Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (544)

Nr. 544 (C. R. – 2740)

 

Vgl. 527. 542. Weggelassen eine Empfehlung.

Über Farel und Beza. Wieder über das Religionsgespräch.

Durch göttliche Fügung ist unsern Brüdern Farel und Beza kürzlich wieder Gelegenheit geboten worden, bei ihrer neuen Reise nach Worms durch eine Bezeugung ihres korrekten Glaubens das Ärgernis, das bei Euch durch einen falschen Verdacht entstanden, aus der Welt zu schaffen. Ich war gleich fest davon überzeugt, dass sie, wie Beza mir hoch und heilig beteuerte, ihr damaliges Bekenntnis nur deshalb verschwiegen haben, weil sie es überhaupt nicht für wichtig genug hielten, um es zu erwähnen. Dass sie es mir aus irgendwelcher Befürchtung verheimlicht hätten, schien mir stets unglaublich. War das Bekenntnis infolge seiner Kürze auch etwas zweideutig oder unklar, so zweifelte ich doch nie daran, dass sie nicht zehnmal liebe stürben, als von unserm Consensus auch nur ein Haarbreit abzuweichen oder auch nur ihre Übereinstimmung mit uns nicht offen zuzugestehen. So ist denn Gwalther gar zu ärgerlich über mich und sie hergefahren. Ich sehe nicht ein, wie es dich verletzen kann, dass ich [Melanchthon] von einem Versprechen schrieb; du sagst, es stehe nicht in der Macht eines einzelnen, von sich aus etwas zu versprechen in einer Sache, die alle angehe. Nun, ich glaubte, das sei unter uns durchaus abgemacht, dass wir gegenüber einer förmlichen Einladung zu einem Religionsgespräch keinen rechten Grund und keine triftige Ausrede hätten, abzulehnen. Übrigens kannst du aus Melanchthons Brief selbst sehen, was ich an ihn geschrieben habe; seine Worte zeigen, dass nichts wünschenswerter wäre, als wenn er offen zu uns überginge. Jakob Andreäs Stellung ist eine andere; doch wäre auch er ganz gut zu gewinnen, wenn er sich nicht vor Brenz fürchtete.

– – – Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder, samt deiner Frau und deinem ganzen Haus. Der Herr erhalte Euch stets gesund; er leite Euch mit seinem Geiste und segne Euch. Deinen Kollegen viele Grüße, bitte.

Genf, 13. Oktober 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Den Brief Melanchthons schicke bei nächster Gelegenheit zurück.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (543)

Nr. 543 (C. R. – 2733)

 

Über den Genfer Buchdrucker Crispin vgl. 499. In Paris wurden am 27. September 1557 Madame de Luns, in deren Haus die aufgehobene Versammlung stattgefunden hatte, und zwei Aufseherinnen der evangelischen Gemeinde verbrannt. Bullinger hatte seinen Kommentar über die Offenbarung den in Genf niedergelassenen Refugianten gewidmet.

 

Von der Waldenserverfolgung.

 

Da unser lieber Crispin, der, wie ich von andern höre, mir einen Brief Melanchthons bringen soll, noch nicht von der Messe zurück ist, so schiebe ich es jetzt auf, über manches zu schreiben, bis der junge Mann, durch den du mir einen Brief sandtest, wieder zurückreist. Für jetzt will ich dir nur über die Lage unserer Brüder in Frankreich berichten. Die Waldenser in den Alpen werden wieder verfolgt, nicht nur vom Turiner Gerichtshof, sondern auch von dem zu Grenoble; denn zwei Täler gehören zu dessen Gebiet. Es sind viele nach Grenoble abgeführt worden, während man sie nur vorgeladen hatte, über ihren Glauben Rechenschaft zu geben. Allen ist ein Tag festgesetzt worden, an dem sie zu den Gräueln des Papsttums zurückkehren sollen. Wer einen Diener am Wort oder einen Schulmeister fängt, dem ist pro Kopf ein Preis von fünfzig Goldgulden versprochen; es ist beschlossen, sie mit Waffengewalt zu fangen, wenn sie nicht innerhalb der gesetzten Frist Gehorsam leisten. In Paris fanden schon vor acht Tagen drei Verbrennungen statt. Ist es auch wahrscheinlich, dass die Feinde durch die Hinrichtung einzelner allen Schrecken einjagen wollten, so werden wir doch bald, wenn die andern standhaft bleiben, hören, dass auf allen Plätzen von Paris die Scheiterhaufen lodern. Der Pharao ist scheints durch die Niederlagen im Krieg nur soweit aus seiner Schläfrigkeit aufgerüttelt worden, dass er umso grausamer gegen die Frommen wütet. Der Herr hemme all sein Toben!

 

Dass du deinen Kommentar unsern Refugianten gewidmet und dadurch deine Liebe zu uns öffentlich bezeugt hast, dafür werden dir unsere Fremden gemeinsam danken, und sie möchten dir, wenn sie Gelegenheit hätten, ihre Dankbarkeit in der Tat noch mehr zeigen. Auch halte ich es für meine Pflicht, dies Wort sozusagen als Zustimmung zu schreiben. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder, samt deinem ganzen Haus und deinen Kollegen. Der Herr erhalte und leite Euch alle und segne Euch auch weiterhin bis ans Ende.

 

Genf, 7. Oktober 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (533).

Nr. 533 (C. R. – 2695)

Vgl. 532. Am 10. August 1557 hatte die spanisch-niederländische Armee bei St. Quentin über die Franzosen gesiegt.

Drängen auf Bullingers Zustimmung zu einem Religionsgespräch.

Da ich Euch nun nicht den übrigen Teil meines Büchleins, sondern auch noch ein zweites Exemplar sende, warte ich sehnlich auf dein Urteil. Mögen sie nun auch weiterhin von allen Seiten her gegen mich wüten, ich will stets unverzagt ihre Angriffe aushalten. Denn es kann mir nichts passieren, was ich nicht von Anfang an bedacht hätte, und selbst der Undank gewisser Leute soll nicht zustande bringen, dass mich die Arbeit, die ich unternommen, reut. Ich bin mit dir ganz einer Meinung über den Hochmut und die Verstocktheit unserer Gegner, und doch soll mich das nicht hindern, ein Religionsgespräch anzunehmen, wenns uns angeboten wird. Pflichtest du mir darin nicht bei, dann bin ich allerdings viel zu kühn vorgegangen, da ich für Euch alle bereits Melanchthon gegenüber mich verbürgt habe. Wenn du keine Hoffnung auf Erfolg hast, so weichen auch darin unsere Ansichten nicht gar weit von einander ab; aber, glaub´ mir, die Gegner werden dann doch allerlei zu hören bekommen, was ihren Fanatismus für die Zukunft etwas dämpfen wird, und wenn mich nicht alle Vermutungen täuschen, so werden sie zwar nicht zur Vernunft zu bringen sein, aber doch in milderer Stimmung abziehen. Auch das Privatgespräch zwischen Herrn von Laski und Brenz darf dich nicht abschrecken. Allein und nicht genügend vorbereitet, kam Lasi mit diesem Trotzkopf zusammen, mehr tapfer als klug. Die Lage wird ganz anders sein, wenn Melanchthon, den jetzt nur seine Furchtsamkeit nicht frei heraus sagen lässt, was er meint, sich uns von Herzen gern anschließen wird. Neulich wurde mir ein Brief von ihm gezeigt, den er im Juli an den Frankfurter Rat geschrieben; darin bekennt er – wenn auch nicht offen – seinen Glauben und beklagt sich, – zwar auch nicht direkt, – darüber, dass seine Nachbarn [die Theologen des Herzogtums Sachsen] die Kirche in Verwirrung brächten mit ihren fremdartigen Ausdrücken; auch verhehlt er nicht, dass man über die Allgegenwart des Leibes Christi und die Anbetung im Abendmahl unter den Gelehrten erst einig werden muss. So wollen wir uns zum Religionsgespräch gerüstet halten und nur bei aller freundlichen Milde eine der Knechte Christi würdige Festigkeit mitbringen. Bezas Bekenntnis enthält, soviel ich sehe, nichts, was nicht mit unserer Lehre übereinstimmte. Denn was du sagst über den Ausdruck Substanz, lässt sich mühelos in nichts auflösen; er wird sich auch zweifellos selbst aller Vorwürfe, die du fürchtest, geschickt entledigen. Ich gebe zu, dass er die ganze Streitfrage nicht klar genug dargestellt hat; aber dazu war weder Zeit, noch war es nötig, da nur eine kurze Entschuldigung, kein Bekenntnis, vorzubringen war. Über die Gefährlichkeit der Sache bin ich völlig beruhigt; denn an Bezas Aufrichtigkeit zweifle ich nicht im Geringsten, und er ist gewiss auch nicht so in die Schlinge geraten, dass die Feinde auch nur die kleinste Ursache hätten, sich zu rühmen.

Ich wende mich zu anderem. Obwohl unsre Obrigkeit bisher bei den Bernern noch nichts Billiges erreicht hat, ja eigentlich alle Hoffnungen durch scharfe Ablehnungen zerstört sind, so habe ich doch veranlasst, dass noch einmal eine Gesandtschaft abgeordnet wird. Ist auch das umsonst, so hofft man hier bestimmt auf Hilfe von den eidgenössischen Ständen. Wohin die Berner ihre sonderbare Hartnäckigkeit noch führt, davor habe ich nicht wenig Angst.

Wie käglich man in Frankreich gezittert hat, ist kaum glaublich, jetzt fasst man allmählich wieder Mut nach dem ersten Schrecken. Die Berner meinen, – als ob der König jetzt dazu Zeit hätte, – wir wollten einen geheimen Vertrag mit ihm zustande bringen; wenigstens tun sie dergleichen, um uns nach ihrer Art mit falschem Verdacht zu belasten; denn man glaubt kaum, wie kindisch töricht sie sich in allen Dingen benehmen. Lebwohl, edler Mann und verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir und segne dich und dein Haus auch fernerhin.

Genf, 31. August 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (532).

Nr. 532 (C. R. – 2680)

Die Verbannten, von Bern unterstützt, brandschatzten immer noch die Umgebung Genfs. Über Bezas Bekenntnis vgl. 527. Der Überbringer war der Genfer Stadtschreiber Roset.

Bedrängnis Genfs durch die Verbannten. Erbitterter Kampf mit den Lutheranern.

Während mich die Verteidigung unseres gemeinsamen Glaubens beschäftigt und ich energisch dafür arbeite, vergelten die Nachbarn in Bern mir das so unbillig, dass ichs vor Traurigkeit nicht erzählen kann; unser lieber Freund, der Überbringer, wird es für mich tun. Und unsre guten Brüder, die Berner Pfarrer, die auf der Kanzel täglich von der Gemeinschaft der Heiligen reden, rührt diese Gefahr nicht im Mindesten. Wenn ihnen unsere Stadt so gar nicht am Herzen liegt, werden sie dann nicht auch ruhig zusehen, wie unsere Kirche zu Grunde geht? Ich rede nicht hyperbolisch. Kommt nicht bald Hilfe, so fällt den Verbannten aller unsrer Bürger Gut zur Beute und sind wir alle hier wie im Kerker, weil sich keiner mehr vor die Stadt wagt. Diese Schmach muss, wenn die Menschen dazu schweigen, die Steine rühren. Doch hoffe ich, dass bald Hilfe kommt, sobald die Sache einmal klar dargelegt ist. Dass bei Eurer Obrigkeit deine Treue und dein Eifer uns nicht im Stich lassen werden, weiß ich.

Ob ich mich gegen die Sachsen recht benommen habe, darüber könnt Ihr nun urteilen; denn ich will lieber mein Buch Euch senden, ehe es ganz fertig ist, als Euch länger in Spannung halten. Da ich weiß, dass ich mir damit nun allen Hass zuziehe, wird’s mich nicht wenig trösten, wenn meine Arbeit wenigstens Euch gefällt. Weil ich fest darauf baue, dass sie Gott wohlgefällig ist, so machts mir kein Bedenken, unverzagt und freudig die ganze Wut dieser Bestien gegen mich zu entfesseln.

Da in Bezas Bekenntnis keine Gefahr liegt, so entschuldige ich ihn gern, wenn er um der Brüder in Frankreich willen sich mäßigte, um die satanischen Menschen versöhnlich zu stimmen; besonders weil er vorher genau erklärt hatte, wie er alles auffasste. Dass er Euch auf der Rückreise nichts davon sagte, geschah bloß aus Unbedachtsamkeit; davon kannst du gewiss überzeugt sein. Auch ich hätte es nicht erfahren, wenn nicht Valerand wieder sein Gift bis hierher gespritzt hätte, derselbe Valerand, der in seinem Ehrgeiz oder seiner Unverschämtheit die französischen und englischen Refugianten zu Frankfurt zwang, das Augsburgische Bekenntnis zu unterschreiben, mit Ausnahme allein des Ausdrucks „der Substanz nach“. Es wurde dann beschlossen, die deutschen Prediger dürften sie weiterhin nicht mehr belästigen, bis die Führer beider Parteien eine Zusammenkunft gehabt hätten. Hätte doch der Eigensinn Eurer Leute nicht verhindert, was für uns so sehr wünschenswert gewesen wäre und was aus mir ganz unerklärlichen Gründen abgewiesen worden ist! Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Grüße bitte Herrn Pietro Martire vielmals von mir, auch Herrn Gwalther und die übrigen Kollegen. Alle Freunde lassen Euch ehrerbietig grüßen.

Genf, 7. August 1557.

Für Herrn Vermigli: Der Graf di Martinengo liegt noch danieder, doch ist keine Gefahr mehr. Vier oder fünf ganze Tage hatten wir alle Hoffnung für sein Leben aufgegeben; jetzt hält ihn nur noch die Schwäche infolge der Krankheit im Bette.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (526).

Nr. 526 (C. R. – 2640)

Farel und Beza waren im April nach Deutschland gereist, um die süddeutschen Fürsten zu einem Vorgehen zugunsten der Waldenser und Hugenotten zu veranlassen; in Baden hatten die beiden zu Händen der pfälzischen Lutheraner und Christophs von Württemberg ein sehr stark lutheranisierendes Bekenntnis aufgestellt und unterschrieben; Calvin wusste noch nichts von diesem Verrat an der reformierten Sache, durch den die Abgesandten den Herzog halbwegs für ein Religionsgespräch gewonnen hatten.

Herzog Christoph einem Religionsgespräch geneigt. Vom Bekenntnis der böhmischen Brüder.

Drei Briefe habe ich in den letzten zwei Monaten von dir erhalten, trefflicher Mann und verehrter Bruder. Im ersten schriebst du, Herr Pietro Martire und Herr Gwalther würden nach Genf kommen; dich hindere deine schwache Gesundheit daran. Ein privates Religionsgespräch, meintest du, werde auf wenig Erfolg hoffen lassen, da Brenz, ein verstockter und von seinen krassen Wahnideen viel zu sehr eingenommener Mensch, überall die erste Rolle spiele. Obwohl auch ich mehr als einmal bezeugt habe, dass ich die Gefährlichkeit solcher Zusammenkünfte wohl sehe, so wollte ich doch nicht ausweichen, damit die Gegner nicht triumphieren können, wie getrauten uns nicht. Da mir nun unsere lieben Brüder Farel und Beza berichtet haben, wenn sich Gelegenheit zu einem Gespräch biete, so seiest du von dir aus geneigt, sie zu ergreifen, so brauche ich darüber nicht lange zu reden; nur möchte ich dich noch recht sehr bitten, dass Euer Rat auf deine Mahnung hin auch die Berner dazu bringe. Denn der gute Wille eines Fürsten, den wir uns Feind glaubten, darf nicht zurückgestoßen werden, und die Sache hat Eile, damit Herzog Christoph rechtzeitig erfährt, dass unsere Wünsche seinem Plane entgegenkommen. Da du aber diese ganze Last auf dich nehmen musst, so ist, wenn du nicht eilst und energisch darauf dringst, zu befürchten, dass andere absichtlich durch ihr Stillschweigen die Zeit versäumen. Da es nun gut wäre, ja fast notwendig, einen passenden Zeugen zu senden, der den Herzog von Württemberg an sein Versprechen erinnert, so überlege es dir, ob nicht unser lieber Beza mit einem oder mehreren andern hin gesandt werden sollte. Freilich, wenn du etwas anderes zu tun nötig findest, so möchte ich dir nicht das kleinste Bedenken dagegen wachrufen; denn Verzögerung wird’s von andrer Seite her noch mehr als genug geben. Ich wollte nur freimütig sagen und deiner Überlegung anheim stellen, was dir vielleicht auch von selbst in den Sinn gekommen wäre. Unser Glaubensbekenntnis wird eben jetzt, wenn man mir folgt, gar nicht erwähnt werden; denn wäre der Zutritt schwierig, so wäre es zwar wohl die beste Art sich einzuführen, unter den jetzigen Umständen aber könnte einer, der die Verhandlung hintertreiben wollte, uns vorwerfen, wir wollten schon vor dem Gespräch den andern [durch unser Bekenntnis] die Bedingungen vorschreiben; es ist auch gar nicht nötig, da der Herzog uns selbst zuvorgekommen ist. Ja, nichts wird unserer Sache förderlicher sein, als wenn wir als anerkannt voraussetzen, dass wir dieselbe Lehre bekennen und, den einen Punkt ausgenommen, unter uns in heiliger Übereinstimmung sind. Unsere Bekenntnisschrift aber würde auch über das, was bereits fest und klar ist, neuen Streit hervorrufen. Dem Vergerio habe ich nicht gesagt, was ich vorhabe. Bei Gelegenheit will ich Herrn Johann von Laski schreiben, dass er nicht in seinem Rigorismus die böhmischen Brüder aus unserer Gemeinschaft ausschließe; doch werde ich darin nichts tun ohne dein Mitwissen. Dem Überbringer dieses Briefes habe ich nur gesagt, der treffliche Herr von Laski sei zuweilen etwas streng; doch weil die Angelegenheit mir noch nicht klar sei, wolle ich nichts sagen; vor 16 Jahren, als ich noch in Straßburg war, hätten die böhmischen Brüder ein Bekenntnis gesandt, das dem guten Butzer und mir gefallen habe, später freilich sei mir eine Abschrift gezeigt worden, die einiges enthielt, was mir missfiel und was ich nicht zulassen wollte. Lebwohl, hochberühmter Mann und von Herzen verehrter Bruder, samt Herrn Martire und allen Kollegen. Meine Amtsbrüder lassen Euch alle ehrerbietig grüßen. Der Herr behüte Euch, stärke Euch und mache Euch reich an jedem Segen.

Genf, 30. Mai 1557.
In Wahrheit dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (523).

Nr. 523 (C. R. – 2610)

Dringende Einladung nach Genf zur Besprechung des Religionsgesprächs.

Glaub mir nur, deine Reise zu uns wird der Kirche nicht weniger nützlich als mir persönlich angenehm sein. Denn wenn du glaubst, sie aus Gesundheitsrücksichten unterlassen zu müssen, so irrst darin meiner Meinung nach durchaus; denn nichts besseres ist zu finden zur Stärkung und Erholung als eine Reise; auch die Trauer um den Tod deines Verwandten, des Bürgermeisters Lavater, wird sie dir wenigstens einigermaßen wegnehmen oder erleichtern. Die Hauptsache aber ist, dass wir miteinander über ein Religionsgespräch mit den Deutschen reden könnten. Zwar ist die Mehrheit von ihnen, das gebe ich zu, vom der krassen Irrlehre, die wir korrigieren möchten, so eingenommen, dass wenig Hoffnung auf Besserung besteht; aber doch gibt es eine kleine Zahl von Männern milderer Gesinnung, an denen unsere Arbeit vielleicht einigen Erfolg hätte. Einer von ihnen, Martin Schalling, Pfarrer der Kirche zu Regensburg, hat mir geschrieben, ohne zwar seine Meinung zu verhehlen, aber doch mit dem Wunsch, die brüderliche Eintracht festzuhalten. Du weißt, wie toll sich sein Kollege Hahn benommen hat; Schalling aber nennt mich doch Lehrer und sucht so maßvoll wie möglich die Meinungsverschiedenheit zu entschuldigen. Solche Leute muss man gewiss freundlich behandeln, oder doch wenigstens nicht unnötig erbittern; so ist meine Antwort, obwohl ich darin sein Bekenntnis mit allem Freimut behandle, doch recht freundlich gehalten. Weil aber für die ganze Schar der Gegner nur ganz geringe Hoffnung zu hegen ist, so habe ich ein Gespräch keineswegs gewünscht, wie du zu meinen scheinst; ja ich gebe mir sogar auf alle mögliche Weise Mühe, zu bewirken, dass wir nicht dazu berufen werden; kommt es aber doch dazu, so müssen wir recht darauf sehen, dass uns nicht eine Ablehnung Schimpf und Schande zuzieht. Übrigens befürchte ich nicht, dass es ein Massengespräch gäbe; wenn Melanchthon mit ein paar andern dazukommen wollte, so wäre nichts wünschenswerter, weil er sich den Brenz und ähnliche Fanatiker nicht dazu einladen würde, sondern nur solche, die er für versöhnlich hält, damit er vor ihnen uns ohne großes Ärgernis beipflichten könnte. Wie ich diesen seinen Plan billige, so müssen wir ihn meines Erachtens auch unterstützen, soweit es angeht. Doch für den Augenblick möchte ich dich nur dazu bringen, dass du den Plan eines Besuchs in Genf nicht aufgibst. Herrn Pietro Martire und Herrn Gwalther bitte ich dringend, dich darin zu bestärken. Sie und die übrigen Kollegen grüße, bitte, aufs Herzlichste von mir, samt deinem ganzen Haus. Der Herr erhalte Euch gesund und leite Euch mit seinem Geiste.

Genf, 30. März 1557.
Dein Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (521)

Nr. 521 (C. R. – 2605)

Auf Calvins letzten Brief (519) hatte Bullinger geantwortet, dass das Vorgehen der drei Städte in Bern erfolglos gewesen sei, dass man aber die Sache vor die Tagsatzung in Baden gebracht habe und wieder bringen werde.

Die Burgrechtsfrage vor der Tagsatzung.

Da Euer wohlweiser Rat bei den Bernern durch Macht, Gunst und Bitten nichts erreicht hat, muss man eben an die Tagsatzung in Baden gehen. Da nun dort keine Abschiede gegeben werden, wenn nicht die Boten der Städte und Länder mit bestimmten Instruktionen kommen, so wird Euer wohlweiser Rat nochmals ersucht, den Eidgenossen die Forderungen mitteilen zu lassen, mit denen unsere Gesandten kommen. Kannst du etwas herausbekommen, was zu wissen für uns von Interesse ist, so lass dichs nicht verdrießen, es mir privatim mitzuteilen. Obwohl es notwendig sein wird, auch den Bernern die Sache zu eröffnen, damit sie nicht klagen können, man habe es ihnen verheimlicht, ja eben mit dieser Ausrede die Unsern wieder leer heimschicken können, so möchten wir doch, dass sie etwas später davon erführen, damit sie es nicht hintertreiben. Wenn Ihr der rauen Witterung wegen jetzt noch nicht gerne reiset, so sorgt doch wenigstens dafür, dass wir Euch bald nach Ostern hier sehen dürfen. Bis dahin wollen wir auch die Beratung verschieben, von der du schriebst, ein Brief Herrn von Laskis mache sie notwendig. Lebwohl, hochberühmter Mann und hochverehrter Bruder, samt Herrn Vermigli, Herrn Gwalther, deinen Schwiegersöhnen, deinen andern Kollegen und deinem ganzen Haus. Der Herr segne Euch alle mehr und mehr.

Genf, 17. März 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (519)

Nr. 519 (C. R. – 2597)

Weggelassen eine undurchsichtige Notiz. Zur politischen Lage vgl. 483. 488. Die drei Städte sind Zürich, Schaffhausen und Basel. Das unfertige Werk war Calvins Kommentar zu Hosea. P. M. Vermigli war als Pellikans Nachfolger Professor für altes Testament in Zürich.

Politisches und Literarisches.

– – – Kürzlich haben unsere Nachbarn [in Bern] uns wieder so fürchterlich gedroht, dass es nicht wahrscheinlich ist, dass sie noch lange Ruhe und Frieden halten; schon jetzt sind alle ihre Schreiben voll von Schmähungen und Schreckworten. Weil nun die lange Frist die Genfer ängstlich macht und diese neuen Forderungen von Bern dazu kommen, so möchte ich dich, verehrter Bruder, wieder und wieder dringend bitten, mich doch wissen zu lassen, was die drei Städte unter sich beraten haben, was sie darauf für Bescheid erhalten haben, wie die Sache steht, auf welchen Ausgang man hoffen darf, und wie lange die Verhandlung noch hinausgezogen werden soll. Mehr braucht es bei dir ja nicht; du wirst schon dafür sorgen, dass der Bote nicht leer zurückkommt, dem ich ein noch unvollendetes Buch von mir augeladen habe, – nicht, um dich mit solcher Lektüre zu langweilen, sondern nur damit du siehst, wie wenig unsere Buchdrucker zu tun haben, dass sie solches Zeug herausgeben; zugleich kann auch Herr Pietro Martire daraus lernen, dass er seine reifen Geistesfrüchte herausgeben sollte, wenn er sieht, welche Frühgeburten ich ans Tageslicht bringen lasse. Ich weiß noch nicht, wann Ihr kommen wollt; doch bin ich überzeugt, dass Ihr kommt, und die Reisezeit naht schon, wenn Ihrs nicht etwa auf April verschieben wollt. Doch möchte ich nicht, dass Ihr diesen Monat auch vorübergehen ließet; dann werden wir auch allerlei von der Messe haben, worüber wir beraten können. Lebwohl, hochgeachteter, verehrter Bruder. Meine Kollegen und die übrigen Brüder lassen dich vielmals grüßen; richte auch deinen Kollegen viele Grüße von mir aus. Der Herr behüte, leite und stärke Euch alle.

Genf, 17. Februar 1557.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (504).

Nr. 504 (C. R. – 2505)

Der eine Überbringer des Briefes war Charles de Joinvilliers, Calvins intimer Freund und Privatsekretär; den anderen kennen wir nicht. Weggelassen einige Fragen, wie man Perrin und Konsorten an der Tagsatzung am besten entgegentreten könne.

Politisches. Von einem Heiratsschwindler.

Die Überbringer dieses Briefes sind rechtschaffene, untadelige Leute, denen du ruhig anvertrauen darfst, was du mir zu wissen tun willst und was sich doch der Umständlichkeit wegen nicht brieflich behandeln lässt. Beide sind mir vertraute Freunde; der eine, dessen Schwester unser Bude zur Frau hat, ist noch mehr bei mir zu Hause als der andere. Da ihn der Verlust seiner Frau so furchtbar schwer bekümmerte, habe ich ihm zugeredet, Euch zu besuchen. Da ich wusste, dass das schon früher sein Wunsch war, hoffe ich, es werde ihn ein wenig trösten und seinen Schmerz lindern. Doch habe ich ihm nicht verschwiegen, dass seine Reise auch noch einem andern Plane dienen solle. Wir wissen nämlich zwar sicher, dass die von Genf Verbannten und Verurteilten von kurzem an der letzten Tagsatzung zu Baden irgendwie intrigiert haben, aber es ist uns überaus unangenehm, so lange nicht zu erfahren, wie sie aufgenommen worden sind, und was sie erreicht haben. Zwar ein Schriftstück haben wir gelesen, voll von groben Schmähungen gegen unsern Rat, aber zugleich auch voll von stinkenden Lügen. Vor allem möchten wir wissen, ob ihnen irgendwelche Hoffnung gemacht wurde, und ob die Tagsatzungsherren ihre Klagen überhaupt anhörten; obwohl wir vermuten, dass sie die Abweisung, die sie verdienten, nicht ohne Spott und Schande davon getragen haben, macht uns doch dies ungewisse Warten recht ängstlich. Daher ergriff ich eifrig die Gelegenheit, die sich bot, durch diesen Freund etwas von der ganzen Verhandlung und ihrem Ausgang zu erfahren. – –

– – Über die hiesigen Verhältnisse kann dir der Bote berichten. Meine Kollegen lassen Euch alle ehrerbietig grüßen. Sie beauftragen mich, Euch noch folgendes zu schreiben. Wir haben gehört, dass gegenwärtig in Zürich ein Mensch aus Limousin wohne, einer französischen Provinz zwischen der Auvergne und Perigord, von großer Gestalt, mit spärlichem, rötlichem Bart, sehr wohlbeleibt, eher leichenblass als bloß bleich von Gesichtsfarbe. Wenn Euch der auch betrogen hätte, täte es uns leid. Es heißt nämlich, er habe sich in Zürich verheiratet; ist es wahr, so hat er nun schon drei Frauen. Als er vor fünf Jahren nach Genf kam, brachte er eine Person mit, die als seine Frau galt, bis man dadurch, dass er sich oft auf lange entfernte, erfuhr und durch sichere Zeugnisse die Bestätigung erhielt, dass er bereits mit einer andern verheiratet sei; dabei war er einer der papistischen Lohnpriester, die durch Messelesen den täglichen Unterhalt gewinnen. Außerdem betrügt er in heilloser Weise seine Gläubiger, zu denen auch ich gehöre; doch hat er in Frankreich geprahlt, ich sei ein Wucherer. Was ich hier schreibe, können wir Euch, wenn Ihr wollt, amtlich beglaubigt zukommen lassen. Nochmals lebwohl, trefflichster Mann und verehrter Bruder. Herrn Gwalther, deinem Schwiegersohn und den andern Brüdern viele Grüße. Der Herr segne dich und dein Haus und leite dich mit seinem Geiste bis ans Ende.

Genf, 30. Juli 1556.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (503)

Vgl. 495.

Über Laskis Religionsgespräch mit Brenz.

Da nun bereits ein volles halbes Jahr vorbei ist, seit ich deinen letzten Brief hielt, und ich ihn noch nicht beantwortet habe, so schäme ich mich ein wenig, so lange gewartet zu haben. Damit du aber nicht glaubst, ich sei ganz ohne Entschuldigung, so wisse, dass ich, als ich deinen Brief bekam, am Wechselfieber krank lag, was vielen Angst machte, einigen aber auch eine flüchtige Hoffnung auf böse Freude brachte. Seither hielt mich Herr Johann von Laski lang in Spannung, der, um ein Religionsgespräch zu veranlassen, an den Fürstentag nach Speyer gekommen war. Was er erreichte, blieb mir unbekannt, bis ich aus einem Briefe Herrn Vermiglis erfuhr, Laski habe in Württemberg mit Brenz disputiert, und es flögen nun gewisse Akten herum, aus denen hervorgehe, dass unser Bruder Laski wie besiegt verstummt sei, obwohl Brenz die Allgegenwart des Leibes Christi in geschmackloser und trivialer Weise verteidigte. Da nun die Gegenpartei triumphiert, meint Herr Vermigli, Laski habe unbedacht gehandelt, dass er allein ohne passende Zeugen und Schiedsrichter diese Zusammenkunft gehabt habe. Drei Tage darauf kam ein Brief aus Frankfurt, nicht ohne Wissen Laskis selbst, in dem der Erfolg dieses unglücklichen Unternehmens sehr gepriesen war. Er selbst schrieb nicht, weil er krank lag; aber sein Vertrauter, der um alles weiß, was Laski unternommen hat, berichtet so gut wie aus seinem Munde folgendes: der Pfalzgraf sei für uns gewonnen, der Herzog von Württemberg noch unentschieden, der Kanzler des Pfalzgrafen stimme uns bei, und so werde dieser Fürst sich auf dem Reichstag zu Regensburg darum bemühen, dass die Gelehrten beider Parteien zusammenkämen. Zugleich sandte er einige Blätter, die „Akten“ betitelt sind, zur Rechtfertigung unseres Bruders Laski; sie bestätigen, was Vermigli schrieb. Denn über die Disputation selbst schweigen sie sich aus; Laski schreibt darin nur, was er nach seiner Rückkehr von Brenz zu Hause aufsetzte. Da wäre es besser gewesen, zu schweigen, wenn nicht etwa der Herr wider unser Erwarten einen bessern Erfolg gibt. Laski deutet an, sein Neffe habe ihm den Wunsch des Königs gemeldet, er möge vor seiner Rückkehr nach Polen eine Verteidigungsschrift verfassen, die darlege, dass sich seine Lehre mit dem Augsburgischen Bekenntnis decke, und er trage sich daher mit dem Gedanken an eine kurze Schrift, die er in Übereinstimmung mit dir, Vermigli und mir herausgeben wolle. Wenn ich auch den Stoff und den Plan nicht tadle, so finde ich doch die Sache sehr gefahrvoll, wenn sie nicht mit größtem Geschick angefasst wird. Doch dies Urteil kommt früh genug, wenn man sie lesen kann.

Verzeih, wenn ich Bezug auf ein Religionsgespräch etwas anderer Meinung bin als du; denn wenn dadurch auch kein Fortschritt zu erreichen ist, wie man wünschen möchte, so hielte ich es doch für weit schimpflicher, ein Gespräch überhaupt abzulehnen, als durch standhafte offene Verteidigung der Wahrheit sich den Vorwurf der Halsstarrigkeit zuzuziehen, und ich will den Ausgang Gott überlassen, wenn es nur unterdessen nicht den Schein hat, als scheuten wir das Licht. Ich werde mich zwar wie bisher stille halten, damit es nicht aussieht, als strebe ich allzu heftig danach und sei darum so tätig; aber wenn die Gegenpartei uns von sich aus ruft, bin ich bereit, meinen Glauben zu verteidigen; ich denke, du bist wohl auch desselben Sinnes. Herrn von Laski habe ich indessen zu verstehen gegeben, dass mir sein maßloser Übereifer nicht gefalle; aber du weißt wohl, wie schwer es ist, einen Menschen von seiner Art abzubringen. Lebwohl, trefflichster und von Herzen verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er leite und segne dich samt deinem Hause. Meine Kollegen und Freunde lassen dich vielmals grüßen. Deinen Kollegen viele Grüße, bitte.

Genf, 1. Juli 1556.
Dein
Johannes Calvin.