre gewohnten Ränke. Der Prinz vertrödelt in seinem Leichtsinn mit Unterredungen die Zeit, die er besser zum Handeln verwendet hätte. Allgemein glaubte man, der Friede sei bereits geschlossen, als wider aller Erwarten spanische und bretonische Truppen den Feinden zu Hilfe kamen, deren Mut sich dadurch sofort wieder hob. Der Prinz zieht mit seinem Heer ab; die Guisen folgen ihm. Am 15. dieses Monats lagerten beide bei Beauce gegen Chartres und Le Mans zu. Es kam schriftlicher Bericht von Paris und wurde durch sichere Zeichen bestätigt, sie seien in einem leichten Treffen zusammengestoßen und 700 Spanier seien gefallen. Die Kunde ist umso wahrscheinlicher, als viele Verwundete auf Karren und Wagen in die Stadt gebracht worden sind. Die Feinde sind, was das Fußvolk betrifft, besser ausgerüstet; in der Kavallerie ist ihnen der Prinz aber bei weitem überlegen. Das Gerücht, das umging, Rouen sei von den Unsern wieder erobert, hat sich nun als falsch erwiesen; doch glaube ich nicht, dass es aus nichts entstanden ist, sondern es ist gewiss etwas, was verborgen bleiben sollte, durch die Geschwätzigkeit der Leute zu früh weit herum gekommen. Ist wahr, was mir wahrscheinlich scheint, dass die 6 000 Engländer sich mit dem Prinzen vereinigt haben, so ist das ein nicht verachtender Zuwachs. Sicherlich wären sie, wenn er ihnen nicht entgegen gezogen wäre, um ihnen Mut zu machen, in ihrer schändlichen Feigheit umgekehrt. Die Pariser benehmen sich verrückter als je. Privatleute pflegen von den Fürsten vorzeitige Majorennerklärung zu erbitten, um selbständig zu werden; das Parlament hat aber dem König die Erlaubnis gegeben und hat ihn, wie man sagt, für majorenn erklärt; indessen Vormünder hat man ihm doch noch gegeben wie einem Unmündigen. Die Parlamentsräte, die sich weigerten, den Admiral und d´ Andelot zu verurteilen, sind ins Gefängnis geworfen worden. Das sind die letzten Zeichen ihrer Verzweiflung. Gegen Lyon unternimmt der Herzog de Nemours nichts mit Waffengewalt, weil er hofft, mit der Stadt durch Hunger und Mangel an allem Notwendigen allmählich fertig zu werden. Baron des Adrets, der sich früher so energisch hielt, hat sich durch seine Schmeicheleien verlocken lassen und wollte ihn als Gouverneur in die Stadt lassen; doch gab er dem einmütigen Widerspruch von Adel und Bürgerschaft nach. Wenn Vienne, wie wir hoffen, bald wieder erobert ist, kann Languedoc, das Überfluss an Weizen und Wein hat, reichliche Zufuhr liefern. Eine Schwadron Reiter, die vom Prinzen gesandt und nach Lyon zog, ist abgefangen worden. Vom Baron des Adrets hofften wir das Beste; er hat versprochen, gutem, vernünftigem Rat folgen zu wollen, und ist sicher nicht aus Treulosigkeit, sondern aus Irrtum und törichter Leichtgläubigkeit gefallen. Wenn de Crussol, den die Städte der Languedoc zum Führer erwählt haben, sich recht ins Zeug legt, ist Lyon außer Gefahr. Ich fürchte nur, Graf de Beauvais, der ehemalige Kardinal Chatillon, ist zu langsam und hält ihn durch sein Zaudern auf.

Von der türkischen Gesandtschaft schrieb Sulzer dasselbe wie du; doch ist es leeres Gerede. Unser vertrauter Freund, Herr de Passy, ehemals Bischof von Nevers, was in Frankfurt als Gesandter des Prinzen de Conde an den Kaiser und die Fürsten. Da er mir nichts davon schrieb, dachte ich gleich, es sei nichts an der Sache. Nun ist er selbst gekommen und hat mir bestätigt, es sei nichts daran. Er erzählte, wie freundlich er vom Kaiser aufgenommen worden sei und welch großes Wohlwollen ihm erst der römische König erwiesen habe; er habe im vertraulichen Gespräch die Verheerung Frankreichs bedauert, besonders weil die Feinde dabei auf den Untergang des reinen Glaubens ausgingen. Von der Änderung der Eidesformel [bei der Krönung] habt Ihr wohl auch schon Bericht erhalten; der neu gewählte König versprach, er wolle der Schutzherr nicht der römischen, sondern der christlichen Kirche sein, auch ließ er alle männlichen und weiblichen Heiligen weg und begnügte sich mit dem Namen des einen Gottes. Welche Rolle der Kardinal von Lothringen auf dem Konzil zu Trient spielt, siehst du aus seiner Rede, der dann der Gesandte Frankreichs, ein berüchtigter Apostat, beipflichtete. Zwar sind die beiliegenden Nachschriften voll von Fehlern; aber du kannst doch leicht daraus erkennen, dass die Herren in großer Verlegenheit sind und keinen andern Ausweg finden, als Religionsfreiheit in Frankreich zu gewähren.

Ich stelle dir die Kopien der Briefe, die ich an die Polen schrieb, wieder zu; da die zweite Antwort, die ziemlich ausführlich diese Frage behandelte, verloren ging, so lasse ich nun die Behandlung dieser Angelegenheit. Ich glaube, durch Bezas Nachlässigkeit oder Vergesslichkeit ging sie verloren. Von deiner Gesundheit hörte ich gerne Erfreulicheres. Mich hält Gott mit Fesseln fest; zwar die heftigen Schmerzen haben aufgehört, aber ich schleiche im Zimmer herum und komme kaum von meinem Bett bis zum Tisch. Heute hielt ich die Predigt, doch ließ ich mich in die Kirche tragen. Lebwohl, hochberühmter Mann, von Herzen verehrter Bruder. Viele Grüße, bitte, an die Kollegen und Brüder. Alle meine Kollegen und alle Freunde lassen grüßen, unter andern auch der Schreiber, dessen Handschrift du kennst. Der Herr erhalte dich lange gesund, halte dich aufrecht mit seiner Kraft und segne dein Wirken.

Genf, 27. Dezember 1562.

Deinen Wunsch, ich möchte mich mit Brenz auseinandersetzen, kann ich zurzeit nicht erfüllen. Andere Arbeiten drängen zu sehr. Wenn ich etwas mehr Muße bekomme, so ist uns jetzt eine gute Gelegenheit gegeben; denn die Pfarrer der Grafschaft Mansfeld haben in einem albernen Schriftchen die Franzosen zur Buße aufgefordert; sie anerkennen sie zwar als Brüder und nennen sie auch so, mit Ausnahme des einen Punkts [der Abendmahlslehre]. Wenn ich etwas weniger andere Arbeit habe und mich die Krankheiten mehr in Ruhe lassen, will ich versuchen, etwas zu schreiben. Die Phantasterei Brenzens kann kurz widerlegt werden, weil die Folgerung, die er aus der unendlichen Herrlichkeit und Macht Christi zieht, ganz falsch auf das Wesen seines Fleisches angewendet ist. Tatsächlich dreht sich alles darum, dass wir, obwohl Christi Leib im Himmel ist, doch auf Erden ihn wahrhaft genießen, weil Christus durch die unendliche und allgegenwärtige Kraft seines Geistes so unser wird, dass er ohne eine Ortsveränderung in uns wohnt. Mir war es stets genug, in dieser Frage die Unendlichkeit des Leibes Christi oder ein räumliches Herabkommen und Dasein auszuschließen. Denn darin sehe ich nichts Widernatürliches, wenn wir sagen, dass wir wahrhaftig und wirklich Christi Fleisch und Blut empfangen und er uns so tatsächlich substantiell zur Nahrung wird, wenn nur feststeht, dass Christus nicht nur in den äußerlichen Symbolen, sondern auch in dem geheimnisvollen Wirken seines Geistes zu uns herabsteigt, damit wir im Glauben zu ihm emporsteigen.

Dein

Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Sulzer in Basel.

Nr. 715 (C. R. – 3882)

Der Marschall de St. Andre und der Herzog de Nemours waren Führer der Katholiken; mit letzterm schloss des Adrets (vgl. 706) aus gekränktem Ehrgeiz einen Waffenstillstand, der die Dauphine von Truppen entblößte. Auf die Nachricht vom Nahen der Engländer wandten sich die Katholiken gegen Rouen, das am 26. Oktober in ihre Hände fiel; bei der Belagerung fiel der König von Navarra. Jacques Spifame, Sieur de Passy (vgl. 674), wurde von de Conde an den deutschen Reichstag nach Frankfurt gesandt. Matthieu Vatel, Pfarrer in Montbeliard, hatte sich bei Calvin beklagt, dass er von Toussaint (vgl. ) wegen der Prädestinationslehre angefochten werde, und bat um Fürsprache bei Sulzer, der auf den Statthalter von Montbeliard Einfluss habe. Pietro Martire Vermigli, der seit der Rückkehr aus Frankreich kränkelte, war am 12. November 1562 in Zürich gestorben.

Nachrichten aus Frankreich. Gegen Toussaint in Montbeliard.

Wenn ich seltener an dich schreibe, als du möchtest, so musst du mein Säumen entschuldigen, trefflicher Mann und verehrter Bruder; denn erstens hält mich die Traurigkeit so in ihren Banden, dass ich zu jeder Art Tätigkeit unlustig bin, wenn mich nicht die Notwendigkeit drängt und wider meinen Willen treibt, und zweitens mag ich bei den verworrenen Verhältnissen nichts Ungewisses schreiben, um nicht bald beschämt zurücknehmen zu müssen, was ich für wahr hielt. Denn du glaubst nicht, wie zügellos drauflos gelogen wird. Der Ärger darüber hat mich ganz stumpf gemacht, so dass kein Gerücht mehr mich aufregt. Schon seit einem halben Jahr sind die Straßen so gesperrt, dass keine sichere Kunde zu uns dringt. Was unsere Führer eben tun, wissen wir nicht, nur dass sie gegen Ende vergangenen Monats noch in Corbeil waren. Das ist ein kleines, nicht sehr festes Städtlein, nur vier Stunden von Paris entfernt. Seine günstige Lage bewirkte, dass die Feinde es auf jede Weise festzuhalten vorhatten, weil dort eine Brücke die Getreidezufuhr aus Burgund sperrt. So hatte de St. Andre die Stellung mit einer starken Besatzung inne, machte sich aber davon, ehe es zum Sturm kam. Die Königin-Mutter greift wieder zu den gewohnten Künsten, einen Frieden zustande zu bringen. Die Unsern müssten aber sehr dumm sein, wenn sie, so oft schon durch trügerische Schmeichelreden getäuscht, ihr wieder ins Netz gingen. Die Gesandtschaft der Unsern ist vom Kaiser, seinem Sohn und den Kurfürsten freundlich empfangen worden, hat aber noch keinen Bescheid erhalten. Das Gerücht vom Türken, das bei Euch umgeht, halte ich für falsch; denn der eine der Gesandten, dem die Fürsten vertraulich mitteilen, was für uns von Interesse ist, hätte in seinem Brief sicher ein Wort davon geschrieben. Die Königin von England hat ihre Hilfeleistung allzu freigebig herausgestrichen; durch ihre Eitelkeit ist uns Rouen verloren gegangen. Der Herzog de Nemours hat mit Baron des Adrets einen Waffenstillstand geschlossen, der aber bereits abgelaufen ist. Da der Kommandant von Lyon krank war, bat er um eine Unterredung mit ihm; sie wurde ihm abgeschlagen. In Lyon herrscht Ruhe, aber Geldmangel.

Deinen Brief erhielt ich, als ich eben von der Kanzel kam. Die Dänen hatten schon anderswoher erfahren, dass sie bei uns nicht gut Aufnahme finden könnten. Als sie also erklärten, sie kehrten morgen wieder um, brauchte es keiner langen Entschuldigung; tatsächlich ist die Stadt mehr als je von armen Refugianten überfüllt. Scharenweise strömen sie zusammen, von allen Hilfsmitteln entblößt, viele Waisen und Witwen. In diesen Nöten findet sich für Leute, die eine fremde Sprache reden, nicht leicht eine Stelle. Sie hatten übrigens schon vor, ehe sie ein Wort sagten, bis Ostern in Basel zu bleiben.

Nun zu etwas anderem. Du bist schon oft auf die arge Treulosigkeit und Grausamkeit Pierre Toussaints aufmerksam gemacht worden, wolltest aber stets lieber dein Urteil in der Schwebe lassen als von deiner vorgefassten Meinung weichen. Und dieses Krokodil ist ja stark darin, mit schönen Schmeichelreden die Leute zu betrügen. Jetzt hat er seinen Kollegen mit neuen Listen angegriffen und bewirkt, dass er zeitweilig von seinem Amte suspendiert wurde. Ich will mich in einer zum Greifen deutlichen Sache nicht auf lange Erörterungen einlassen. Es handelt sich um die Prädestinationslehre, die abzuschwören er den guten Mann zwingen wollte. Brauche ich dir die Sache Christi noch zu empfehlen? Damit du nicht glaubst, es sei Vatel etwas Unvorsichtiges entfahren, was Ärgernis gegeben hätte, so kannst du aus allen Akten sehen, dass dieser Mann, der jetzt von jenem Feind aller Frommen so heftig angegriffen wurde, nur zu vorsichtig war. Dass ein gelehrter, frommer Mann mit unserer Zustimmung so schändlich geplagt wird, will sich gar nicht schicken. Da ich aber gar keine Möglichkeit sehe, ihm zu helfen, bitte ich dich um Hilfe. Beim Bailli oder Landvogt bist du außerordentlich beliebt und angesehen, und obwohl ihn Toussaint mit seinen Kunststücken ganz bezaubert hat, wirst du ihn ohne Mühe wieder auf den rechten Weg zurückbringen. Ich will nicht, dass du dich in einen unklaren Handel einlassest. Deshalb habe ich den Bruder aufgefordert, alle Akten darüber dir zuzustellen. Nach reiflicher Prüfung der Sache wirst du, klug und gerecht wie du bist, am besten beurteilen können, was zu tun ist. Obwohl ich mich darauf verlasse, dass du auch weiter gehst, möchte ich dich nur darum gebeten haben, den Landvogt so umzustimmen, dass der sonst ganz rechtschaffene Mann die Verteidigung einer so frommen und gerechten Sache selbst übernimmt; denn wie ich höre, hat er nur gefehlt, weil er im Irrtum war, und braucht nur eines Besseren belehrt zu werden. Wenn du dich also ernstlich dessen annimmst, zweifeln wir am glücklichen Ausgang nicht. Lebwohl, bester, von Herzen verehrter Bruder.

Ein neuer Anlass zur Trauer ist uns der Tod Pietro Martires. Unser lieber Beza ist im Feldlager. Ribit ist vor einem halben Jahr nach Orleans gereist, an ein Lehramt berufen. Der Herr erhalte dich gesund und mache dich mehr und mehr reich an seinen Gaben. Meine Kollegen lassen dich vielmals grüßen.

Genf, 6. Dezember 1562.

Calvin, Jean – An die französische Gemeinde in Frankfurt a. M.

Nr. 714 (C. R. – 3871)

Vgl. 709.

Die letzten Kämpfe in Frankfurt.

Zu unserm großen Bedauern hören wir, sehr liebe Brüder, dass unter Euch Meinungsverschiedenheiten entstanden sind, die so heiß wurden, dass scharfer Zank daraus erwuchs, wie wenn Ihr nicht schon in der Auflösung Eurer Gemeinde einen genügend harten Schlag empfangen hättet, und, was uns noch mehr betrübt, wir sehen keinen Weg, Euch wieder zu wirklichem brüderlichem Zusammenhalten zu bringen; denn wir fürchten, das werde schwer bei Euch zu erreichen sein. Was der Dichter sagt, geht auch aus Euerm Brief hervor: es sind Fehler gemacht worden innen wie außen. Ein Teil von Euch meint, trotz der Schließung Eurer Kirche müsse man doch noch den Bestand der Gemeinde wahren bis zum endgültigen Entscheid der Sache. Die andern glauben dagegen, es sei übel getan, da doch die Wahrheit mit großer Schmach und Schande unterdrückt und sozusagen in die Verbannung getrieben worden sei. Was uns angeht, so können wir nicht anders urteilen, als dass zwar die sehr wohlgetan haben, die sofort nach der Schließung der Kirche und dem Verbot des Gottesdienstes ihr Bündel schnürten und anderswohin zogen, dass aber die, die hierzu nicht imstande waren, unseres Erachtens eher Mitleid verdienen als irgendwelche böswillige Behandlung. Tatsächlich wäre es mehr als unrecht, Refugianten an ihrem Zufluchtsort fesseln zu wollen, wie arme Sklaven in der Tretmühle; denn selbst angenommen, die Gemeinde bestünde noch, so dürfte man eine Ortsveränderung von Privatleuten nicht für unerlaubt halten, – wie vielmehr muss es Leuten, denen man die Ausübung ihrer Religion verboten hat, erlaubt sein, sich anderswohin zu begeben! Andrerseits wäre es aber auch unmenschlich, die als Verräter an der Wahrheit anzusehen und zu verlästern, die durch häusliche Umstände oder durch die Geschäftslage verhindert und festgehalten worden sind, so dass sie nicht auswandern und an einen andern Ort übersiedeln konnten. Was nun den Vorwurf betrifft, dass diejenigen, die ihre Kinder zur Taufe Eurer [lutherischen] Gegner bringen, Jesum Christum zum Gespött machen, so müssen wir darüber so urteilen: wenn sie dabei schweigen und nicht offen bekennen, dass sie sowohl die Irrlehren als auch die Tyrannei und den dummen Stolz der Männer verabscheuen, von denen sie ihre Kinder taufen lassen, so begehen sie einen Fehler, der unentschuldbar und unerträglich ist; denn es ist sicher, dass diese fetten, sichs wohl sein lassenden Pfaffen nichts wollen, als über Christum und seine Wahrheit einen Triumph davontragen, und dann können wir ihrer Unverschämtheit keine Gelegenheit geben, ohne beständig Christum zu verunehren. Wenn man aber ein offenes, vollständiges Bekenntnis ablegt und dadurch den Hochmut dieser ehrwürdigen Herren etwas dämpft, so sehe ich nicht ein, warum man die durchaus verdammen müsste, die gezwungen sind, ihre Kinder von den dazu verordneten und eingesetzten Pfarrern taufen zu lassen, wiewohl sie nicht mit ihnen übereinstimmen. Eine andre Sache ists mit dem heiligen Abendmahl, das keiner aus ihrer Hand empfangen darf, ohne die heilige Lehre schmählich zu verleugnen.

Es scheint uns nicht von Nutzen, uns weiter in eine Prüfung aller Einzelheiten Eures Streites einzulassen; ja aus verschiedenen Gründen halten wir es für unrichtig, auch nur das, was Ihr davon schriebt, zu berühren. Deshalb bitten und beschwören wir Euch im Namen Gottes, lasst all das leidenschaftliche Streiten mit seiner Bitterkeit und nehmt Euch brüderlich auf untereinander. Die in so harter Knechtschaft Unterdrückten sollen seufzen und den Brüdern Glück wünschen, die an andern Orten Freiheit erlangt haben. Die aber, denen Gott die Gnade gegeben hat, diesem schweren Joch zu entrinnen, sollen eher Mitleid haben mit ihren Brüdern, als sie so übermäßig zu bedrängen und ihnen dadurch den Mut zu nehmen. Verzeiht uns also, wenn wir vorzogen, solches Maß innezuhalten, statt allen Euern Wünschen zu entsprechen. Der Herr leite Euch durch den Geist der Milde und Güte mit einer unüberwindlichen Festigkeit; er versammle und halte Euch in einem Leibe zusammen durch das Band der Barmherzigkeit und der Liebe. Seid Gott befohlen, sehr teure und geliebte Brüder.

Genf, 27. Oktober 1562.

Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Kaspar Olevianus in Heidelberg (713)

Nr. 713 (C. R. – 3869)

Weggelassen eine Bemerkung über einen nach Heidelberg zu berufenden Dozenten. Über Bouquin vgl. 457, über Diller, den Hofprediger des Pfalzgrafen 551. Konrad Marius war Professor am Gymnasium zu Heidelberg.

Über die Kirchenzucht in Heidelberg und die Juristen.

– – – Wenn du über die Zusammensetzung einer kirchlichen Disziplinarbehörde meinen Rat erbittest, so weiß ich fast nichts zu antworten, als dass der Pfalzgraf nach Anhörung seines Rates zwei, die Universität zwei, die Stadtgemeinde vier Männer wähle, die dann mit den Pfarrern der Kirche vorstehen und über die Sittenzucht wachen sollen. Denn so könnten die Teile, die sonst durch verschiedene Rechtsordnungen getrennt sind, zu einem Ganzen zusammenwachsen, und die Kirche erhielte ihr Recht, ohne dass jemand geschädigt würde. Jedenfalls ist auf alle Weise darauf zu dringen, dass Ihr doch eine gewisse Kirchenzucht zustande bringt. Schwer ist die Arbeit und verdrießlich, das gebe ich zu, ja ich sage sogar, sie macht verhasst; aber wenn du Christum zum Führer nimmst, so brauchst du nicht müde werden. Hast du mit den Juristen zu streiten, so wisse, dass diese Menschenrasse fast überall den Knechten Christi entgegenarbeitet; denn sie glauben, ihren Rang nicht behaupten zu können, wenn die Macht der Kirche kräftig ist. Doch fahre standhaft fort; es wird dir umso leichter fallen, als du nicht nur treue, sondern auch tapfere und energische Helfer gefunden hast. Lebwohl, trefflicher Mann, bester Bruder. Viele Grüße an Herrn Pierre Bouquin, und auch an die Herren Diller und Marius, sowie die übrigen Freunde. Der Herr erhalte Euch alle gesund und segne Euer frommes Wirken.

Genf, 27. Oktober 1562.

Dein

Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Pierre Toussaint in Montbeliard.

Nr. 583 (C. R. – 2972)

Toussaint (vgl. 420, 431, 537, 560) war Calvin innerlich fremd geworden durch dessen Ketzerverfolgung und schroffe Prädestinationslehre; auch waren in Montbeliard einige calvinistische Pfarrer wegen Widersetzlichkeit gegen die lutheranisierende Kirchenordnung abgesetzt worden. Calvin sah deshalb in Toussaint einen Freund der Lutheraner, die ihn, Calvin, zu Worms (vgl. 550) mit den Ketzern Osiander und Schwenckfeld zusammen genannt hatten.

Absage an den früheren Freund.

Die Kürze dieses Briefes wird der Überbringer dir entschuldigend erklären, der einigermaßen gesehen hat, wie wenig Zeit mir zur Verfügung stand zwischen einem beginnenden Wechselfieber und ständigem Kopfweh, das mir noch lästiger fällt als das Fieber. So muss ich müde von einer schlaflosen Nacht dir dieses wenige vom Bette aus diktieren.

Mit den Aktenstücken, durch die du beweisen willst, dass die Brüder nicht, wie sie klagen, gewaltsam und ungerecht von dir vertrieben worden seien, gebe ich mich zufrieden, und auch ihre Glaubwürdigkeit abzuleugnen, steht mir nicht zu; da sie aber noch manches für sich anführen, wovon nichts in den Akten steht, so hält mich diese Verschiedenheit der Darstellung doch noch in Spannung. Es war stets mein Wunsch, Eure Streitigkeiten möchten durch eine offene Aussprache zu Ende kommen, wie es sich in einer kirchlichen Angelegenheit gehört hätte. Wer von unserm Stand einer solchen maßvollen Regelung der Sachen ausweicht, verrät, dass er anderes will, als was einem Knechte Christi zukommt, und sein Misstrauen ist gerade das Zeichen einer schlechten Sache und eines bösen Gewissens. Da du mich von Anfang an von deinem Rate ausschlossest und ich an der Vertreibung der Brüder sah, dass Eure Kämpfe so zu Ende gebracht wurden, so kam mir nicht ohne Grund ein böser Verdacht, obwohl mir die Sache nicht genügend durchsichtig war. Doch hielt ich dafür, es sei besser, das Übel, dem ich nicht abhelfen konnte, nicht noch größer zu machen. Obwohl ich öfters von vielen aufgefordert wurde, einzugreifen, zog ich es vor, ruhig zu bleiben, statt durch vergebliche Hilfsversuche die Verwirrung noch zu vermehren. Schließlich haben mich aber einige fromme Leute doch durch unablässiges Bitten dazu gebracht, dem Fürsten zu schreiben. Ach, hätte man nur einmal eine richtige Untersuchung der Verhältnisse unternommen! Ich sah stets, wie verderblich es war, Diener am Wort mit Anklagen und Vorwürfen zu belasten, wodurch unvermeidlich auch die Autorität der Lehre selbst ins Wanken gerät, und die eigene Erfahrung hat mich gelehrt, dieser Gefahr sorgfältig auszuweichen. Du wirst aber nicht finden, dass ich je Eure Zwistigkeiten mit Wort oder Schrift verschärft hätte. Hättest du mir nicht selbst die Tür verschlossen, so hätte ich mich ohne Zögern als Vermittler angeboten und Mittel und Wege gesucht, Euren Hader zu stillen; doch du weißt wohl, wie befremdend gehässig das mich anmuten musste, dass ich mit Osiander, Schwenckfeld und andern Ketzern zusammengestellt wurde. Umso mehr wundert es mich, wenn du jetzt behauptest, du habest die Eintracht gesucht; wenn du nicht selber fühlst, dass du damals jedes Band zwischen uns allzu schmählich und unfreundlich zerrissen hast, so mag darüber Gott einmal richten. Denn war das gerecht, einem Mann so schmählichen Schimpf anzutun, der, ich will nicht sagen, sich um die Kirche Gottes wohlverdient gemacht und treulich für die Verteidigung der evangelischen Lehre gekämpft hat, sondern nur, der brüderliche Übereinstimmung, ja persönliche Freundschaft mit dir gepflegt hatte? Noch härter war es mir, dass bei Euch ein Teil der Lehre feindselig bekämpft wurde, ohne den die Religion und Heilsgewissheit nicht bestehen kann. Nicht nur hast du geduldet, dass dein Kollege mich mit schnöden Verleumdungen herunterriss, nicht nur hast du mir in Montbeliard selbst entgegengewirkt, sondern man versichert, es existiere ein Brief von dir an die Pruntruter, in dem du sie mahntest, sich vor ihren ketzerischen Nachbarn zu hüten, die Gott zum Urheber der Sünde machten. Das ist der Friede, den du willst, dass wir, bis zur Hölle verdammt, schweigen sollen! Ebenso sehr verletzt es mein Herz, dass du selbst unsere armen Brüder in Frankreich nicht schonst, die du doch der Hinschlachtung ausgesetzt siehst, sondern bald ihre Gefahr als ganz gering hinstellst, bald ihren Eifer Torheit schiltst, bald sie gehässig beschuldigst, sie seien Empörer.

Übrigens habe ich vor, lieber das alles stillschweigend zu schlucken, als Lärm zu schlagen zur Freude unserer gemeinsamen Feinde. Ich will es auch nicht hindern, dass du still und ruhig auf deinem Posten bleibst und, wie du es früher getan hast und es dir gegeben ist, die Kirche in rechtem Glauben und aufrichtiger Gottesfurcht erbaust; auch solls nicht meine Schuld sein, wenn je deine nicht zu verachtenden Gaben, mit denen dich Gott zum Pfarramte ausgerüstet hat, begraben liegen. Aber dass du mein Freund seiest, davon kannst du mich, solange du dich mit meinen erklärten Feinden zusammentust, nicht überzeugen. Ich will deshalb aber nicht aufhören, Gott zu bitten, dass er dich mit seinem Geiste leitet, dich gesund erhalte und dein Wirken segne.

Genf, 22. Oktober 1558.

Calvin, Jean – An die Gemeinden in Languedoc.

Nr. 712 (C. R. – 3860)

Außer Beza und de St. Porcien (vgl. 710) war auch Colignys Bruder, d´Andelot, in Deutschland gewesen, um Geld und Truppen für die Hugenotten aufzutreiben. Der Brief ist nur bruchstückweise erhalten.

Geld für die Sache Gottes.

Sehr liebe, verehrte Herren und Brüder, ich wollte, ich könnte zu Euch kommen, um Euch persönlich zu sagen, in welchem Interesse ich Euch nun diesen Brief schreibe. Da es aber nicht in meiner Macht steht, dies zu tun, so hoffe ich, dass die Sache selbst, von Euch recht verstanden, genügen wird, Euch zu einer Anstrengung bis aufs äußerste zu veranlassen, jeden nach seinem Vermögen. Es handelt sich darum, Geld aufzubringen zum Unterhalt der von Herrn d´ Andelot geworbenen Truppen. Es ist jetzt nicht die Zeit, darauf einzutreten und darüber zu reden, ob Fehler begangen worden sind. Wie dem auch sei, jetzt hat uns Gott in eine solche Not kommen lassen, dass ohne Hilfe von dieser Seite nach menschlichem Ermessen nichts vorauszusehen ist als eine klägliche, entsetzliche Verwüstung. Ich weiß wohl: auch wenn alles zerstört und verloren ist, hat Gott noch unbegreifliche Wege, seine Kirche wieder obenauf zu bringen, gleichsam durch eine Auferweckung von den Toten; und darauf wollen wir harren und uns verlassen, dass, wenn wir ganz vernichtet sind, ja, alles zum schlimmsten gekommen zu sein scheint, er noch aus unserer Asche ein neues Volk ins Leben rufen kann. Indessen müssen wir aber doch auch bedenken, dass auch wir unsere Pflicht nicht versäumen dürfen, wenn wir nicht wissentlich der Gnade Gottes die Tür verschließen wollen. Sicher hat die Trägheit und Sorglosigkeit, oder eher die Gleichgültigkeit einzelner Gemeinden schon mehr Schaden gestiftet, als man sagen kann. Manche wollten einen Teil ihrer Güter schonen und sind dann ohne Schonung ums Ganze gekommen; ja, was noch schlimmer ist, eine unzählige Schar armer Leute hat es mit ihrem Leben büßen müssen, obwohl sie nichts dafür konnten. Wenn dieser Übelstand nicht aufhört, ist zu fürchten, Gott schlage uns mit noch schärferen Ruten. Tatsächlich, es ist eine große Schande, dass die Feinde Gottes Leib und Gut opfern für ihre böse Sache zu ihrem Verderben, die dagegen, die die Wahrheit verteidigen sollten, so sparsam und zurückhaltend sind. Doppelte Schande aber ists, dass die Not – – –

[Sept. 1562.]