Luther, Martin – An den Convent der Augustiner zu Erfurt (1512)

Gnade und Friede im Herrn! Hoch- und ehrwürdige auch geliebte Väter! Es nahet der Tag St. Lucae heran, da ich, gehorsam meinen Patres und ehrwürdigem Pater Vicarius, den Doctorstuhl der Theologie feierlich besteigen soll, wie ich hoffe, daß ihr aus dem Schreiben des ehrwürdigen Pater Priors zu Wittenberg ersehen werdet. Ich will mich hier nicht viel entschuldigen, noch von meinem Unwerth reden, damit ich nicht aus der Demuth Stolz und Ruhm zu suchen scheine. Gott weiß und mein Gewissen weiß es auch, wie würdig und dankbar ich für solch Gepränge der Ehre und des Ruhmes bin.

Darum bitte ich vor allen um Christi willen, daß ihr mich einmüthig Gott befehlen wollet, wie ihr wißt, daß ihr nach dem Recht der Liebe mir das schuldet, auf daß sein heiliger und gebenedeieter Wille mit mir sei. Auch daß ihr mich würdiget, wo es füglich geschehen kann, daß ihr bei meinem Aufzug, die Wahrheit zu sagen, zur Ehre und Ansehen unsres Ordens und zumeist des Vicariats zugegen sein und ihm beiwohnen wollt. Ich würde mich nicht erkühnen euch solche beschwerliche Reise und Aufwand anzumuthen, wenn mir es nicht der hochwürdige Pater Vicarius also aufgetragen und ich es auch für ungeziemend, ja ganz unwürdig und ärgerlich hielte, ohne euch Erfurter zu benachrichtigen und einzuladen, zu solcher Würde hinaufzusteigen.

Wollet euch hierin dergestalt erweisen, wie wir hoffen und hoffen dürfen. Wir werden dieser Gefälligkeit mit gutem Andenken und Dankbarkeit gedenken. Gehabt euch wohl im Herrn mit allen euren, ja unsern Brüdern, denen wir uns und die unsern zum Gebet befehlen.

Gegeben zu Wittenberg am Tage St. Moritz (22. Sept.) 1512.

Bruder Martin Luther Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Johann Braun, Vicar in Eisenach (1507)

Dem heiligen und hochwürdigen Priester Christi und Maria, Johann Braun, Eisenachischem Vicar, meinem lieben Freund in Christo.

Gnade und Friede in Christo Jesu unserm Herrn! Ich müßte mich scheuen, trefflichster Freund, eure Liebe mit meinem lästigen Schreiben und Bitten zu beschweren, wenn ich nicht eures gütigen und gegen mich so wohl gesinnten Herzens aufrichtige Neigung ansähe, die ich aus so viel Ursachen und Wohlthaten sattsam erkannt habe. Darum habe ich kein Bedenken gehabt diese Zeilen euch zu schreiben im Vertrauen auf unsre gegenseitige Freundschaft und in der Hoffnung sie mochten bei euch ein günstig Gehör finden. Denn da der ruhmreiche und in allen seinen Werken heilige Gott mich unseligen und ganz unwürdigen Sünder so herrlich erhöht und zu seinem. himmlischen Dienst aus. lauter reicher Gnade und Güte zu berufen gewürdigt hat, so muß ich, daß ich für solche allerherrlichste Güte, wenigstens soviel dem armen Staube möglich ist, dankbar sei, das mir vertraute Amt ganz erfüllen.

Ist demnach auf Verordnung meiner Väter beschlossen, daß ich dasselbige mit Gottes Hülfe am Sonntag in vier Wochen, Cantate genannt, einweihen soll. Denn dieser Tag ist um der Gemächlichkeit meines Vaters willen zur Darbringung und Heiligung meiner Erstlinge vor Gott bestellt. Dazu ich auch eure Liebe demüthig, obwohl vielleicht nicht ohne Kühnheit, einlade. Nicht, daß ich mich um einiger meiner Verdienste um euch, deren ich keine weiß, würdig schätzen sollte, euch mit solcher beschwerlichen Reise zu bemühen und anzumuthen, daß ihr zu solcher meiner armen Niedrigkeit kommen möchtet, sondern weil ich eure Freundlichkeit und Willfährigkeit, da ich kürzlich bei euch gewesen, mehr als jemals verspürt habe. Ihr werdet also, geliebtester Vater, Herr und Bruder, – denn der eine Name gebührt euch Alters und Amtes, der andere des Verdienstes, der letzte aber des Ordens halber – mir die Ehre thun, wo es euch die Zeit und Kirchen- oder Hausgeschäfte zulassen, und hierher kommen, uns mit eurer lieben Gegenwart und Gebet beizustehen, damit unser Opfer vor Gott angenehm sein möge. Zuletzt erinnere ich euch, daß ihr gerade auf unser Kloster zugehet und bei uns eine Zeit verweilet – denn ich hoffe ihr werdet hier wohnen – nicht aber auswärts euch nach anderer Herberg umthut. Aber ihr müßt ein Cellarius, das ist, ein Zellenwohner werden. Gehabt euch wohl in Christo Jesu unserm Herrn. Gegeben aus unserm Kloster zu Erfurt, den 20. April im Jahre 1507.

Bruder Martin Luther von Mansfeld.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867