Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (13.3.1519)

Mein armes, unterthäniges Gebet ist Ew. Churf. En. allezeit bevor. Durchlauchtigster Hochgeborener Fürst, gnädigster Herr.

– Gott weiß, daß mein ganzer Ernst gewesen und frohe war, daß das Spiel also sollt ein Ende haben, so viel an mir gelegen und ich mich desselben Pakt’s so steif gehalten, daß ich Herr Silvester Prierats Replicam habe fahren lassen, wie wohl ich darinnen große Ursach, dazu vieler meiner Widersacher trotzigen Spott, verachtet, auch wider meiner Freunde Rath geschwiegen habe: so doch unser Beschluß, wie Herr Carol wohl weiß, also gestanden ist, daß ich schweigen wollt, sofern mein Widerpart auch schwiege. Nun aber Doctor Eck unverwarnter Sach mich also angreift, daß er nicht mein, sondern der ganzen Universität zu Wittenberg Schand und Unehr sucht und viel tapfere Leute achten, er sei zu der Sachen erkauft, hat mir solche wetterwendische, hinterlistige Griffe nicht wollen gebühren zu verachten, noch die Wahrheit in solchem Spotte stecken zu lassen. Denn sollt man mir das Maul zubinden und einem jeglichen andern aufthun, kann Churf. Gn. wohl ermessen, daß dann auch der wohl mich anfallen würde, der sonst vielleicht mich nicht ansehen dürfte. Nun bin ich noch von Herzen geneigt Ew. Churf. Gn. treuem Rath gehorsamlich zu folgen und aller Weg still zu stehen, so sie auch still stehen, denn ich wohl mehr zu schaffen habe und meine Lust darin nicht gesucht wird. Wo aber nicht, bitt ich Ew. Churf. Gn. gar unterthäniglich, wollt mir’s nicht verungnaden, denn ich’s auch im Gewissen nicht weiß zu tragen, die Wahrheit zu lassen. Denn wie wohl die Position päpstliche Heiligkeit trifft, hab ich doch müssen der Disputation Weise nachzufolgen, das Widerspiel halten, allzeit mit Vorbehalt aller Untertänigkeit und Gehorsam des heiligen Stuhls. – Gott erhalt Ew. Churf. Gn. seliglich. Amen. Gegeben zu Wittenberg am Sonntag Invocavit (13. März) 1519.

Ew. Churf. Gn. unterthäniger Caplan Dr. Martinus Luther, Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867