Herzog Georg von Sachsen an Luther

23.5.1519

Wirdiger, Lieber, Andächtiger! Wir haben eur Schreiben, zo ihr der vorgonnten Disputation halben abermals an uns gethan, alles Inhals vorlesen, und wissen keine Ungenade, die wir zu euch tragen ader gefaßt haben sollten. Wohl ist uns allerleie vorkommen, dovon wir nicht ungerne mit euch wollten reden, wollen aber solchs, bis ihr eins bei uns kommet, beruhen lassen. Zo tragen wir auch darinne nicht klein Vorwundren, nachdem ihr euch vrormals hatt‘ horen lassen, daß nicht gut von diesen Materien zu disputiren, auch die Doctores der Facultät der heiligen Schrift zu Leypzigk gelehrt, daß sie sich solche Disputation nachzulassen gewegert, wie es kommet, daß ihr itzo zo harte darauf dringet, und ist wohl wahr, daß wir von Doctor Karlstadt auch nicht sein angesucht worden. Es hat uns aber Doctor Egke durch sein SChreiben vormeldet, daß er sich angezeigter Disputaion halben mit ihme voreiniget. Wo nuhe solchs auch allhie beschehen, alzo daß ihr es mit einander einig wirdet und uns, wie ihr itzo, als wir aus euern Schreiben vornehmen, in Erbt((Arbeit)) stehet, zugeschrieben, wollten wir uns, unsern jungesten Schreiben nach, mit unvorweislicher Antwort kegen euch erzeigen und vornehmen lassen. Solchs haben wir euch auf eur Schreiben nicht wollen vorhalten. Gegeben zu Dresden, Montagk nach Cantate Anno xix.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887

Martin Luther – An Georg von Sachsen

1519 den 16. Mai

Dem durchleuchtigenn Hochgebornenn fürsten vnnd Herrnn Herrn Georgen Hertzogen zcu Sachßen Landgraff zcu Duringen vnnd Marggraffen zcu Meyßenn. meynem gnedigenn Herrn vnnd patronen

Jhus

Meyn vnterthenigs armiß gepeth. ist e f g alzeit beuohr. Gnediger Hochgeporner furst vnnd Herr. Ich bitt demutiglich vnnd vmb gottes willenn. e f g. wolt myr nit vor vngnadenn das ich abir malß. widderumb schreyb. Es vorursacht mich, e f g nehst schrifftlich anttwort. die mich faßt betrubt vnnd entsetzt. Dann ich besorge odder mich dunckt. ich habe mich ettwa gegen e f g. vorwirckt. vnnd myr eynen vngnedigen herrn vordienet. Das myr doch vnbewußt vnnd gantz leyd ist

Dann Die weyl .e f g. Doctor ecken zcugesagt vnnd die disputation zcuhalten vorgünnet: an eyniche ersuchung Doctoriis Andreä Carlstadii. adder seynes vorwilliges anzceygung. Vnnd myr dasselb. nit vorgnadenn will. an Doctor Eckes schreybens ßo doch derselb mych. Schrifftlich zcur disputation berufft. dar zcu ynn eyner offentlichen zcedel gedruckt. sich klerlich bezceügt vnnd notiget widder mich auch. zcu Disputiren zcu leyptzck. als ich vormalß. .e. f. g. geschrieben. Vnnd ich e f g ersten schrifft nach: Doctor Ecken geschrieben. solchs bey. e f g. zcu erlangen. weyß ich nit mehr zcu thun. vnnd mag nichts anders denckenn. dann das ich ynn vngnadenn sey. Nu meyn gneidgster Herr. ich weyß wol das vor myr vnnd nach myr die Welt an meyn disputiren bliben ist vnnd bleybenn wirdt Ich mich auch nit dazcu genotiget habe. ßondernn durch doctor Ecks gedrungen. Bitt ich doch. vmb gottes willen e f g wolt myr gnediglich. odder vorkundenn. odder doch vorzceyhenn wo mit ich mich vorschuldiget habe. Dann ichs gar willig abzcustehen. bereyt bynn. Dann das Doctor Eck. solch an e f g vmb meynen willen schreybe: kan ich nit außzcwingen. Will aber noch eyns drümb schreybenn vnnd. yhn drümb bitten. E f g. wolt myr gnediglich alls vorzceyhen Die gott seliglich yhm lassze befolen sey. zcu vittenbergk am montag nach Jubilate 1519

E f g
Vntertheniger Capellan
Doctor Martinus luther
Augl zcu vittenbergk.

Thomas Münzer
J. K. Seidemann
Dresden und Leipzig,
in der Arnoldischen Buchhandlun
1842

Herzog Georg von Sachsen an Luther.

Wirdiger, Hochgelahrter, Lieber, Andächtiger! Wir haben eur abermals Schreiben alles Inhalts verlesen, und nachdem, wie ihr zu bedengken, wo ihr mit Doctor Egken disputieren wollit, desselbigen Doctor Egkii Wille und Vollwort auch dobei sein muß, haben wir euch vormals auf eur Schreiben vormeldet, daß ihr euch deß mit ihme solltet voreinigen, und zo vorstatten, angesucht, daß wir uns mit unvorweislicher Antwort nachmals bleiben; das wir euch auf letzt eur Schreiben nicht haben wollen vorhalten. Gegeben zu Dresden, Sonnabend nach Quasimodogeniti Anno XIX.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887

Martin Luther – An Georg von Sachsen

1519 den 28. April.

Dem Durchleuchtigen Hochgebornenn, fursten vnnd Herrnn Herrn. Georgen Hertzogen zcu Sachßen Landgrafen zcu Duringen Marggrafen zcu Meyßen rc meynem gnedigenn Herrn vnnd patronen

Jhus

Meyn armß gepeet vnnd guts vormugen. seynd ewrnn furstlichn gnadenn. allzceyt zcu vnterthenigen Diensten zcuuor. Hochgeporner durchleuchtiger furst. gnediger Herr. E f g nechste schrifft vnnd gnedigis antwort hab ich empfangen: vnnd dem selben nach doctor, Johanni Eck. e f g meynug verstendiget. vnnd bißher seyner antwort gewartet. Die weyl dann. Derselb gnant doctor Joh Eck. ist ynn eyner außgangen zcedel: vnß alle beyde Doctor Carlstad. vnnd mich. nit alleyn berüfft. ßondernn auch mit grewlichen worten trotzet. vnnd villnach. schon eyn lidlin von vnß singet. wie dann ich mich vorsehe. an e f g. gelanget sey, ßo ist. an e f g, wie vorhyn. meyn vnterthenigs demutigis gepeet. e. f. g. wolt mich gnedicklich die selb Disputation zcu halden. begnadenn. Auch die weyl myr die Matery ferlickeit meyns lebens vnnd vill feyndschafft gemacht bitt ich vmb gottes willen. e. f. g. wolt vnß mit e. f. g. sicherem geleydt. zcu vnnd abe. vorsorgenn, Dann ich alßo mich wagen muß. das ich dennocht gott nit vorsuche, dürch menschlicher ordenlicher Hulffe vorachtüngenn: Vorschuld ich gegen e f g vor gott. mit meynem armen gebett, alzceyt vntertheniglich. geben zcu Wittenbergk am Donnerstag ynn osternn 1519.

E f g
vntertheniger Cappellan
d. Martinus luther
Augustiner zcu Vittenbergk.

Thomas Münzer
J. K. Seidemann
Dresden und Leipzig,
in der Arnoldischen Buchhandlun
1842

Luther, Martin – An Andreas Carlstadt (März 1519)

Heil! Fürtrefflicher Mann. Unser Eck hat einen Zeddel ausgehen lassen, darinnen er mit prächtigen und hochtrabenden Worten prahlt – wie seine Art ist – , daß er in Leipzig wider euch disputiren wolle. Und das hatte ich mit ihm gehandelt in Augsburg, ob etwa euer Streit durch ein freundlich und vertraut Gespräch beigelegt werden könnte; was auch ihr eurer nicht unwürdig achtet. Aber siehe, der Mensch, der so schön an sein Wort gedenkt und so wahrhaftig ist, nachdem er euch schändlich geschmäht, verspricht es zwar euch, laßt aber seine Frösche oder Mücken auf mich los.

Ich dachte es würde ein rechter Tractat sein von euern wichtigsten und ernsthaftesten Sachen, von der Gnade Gottes, von menschlichem Elend, und von dem, worüber ihr streitet. Aber mein Eck greift indessen meine Kleinigkeiten an, oder scherzt vielmehr nach Art dieser Tage ^) mit Larven, bringt die närrischen Fragen vom Ablaß fast wieder aus dem Abgrund hervor, und kommt auf das eure, wie auf Nebendinge nur gleichsam obenhin. Vielleicht hat der Heilige Geist dieses Menschen Possen und Geplauder vorher gesehen und den fürtrefflichen Herrn Doctoren der Leipzigischen Universität in Sinn gegeben, daß sie dieß Geschäfte nicht bei sich haben wollen handeln lassen.

– Darum, mein lieber Eck, gebe ich euch keine eitle Ehre schuld, daß ihr diesen Zeddel habt ausgehen lassen, ehe ihr Nachricht gehabt, was die von Leipzig in der Sache thun würden: noch auch, da ihr von mir vernommen, daß sie wirklich nicht wollten, daß ihr etwa gedacht hättet aus Dampf und aus einer Disputation, die nimmermehr geschehen würde, Ruhm zu erjagen. Ich werfe euch auch nicht vor, daß ihr dem Doctor Carlstadt tückisch und Unsreundlich, ja untheologisch fremde Sätze vorgerückt, welche ihr wußtet, daß er sie für die seinen nicht erkennen würde, damit ihr nochmals ein Siegsgeschrei über solchen Mann zu erheben gedachtet; ich beschwere mich auch nicht, daß ihr aus schändlicher Heuchelei gegen den Papst abermal Mährlein von mir erzählt und neue, von euch erdichtete Irrthümer mir wieder auf den Hals gewälzt und euch doch gestellt habt, als wenn ihr kein Masse getrübt hättet. Wir vertragen das von einem Theologo. Nur das wollen wir zeigen, daß wir eure übel ausgesonnene Ränke und eure schlecht versteckte Händel wohl verstehen und euch gütlich warnen, daß ihr hinfort zu euren Ehren uns nicht mit so grober List Nasen drehen oder ein Bein unterschlagen wollet: ihr könnt diese bauernhafte und merkliche Schalkheit oder Klugheit für eure tölpischen Sophistengesellen sparen.

Unterdessen seid ein Mann und gürtet euer Schwert um die Seite als ein Held. Denn nachdem ich mich eures Friedens halber vergeblich bemüht, werde ich vielleicht als ein Mitstreiter willkommen sein. Nicht daß ich siegen wollte, sondern daß ich euch nach euren Pannonischen, Longobardischen. Bayerischen Siegen (wo wir euch glauben,) eine Gelegenheit gebe, den Ruhm zu gewinnen, daß ihr auch der Sächsische und Meißnische Siegesfürst und wo ihr wollt, allzeit Mehrer des Reiches heißet in Ewigkeit.

Aber mein lieber Andreas, ich wende mich wieder zu euch, und bitte, daß ihr mit mir an den Durchlauchtigsten Fürsten, Herzog Georgen, und den hochweisen Rath in Leipzig schreibet, ob sie uns die Gnade und Gunst erzeigen wollten, uns auch nur ein weltlich Haus zu dieser Sache einzuräumen. Denn die fürtrefflichen Herrn Doctores von der Universität will ich gar nicht mit der Gefahr des Richteramts beschweren, welches sie auch ganz klüglich abgelehnt haben.

Wir wollen es vielmehr so thun, daß wir zwei Notarien mit uns bringen, sowohl Eck als Luther; und wenn andre mehr dazu reden wollen, können sie ihre Gründe und Beantwortungen den Notarien zum Aufschreiben vorsagen. Das thue ich darum, damit uns nicht die schändliche Prahlerei und die vergebliche Mühe begegne, die in der Wienerischen Disputation Eckens zu sehen: und daß auch das Geschrei und tolle Gefechte mit Händen, dadurch die Streiter unsrer Zeit zu toben und die Wahrheit zu verderben pflegen, verhindert werde: hingegen Alles, so viel möglich, in Schriften still und bescheiden zugehe und alsdann also schriftlich verfaßt dem apostolischen Stuhl, den Bischöfen und der ganzen Christenheit zum Urtheil überreichet werden könne.

März 1519
Bruder Martin Luther, Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (13.3.1519)

Mein armes, unterthäniges Gebet ist Ew. Churf. En. allezeit bevor. Durchlauchtigster Hochgeborener Fürst, gnädigster Herr.

– Gott weiß, daß mein ganzer Ernst gewesen und frohe war, daß das Spiel also sollt ein Ende haben, so viel an mir gelegen und ich mich desselben Pakt’s so steif gehalten, daß ich Herr Silvester Prierats Replicam habe fahren lassen, wie wohl ich darinnen große Ursach, dazu vieler meiner Widersacher trotzigen Spott, verachtet, auch wider meiner Freunde Rath geschwiegen habe: so doch unser Beschluß, wie Herr Carol wohl weiß, also gestanden ist, daß ich schweigen wollt, sofern mein Widerpart auch schwiege. Nun aber Doctor Eck unverwarnter Sach mich also angreift, daß er nicht mein, sondern der ganzen Universität zu Wittenberg Schand und Unehr sucht und viel tapfere Leute achten, er sei zu der Sachen erkauft, hat mir solche wetterwendische, hinterlistige Griffe nicht wollen gebühren zu verachten, noch die Wahrheit in solchem Spotte stecken zu lassen. Denn sollt man mir das Maul zubinden und einem jeglichen andern aufthun, kann Churf. Gn. wohl ermessen, daß dann auch der wohl mich anfallen würde, der sonst vielleicht mich nicht ansehen dürfte. Nun bin ich noch von Herzen geneigt Ew. Churf. Gn. treuem Rath gehorsamlich zu folgen und aller Weg still zu stehen, so sie auch still stehen, denn ich wohl mehr zu schaffen habe und meine Lust darin nicht gesucht wird. Wo aber nicht, bitt ich Ew. Churf. Gn. gar unterthäniglich, wollt mir’s nicht verungnaden, denn ich’s auch im Gewissen nicht weiß zu tragen, die Wahrheit zu lassen. Denn wie wohl die Position päpstliche Heiligkeit trifft, hab ich doch müssen der Disputation Weise nachzufolgen, das Widerspiel halten, allzeit mit Vorbehalt aller Untertänigkeit und Gehorsam des heiligen Stuhls. – Gott erhalt Ew. Churf. Gn. seliglich. Amen. Gegeben zu Wittenberg am Sonntag Invocavit (13. März) 1519.

Ew. Churf. Gn. unterthäniger Caplan Dr. Martinus Luther, Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Georg von Sachsen – An Martin Luther

4. März 1519

Wirdiger, Hochgelehrter, Lieber, Andächtiger! Wir haben eur Schreiben, zo ihr uns wegen der Disputation, die wir Doctori Egkio und Karlstadt in unser Universität zu Leypzigk zu halten nachgelassen, an uns gethan sampt eur Entschuldigung, alles Inhalts vorlesen, und nachdem uns gedachter Doctor Ekgke durch ein Schreiben angezeigit, daß er sich solcher Disputation halben mit Doctor Karlstat voreinget, und gebeten, die zu Leypzcgk zu halten nachzulassen, haben wir ihme solchs nicht wollen abslahen. Wo ihr euch nuhe mit einander zu disputiren auch wirdet voreingen und weiter ansuchunge bei uns thun, wollen wir uns alsdann, zo viel uns ziempt und gebuhrt, mit unser weislicher gnädiger Antwort kegen euch horen und vornehemen lassen. Solchs haben wir euch auf eur Schreiben nicht wollen vorhalten. Gegeben zu Dresten am Freitage Adriani Martyris, Anno etc. xix.

Dr. Martin Luthers Briefwechsel
Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Erster Band
Briefe vom Jahre 1507 – März 1519

Frankfurt am Main.
Schriften-Niederlage des Evangel. Vereins
1884

Luther, Martin – An Papst Leo X. (3.3.1519)

Allerheiligster Vater! Es zwingt mich abermal die Noth, daß ich, der unwertheste und verachteste Mensch und Staub der Erden, an Ew. Heiligkeit und hohe Majestät schreiben muß. Derhalben wolle Ew. Heiligkeit ihre väterlichen Ohren, an Christus statt dieß mein Antragen zu hören, mir, ihrem armen Schäflein, gnädiglich darreichen, und dieß mein Blöcken huldreich vernehmen.

Es ist allhier bei uns gewesen der Ehrwürdige Herr Carol von Miltitz, Ew. Heiligkeit Kämmerer, welcher im Namen Ew. Heiligkeit vor dem Durchlauchtigsten Fürsten Herzog Friedrich heftig geklagt über meine Dummkühnheit und Frevel wider die Römische Kirche und Ew. Heiligkeit; hat derhalben von mir begehrt, deß einen Widerruf zu thun.

Da ich solches hörte, that mir’s sehr wehe, daß mein herzlich treuer Dienst so übel ausgelegt wäre, daß, was ich unternommen hatte der Römischen Kirche Ehre zu wahren, mir selbst beim Oberhaupt dieser Kirche als Frevel und größte Bosheit ausgelegt würde.

Aber, was soll ich thun, heiligster Vater? Ich weiß gar keinen Rath mehr zu dieser Sache. Die Macht des Zorns Ew. Heiligkeit vermag ich nicht zu tragen; und weiß doch nicht, wie ich davon erledigt werde. Man fordert von mir, ich soll meine Disputation widerrufen. So mein Widerruf das ausrichten könnte, was dadurch gesucht wird, wollte ich ohne einigen Verzug solchem Befehl Folge thun. Weil aber meine Schriften durch Widerstand und Unterdrückung weiter ausgekommen sind, denn ich hätte dürfen hoffen, und in vieler Herzen tiefer eingewurzelt, denn daß sie widerrufen könnten werden; ja, weil unsre Deutsche Nation in der Blüthe steht, viel feiner, gelehrter und geschickter Leute hat so diese Sache wohl verstehen, fein davon reden und urtheilen können, muß ich mich deß am meisten fleißigen, daß ich in keinem Wege etwas widerrufe, so ich anders die Römische Kirche will hoch und in Ehren halten. Denn solcher Widerruf würde nichts anders schaffen, denn daß dadurch die Römische Kirche je länger je mehr in ein böses Geschrei käme; auch würde jedermann der Mund aufgethan, über sie zu klagen.

Die, o heiligster Vater! eben die, haben der Römischen Kirche den größten Schaden ja Schande angethan bei uns in Deutschland, welchen ich widerstanden habe; das ist, die mit ihrem ungeschickten thörichten Predigen, unter Ew. Heiligkeit Namen, allein den schändlichen Geiz gesucht, und das Heiligthum besudelt und zum Greuel gemacht haben; wollen auch über das, (als wäre der Sünde und des Unraths, so hier geschieht, zu wenig) mich, der ich ihrem gottlosen Vornehmen gewehrt habe, als Urheber ihrer Dummkühnheit bei Ew. Heiligkeit beschuldigen.

Nun, allerheiligster Vater, ich bezeuge vor Gott und allen seinen Creaturen, daß ich nie Willens gewesen, noch heutigen Tages bin, der Römischen Kirche und Ew. Heiligkeit Gewalt auf einigerlei Weise anzugreifen, oder mit irgend einer List zu beschädigen. Ja, ich bekenne frei, daß dieser Kirchen Gewalt über Alles sei und ihr nichts weder im Himmel noch auf Erden könne vorgezogen werden, denn allein Jesus Christus, der Herr über Alles. Derhalb wolle Ew. Heiligkeit bösen, falschen Lästermäulern nicht Glauben geben, die vom Luther anders dichten und sagen.

Ich will auch gern Ew. Heiligkeit zusagen, daß ich künftig diese Materien vom Ablaß will fahren und beruhen lassen und allerdings still schweigen; allein, daß auch meine Widersacher mit ihren aufgeblasenen und nichtigen Reden inne halten.

Zudem will ich durch eine öffentliche Schrift das Volk vermahnen, daraus sie verstehen und bewegt werden, die Römische Kirche mit rechtem Ernst zu ehren und Jener Frevel ihr nicht zuzumessen; auch meine Schärfe nicht nachahmen, der ich wider die Römische Kirche gebraucht, ja mißgebraucht habe, und ihr zu viel gethan, daß ich die unnützen Wäscher so hart angetastet; ob doch etwa dermaleinst, durch Gottes Gnade, oder durch diesen Fleiß und Mittel, die erregte Zwietracht und Spaltung wiederum gestillt und hingelegt möchte werden.

Denn das habe ich allein gesucht, daß nicht durch Schande fremden Geizes die Römische Kirche, unsere Mutter, befleckt würde, noch das Volk zu solchem Irrthum verführt, daß es die Liebe lernete geringer achten, denn den Ablaß. Das andre Alles, weil es weder nützt noch schadet, achte ich geringer. So ich aber merke, daß ich etwas mehr in dieser Sache kann thun, will ich ohne Zweifel ganz willig und bereit dazu sein.

Der Herr Christus wolle Ew. Heiligkeit bewahren in Ewigkeit. Zu Altenburg am 3. März 15l9. Bruder Martin Luther Doctor.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Christoph Scheurl (20.2.1519)

Freund Eck, der bisher seine Tollheit wider mich fein verborgen und verstellt hat, ist nun damit öffentlich hervorgebrochen. Was ist das für ein Mensch. Aber Gott ist inmitten der Götter: er wird wissen. was er aus dieser Tragödie herzuführen gedenkt. Weder Eck noch ich werden hierin uns in etwas dienen. Gottes Rath scheint darin sein Werk zu haben. Ich habe oft gesagt, daß ich bisher nur gescherzt: nun aber wird es wider den römischen Papst und römischen Hochmuth Ernst werden.

20. Februar 1519.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Martin Luther – An Georg von Sachsen

Dem durchlouchtigen Hochgepornenn furstenn vnnd Herrn. Hernn Georgenn Herzcogen zcu Sachßen landgrafen zcu Duringenn. Marggrafen zcu Meyßenn rc. Meynem gnedigenn Herrn vnd patronen.

Jhus.

Meyn vnterthenigs armß gepeet, vnnd Demütigs vormügen. Seynd ewrnn. f. g. alzceyt beuor. Durchleuchtiger hochgeporner fürst gnediger herr, Es Schreybt der wirdige Doctor Johannes ekkius wie er an. e. f. g. gesonnen. vmb eyne Disputation zcu leypßtzck ynn. e. f.. g. vniüersitet. zcu haltenn. Widder. denn wirdigen Doctorem Andream Carlstat, zcu erleübenn. vnnd gnediglich vorgonnen.

Die weyl abber Doctor Johes ekkius: aüß rüfft. widder doctor Carlstaden zcu Disputirenn. vnnd doch desselbenn artikell wenig angefochten. mit gantzem ernst. ynn meyne positiones fellt. szo will myr zcymenn denn vnüorwarntenn ryßen. zcu emphaen vnnd meyne position zcuuortrettenn. odder mic hdas Besszere leren laßenn. Ist derhalben an e. f. g. meyn vnterthenige gepeet. e. f. g. wolt der warheyt zcu liebe, solche dispütation gnediglich vorgonnen. Dann itzo myr die Wirdigen herrn der Vniüersitet geschriben. Wie sie Doctor. Joh. Ekkio. zcugesagt: das ich doch vorhynn gehoret, von yhn vorsagt geweßen. Das sie myr abber zcurechnen, das ich meyn dispütation hab aussz gehn laßen: ee dan ich e. f. g. drumb ersucht: ist auß zcuuersicht geschehn., e. f. g. vnnd vorhofft, e. f. g. myr das nit vorgebenn vnnd vorzceyhenn Gott wolt e. f. g. barmhertziclich sparenn vnnd behalten Amen Geben zcu Wittenberg am 19. tag Februarij 1519.

E f g
vntertheniger Cappellann
doctor Martinus luther
Augustiner.

Thomas Münzer
J. K. Seidemann
Dresden und Leipzig,
in der Arnoldischen Buchhandlun
1842