Schmidt, Christoph – An Margarethe, die ihn und andere verriet

„Margarethe, meine Freundin! Du hast mich unchristlicher Weise zum Tode verraten. Jedoch habe ich nicht unterlassen wollen, dir zu schreiben und dich aus meinen elenden und traurigen Banden zu ermahnen, ob noch vielleicht Raum zur Buße bei dir sein möchte. So viel an mir ist, habe ich dir von der ersten Stunde an von Grund meines Herzens verziehen, wie ich’s dir auch noch verzeihe, gleichwie ich begehre, daß mein Gott mir alle meine Sünden vergebe. Damit aber wird deine Sünde vor Gott nicht verringert; wenn du dich nicht zu guter Zeit zum Herrn bekehrest, so wird sein Zorn gewiß nicht verziehen. O du armes, elendes Weib! Wo bist du hingeraten? Ich frage dich, werden die Mönche und Jesuiten dich verteidigen, und am Richterstuhle Gottes für dich antworten können? O du armes Weib, wie hat der Teufel dein Herz besessen! Lerntest du das in der Jesuiten Schule? Sind das die Früchte davon, daß du alle Tage beichtest? Sind das die Früchte von den vielen Vaterunsern, die du täglich liesest und sprichst? Sind das die Früchte von so viel Messen, die du hörst? Meinest Du, wenn du mich und meine Gefährten zum Tode gebracht hast, dann habest du die heilige Wahrheit Gottes ausgetilget? Nein, nein, sondern vielmehr wird sie nur immer tiefer einwurzeln und gewaltiger wachsen durch unsern Tod! Ja, alle Tropfen unseres Bluts werden auch nach unserm Tode Gottes Lob verkündigen! – Wirst du dich bekehren zu seiner heiligen Gemeinde, so wirst du, wie Saul, Gnade finden; doch anders nicht. Deshalb ermahne ich dich, o Margarethe, meine Freundin, und bitte dich mit Weinen und bittern Tränen, durch den Tod unseres Herrn Jesu Christi, verstocke dein Herz nicht in Gottlosigkeit, sondern bessere dich, weil du noch Zeit hast.“

Quelle:
Dr. Theodor Fliedner, Buch der Märtyrer, Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth, 1859