Brief von Caspar Olevian an Andreas Stephanus (Böhmische Brüder) (Auszug)

Es ist nicht zu sagen, wie hoch ich das Werk des Herrn halte, welches in euern Gemeinen nicht nur angefangen hat, sondern schon viele Jahre währet. Es bewegt mich und meine Kollegen, das Verderben dieser Zeit nicht wenig dazu, daß wir von der besten Einrichtung der Kirche mit Euch conferiren, dann wir wollten gerne so bauen, daß der Bau auch bei den Nachkommen bestehe. Wir sehen aber, wie vieler abwechselung und schneller Veränderung diejenigen Kirchen unterworfen sind, die ihres Rechts beraubt, blos von einem weltlichen Regiment abhangen. Wir erkennen, was der Herr euch hierin verliehen hat.

Gewiß, ich erstaune, wann ich die Gestalt der reformirten Kirchen in Deutschland ansehe. Der weltliche Stand ist vor diesem eine Herberge der Kirche gewesen, nun aber werden solche Herbergen an vielen orten in Herrschaften verwandelt, so, daß man über die Kirche, und selbst über die himmlische Lehre, nach eigenem Gutdünken herrscht. Eine Hauptursache dieses Uebels scheint zu seyn, weilen sich viele Kirchen allzuviel an das weltliche Regiment gehängt haben, nicht anders, als wenn dasselbe ein wesentliches Stück des Reichs Christi wäre. Ich muß also Eure Weise wohl sehr hoch halten, da Ihr wollt, daß Euere Kirchen zwar, dem weltlichen Regiment und allen menschen zum Guten und zur Besserung sollen unterthan seyn, doch, daß dabei ihrer durch Christi Blut erworbenen Freiheit nichts abgehe.