Bodenstein von Carlstadt, Andreas – An Kurfürst Friedrich von Sachsen

31. Juli 1519

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst und Herr! Euern F. Gn. seien mein Gebet und unterthänige Dienst mit allem Gehorsam zuvorn bereit. Gnädigster Churfurst und Herr! Der achtbar Doctor Eck hat E. K. F. G. sein Handschrift und Klagzettel, darin er unter andern mich höchlich bei E. K. F. G. verkleint, als sollt ich ihm zu ungeschickt reden, mit seiner Vermeldung behänden lassen, und ist nicht anders, daß ich mein Kleinwenigkeit erwege, und mein widerwärtig Gemüth, daß ich kein Lust hab, mit einem solchen Rühmer und Schreier zu disputieren, demnach ich denn Ursach, in viel Enden hievor gedruckt, angezeigt. Aber daß sein Schreiben dahin deutet, als sollt ich ihm gering sein, bitt E. K. F. G. zu wissen, daß er mir nichts genommen hat, sondern ist etwan öffentlich, etwan verdeckt zu mir getreten, und hat mein Sentenz in der Disputation müssen halten, wiewohl D. Eck in seinen Predigten anders, denn in der Schuel gelehret. Gnädister K. F. und Herr! ich hab ihm mein Solutiones aus den Büchern, die er mir fürgeruckt und wider mich gecitiert hat, gelesen, und hoff meines Bedünkens ehrbarlich; auch hab ich D. Ecken öffentlich gesagt, daß er sein Bücher nicht wohl gelesen und vernommen, wie ich dasselbig mit Lesung beweist. Das thut ihm und etlichen Andern wehe, derhalben veracht und verschmächt er mich.

Ich kann auch E. K. F. G. nicht hehlen, daß mir vielgenannter D. Eck in Sachen, die den christlichen Glauben höchlich betreffen, als er selber in seinem Klagbrief anzeit, ketzerische Bücher allegiert und wider mich gebraucht, und endlich am letzten hat er ein Autorität Hieronymi fürgebracht, als diese: quod jstus noch semper peccat, dum bene facit. Da hab ich gesagt, ich wollte darnach sehen. Als er das höret, welch ein Geruf und Klappern ward von ihm gehört. Aber ich hielt fest und zeigt an, daß in solcher tapfern Sach mit aller Bedächtigkeit gehandelt und kein Leichtfertigkeit geübt sollt werden. Aber D. Eck macht sich seiner Bücher verlustig, wo die Autorität in aufgebrachtem Buch nicht geschrieben. Ich hab darnach weiter, denn mir vonnöthen war, gesucht und nicht gefunden, und derwegen viel Rede gehabt, und am Tag meines Abziehen mein Magister, Notarium und zween Gezeugen zu ihm geschickt und durch sie begehrt, er sollte mir sein allegiert Autorität zeigen oder sein Bücher geben, dazu wollt ich ihn ein falsarium schelten, das ich im Rechten thun könnte, wenn gefunden, daß er williglich falsch allegiert. Aber der gut Doctor zeiget mir noch nichts. Das hab ich alles in Eil, E. K. F. G. nicht ohn Antwort zu lassen, als ich itzt wegfertig gewest, nicht wollen bergen, und freue mich, daß E. K. F. G. gesund anheim gekommen. Der barmherzig Gott verleihe E. K. F. G. ein lang Leben, mit Gesundheit und Sieg. Datum Wittemberg, Sonntag nach Annae, Anno 1519.

E. K. F. G.

unterthäniger Capellan Andreas Carlstad.

Gnädigster Kurfürst und Herr! Der ehrwirdige Herr und Vater Martinus und ich wollen  E. K. F. G. kürzlich und sämptlich antworten; bitten,  E. K. F. Gn. wolle uns itzt gnädigst verzeihen, daß wir in solcher Zeit uns nicht haben bereden mügen.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Zweiter Band.
Briefe vom April 1519 bis November 1520
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1887