Beza, Theodor von – An Johannes Jakobus Grynaeus, 24. Juni 1595

Heute, am Tag Johannes des Täufers, an meinem 77. Geburtstag, kündigte mir meine alte Magd gleich bei meinem Erwachen an, daß sich in unserm Hühnerhof Seltsames zugetragen habe. Eine Henne, die ich für verloren gehalten, weil sie uns vor einem Monat, am Tag, da ich sie kaufte, sofort verlassen hatte, sei diesen Morgen plötzlich wieder im Hühnerhof erschienen – begleitet von fünfzehn stattlichen Küchlein! Aus dieser schlichten Geschichte meines Alltagslebens siehst du, lieber Grynaeus, daß ich ohne Umstände mit dir als meinem Freund rede. Ich habe sofort dem Geber alles Guten meinen Dank ausgerichtet, daß er auf solch liebevolle Art meinen irdischen Besitz gemehrt hat. Halte mich nicht für abergläubisch, mein Freund, aber ich habe mich dabei des Gedankens nicht erwehren können, daß dieses Hühnervolk ein Angeld sei auf weiteren Segen meines himmlischen Herrn. Darauf habe ich flugs ein Verslein gedichtet; ich sende es dir, um dir Kunde von meinen geistigen Erholungen zu geben. Das Verslein lautet: Die Henne, die ich auf dem Markt für zehn Schillinge gekauft hatte, beschert mir nach einem Monat fünfzehn kleine Hühner! Aber ich, du freundlicher Herr Jesu, welche Früchte habe ich während 77 langen Jahren für dich hervorgebracht? Welchen Ertrag hätte das Feld nicht bieten sollen, das du so teuer bezahlt hast, das du so lange und so treu bearbeitet hast? Ach, wie wenig Ehre erweist doch meine Seele ihrem himmlischen Herrn, und wie oft verleugnet sie ihren göttlichen Ursprung! Vergib mir, o Herr, und erhöre mich, wenn ich tiefgebeugt dich bitte: Du hast einst dein Volk versammeln wollen, wie eine Henne die Küchlein unter ihre Flügel versammelt; handle so auch an mir; gib es, daß ich immer dein Küchlein bleibe! – Dein Freund

Th. von Beza

Quelle:
Der Gärtner Wochenschrift Freier evangelischer Gemeinden Deutschlands Witten, 1922 Verlag: Bundes-Verlag, Witten

Olevian, Caspar – Letzter Brief an seinen Sohn Paulus

Herzlieber sohn Paule /

Ich sage mit dem Altvatter Jacob / HERR / ich warte auff dein heil. Dann meine sachen stehen also / daß ich mit dem Apostel sage / Ich begere auffgelöset zu werden / und bey Christo zu seyn: Welchem ich auch dich gantz und gar gleich wie im heiligen Tauff / also auch jetzund in meiner hinfahrt zum HERREN / sampt deiner ganz freundlichen muter / bruder unnd schwester / befehle unnd ubergibe / unnd dem wort seiner gnaden.

Es were mir zwar lieb gewesen / daß ich dich hette mögen sehen / aber ich hab dich bey dieser kelt nit wollen in gefahr setzen / unnd da dein schienbein noch nicht genugsam wider zusammen gewachsen unnd gestercket ist. Ich hab aber anordnung gethan von allen dingen / wie einem gottsförchtigen vatter gebüret / Und unser gnediger Herr Graf Johann hat seine milte freygebigkeit gegen euch / welche mit ewer freyheit verfüget ist / mit seiner Gnaden brieff unnd sigel bekrefftiget.

Ich warte alle stund daß ich zum HERREN hinfahre. Begib dich nicht eilends und vor der zeit auff den weg: Wir werden einander sehen im ewigen leben / vermög des Gnadenbunds Gottes. Ich befehle dir deine gottselige muter / welche ich weiß daß du sie lieb hast: Deinen zarten bruder Ludwig nun auff als mein eigen herz / Unnd regire jn freundlich nach der weißheit welche dir Gott verliehen hat. Strebe nit nach hohen dingen / sonder laß dich genügen an mittelmessigen dingen / Und richte die arbeit deines studierens dahin / daß es vielen leuten nutz bringe. Der segen des HErrn seye in deinem außgang und eyngang / Amen. Und dein geist beruhe in der gnadenreiche kindschafft Gottes / und erwarte sampt mir das himlische erb / durch den sohn Gottes und umb seinetwillen / Amen. Gegeben zu Herborn den 12. tag Martii zwischen 4. und 5. uhren / Dictieret auß dem bett. Anno 1587.

Ich dein vatter Caspar Olevianus von Trier / Diener des worts Gottes / hab mit eigner hand underschriben.

HErr Jesu nim meinen geist auff. Act. 7.

Quelle:
Olevian, Caspar Der Gnadenbund Gottes, Erkläret in den Artickeln vnsers allgemeynen, vngezweiffelten Christlichen Glaubens, vnd in den angehengten zeichen vnd sigeln, welche man die H. Sacramenta nennet: Durch Casparum Oleuianum, der H. Schrifft Doctorem. Gedruckt zu Herborn in der Graffschafft Nassaw / Catzenelnbogen / ec. durch Christoff Raben. 1590

Brief von Caspar Olevian an Andreas Stephanus (Böhmische Brüder) (Auszug)

Es ist nicht zu sagen, wie hoch ich das Werk des Herrn halte, welches in euern Gemeinen nicht nur angefangen hat, sondern schon viele Jahre währet. Es bewegt mich und meine Kollegen, das Verderben dieser Zeit nicht wenig dazu, daß wir von der besten Einrichtung der Kirche mit Euch conferiren, dann wir wollten gerne so bauen, daß der Bau auch bei den Nachkommen bestehe. Wir sehen aber, wie vieler abwechselung und schneller Veränderung diejenigen Kirchen unterworfen sind, die ihres Rechts beraubt, blos von einem weltlichen Regiment abhangen. Wir erkennen, was der Herr euch hierin verliehen hat.

Gewiß, ich erstaune, wann ich die Gestalt der reformirten Kirchen in Deutschland ansehe. Der weltliche Stand ist vor diesem eine Herberge der Kirche gewesen, nun aber werden solche Herbergen an vielen orten in Herrschaften verwandelt, so, daß man über die Kirche, und selbst über die himmlische Lehre, nach eigenem Gutdünken herrscht. Eine Hauptursache dieses Uebels scheint zu seyn, weilen sich viele Kirchen allzuviel an das weltliche Regiment gehängt haben, nicht anders, als wenn dasselbe ein wesentliches Stück des Reichs Christi wäre. Ich muß also Eure Weise wohl sehr hoch halten, da Ihr wollt, daß Euere Kirchen zwar, dem weltlichen Regiment und allen menschen zum Guten und zur Besserung sollen unterthan seyn, doch, daß dabei ihrer durch Christi Blut erworbenen Freiheit nichts abgehe.

Beza, Theodor von – An König Heinrich VI.

Genf, 10. Juli 1572.

Erhabenster König, es verräth einen hohen Sinn, wenn der Mensch in Widerwärtigkeiten nicht erliegt, sondern durch sie zum Streben nach dem Kranze des Sieges getrieben wird; diese Kraft der edlen Seelen schenkte euch Gott. Er ließ euch in der Lehre. der Wahrheit, mit der er seinen Geist der Sündhaftigkeit, der die Schwächsten stark und unbesieglich macht, zu verbinden pflegt, unterrichten; darum leben wir alle der Hoffnung, das Unglück, das Euch und die ganze Kirche betroffen, werde Euch nicht niederstürzen, sondern Euch vielmehr Anlaß geben, zu zeigen, welche Stärke der Seele und welch großen Muth Euch der Herr verliehen. Da mich Gott an den Posten gestellt hat, den ich einnehme, so beschwöre ich Euch beim Namen Christi, der sich Euch von Eurer Jugend an zu seinem Dienste erkoren, daß ihr entschlossen, muthvoll und standhaft fortfahret, und die betretene Bahn bis aus Ende durchlaufet. Vorsichtig müßt Ihr vor Allem werden, wenn Ihr bedenkt, daß Satan keinem König und Fürsten der Erde so nachstellt, wie Euch, weil er einsieht, daß ihm alles daran liege, Euch vom begonnenen Laufe und der ergriffenen Religion zu entfernen. Ihr werdet es schon oft bemerkt haben, daß jener Feind unzählige Diener und Helfer hat, deren er sich bedient, um Euch vom rechten Wege abzulenken, und allmählich zu verderben. Eure Klugheit erfordert es zu wachen, daß sich jener Feind nicht Eurer selbst bediene, um seine Absichten zu erreichen. Wollte doch Gott nach seiner großen Barmherzigkeit, dieß Unglück von Euch und uns allen wenden! Die Zeiten sind schlecht, unzählige Menschen verlassen die wahre Religion und rufen die Gebräuche des Aberglaubens zurück, weil sie denken, man könnte diese den Unwissenden lassen, und sie selbst nur zum Scheine üben. Diese Denkart ist aber nur eigentliche Gottlosigkeit, es ist ein Hohn aller Religionen, es ist eine Gleichgültigkeit gegen den Dienst des höchsten Wesens, vor der Ihr Euch, wie vor einem ansteckenden Gifte, darum am Meisten zu fürchten habt, weil dadurch der Mensch in einen Abgrund stürzt, in dem keine Hoffnung der Rettung ihm bleibt. Da ich nun Tag und Nacht an Eure Ruhe denke, so kommt mich eine große Furcht an, die Flamme eines so furchtbaren Brandes möchte auch Euch ergreifen. Doch Muth! in Gottes Hand ist alles: er wird auch an Euch seine Kraft und Gnade durch Eure Erhaltung zeigen, er wird Euch durch seinen Beistand bewegen, Mittel gegen jene Uebel zu gebrauchen. Das erste ist unstreitig, daß Ihr nie aus Ueberdruß oder langer Weile den Predigten beizuwohnen versäumt, daß ihr nicht blos den Predigern, welche die reine Lehre vortragen, Euer Ohr gern leiht, weil Gott ihnen das Predigtamt übertragen, und Christus gesagt hat: wer euch hört, der hört mich, wer euch verachtet, verachtet mich; sondern auch alle die gerne hört, welche Euch durch fromme Reden zur Gottseligkeit ermuntern. Es ist aber noch nicht dem Worte Gottes gehorchen, wenn man ihm das Ohr leiht, man muß es in das Innere seiner Brust aufnehmen, damit es dort wohne, Augen und Ohren regiere, Gedanken, Reden und Handlungen lenke. Ist dieß bei Euch der Fall, so werden wohl viele Stürme über Euch hereinbrechen, aber Ihr werdet gewiß auch an Euch das Wort des Herrn als Wahrheit erfahren: ich will die ehren, die mich ehren. Laßt Ihr euch dagegen nur einen Fuß breit von diesem Wege ableiten, so zweifelt nicht, daß die, welche Euch von Gott entfernten, und Euch vor Augen schmeichelten, im Verborgenen Euch verachten und tadeln werden. Damit Ihr desto gewisser vor allem Uebel Euch bewahret, so rufet Gott von ganzem Herzen an und behaltet das Beispiel Davids, des frommen Königs, immer vor Augen. Wenn sein 101. Psalm mehr als irgend eines Sterblichen Rath Eurer Seele gegenwärtig ist, so seid überzeugt, daß die Gnade Gottes, die gleichsam Euer Erbgut war, Euch bleiben werde, und daß Eure Nachkommen noch größere Beweise derselben erhalten werden. Zu Gott siehe ich, zu ihm, der ein König aller Könige, ein Herr aller Herrn ist, daß er Euch in seinen Schutz nehme, und mit seinem heiligen und königlichen Geiste erfülle, daß Ihr auf diesen vertrauend Euch selbst durch Reinheit des Wandels, Frömmigkeit und Tugend besieget, aber ich flehe zugleich, daß er Euch mit allen seinen Gaben beglücke und erfreue zum Ruhme seines b. Namens, zum Troste seiner Kirche, zum Nutzen des Reichs.

Katharina Brenz Wittwe an die Herzogin Wittwe.

20. Novembris 1570.

Durchleuchtige Hochgeborne Fürstin, Gnedige Fraw. E. F. G, piten wir in aller undertheniger Demuet, diss unser Anbringen gnediglich zuvernemmen. Gnedige Fürstin und Fraw. Nachdem der Almechtig Gott auff Montag den Ailfften Septembris nechst verschinen nach seinem gnedigen willen und gefallen unsern freundtlichen geliebten herrn hausswurt, Vatter und Schwehern seligen auss disem Jamerthal zu seinen Göttlichen gnaden abgefordert, welchen der herr Christus am jungsten tag zum ewigen leben erweckhen welle, hatt Er uns sein Wittib und dreytzehen khinder (darunder wir die drew Eltisten von seiner Ersten hausfrawen seligen heerkhommen) hinder jm verlassen. Was nun solcher sein tödtlicher abgang uns auss vilen ursachen, sonderlich mir der Wittiben jetziger schwerer zeit und mit so vil unerzognen Kindern fur schmertzliche bekhumernus gebracht, und wie beschwerlich solches falle, zweifeln wir nit, E. F. G. als ain Christliche mitleidige verstsendige Fürstin khunden solches vernunfftiglich wol ermessen. In welcher vsetterlichen heimsuchung Gottes doch diser Trost zuschöpffen und zufassen (wie dann ermelter unser lieber hausswurt, Vater und Schwecher selig uns, fürnemlich mich sein haussfrawen bei seinen Lebzeiten vilfalltig dahin erinnert und also getröstet), der Almechtig werde seiner gnedigen zusagung nach unser getrewer Vatter sein, auch E. F. G. und dero geliepter Sone, unser gnediger furst und herr uns in gnaden nit verlassen, sonnder in unsern angelegenen sachen gnedig verhelffen, schutzen und schirmen. Darumben wir dann desto onerschrockhener in undertheniger demuetiger Hoffnung und vertrawen unser Anligen dissmals hiemit fürbringen. Und demnach vermüg obgedachts unsers lieben herrn hausswurts, Vatters und Schwehers seligen Bestallungbrief, so in dem vier und funffzigisten Jar auffgericht, uns seinen Erben die Besoldung nur ain Vierthljar nach seinem absterben zuraichen gnedig bewilligt und verschriben, darfür wir billich underthenig und demuettig danckhbar sein und hierinnen seinem exempel nachfolgen sollen. Dann Er seinem Testament und letsten willen ain sondere underthenige hohe danckhsagung für alle jme vom loblichen fürstlichen hauss Wurttemberg erzaigte gnaden und gutthaten einverleibt und angehengkht, inmassen E. F. G. ab beyligendem ausszug gnedig zu sehen haben. Jedoch weyl E. F. G. geliebter herr und Gemahel unser gnediger Furst und herr hochloblicher seliger gedsechtnus hernach, da Ir fürstlichen Gnaden im 56. Jar die Clöster christlich reformiren und Evangelische Kurchendiener zu Prselathen und Aebbten ordnen lassen, jr jedes Weib und Kindern einen gantzen Jargang der Pension hinnach zuraichen verwilligt und versichert, Welche gnad Ir F. G. jme unserm lieben herrn, Vatter und Schwecher seligen (weil dieselbig jme nit weniger als andern mit sondern gnaden genaigt gewesen), wa er darumben underthenig angelangt und gebetten, zweifelsone auch gnedig verwilliget, und darinnen ainich bedenckhens gehabt hette: So bitten E. F. G. demnach wir in aller Demuet gantz underthenig und fleissig, Sie welle alle gelegenheit gnedig erwegen und zu hertzen fueren, sonderlich seine langwürige getrewe eiferige und fleissige dienst, die er nit allein der Kurchen in disem Fürstenthumb sonder auch darvor und die Zeit er alhie gewesen, andern landen und Kurchen als ain diener und Werkhzeug Gottes nit one merckhlichen Nutz und Frucht zu seines Göttlichen namens ehre und vieler Leuth hayl und wolfhart mit predigen, schreiben, rathen und in andern weg gelaistet und bewisen. Daher dann auch vil Gottselige fromme herrschafften und under denselbigen E. F. Q. geliebter herr Vatter, weilund Marggrave Georg zu Brandenburg, zugleich hochgedachter E. F. G. geliebter herr und Gemachel, bede Christseliger loblicher gedechtnus, jne mit gnaden gemaint und lieb gehabt. Neben solchem auch wolle E. F. G. die vile unerzogenen Kinder, jetzige beschwerliche langwurige tewre zeit und andere mehr umbstend, sonderlich auch . gnediglich betrachten, Obgleich er unser lieber hausswurt, Vatter und Schweher uns auss Göttlichem secgen ain zimliche ehrliche narung hinderlassen, das es doch zu so vil theilen schmale aigenthumb, wie man sagt, geben wurdt . Und derowegen auch wie andern ain gantzen volkhommen Jargang vom Stifft gnedig widerfahren lassen. Darzu wa es lenger nit statt haben möchte, doch vollendz den Wintter biss Invocavit in der Probstey behausung zusitzen und wonen gnedig vergunnen. Damit wir also sein unsers lieben herrn und Vatters seligen gutthertziger getrewer dienste auch nach seinem tod gemessen. Wie uns nit zweifelt, E. F. G. als ain Christliche Furstin sich hierinnen gnedig und milt zuerzaigen genaigt sein werden. Das wellen umb dieselb, auch unsern gnedigen fursten und herrn, das gantz hauss Wurtemberg wir mit unserm eiferigen gebett gegen Gott, auch gehorsamen geflossenen dienen in aller underthenigkheit und Demuet gehorsamlich zuverdienen nimer mehr vergessen, Gnediger antwort und beschaidts gewarttend,

E. F. G. Underthenige Demuetige\\
katharina, weilund Johann Brentzen Probsts zu Stutgarten seligen Wittib, \\
khinder, son und Dochtersmenner.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Christoph von Württemberg an den Markgrafen von Baden

(Datum unbekannt)

Eure getreuen Untertanen wie auch die unseren sind allerlei leiblichen Unfalls halben, so sich täglich zuträgt, mühselige, bekümmerte Leute. Sollten sie darüber hinaus aus unserer Versäumnis, in Sachen ihrer Seelen Seligkeit betreffend, Nachteil empfangen, so würden wir darob vor dem Richterstuhl des Allmächtigen, vor dem wir gewißlich zu seiner Zeit – und wer weiß, wie bald? – erscheinen werden, einen harten Stand tun müssen. Und wiewohl der Glaube der rechten, göttlichen Lehre allerlei Gefahr und Unfall hier auf Erden erwarten muß und dagegen den Anderen groß weltlich Glück zustehen mag, so hat doch der allmächtige Gott seinen Richterstuhl im Himmel noch nicht abgetan noch hingeworfen, sondern gleichwie er allerwegen die Beschirmer und Handhaber der unrechten Lehre und Gottesdienstes nach ihrem großen weltlichen Glück unversehens mit großem Ernst zeitlich und ewiglich gestraft hat, wie die Historien der Heiligen Schrift und andere Chroniken bezeugen, also hat er auch die Förderer und Handhaber rechter göttlicher Ehr und Lehr nicht allein in ihrem zeitlichen Unglück gnädiglich erhalten, sondern zu großem Glück und Heil, wo nicht allwegen zeitlich, jedoch ohne Zweifel ewiglich geführt. Nachdem nun derselbe wahrhaftige Gott noch lebt und regiert, so ist gewißlich zu erwarten, er werde nach seinem alten Brauch auch in künftigen Zeiten zu handeln fortfahren.

Caspar Greter Hofprediger an Herzog Christoph.

21 April 1567.

Durchleuchtiger hochgeborner fürst und Herr. E. F. G. seyen mein gantz schuldig pflichtig und gehorschamen dienst zuvor. Gnediger fürst und herr, wie woll ich mich billich schemen soldt, E. F. G. umb mehr gutthatt undertheniglich anzusuchen, nach dem ich derselben vorhin so vill von E. F. G. entpfangen und noch tseglich entpfahe, dass weder ich noch die meinen darfür gnugsame Danck barkeit erzeigen können: Yedoch tringt mich die hoche nodturfft, bei E. F. G. noch ein mall in meinem zeitlichem leben umb sonderliche begnadigung gehorschamlich zu werben. Dann nach dem ich am nechst vergangen Ostertag in E. F. G. schlosskirchen gewesen unndt alda auch dass heylig Sacrament dess nachtmalss entpfahen woldt, So komt mich ein solcher zufall an, dass ich desselben nicht erwarten mocht und auss der kyrchen, wie on zweiffell E. F. G woll gesehen, gefürt werden must. Daruff hatt der Allmechtig gütig Gott uff den dinstag hernach morgens frü mich dermassen angriffen, dass ich gedencke, die tag meins zeitlichen lebens werden nur mehr zum ende lauffen, wie ich mich denn allbereit dem Herren Christo alss unserm ainigen heilandt gentzlich ergeben hab. Nun verlasse ich hinder mir ein alt undt betrübt weib undt ausserthalb meins Sons Philips, den E. F. G. mitt einem Stipendio gnediglich begabt, noch drey unvermehelte iunge kinder, auch ein vatter undt mutterloss kindskindt, so sich schwerlich auss der geringen hab die ich durch Gottes gnad erobert, on andere sonderliche hilff erhalten werden mögen. Es hatt aber E. F. G. herr vatter selig hochlöblichet gedechtnuss mir auss sondern gnaden ein pfründlin zu Heilbrunn, dess lehen E. F. G. zustendig unndt ongfajrlich fünffzig guldin jierlich ertragen mag, gnediglich verliehen. Hieruff, die weil die gfsell dess pfründlins zu Heilbrunn faällig und meins underthenigen erachtens mitt dem lehen dess selben pfründlins meinen Son Hieremiam, der nun mehr ettlich iar in E. F. G. Cantorey ufferzogen, gnediglich bedencken und begaben, damit mein arm weib und kindt nach meinem abschied ein zubuss haben und mein Son Hieremias bei dem Studio erhalten werden mög; welche begnadigung, ob ichs woll für mich selbss nicht mehr umb E. F. G. zuverdienen weiss, So bin ich doch gantz guter hoffnung, der barmherzig gütig Gott werde es E. F. G. reichlich erstatten, und die meinen gegen E. F. G. sich mit allen gehorschamen diensten danckbarlich beweisen. E. F. G. wolle mir, bitte Ich gantz undertheniglich, hierin ein gnedige antwort widerfaren lassen, dass ich dester frolicher dass Nunc dimittis singen mög. Der herr Christus wolle E. F. G. bei der erkantnuss seines heiligen Evangelions. und in langwürigem Regiment gnediglich erhalten. Datum Stutgardt den 21. Aprilis Anno 1557.

E. F. G. undertheniger und gehorschamer hofiprediger\\
Caspar Greter.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Schmidt, Christoph – An Margarethe, die ihn und andere verriet

„Margarethe, meine Freundin! Du hast mich unchristlicher Weise zum Tode verraten. Jedoch habe ich nicht unterlassen wollen, dir zu schreiben und dich aus meinen elenden und traurigen Banden zu ermahnen, ob noch vielleicht Raum zur Buße bei dir sein möchte. So viel an mir ist, habe ich dir von der ersten Stunde an von Grund meines Herzens verziehen, wie ich’s dir auch noch verzeihe, gleichwie ich begehre, daß mein Gott mir alle meine Sünden vergebe. Damit aber wird deine Sünde vor Gott nicht verringert; wenn du dich nicht zu guter Zeit zum Herrn bekehrest, so wird sein Zorn gewiß nicht verziehen. O du armes, elendes Weib! Wo bist du hingeraten? Ich frage dich, werden die Mönche und Jesuiten dich verteidigen, und am Richterstuhle Gottes für dich antworten können? O du armes Weib, wie hat der Teufel dein Herz besessen! Lerntest du das in der Jesuiten Schule? Sind das die Früchte davon, daß du alle Tage beichtest? Sind das die Früchte von den vielen Vaterunsern, die du täglich liesest und sprichst? Sind das die Früchte von so viel Messen, die du hörst? Meinest Du, wenn du mich und meine Gefährten zum Tode gebracht hast, dann habest du die heilige Wahrheit Gottes ausgetilget? Nein, nein, sondern vielmehr wird sie nur immer tiefer einwurzeln und gewaltiger wachsen durch unsern Tod! Ja, alle Tropfen unseres Bluts werden auch nach unserm Tode Gottes Lob verkündigen! – Wirst du dich bekehren zu seiner heiligen Gemeinde, so wirst du, wie Saul, Gnade finden; doch anders nicht. Deshalb ermahne ich dich, o Margarethe, meine Freundin, und bitte dich mit Weinen und bittern Tränen, durch den Tod unseres Herrn Jesu Christi, verstocke dein Herz nicht in Gottlosigkeit, sondern bessere dich, weil du noch Zeit hast.“

Quelle:
Dr. Theodor Fliedner, Buch der Märtyrer, Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth, 1859

Schmidt, Christoph – An seine Gemeinde

„Ich nehme Himmel und Erde zu Zeugen, daß es kein anderes Evangelium gibt, als eben das, welches ich euch durch die Gnade Gottes gelehret habe, daß auch in keinem andern Heil ist, als in Christo, welchen ich euch nach seinem Worte gepredigt habe. Ein jeder, der außer ihm wandelt, der wandelt außer seinem Heile. Wer nicht in ihm bleibt, verliert das ewige Leben! … Laßt uns nun Mut fassen und nicht matt werden, ob es gleich große Mühe und Arbeit kostet! Lasset uns auf Jesum Christum sehen, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens! Er ist unser Lohn, unsere Herrlichkeit und Ehre, unsere Hoffnung und Krone; in ihm leben, weben und sind wir. Ja, wir sind eins mit ihm, und wo er ist, da werden ohne Zweifel seine Diener auch sein. Vor wem sollen wir uns denn fürchten? Warum wollten wir kleinmütig werden? Was kann uns an dem Besitz des ewigen Lebens verhindern? Wollen wir mit Esau unsere Erstgeburt um ein Linsengericht verkaufen? Gedenket an mich in eurem Gebet! O, wie lieblich ist das Haus des Herrn, darin ich jetzt nicht wandeln kann.“

Quelle:
Dr. Theodor Fliedner, Buch der Märtyrer, Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth, 1859