Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (1520)

Durchlauchtigster Herr. Unser allerlieblichster Seligmacher hat uns allen geboten die Kranken zu besuchen, die Gefangenen ledig zu machen und alle Werke der Barmherzigkeit gegen unsren Nächsten treulich zu erfüllen, wie denn Christus unser Herr selbst zuvor mit dem Vorbild einer wundersamen Liebe solches zu beweisen und anzuzeigen aus dem Schoos des allerhöchsten Vaters herabgestiegen ist, sich in unser Gefängnis? versenkt, unsre Schwachheit angenommen und in unsern Sünden gedient und gearbeitet hat. Wer dieß allerliebste, holdseligste und freundlichste Vorbild und Gebot verschmäht, wird billig am jüngsten Tag hören: Geht ihr vermaledeieten in das ewige Feuer. Ich bin schwach oder krank gewesen und ihr habt mich nicht besuchet.

Aus dieser Ursach hab ich mich unterstanden Ew. Churf. Gn. mein Dienst und Gebühr dieser Besuchung zu bereiten darum, daß ich ohne die Schuld und Zeichen der Undankbarkeit diese Form und Gestalt meines Herrn Christi, das ist Ew. Churf. Gn. Krankheit, in keinen Weg kann und mag übergehen, mit welcher Gottes Hand meinen Herrn angegriffen und berühret hat, und kann mich nicht stellen, als hörte ich Gottes Stimme nicht, die mir aus dem Leib und Fleisch Ew. Churf. Gnaden zuschreit und spricht: ich bin krank. Denn ein Christenmensch ist nicht krank, wenn er krank ist, sondern Christus, unser Herr und Seligmacher selbst, in welchem der christliche Mensch lebt, wie denn der Herr Christus selber sagt: Was ihr meiner Kleinsten einem gethan habt, das habt ihr mir gethan. Und wie wohl man dieß Gebot Christi, unseres Herrn und Seligmachers, als das allergemeinste Gebot gegen alle Menschen halten muß: so muß man es doch mehr an den Verwandten des Glaubens und am allermeisten an unsern Freunden und Nächsten beweisen, üben und halten.

Zudem, daß ich sammt allen Leuten Ew. Churf. Gn. in Ihren Landen schuldig bin mit Ew. Churf. Gn. ein Mitleiden zu tragen, mit zu kranken und alle Beschwerung mit zu tragen, als mit unserm Haupt, in welchem alles unser Heil, Verwaltung und Wohlfahrt steht. Derhalben auch die ganze Versammlung und Commun des heiligen Römischen Reichs und der christlichen Kirche Ew. Churf. Gn. dienst-, dank- und liebpflichtig ist, auf die allermänniglich Augen, Gedanken und Herzen Achtung haben, als auf einen getreuen Vater des Vaterlandes deutscher Nation und eine einige, tröstliche Zuflucht des ganzen heiligen Römischen Reichs.

Aber ich, der ich mich billig für Ew. Churf. Gn. Schuldmann aus viel Ursachen erkennen soll, bekenne, daß es billig sei, Ew. Churf. Gn. vor Andern Unterthänigkeit, Gebühr und Ziemung zu beweisen. Als ich aber das nach Betrachtung meiner Armuth und Dürftigkeit nicht mochte finden, hat mich endlich mein geliebster Freund Georg Spalatin erinnert, Ew. Churf. Gn. eine geistliche Vertröstung, das ist, etwas aus der heiligen Schrift zu machen und zu überreichen.

Derhalben ich diese Tafel, in vierzehn Capitel getheilt, gemacht hab und dieselbe Ew. Churf. Gn. opfere und überreiche , welche ich anstatt der vierzehn Nothhelfer von wegen ihrer Anzahl und Werkes Ew. Churf. Gn. heilwärtig wünsch zu sein. Es ist nicht eine silberne Tafel, sondern eine geistliche, welche sich gebührt nicht in die Kirchen, sondern in das Gemüth zu setzen. Der erste Theil hat sieben Bildniß oder Betrachtung der Uebel, Beschwerung oder Widerwärtigkeit: der andere Theil sieben Bildniß der guten Ding, wie es denn sich selbst anzeigen wird. Darum gehab sich Ew. Churf. Gn. seliglich und geruh nach ihrer gewohnlichen. Fürstlichen, Hochgnädigen Erzeigung diese meine geringe Arbeit gnädiglich anzunehmen, der ich mich auch unterthäniglich befehl

Ew. Churf. Gn. unterthäniger Diener
Br. Martin Luther.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Spalatin an Friedrich zu Sachsen

Brief Spalatins an Kurfürst Friedrich zu Sachsen über die Stimmung zu Wittenberg nach Bekanntwerden der päpstlichen Bulle wider Luther.

Ende November 1520

Meinem Gnedigsten hern dem Churfürstenn zu Sachssen.

Gnedigster Herr. Gott lob ich find vil weniger cleynmütickeit zu Wittenberg dan ich besorgt.

Doctor Martinus kan nit wissen aus was vrsachenn der Vniuersiteth schreiben an E. C. G. erwachssen sey. Hett aber mogen leyden das es verbliben.

Die andern so vil ich Ir angeredt. stellen sich alle kecker vnd getroster dann das schreiben gelautt.

Wiewol ir warlich etlich mochten cleynlauter werden. so es an das treffen geen wurd.

Souil ich von vilen vermerkt ist das schreiben verursacht durch den aufbruch etlicher priester. der doch als magister philippus mich bericht fast wenig seint. von den etliche berayt sollen wider kommen sein. wie wol etlich sagen wellen als solten ob IIe sich von dannen gewendt haben. Dagegen hor ich das teglich Newe studenten kommen.

So hab ich gestern in magister philipps lection freglich bey V oder IV VIe auditores vnd in Doctor Martinus vnter vierhundert auditores wenig gefunden. vnd darunder vil dapherer feyner leut vnd gesellen, vnd den Schlicken itzo Rector vnd den Newen Canonicum zu Aldenburg Doctor Simon Steyn der in Theologia studirt.

Doctor Martinus vnd Doctor Carlstat befelen sich vffs vntertenigst E. C. G.

Desgleichen der probst vnd dechant.

Der probst erbeutt sich den brief so er E. C. G. hieuor geben abermals mit eynem sigel zubefesten. E. C. G. soll allein gnediglich ob im halten. das er von den von Erffurt betzalt werde, Er heldeth von der bullen nichts. Vnd sagt wiewol im gin Erffurdt zukomen geschriben so welle er es doch itzo vnterlassen, vnd zu Wittenberg bleiben. domit man nit durff sagen. er sey aus forcht vondannenn geschidenn.

Es gefallen mir die Newen bildnuß ser wol im kor zu Wittenberg.

Die pfarrkirchen vnd Closter werden Doctor Martinus schier vil zu cleyn zu seyner predig. Sein prior besorgt das folck werd im eynst das haus eindruckenn.

Gott sei gelobt in ewickeit. Es gefellt mir noch allenthalben wol zu Wittenberg. vnd es steckt noch vberal foll studentenn. die mit grossem vleis studirenn. Vnd hoff Gott werd sein werck weiter vnterhalten, vnd vor menschlicher bosheit mit mechtiger gewalt erretten.

Das hab E. C. G. ich vnterteniger meynung lenger nit wellen verhalten. E. C. G.

Vnterteniger Diener

Spalatinus

Aus dem Universitäts- und Gelehrtenleben
im Zeitalter der Reformation.
Theodor Muther
Erlangen,
Verlag von Andreas Deichert.
1866

Hans Lantschad an Kurfürst Friedrich den Weisen

25.10.1520

Dem Durchleuchtigisten Hochgepornen Fursten vnd herrn, herrn Friderichen Khurfürsten, vnnd hertzogen zu Sachsen, etc. mynem gnedigsten herrn, Entbiett ich Hans Lantschad zu Steynnach ritter, syner Furstlichen gnaden vnderthenig diener, viel heyls. gnedigster Furst vnnd herr. ich habe gelesen, eyn büchlin, so der hochgelertt Martinus Luther, doctor, vnzweifel durch Ingebung des helgen geystes, hat der romischen, koniglichen Maiestat auch Kurfürsten, Fürstenn, vnnd andern stenden des helgen Reichs, zu Zugeschrieben vnnd vssgehn lasssen, Darzu er grüntlich, klerlich, (Wie auch vffentlich, am tag lytt, vnd allen Nationen der Cristenheit, der merertteyl kuntbar ist,) anzeygt, Was großer mengel, gebrechen, vnd beschwernus, sich Itzunt, In der Cristlichen kirchenn Durch derselbigen vbersten, vnnd Nidersten haubter, (die da hanthaber des Cristlichen glaubens, vnnd Gotlicher gerechtigkeiten, ze syn solten,) erhaltenn mit teglicher Merung, aller beschwernüs der gantzen Cristenheitt, vnnd nachteyl gottlichs lobs, vnnd Cristlichs glaubens, Dartzu zu Zerstorung, des gemeynen nutz der gantzen Cristenheitt, Sonderlich teutscher Nacion Dient, vnnd reychen mag, Wo solchs alles nit verhüt vnnd verkomen wirt, durch das hellig romisch reich dem das Weltlic hschwert, zu hanthaben, auch Zuschutze vnnd schirmen den Cristlichen glauben auch die Cristlich Kirch, by gotlicher gerechtigkeit, Dartzu der gemeyn nutz zc zu hanthaben, Zuschützen, vnnd Zuschirmen, Alles Irs Vermogens, gantz willig, vnnd mit vleis geneygt Erkenn, auch alwegen, darfurgehalten vnnd Noch das E. F. g. gots lob, vnnd die gerechtigkeit zuhanthaben, von gott begnadet syn, So wurd ich bewegt, Vnnd vervrsacht, als eyn alter, getreuwer vndertheniger Diener E. F. g. Vndertheniglich Zuermanen, Das E. F. g. als eyn, loblicher churfurst, der hochsten glyder eyns der Cristenheytt, der nit die kleynsten stym, In der Itzigen Versamlung, des helgen, romischen reichs, betrachten wellen, das gott der almechtig, onzweifel durch Ingeben des helgen geystes, E. F. g. In Irm Fürstenthum, durch Wünderlich werk Eyner eynige Personn, eroffnet hatt, die vnzälbarlichen mengel gebrechen vnnd Beschwernus, der Cristlichen kirchen der gotlichen gerechtigkeit, vnnd gemeynes Nutz, on allen Zweifel, Darum E. F. g. Itzt by Irem obersten haubt, Romischer, Koniglicher, Maiestatt, Auch gemeynen stenden des helgen reichs, sollen, mit allem Ernst vnd hochstem Vleis, Bitten, manen vnnd anhalten, das vff die bessten Weg, mittel, vnd fugen, So muglich ist, helffen handeln. Damit gottes Lob, ere, gerechtigkeit, auch gemeyner Nutz, der ganzen Cristenheitt gehanthabt, gemert, vnnd In allen Unfugen mag gebessert mog werden. Mit solcher arbeytt, mogen on allen Zweifell, E. F. g. Gots huld, gnad vnd Ewige Seligkeitt erlangen vnd In dieser Welt von den Fromen Lob vnnd ere, Datum vff Dorstags Nach den elffdausent Jungfrauwen tag [25 oct.] xxe xxo

E. F. G.
Vndertheniger
Hans Lantschad zu Steynnach
Ritter

Archiv für Reformationsgeschichte
1. Jahrgang 1903/1904
herausgegeben von Walter Friedensburg
Berlin
C. A. Schwetschke und Sohn
1904

Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (1519)

Durchlauchtigster Fürst, gnädigster Herr! Es zwingt uns Nothdurft ein Gemach zu bauen. Wir haben die Herrn des Raths zu Wittenberg demüthig gebeten uns zu vergönnen aus der Mauer auf den Graben zu bauen; wird unser dieser Bitte keine Antwort. Darum bitten wir Ew. Churf. Gnaden wollt uns gnadiglich dieses Nothbaus Gunst und Verlaub erzeigen.

Ich bitt auch Ew. Gn. wollt mir diesen Leipzig’schen Jahrmarkt kaufen, das ist eine weiß und schwarz Kappen. Die schwarz Kappen ist mir Ew. Churf. Gn. schuldig, die weiße erbitte ich demüthig. Denn vor zwei oder drei Jahren hat mir Ew. Churf. Gn. eine zugesagt, die ist mir noch nicht worden, wiewohl der Pfeffinger mir willig geredet und doch vielleicht Geschäfte halber oder, als man ihm Schuld giebt, langsam ist Geld auszugeben, verzogen, so daß ich von Noth eine andere mußte mir verschaffen und also bis hieher Ew. Churf. Gn. Zusage gespart. Auf diese Nothdurft bitt ich nun noch demüthiglich, so der Psalters eine schwarze Kappe verdient, wolle Ew. Churf. Gn, den Apostel auch eine weiße Kappen verdienen lassen und bitt auch nicht durch den Pfeffinger abermal verlassen werden

Ew. Churf. Gn. willigen, unterthanen Capellan

Dr. Martinus Augustiner zu Wittenberg.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Miltitz an Kurfürst Friedrich von Sachsen.

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst und Herr! Meine unterthänige, gehorsame Dienste sind Euren Curf. Gn. zuvoran bereit. Genädiger Curf. und Herr! Als Herr Fabian von Seylschz jungst zu Aldenburg von wegen Eur Curf. Gn. Doctor Martinus Sache belangende mit mir geredt, und ich daruf Eure Curf. Gn. geantwort durch mein Schreiben, daß selbest ken Liebenwerde will kommen, do mit Doctor Martino zu handeln und sein Gemuth zu verstehn, laß ich Eur Curf. Gn. wissen, daß ich gestern bei seiner Wirde gewest und mich nach aller Nothdorft mit ihm unterredt, und ist zufreden, zu meinem genädigsten Herrn von Trier mit mir zu reisen, do, als ich zu Gott hoff, diesen Erthum allenthalben niederzulegen. Ich hab sulchs och heut meinem gn. Herrn von Trier geschrieben, dobei synen Genaden Eur Curf. Gn. Schriben mit uber geschickt. Wenn ich Antwort erlange, will ich dieselbige ufs förderlichste Eurn Curf. Gn. zufertigen. Domit will ich mich ufs demüthigste und unterthänigste Eurn Curf. Gn. als meinem allergenädigsten Herrn entpholen haben. Gegeben zu Mülburgk am Montagk nach Dionisi 1519.

E. Curf. Genaden
unterthäniger demuthiger Capellan
Carolus von Miltitz.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887

Bodenstein von Carlstadt, Andreas – An Kurfürst Friedrich von Sachsen

31. Juli 1519

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst und Herr! Euern F. Gn. seien mein Gebet und unterthänige Dienst mit allem Gehorsam zuvorn bereit. Gnädigster Churfurst und Herr! Der achtbar Doctor Eck hat E. K. F. G. sein Handschrift und Klagzettel, darin er unter andern mich höchlich bei E. K. F. G. verkleint, als sollt ich ihm zu ungeschickt reden, mit seiner Vermeldung behänden lassen, und ist nicht anders, daß ich mein Kleinwenigkeit erwege, und mein widerwärtig Gemüth, daß ich kein Lust hab, mit einem solchen Rühmer und Schreier zu disputieren, demnach ich denn Ursach, in viel Enden hievor gedruckt, angezeigt. Aber daß sein Schreiben dahin deutet, als sollt ich ihm gering sein, bitt E. K. F. G. zu wissen, daß er mir nichts genommen hat, sondern ist etwan öffentlich, etwan verdeckt zu mir getreten, und hat mein Sentenz in der Disputation müssen halten, wiewohl D. Eck in seinen Predigten anders, denn in der Schuel gelehret. Gnädister K. F. und Herr! ich hab ihm mein Solutiones aus den Büchern, die er mir fürgeruckt und wider mich gecitiert hat, gelesen, und hoff meines Bedünkens ehrbarlich; auch hab ich D. Ecken öffentlich gesagt, daß er sein Bücher nicht wohl gelesen und vernommen, wie ich dasselbig mit Lesung beweist. Das thut ihm und etlichen Andern wehe, derhalben veracht und verschmächt er mich.

Ich kann auch E. K. F. G. nicht hehlen, daß mir vielgenannter D. Eck in Sachen, die den christlichen Glauben höchlich betreffen, als er selber in seinem Klagbrief anzeit, ketzerische Bücher allegiert und wider mich gebraucht, und endlich am letzten hat er ein Autorität Hieronymi fürgebracht, als diese: quod jstus noch semper peccat, dum bene facit. Da hab ich gesagt, ich wollte darnach sehen. Als er das höret, welch ein Geruf und Klappern ward von ihm gehört. Aber ich hielt fest und zeigt an, daß in solcher tapfern Sach mit aller Bedächtigkeit gehandelt und kein Leichtfertigkeit geübt sollt werden. Aber D. Eck macht sich seiner Bücher verlustig, wo die Autorität in aufgebrachtem Buch nicht geschrieben. Ich hab darnach weiter, denn mir vonnöthen war, gesucht und nicht gefunden, und derwegen viel Rede gehabt, und am Tag meines Abziehen mein Magister, Notarium und zween Gezeugen zu ihm geschickt und durch sie begehrt, er sollte mir sein allegiert Autorität zeigen oder sein Bücher geben, dazu wollt ich ihn ein falsarium schelten, das ich im Rechten thun könnte, wenn gefunden, daß er williglich falsch allegiert. Aber der gut Doctor zeiget mir noch nichts. Das hab ich alles in Eil, E. K. F. G. nicht ohn Antwort zu lassen, als ich itzt wegfertig gewest, nicht wollen bergen, und freue mich, daß E. K. F. G. gesund anheim gekommen. Der barmherzig Gott verleihe E. K. F. G. ein lang Leben, mit Gesundheit und Sieg. Datum Wittemberg, Sonntag nach Annae, Anno 1519.

E. K. F. G.

unterthäniger Capellan Andreas Carlstad.

Gnädigster Kurfürst und Herr! Der ehrwirdige Herr und Vater Martinus und ich wollen  E. K. F. G. kürzlich und sämptlich antworten; bitten,  E. K. F. Gn. wolle uns itzt gnädigst verzeihen, daß wir in solcher Zeit uns nicht haben bereden mügen.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887

Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (13.3.1519)

Mein armes, unterthäniges Gebet ist Ew. Churf. En. allezeit bevor. Durchlauchtigster Hochgeborener Fürst, gnädigster Herr.

– Gott weiß, daß mein ganzer Ernst gewesen und frohe war, daß das Spiel also sollt ein Ende haben, so viel an mir gelegen und ich mich desselben Pakt’s so steif gehalten, daß ich Herr Silvester Prierats Replicam habe fahren lassen, wie wohl ich darinnen große Ursach, dazu vieler meiner Widersacher trotzigen Spott, verachtet, auch wider meiner Freunde Rath geschwiegen habe: so doch unser Beschluß, wie Herr Carol wohl weiß, also gestanden ist, daß ich schweigen wollt, sofern mein Widerpart auch schwiege. Nun aber Doctor Eck unverwarnter Sach mich also angreift, daß er nicht mein, sondern der ganzen Universität zu Wittenberg Schand und Unehr sucht und viel tapfere Leute achten, er sei zu der Sachen erkauft, hat mir solche wetterwendische, hinterlistige Griffe nicht wollen gebühren zu verachten, noch die Wahrheit in solchem Spotte stecken zu lassen. Denn sollt man mir das Maul zubinden und einem jeglichen andern aufthun, kann Churf. Gn. wohl ermessen, daß dann auch der wohl mich anfallen würde, der sonst vielleicht mich nicht ansehen dürfte. Nun bin ich noch von Herzen geneigt Ew. Churf. Gn. treuem Rath gehorsamlich zu folgen und aller Weg still zu stehen, so sie auch still stehen, denn ich wohl mehr zu schaffen habe und meine Lust darin nicht gesucht wird. Wo aber nicht, bitt ich Ew. Churf. Gn. gar unterthäniglich, wollt mir’s nicht verungnaden, denn ich’s auch im Gewissen nicht weiß zu tragen, die Wahrheit zu lassen. Denn wie wohl die Position päpstliche Heiligkeit trifft, hab ich doch müssen der Disputation Weise nachzufolgen, das Widerspiel halten, allzeit mit Vorbehalt aller Untertänigkeit und Gehorsam des heiligen Stuhls. – Gott erhalt Ew. Churf. Gn. seliglich. Amen. Gegeben zu Wittenberg am Sonntag Invocavit (13. März) 1519.

Ew. Churf. Gn. unterthäniger Caplan Dr. Martinus Luther, Augustiner.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (1518)

Durchlauchtigster Hochgeborner Fürst, gnädigster Herr. Es ist mir zu viel, daß Ew. Churf. Gn. so weit in meine Sachen und Müh‘ gezogen wird; dieweil aber die Noth und Gott es so fügt, bitt ich Ew. Churf. Gn. wollte mir’s zu Gnaden vor gut haben. Es hat Herr Carolus von Miltitz gestern hoch angezogen die Unehr‘ und Frevel, so durch mich der römischen Kirche ist zugefügt und ich mich auf’s allerdemüthigste zu thun, was ich vermag zu Erstattung, hab erboten. Nun bitt ich Ew. Churf. Gn. wollt mein Bedenken beschauen, das ich hiemit zu erkennen gebe.

Zum ersten wollt ich verheißen dieser Materien hinfürter stille zu stehen und die Sache sich selbst zu Tod bluten zu lassen, (sofern der Widerpart auch schweige) denn ichs dafür acht‘, hätt man mein Schreiben lassen frei gehen, es war längst Alles geschwiegen und ausgesungen und ein jeglicher des Liedleins müde worden. Besorge auch, so diesem Mittel nicht Folge geschieht und weiter werde angefochten mit Gewalt oder Worten, so wird das Ding allererst recht herausfahren und aus dem Schimpf ein Ernst werden. Denn ich meinen Vorrath noch ganz habe. Darum ichs das Beste achte, so man möchte stille stehen in der Sache.

Zum andern wollt ich päpstlicher Heiligkeit schreiben und mich ganz demüthig unterwerfen, bekennen, wie ich zu hitzig und zu scharf gewesen, doch nicht vermeinet der heiligen, römischen Kirche damit zu nahe zu sein, sondern anzuzeigen die Ursache, daß ich als ein treu Kind der Kirche widerfochten hätte die lästerliche Predigt, davon groß Spott, Nachreden und Unehr und Aergerniß des Volks gegen die römische Kirche erwachsen ist. Zum dritten wollt ich einen Zeddel ausgehen lassen, einen jeden zu vermahnen der römischen Kirche zu folgen, gehorsam und ehrerbietig zu sein und meine Schrift nicht zur Schmach, sondern zur Ehre der heiligen, römischen Kirche zu verstehen, auch bekennen, daß ich die Wahrheit allzu hitzig und vielleicht unzeitig an Tag gebracht habe. Zum vierten hat Magister Spalatinus vorgeschlagen, daß die Sache besohlen werde dem Hochwürdigen Erzbischof von Salzburg, desselben Urtheil, so mit gelehrten, unverdächtigen Leuten beschlossen, ich halten sollte oder zu meiner Appellation wiederkehren, so mir’s nicht zu halten wär. Aber ich sorg‘, der Papst will nicht leiden einen Richter, so werd‘ ich des Papstes Urtheil auch nicht leiden. Darum so das erste Mittel nicht vor sich geht, wird sich das Spiel machen, daß der Papst den Text wird machen und ich ihn glossiren. Das wäre nicht gut.

Weiß Churf. Gn. ob ich etwas mehr thun möchte, wollt mir um Gotteswillen es gnädiglich mittheilen. Ich will gerne Alles thun. Alles leiden, daß ich nur nicht weiter aufzustechen verursacht werde. Denn aus der Revocation wird nichts.

Ew. Churf. Gn.
unterthäniger Caplan

Doctor Martinus.

Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Luther, Martin – An Churfürst Friedrich von Sachsen (29.11.1518)

Durchlauchtigster, gnädigster Herr und Churfürst! Ich habe von meinem lieben Herrn und Freunde Georg Spalatin eine Schrift sammt einer Abschrift eines Sendbriefs des Hochwürdigsten Herrn Thomas Cajetanus nach Ew. Churf. Gn. Willen mit gebührender Ehre fröhlich empfangen. Denn ich sehe, daß mir nun eine rechte feine Gelegenheit gegeben sei Ew. Churf. Gn. – den Zustand meiner ganzen Sache anzuzeigen. Dieß einige allein bitte ich demüthiglich, Ew. Churf. Gn. wollen mich geringen, verachten, armen Bettelbruder gnädiglich hören und mein ungeschickt Schreiben mir zu gut halten.

– So bitte ich denn noch einmal, Ew. Churf. Gn. wollen denen nicht eher Glauben schenken, so da sagen, Bruder Martinus habe übel geredet und unrecht gelehrt, ich werde denn verhört und überwiesen, daß ich übel geredet und unrecht gelehrt habe. St. Petrus irrte, auch nachdem er den heiligen Geist empfangen hatte, so kann auch ein Cardinal irren und wäre er auch noch so gelehrt.

Derhalben wollen Ew. Churf. Gn. ihrer Ehre und Gewissens wahrnehmen, daß sie mich ja gen Rom nicht schicken, denn solches kann Ew. Chnrf. Gn. kein Menschen gebieten – er sei und heiße wer und wie er wolle – weil es unmöglich ist, daß ich zu Rom sollte sicher sein. Auch wäre solches nichts Andres als Ew. Churf. Durchlauchtigkeit gebieten , daß sie eines unschuldigen Christen Blut verriethe und ein Mörder an mir würde. Denn auch der Papst zu Rom keine Stunde seines Lebens sicher ist. Sie haben Papier, Federn und Tinten zu Rom; auch haben sie unzählig viel Notarien; es ist leichtlich geschehen, daß sie aufzeichnen und auf’s Papier fassen, worin und warum ich geirrt habe. Ich kann ja mit geringerer Unkost abwesend in Schriften unterrichtet, als gegenwärtig durch Tück und List umgebracht werden.

Eins thut mir von Herzen wehe, daß der Hochwürdige Herr Legat Ew. Churf. Gn. höhnisch sticht, gleich als verließe ich mich auf Ew. Churf. Gn. solches Alles anzufangen und vorzunehmen. Wie denn auch etliche Lügner bei uns fälschlich vorgeben, ich habe durch Ermahnung und Rath Ew. Churf. Gn. vom Ablaß zu disputiren vorgenommen; so doch um diese mein Disputation auch keiner meiner allerliebsten Freunde gewußt hat, ausgenommen der Hochwürdigste Herr Cardinal zu Mainz und Erzbischof zu Magdeburg und Herr Hieronymus, Bischof zu Brandenburg. Denn diese zwei, weil es ihnen von Amtswegen zustand die lästerlichen Lügen der Ablaßkrämer zu verbieten, ermahnte ich sie insgeheim mit tiefer Demuth und Ehrerbietung durch Schriften, ehe ich die Disputation ließ an Tag kommen.

Daß nun aber der Hochwürdige Herr Legat Ew. Churf. Gn. und dem ganzen Blut oder Geschlecht des Hochlöblichen Hauses zu Sachsen einen Schandfleck wollte anhängen und in Abgunst der päpstlichen Heiligkeit bringen, kommt daher, daß die Leute heutiges Tages für gewiß halten, Christus sei begraben, der nicht auch heute noch durch eine Eselin reden könnte und, so die Apostel und ihre Nachfolger schweigen würden, durch Holz und Steine schreien könnte.

Darum, daß Ew. Churf. Durchlauchtigkeit um meinetwillen nicht etwas Böses begegne, was ich nimmermehr wollte, siehe so verlasse ich in Gottes Namen Ew. Churf. Gn. Lande; will ziehen, wohin mich der ewige, barmherzige Gott haben will, mich seinem gnädigen göttlichen Willen ergeben, er mach’s mit mir, wie er wolle. Will derhalben Durchlauchtigster Churfürst, hiemit Ew. Churf. Gn. mit aller Ehrerbietung gegrüßt und gesegnet und schlecht und gerecht dem ewigen, barmherzigen Gott befohlen, auch für alle ihre Wohlthat mir bewiesen, in aller Demuth unterthäniglich mich bedankt haben. Will auch an welchem Orte in künftiger Zeit ich werde sein Ew. Churf. Gn. in Ewigkeit nicht vergessen , sondern allzeit mit rechtem Ernst und Dankbarkeit für Ew. Churf. Durchlauchtigkeit und der Ihrigen Heil und Wohlfahrt von Herzen bitten.

Ich bin Gottlob noch zur Zeit von Herzen fröhlich und danke Gott, daß mich armen Sünder sein lieber Sohn Jesus Christus würdig achtet, daß ich in dieser guten heiligen Sache Trübsal und Verfolgung leiden soll. Er wolle Ew. Churf. Gn. in Ewigkeit erhalten. Amen. Wittenberg den 29. Nov. Anno 1518.

Ew. Churf. Gn. unwürdiger Caplan.

Br. Martin Luther.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Staupitz, Johann – An Friedrich den Weisen

15. October 1518

Durchlauchter Hochgeporner churfürst meyn allergnädigster herr. E. Churf. g. seyn beuor meyn arme gebeth vnd vndertanigste dienste.

Gnädigster Herr, der legat von roma handelt wye man (gote geklagt), doselben phlegt, gibt hübsche wordt vnd dy selbigen lär vnd Eytel. Dan sein gemute rastet allayn vff dem, daß magister martinus wyderruffe, vnangesehen, daß sich magister martinus erbewtt stille zu stehen, vnd hye zw Augspurg offentlich zw disputyren vnd seyner Disputationen Ja aller wordt der Innen beschlossen antwordt vnd vrsach zw geben, aber der vngleiche richter wil nicht, daß er dispütyr sünder reuocir, Nychtz mynner hat Im doctor martinus vff dye fündament, ßo er Ime vffgelegt, schrifftlich dermaßen geantworth, daß der Cardinal zu den selbigen geengt Seynen gehabten fündament nicht vertrawet vnd sücht ytzund hyn vnd haar, diß vnd daß, ab er daß vnschuldige blüet vortilgenn möchte, vnd zum widerruff bringen, got wölle der rechte richter seyn vnd der warheyt beystandt.

Er sagt auch ayn schrifft vom general Im lande seyn, wider magistrum martinum, Doctor Peyting läßt sich hören eß sey auch wyder mich daß man vns, Inn kärker werfen sylle, vnd gewalt mit vns üben, got sey der beschirmer – Zum beschliesß, Ich besorg der magister müsße apelliren, vnd gewartenn deß, gewaltzt, helff im got, syne feyndt seyn worden seyn richter, dy Ine beklagen fellen dßa vrtayl, domit beuelh ich mich E. churfl. g. vnd dy selbige dem Ewygen gote, vtzund wayß ich nichtz gewisß zw schreyben, woe sich aber dy sache myltern würde, sal E. g. vffs Eylendist zugeschriben werden.

Datum zw augsburg 15 tag octobris 1518.

E. Churfl. G.

vnderworfener gehorsamer Cappelan
D. Johannes von Staupitz.

Die deutsche Augustiner-Congregation und Johann von Staupitz
Dr. Th. Kolde
Gotha,
Friedrich Andreas Perthes
1879