Bodenstein an Friedrich den Weisen, 6.1.1522

Durchlauchtigster, Hochgeborner Churfürst, gnädigster Herr. Ew. Chf. G. sind meine unterthänige Dienste zuvor in Fleiß bereit. Gnädigster Herr. Ich habe in heiliger Schrift vermerkt, daß kein Stand Gott behaglicher, und christlicher Freiheit nützlicher und dienlicher ist, denn der eheliche Stand, welcher mit viel und großen Benedeiungen auch begnadet und beziert ist, wenn er göttlich gelebt wird Inhalts göttlicher Einsetzung. Ich habe auch beherziget, daß Gott seine Priester zum ehelichen Stande erfordert, und ihnen Form und Maaß ehelichen Lebens vorgeschrieben, und eingeben hat, darnach zu leben. Insonderheit betrachte ich, daß viel arme, elende, betrogene und verlorne Pfaffen eine lange Zeit in des Teufels Gefängniß und Kerker liegen, denen ohne Zweifel durch vorgehende Exempel und Fürbilde möchte gerathen und geholfen werden. Demnach habe ich mich in Ansehen und Aufachtung etlicher meiner Herren und Freunde mit der ehrbaren Jungrau Anna Mochau verlobt, und bin willens, so das der allmächtige Gott verhängt, die Hochzeit auf St. Sebastiansabend schies kommende anzufahen, und folgenden Tag alles in Beiseyn meiner geliebten Herren Förderer, Gönner und Freunde zu vollziehen. E. Chf. G. derhalben ganz unterthäniges Fleißes, E. Chf. G. wollen sich in Gnaden allhie erzeigen. Das will ich nun höchstgedachte E. Chf. G. in aller Unterthänigkeit und Gehorsam meines höchsten Vermögens allezeit erfunden werden. Wittenberg Mondtags Epiphaniae 1522.

E. Chf. G.
unterthäniger Diener
Andreas Bodenstein
von Karolstadt.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Melanchthon, Philipp – Über die Zwickauer Propheten (An Friedrich den Weisen)

1. Januar 1522

Anfänglich ist die Sach, so mich bewegt, also ergangen. Es seynd in die Iohannis Evangelistae zu mir in Wittenberg kommen Claus Storck mit zweien seiner Gesellen, mir angezeigt, wie sich etliche Empörung erhoben zu Zwickau, und sonderlich von wegen baptismi parvulorum und fidei alienae, und sich auf Doctorem Martinum berufen. Hab darnach insonderheit gehört einen unter den Dreien, genannt Marcus Thome, der mir gesagt, wie daß er, dergleichen auch Storck, sonderliche und gewisse und offenbare Gespräch mit Gott habe, doch nyndert auch nicht predige, denn wo und was ihn Gott heise. Hab so viel von ihm vermerkt, daß er der Schrift Sinn recht hat in den höchsten und vornehmsten Artikeln des Glaubens, wiewohl er eine sonderliche Weise zu reden führt. Hab auch vor einem halben Jahr mit diesem Marco disputirt, hat aber die Zeit von den göttlichen Gesprächen nicht gesagt. Hab also die Sache bei mir hin und wieder bedacht, sonderlich dieweil sie anzeigten solch Aufruhr zu Zwickau bewegt, und möglich weiter zu bewegen; und gedacht, dieweil solche Empärung nicht mit Gewalt, sondern vorhin mit Schriften und iudicio spiritualium hominum zu stillen seynd, daß vonnöthen wäre in dieser Sach doctoris Martini iudicio, sonderlich dieweil sie sich auf Doctorem Martinum berufen.

Es seind fürwahr zwo Quaestiones, die nicht zu verachten, und gelahrtern Leuten denn ich bin und der gemeine Haufe möcht zu schaffen machen. Gedacht auch, der Teufel wollt uns an einem weichen Ort angreifen. Es haben Augustinus und derselbigen Zeit viele andere mehr viel disputirt de baptismo parvulorum, und wenig ausgerichtet, und Augustinus behilft sich des gemeinen Bösen und des alten Gebrauchs. Doctor Martinus weiß wohl, was diese Quaestion hinter sich hat. Und das ist summa summarum meiner Sorgen noch, und vormals, gewesen.

Mich hat nicht sonderlich bewegt, was sie von göttlichen Gesprächen sagen, und dergleichen. Denn solches in seinem Werth stehet, und nichts daran gelegen, anders denn, daß durch solchen Schein weitere Beschwerungen möchten vorgenommen werden. Diese Quaestiones aber de baptismo haben mich meines Bedünkens billig bewegt.

Solche anliegende Noth hab ich niemands wissen förderlicher anzuzeigen, denn unsern gnädisten Herrn, als einem christlichen Cuhrfürsten und dieser Zeit einigen Schützer Ecclesiae, welchem billig in solche Sache zu sehen zustehet. Bitte, mein gnädigster Herr wolle mein Schreiben gnädiger Meinung verstehen.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Die Capellane von Wittenberg an Friedrich den Weisen, 14.12.1521

Dem Durchlaucht. rc. … Herrn Friedrich, Herzog zu Sachsen, … Churfürst rc.

Durchleuchtigster, Hochgeborner Fürst und Herr. E. Chf. G. sind unser Gebeth zu Gott, und unterthänige, gehorsamste Dienste allzeit mit Fleiß zuvor. Gnädigster Herr .Auf E. Chf. G. Befehl, so Doct. Christianus Beyer dem Capitel und Universität nun etliche mal vorgetragen, haben die des Ausschusses einen Unterricht und Meinung begriffen, welche, wiewohl in versammelter Gemein des Capitels und der Universität gelesen, haben wir doch unbedacht Zulaufens, nachdem die Sache wichtig, den Stand gemeiner Christenheit belangend und zu einem schwerlichen Ausgang gereichen möcht, unser Bedenken dazumal dazu nicht wissen zu sagen. Ist jüngst am Abend Conceptionis solcher Begriff etlichen insonderheit zu überlesen behändigt worden, dem wir nicht haben wisssen zuzufallen aus mancherlei Bewegniß, so wir in eine Schrift bracht, die hie neben unterthäniglich bitten zu verlesen. Bitten auch E. Chf. G. wolle uns des Verzugs aus obangezeigten Ursachen entschuldigt haben, und je mit keinem Unwillen vermerken, sondern uns in gnädigen Schutz erhalten, auch gnädiglich verschaffen, daß man in der Pfarrkirchen und Klostern, bis die Sache erkannt, und ihre Endschaft erlange, (die Messe) sicher celebriren mag. Seind tröstlicher Zuversicht, E. Chf. G. werden aus höherm Verstand wohl ermessen, was hierinne vorzunehmen, damit Entpörung, Zwiespaltigkeit und Aufruhr in gemeiner Christenheit verhütet (werde). Wollen wir die Sache und uns Gott dem allmächtigen und E. Chf. G. demüthiglich befehlen. Dem zu dienen sind wir allzeit schuldig und willig. Datum Wittenberg, Sonnabend nach Luciae, anno Dom. XXI.

E. Chf. G.
unterthänige Cappellan
Laurentius Schlamann, Dechant.
Matthäus Boskau, Scholiast.
Otto Beckmann, Licent.
Sebastianus Kuchenmeister, Licent.
Georgius Eluer Staffelsagen
Joannes Rachals
Joannes Volmar
sämptlich und sonderlich.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Die Academie von Wittenberg an Friedrich den Weisen, 12.12.1521

Dem Durchl. rc. Herrn Friedrich, Herzogen zu Sachsen, des H. R. R. Churfürsten rc.

Durchlauchtigster, hochgeborner Fürst und Herr, Ew. Churf. G. sind unser Gebeth zu Gott und unterthänige gehorsamste Dienste allzeit in Fleiß zuvor. Gnädigster Herr. Auf E. Chf. G. Befehl, so durch Doct. Christianum Beyer uns nun etliche Mal vorgetragen, die Messe belangend, haben wir als die unterthänigen iin versammelter Gemein der Universität in Rathschläge genommen, und können uns einträchtigs Unterrichts nicht vereinigen. Die des Ausschusses haben eine Meinung begriffen, der eines Theils andere, als E. Chf. G. in der Unterschrift sehen wird, zugefallen. Etliche des Capitels sind einer andern Meinung, welche sie sich in kurze Schrift zu stellen, und E. Chf. G. auch zu überantworten erbothen. Aber die andern in der Universität, (als sind etliche Aerzte und sonst Philosophi), sagend, daß sie der Sache ganz unverständig, ihnen, ob in der Messe Mißbrauch, verborgen (sey); doch gefalle ihnen, wo solcher Mißbrauch, daß der selbe abgethan werde. Bitten unterthäniglich, E. Chf. Gn. wolle diesen Unterricht, den wir jetzt zur Zeit einträchtiglicher aus obenangezeigten Bewegungen nicht (zu) thun wissen, gnädigliche annehmen. Denn E. Chf. G. mit unterthänigem Dienst zu dienen sind wir allzeit schuldig und willig. Datum Wittenberg, unter unsers Rectorats Insiegen, Dornstag nach Conceptionis b. Mariae Virg. anno domini M.D.XXI.

E. Chf. G.
unterthänige Capellan
und Diener
Rector, Magistri und Doctores
der Universität zu Wittenberg.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Christian Beyer an Friedrich von Sachsen, 6.12.1521

Dem Durchlauchtigsten rc. Fürsten uned Herrn, Herrn Friedrichen … Churf., Herzog zu Sachsen rc.

Durchlauchtigster, hochgeborner Fürst, Ew. Chf. G. seind meine unterthänige willige Dienst zuvorn, Gnädigster Churfürst und Herr. Auf E. Chf. G. Befehl hab ich abermals E. Chf. G. Begehren die nächste Aufruhr belangend der Universität und Capitel vorgehalten, mit Anzeige, daß sie sich auf vorige meine Werbung, die vor acht Tagen geschehen, einer einträchtigen Antwort entschließen wollten; daß sie auch darob seyn sollten, damit nicht weiter Irrthum erfolge, und daß die Mißhändler in Straf genommen würden.

Also haben sie mir zu Antwort gegeben, daß sie E. Chf. G. nicht lang aufziehen wollten mit ihrer Antwort den Mißbrauch der Messen belangend; sie würden sich aber nimmermehr einer einträchtigen Antwort entschließen, dieweil der Ausschuß auf ihrer Meinung beruhe, und die andern bei dem Gebrauch bleiben wollten. Wie aber dem (sey), so sollten diejenigen, so es mit dem Ausschuß nicht hielten, ihre Meinung und Ursach, warum es nicht seyn sollt in Schrift bringen, welche alsdann E. Chf. G. zugeschickt sollt werden.

Zum Andern so hätten sie die ihren, so bei der Handlung gewesen, arrestirt, wollten auch dieselben in gebührliche Straf nehmen, wollten auch dafür sorgen, daß solch Vornehmen fürder unterlassen. In summa es sollen die Aufruhr etliche Studenten von Erffurth, die an ihnen selbst empörissch seyn, erweckt haben, gehen in Gestalt der Studenten und halten sich bei ihren Privilegien nicht gemäß, welche besser sey wären unter der weltlichen Hand. E. Chf. G. zu dienen bin ich willig. Datum am Tage Nicolai, anno XXI.

E. Chf. G.
unterthäniger
Christianus Beyer, Doctor.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Spalatin an Friedrich den Weisen, Nov. 1521

Gnädigster Herr. Der Rector zu Wittenberg schreibt mir itzo unter andern, daß man bei ihnen nicht dürfe weiter um eine einträchtige Antwort der Messen halben suchen, angesehen daß sie der Sachen unter einander nicht einig seind.

Daß auch der mehrere Theil, als der heiligen Schrift unerfahren, sich in diese Sache nicht wollen einlassen, und die Sache den Theologen, und bevor dem Ausschuß, heimstellen.

Und daß E. Chf. Gn. das Capitel ihr Bedenken mit einer sonderlichen Schrift wird anzeigen. Denn sie haben sich mit einander nicht vergleichen mögen, wie vielleicht in langer Zeit nicht beschehen möge.

Aber es sey derer, so dem Ausschuß Zufall (Beifall) geben, Meinung, daß die Mißbräuche nicht eilend, sondern mit der Zeit und ohhne Aufruhr abgethan werden.

Er laß sich auch selbst bedenken, man muß ein zeitlich Einsehung in die Sach haben, damit nicht durch den Namen Gottes Worts mehr unschicklicher Freiheit denn christlicher Gottfurcht eingeführt werde.

Erbeut sich auch Empörung zu verwahren allen Fleiß zu haben. Das hab E. Chf. G. ich länger nicht wollen verhalten.

E. Chf. G.
untertäniger Diener
Spalatinus

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Christianus Beyer an Friedrich den Weisen 30.10.1521

Dem Durchl. … Herrn Friedrichen … Churf. und Herzog zu Sachsen rc.

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst. Ew. Chf. Gn. seind meine schuldige und unterthänige Dienst zuvorn. Gnädigster Churfürst und Herr. Auf Ew. Chf. Gn. jüngsten Befehl hab ich am Sonnabend nächst verschienen E. Chf. G. Credenz dem Ausschuß derjenigen, so E. Chf. Gn. von der Augustiner Sache zu Wittenberg geschrieben haben, überantwortet, und die Werbung lauts der überschickten Instruction gethan. Darauf sie ein Bedenken genommen, und wiewohl ich sie zum Theil mittler Zeit um Antwort angerede, so vermerk ich doch, daß der Ausschuß noch nichts einhelliges beschlossen, darzu die Sach von ihnen an die Universität und Capitel nicht gelanget, welches ich E. Chr. G. nicht hab wollen bergen. Was ich aber von ihnen zur Antwort erlangen, soll E. Chr.. G., den ich mit Fleiß zu dienen schuldig, ungesäumt zu wissen werden. Dat. Wittenbergk. Mitwoch nach Sanct. Iudae XXI.

E. Chf. G.

williger
Christianus Beyer
D.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Beyer, Christian – An Friedrich den Weisen

30. October 1521

Dem Durchl. … Herrn Friedrichen …. Churf. und Herzog zu Sachsen rc.

Durchleuchtigster, hochgeborner Fürst. Ew. Chf. Gn. seind meine schuldige und unterthänige Dienst zuvorn. Gnädigster Churfürst und Herr. Auf Ew. Chf. Gn. jüngsten Befehl hab ich am Sonnabend nächst verschienen C. Chf. G. Credenz dem Ausschuß derjenigen, so E. Chf. G. von der Augustiner Sache zu Wittenberg geschrieben haben, überantwortet, und die Werbung lauts der überschickten Instruction gethan. Darauf sie ein Bedenken [Bedenkzeit] genommen, und wiewohl ich sie zum Theil mittler Zeit um Antwort angeredet, so vermerk ich doch, daß der Ausschuß noch nichts einhelliges beschlossen, darzu die Sach von ihnen an die Universität und Capitel nicht gelanget, welches ich E. Chf. G. nicht hab wollen bergen. Was ich aber von ihnen zur Antwort erlangen, soll E. Chf. G., den ich mit Fleiß zu dienen, schuldig ungesäumt zu wissen werden. Dat. Wittenbergk. Mitwoch nach Sanct. Iudae XXI.

E. Chf. G.

Williger
Christianus Beyer
D.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Luther, Martin – An Herzog Johann Friedrichen zu Sachsen

31.3.1521

Von den guten Werken Christi und seinem Schlafen.

I. H. F. G. H. E. Fürstl. Gnaden Schrift und Inhalt habe ich unterthäniglich empfangen, nemlich von den guten Werken Christi und seinem Schlafen. Nun ists wahr, man lieset im Evangelio nicht mehr als einmal, daß er geschlafen habe, welches E. F. G. meldet. Sollt man aber alle seinen Schlaf geschrieben haben, was wolt vor ein Buch daraus worden seyn. Ist gnug, daß einmal angezeigt ist die natürliche wahre Menschheit in dem Stück. Er hat wol mehr mal gebetet, gefast, gangen, geprediget, Wunderzeichen gethan, denn im Evangelio stehet, wie Joh. ult. klar schreibet: Etliche aber seyn geschrieben uns zu lernen und gläubig zu machen rc. Daß aber er allezeit des Vaters Wohlgefallen gethan habe, ist wahr, es hat dem Vater sein Essen, Trinken, Schlafen, alles wohlgefallen, als die allerhöchste Wunderwerke. Denn der Vater siehet nicht die Werke, sondern den Willen in Werken an, wie ich das im Buche von guten Werken habe überflüßig gelehret. Es ist nicht Noth zu gläuben, daß Christus am Creuze den ganzen Psalm: deus, deus meus, respice, mündlich gebetet habe, doch auch nicht unchristlich, ob jemand das gläube. Es stehet das alles in gutem freyen Wahn eines jeglichen, denn die Schrift sagt nichts davon, so ist andern nicht Noth zu glauben. Ich überschicke E. F. G. hiermit das angefangene Magnificat, der vierte Quatern lieget noch in der Presse, ich muß solches lassen verzogen werden bis auf meine Wiederfahrt, denn E. F. G. siehet, wie ich, auf den Reichstag gefordert, alles muß liegen lassen. Hilft mir GOtt wieder zu Hause, soll es E. F. G. gar schnell haben. Hiermit befehl ich mich E. F. G. welche GOtt lasse seiner Gnaden befohlen seyn, Amen. Zu Wittenberg am Ostertage (den 31. Martii) 1521.

unterthäniger
Martin Luther

Dr. Martin Luthers
sowol in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte
und aus der letztern in die erstere übersetzte
Sämtliche Schriften.
Ein und Zwanzigster Theil
herausgegeben von
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Johann Justinus Gebauer.
1749

Luther, Martin – An den Kurfürsten Friedrich, vom 25. Januar 1521.

Dem Durchlauchtigsten und Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Friedrichen, Herzogen zu Sachsen, des heil. röm. Reichs Kurfürst und Vicari, Landgrafen zu Thüringen, Markgrafen zu Meissen, meinem gnädigsten Herrn und Patron.

Jesus.

Durchlauchtigster, Hochgeborner Fürst, Gnädigster Herr! E. K. F. G. ist mein armes Gebet und demüthig Dienst allzeit in Gehorsam zuvor.

Gnädigster Herr, E. K. F. G. gnädige Anzeigung, was römischer Kaiserlicher und Hispanischer Königlicher Majestät, meines allergnädigsten Herrn, Bedenken und Meinung in meiner Sachen ist, hab ich allenthalben zu gar demüthigem Dank und Gefallen vernommen: welcher Gnaden gegen Kais. Maj. und E. K. F. G. ich mich aufs Untertänigst bedanke. Und bin von Herzen erfreuet, daß Kaiserl. Maj. die Sache, die, ob Gott will, Gottes, gemeiner Christenheit, und der ganzen deutschen Nation, und nicht eins einigen Menschen, viel weniger mein eigen ist, zu seiner Kaiserl. Maj. nehmen will.

Darum bin ich nochmals, wie bisher allewege, meinem vielfaltigen Erbieten nach, und sonderlich dem, das hievor im Druck ausgangen ist, die Copey E. K. F. G. ich hiemit überschicke, unterthäniglich erbötig, alles das zu thun und lassen, das ich mit Gott und christlichen Ehren thun mag, oder zu thun und lassen mit ehrbarn und christlichen und gnugsamen Ursachen der heiligen göttlichen Schrift geweist werde.

Derhalben in aller Unterthänigkeit bittend, E. K. F. G. wollen gegen röm. Kais. Maj. mich aufs Unterthänigst verbitten, mich mit gnugsamer Versicherung und freiem sichern Geleit für aller Gewalt, der ich mich merklich zu besorgen habe, gnödiglich zu versehen, und zu bestellen, daß die Sache frommen gelehrten, verständigen, unverdächtigen und christlichen Männern, Geistlichen und Weltlichen, die in der Biblien wohl gegründet, und Verstand und Unterschied der göttlichen und menschlichen Gesetzen und Gebote haben und wissen, zusammt mir mit Fleiß zu verhören, befohlen werde, um Gottes willen keine Gewalt wider mich, bis ich für unchristlich und unrecht befunden werde, fürnehmen lassen; als ein weltlich Haupt der heiligen Christenheit darob sein, daß meine Widerwärtigen, die Päbstischen, mit der Zeit ihres tobenden und unchristlichen Fürnehmens wider mich, mit Verbrennung meiner Bücher und grimmigen Nachstellen nach meinem Leib, Ehre, Heil, Leben und Seligkeit, wiewohl unverhört und unüberwunden, abstellen; und so ich dawider zur Errettung mehr der göttlichen evangelischen Wahrheit, denn meiner eigenen nichtigen und unwürdigen Person, etwas gethan hätte, oder aber hinfür würde gedrungen, und verursacht zu thun, mich solcher nöthigen Gegenwehre gnädiglich entschuldigt, und mich in gnädigen Schutz und Befehl, das göttliche Wort zu retten, zu haben, auch allergnädigster und gnädige Herren sein; wie denn zu hochgenannter Kais. Maj. und E. K. F. G. ich mich dieser, und aller andern christlichen Kais. und Fürstl. Tugend und Gnaden, als zu meinem allergnädigsten und gnädigsten Herrn tröstlich versehe.

Denn ich bin in demüthigem Gehorsam bereit, so ich gnugsam Versicherung und ein frei Geleit auf und ab wieder in mein Gewahrsam erlang, auf nähest künftigen Reichstag zu Worms für gleichen gelehrten frommen und unverdächtigen Richtern fürzukommen, und mit Hülfe des Allmächtigen mich dermaßen erzeigen und verantworten, daß Männiglich in der Wahrheit erfahren soll, daß ich bisher nichts aus frevelem, unbedächtigem, ungeordnetem Willen und um zeitlicher und weltlicher Ehre und Nutzen willen, sondern alles, das ich geschrieben und gelehret habe, meinem Gewissen, Eid und Pflichten nach, als ein armer Lehrer der heil. Schrift, Gott zu Lob, zu Heil und Seligkeit gemeiner Christenheit, der ganzen deutschen Nation zu gut, zu Ausrottung der fährlichen Mißbräuche und Aberglauben, und zu einer Ledigung der ganzen heiligen Christenheit aus so viel unendlichen, unzähligen, unchristlichen und verdammlichen tyrannischen Verkleinerung, Beschwerung und Gotteslästerung, fürgewandt und gethan habe.

E. K. F. G. wollen zusammt röm. Kais. Maj. ein christlichs Auge und Einsehen haben auf den hochbeschwerten Stand der ganzen Christenheit; das bin ich Kais. Maj. und E. K. F. G. über göttliche Mild und Gnade mit meinem armen Gebet gegen Gott zu verbitten allezeit, als der arme unterthänige Capellan, in aller Demuth schuldig und willig.

Datum Wittenberg, am Tag Conversionis S. Pauli, im tausend fünfhundert und ein und zwanzigsten Jahr. E. K. F. G. gehorsamer unterthäniger Capellan, Martinus Luther.

Quelle:
Luthers Volksbibliothek Zu Nutz und Frommen des Lutherschen Christenvolks ausgewählte vollständige Schriften Dr. Martin Luthers, unverändert mit den nöthigen erläuternden Bemerkungen abgedruckt. Herausgegeben von dem Amerikanischen Lutherverein zur Herausgabe Luther’scher Schriften für das Volk Siebenter Band St. Louis, Mo. Druck von Aug. Wiebusch u. Sohn. 1862