Martin Bucer an Anna Reinhard

„Die Gnad und trost unsers Herren Jesu Christi mit allem das ich ymmer liebs und guts vermag zuvor. Ersame, christliche, liebe Fram. Wie euch anlige und truke der erschröklich fall gemeyner Christenheyt, verlust des so theuren dieners Jesu Christi unsers herren, ewers getrüwen gemahels, mögen wir by uns selb und allen gutherzigen, umb die wir sind und die uns auch täglich klagen, wol abnemen. Wie wöllen wir ym aber thun? Der Herr hat uns gestraffet, und wir habens vil zu wol verdienet. Unserm allerliebsten herren und bruder hat er ruw, uns zur besserung ursach geben wöllen. Er verlasse gnade, das sölichs by uns angehe. Euch, liebe Fraw und schwöster ym herren, bitt ich uffs ernstlichst, wöllent uns verstendigen, worzu wir Euch und den armen wayslin möchten berathen und beholfen syn; daryn wöllen wir uns uffs getrewlichst bewysen.“

„Der brieff halb so ir von uns an Euren getrewen gemahel unsern liebsten herren und bruder noch habet, bitt ich, wöllents nur durchs feur abweg thun, dann obwol etwan manches on ergerniß von meniglich möchte gelesen werden, so sind doch auch darunder, die man unrecht deuten möchte, ob wir wol nichts dann Gottes Eer gesucht und gemeynet haben. Der allmechtig Gott und Vatter alles trostes wöll euch selber trösten und sterken, damit ir dis so schwere creutz ertragen könnt, und alle sachen zum besten anschicken. Uns habt yr mit allem unsern vermögen Euch und den Euren zu dienen bereyt und geneygt. Datum Straßburg uff den 28. November. Martin Bucer, der ewer im herren.“

Bucer Martin an Ambrosius Blarer

Auch ich fürchtete für Zwingli, Das Evangelium siegt durch das Kreuz. Man täuscht sich, wenn man eine Rettung Israels durch äußere Mittel mit Ungestüm erwartet und durch die Waffen beschleunigen will. Große Gefahren machen zwar Alle gleich und entkleiden einen Jeden seines besonderen Charakters; deshalb ich das Schauspiel eines bewaffneten Bischofs nicht für so unwürdig erachte, wenn auf einen Befehl Gottes der Krieg begonnen worden und es bis zum Aeußersten gekommen ist. Ich befürchte aber, daß diese Sache diesmal ohne den Willen des Herrn angefangen wurde, und es beunruhigt mich sehr, daß unser Zwingli nicht allein den Krieg angerathen, sondern mit Unrecht aufgedrungen hat, wie es ganz den Anschein hat, wenn wir recht berichtet sind. Ich glaube, daß die Waffen das Letzte sein sollen, wozu Christen ihre Zuflucht nehmen dürfen. So wünschte ich, daß man durch alle Zugeständnisse, die ohne Verlegung der Ehre Gottes möglich sind, den Frieden aufrecht erhalten hätte. Die V Orte haben zwar, ich gestehe es, eine Züchtigung durch den Krieg verdient, das konnte jedoch nicht die Aufgabe Derjenigen sein, welche so Manches an sich selber zu strafen versäumten und durch keinen besonderen Befehl Gottes dazu angetrieben waren. Man darf auch das Ungewöhnliche nicht leichtsinnig wagen, das heilige Männer zu ihrem Ruhm gethan haben. Das göttliche Wort lehrt, daß wir alle Beleidigungen ertragen sollen und nur Diejenigen richten dürfen, die Gott in unsere Hand gegeben hat. Darüber hinausgehen ist löblich, wenn ein ausdrücklicher Befehl des Herrn vorliegt; fehlt aber letzterer, so heißt es seiner Ordnung widerstehen und das Schwert, wodurch man selbst umkommt, zur Hand nehmen. Wann werden wir aber in so zweifelhaften Dingen Gewißheit erlangen, die wir in unseren Gebeten so schwach sind? welche verderbliche Kälte liegt in diesen Tagen auf den Herzen der Unsrigen!.

Martin Bucer an Margaretha Blaurer

Die Gnad Gottes, christliche, recht liebe jungfraw und schwester. Wyr sind schlachtschaf und der welt schabab.((Schabab = Abschabsel, Kehricht.)) Darumb dörffen wyr uns nit so hoch wundern, daß wyr geschlachtet und geschendet werden, wiewol auch schäfflin und yedermans schabab nit so kriegerisch syn sollten, Gott hyeße es denn eygentlich. Nun ist der fehl nit alleyn by denen so ligen, sonder auch by uns und filicht meer by uns; derhalb sollen wyr uns alles lossen zur besserung ursach syn und anleytung zu warer bußfertigkeyt. Gott wirdt und kann uns nit lossen, ließen wyr nur yn nit. Ja er wirdt, dieweyl ers angefangen, uns das auch geben, daß wyr yn nit lossen. Was wöllen wyr mee? Gott mit uns und wyr Gottes kinder. Sterben ist genesen, leben ist hoffnung … Wyr müssen uns warlich nach solichem verlust nahe zusamenthun. Haben wir je gearbeytet, jetzt wurdt es zeyt werden. Ich hoff, der Herr wölle noch weyter unserer buß erwarten, er gebe, daß er nit vergebens warte.

Martin Bucer an Margaretha Blarer

„Die gnad des Herrn und alles guts zuvor, christliche liebe jungfraw und schwester. Nun ist es bettens zyt. Das hieß gefallen! Wo die gewaltigen Züricher, wo die große mechtigen Berner, wo der groß huff ym Thurgaw und anderswo, wo unsere bestendigen styffen lieben nachpern die Basler? Ey gon himmel, gon himmel gilt es nu sehen. Galt vor auch. Wyr namen aber dennoch die leyter zu gut. So soll man die Evangelischen reysig machen, so kriegen die waren Christen. Wolan, herr, nit uns, sonder dynem namen gib die eer, loß die heyden nit ymer sagen: wo ist yr Gott? Haben wyrs schon nit recht angriffen, so haben wyrs doch recht gemeint, und ob wyrs schon auch nit ganz recht gemeynt haben, so meynen wir doch, wyr habens recht gemeynt. Mit wyssen wollten wir doch ungern dem herrn zuwider seyn. … Es soll noch Gott nach disem wetter auch wieder lossen die sonnen schynen syner vetterlichen gnad und güte, Wyr hie wollen fester den eysen und stahel syn. Aber wie lang? Byß der herr den wind loßt wegen der bey den Schweißern geweget hat, als dann so wöllen wir eer zerfließen wie anken an der sunnen … der herr sye mit euch. M. Bucer, der ewer ym herrn.“

Martin Bucer an Ambrosius Blaurer

„Welchen Lärm wird es nun geben und wie wird unser Evangelium heruntergemacht werden! Wie wird man ausposaunen: Derjenige (nämlich Luther) habe nicht falsch prophezeit, der uns des Müntzerischen Geistes beschuldigte! Handeln wir deshalb bescheidener und vorsichtiger. Meine hiesigen Amtsbrüder wissen, welche Befürchtungen jene klugen Pläne stets in mir erregten. Da sie jedoch glückten, dachte ich: mannigfaltig sind die Wege des Herrn. Der ganze Verlauf der Sache wird Dir wohl von Konstanz aus berichtet worden sein, und zwar besser als wir ihn kennen. Ich will Dir dennoch mittheilen, was man uns geschrieben hat.

Am 10. Oktober kam nach Zürich ein früher aus dem Lande verwiesener Laufbursche, um Gnade und Wiederaufnahme bittend und als Gegendienst die Anzeige machend, daß die fünf Orte gerades Wegs gen Zürich heranzögen und schon im Begriff seien, Kappel zu besetzen. Die Zürcher vertrauten dem Verräther, ließen eine Kohorte Bombarden vorrücken und folgten sogleich unter der Führerschaft Georg Göldli’s, in so großen Haufen als möglich, ungerüstet. Zwingli, zu Pferd und bewaffnet, begleitete sie. In einiger Entfernung von der Stadt angelangt, sandten sie jenen Menschen, dem sie Waffen gegeben hatten, voraus, um die Beschaffenheit des feindlichen Lagers auszukundschaften. Kaum hatte er sich ihren Blicken entzogen, so warf er seine Waffen ab, kehrte schnurstracks zu den Feinden zurück und verrieth Alles. Die Luzerner sollen nicht dabei gewesen sein. Jene traten nun aus ihrem Versteck, dem Wald, hervor, als der Augenblick günstig erschien und eröffneten die Schlacht. Die Unsrigen, in Schlachtordnung aufgestellt, griffen mit großem Muthe an, und zwar zuerst mit den Kanonen, welche gute Dienste geleistet haben sollen. Als es dann zum Handgemenge kam, ließen die Zürcher es nicht mangeln an der größten Tapferkeit und zwangen den Feind zu weichen. Bereits war ausgekämpft, als Letzterer bemerkte, daß die Bauern, welche unser Geschütz decken sollten, geflohen waren. Hierdurch ermuthigt, griff er, in schon überlegener Anzahl, uns zum dritten Male an. Es entbrannte nun auf beiden Seiten eine solche Wuth und wurde mit solcher Hartnäckigkeit gekämpft, daß man zuletzt mit den Tischmessern, mit den Zähnen und den Nägeln sich gegenseitig niedermachte. Zwingli, die Seinen in Gefahr erblickend, sprang bis in die zweitvorderste Reihe vor und fiel als ein Held. 16 Kanonen, zwei Banner samt dem ganzen Gepäck gingen verloren. Das große Banner, das in die dritte Hand gekommen war, wurde zuletzt durch einen etwa 18-jährigen Jüngling zusammengerollt und nach Zürich zurückgebracht. Der Feind hat seine Leichen mit sich weggeführt, so daß die Unsrigen seine Verluste nicht erfahren haben. Ein Zürcher, der gefangen worden, hat erzählt, welche Gräuelthaten an Zwingli’s Leiche verübt wurden. In Zürich herrscht unsägliche Trauer, denn es fielen 14 Mitglieder des Kleinen Rathes, unter denen Dumysen mit zwei Söhnen; ungefähr 400, heißt es, werden vermißt, großen Theils Zürcher Bürger und die Besten der Stadt.

O des Unheils! So hat der Herr uns vergolten! Suchen wir Trost bei Christo, welcher unsere Sache augenblicklich nur deshalb verläßt, um uns zu demüthigen. Lebe wohl. Stärken wir uns durch das Gebet. Martin Bucer, ganz der Deine.

Bucer, Martin – An Zwingli (1531)

Straßburg, den 24. März 1531

Sei gegrüßt, geehrter Zwingli. Deinen und des Grafen Brief – denn dieser ist als Gesandter bei unsern Fürsten abwesend, – habe ich gelesen. Es genügt am Bunde1), wie du schreibst, wie ich denn nicht zweifle, daß es wohl von Statten gehen wird, indem die Sache der Geister so steht, daß sie nicht weiter hinausgezogen wird. Wenn man glauben darf, so wird ein jeder die Seinigen heranziehen. Was in des Grafen Schreiben enthalten ist, ist schwierig, nicht wegen der Macht der Feinde, die, wie du richtig erinnerst, alle vereinigt im Pabst sind, – ja der Eine Feind ist der Papst – : sondern daß nichts außer seinem Artikel versucht werde, und die rechte Gelegenheit nicht fehle, daß aber eine solche sein werde, bezweifeln viele nicht. Es wehen einige Winde; möchten es laue Westwinde sein für die, welche Christum suchen. Doch sie werdens sein, da seiner Gewalt alles beschieden ist. Bevor dir dieß zukommt, wirst du Mehreres erfahren, wie ich glaube. Den Bündnern stehe Gott bei. Man sagt allgemein, die Türken ziehen eine größere Macht zusammen, als je zuvor, und bedrohen Italien. Möchten sie so, wie sie es vornehmlich sollten, fest schlafen. Der Herr wolle einen Gideon erwecken, unter dessen Anführung Deutschland und alle übrigen Länder der ganzen christlichen Welt diesem so unmenschlichen und verderblichen Feind nach Kräften entgegentreten. Grüße Leo, Carlstadt und die übrigen Brüder, besonders Pellicanus und Collinus.

Ganz dein – M. Bucer

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’S Verlag.) 1862

Bucer, Martin – An Philipp von Hessen.

7.9.1529

Dem Durchleuchtigen Hochgepornen Fürsten und Herrn, Herrn Philip, Landtgrauen yn Hessen, Grauen zu Katzenellenbogen, Dietz, Ziegenhain und Nidda, m. g. F. u. H.

Durchleuchtiger Hochgeporner Fürst, Gnediger Herr. E.F.G. wünsche ich meerung der gnade Gottes, mit erbytung meyner underthenigen schuldigen dienst zuvor, und füge yr zu wissen, das gestern, zu eben, hie ankomen synd, myne lieben brüder Zwingly und Oecolampadius, der meynung hie zu verziehen, biß uff angesetzten tag, von hynne sampt D. Hedio und myr zu reyten, wie E.F.G. denselbigen bewilligt hat. Das hab ich E.F.G. zu underthenigen gefallen, sich wissen weyter yn den sachen, weß sy furgenommenen handel dienstlich ansteht, zu halten, nit wöllen unanzeigt lassen. Die der Allmechtige zu ufnen, die er synes heyligen namens, sampt den yren, yn aller glückseligheit beware, deren ich mich auch uffs demütigest begeer befohlen zu seyn. Datum Straßburgk uff den sybenden tag des September.

E.F.G.
undertheniger
Martin Bucer.

Urkunden aus der Reformationszeit
Ch. Gotthold Neudecker
Cassel, 1836
Bei J. C. Krieger

Bucer, Martin – An Philipp von Hessen.

1529

Dem Durchleuchtigen hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Philipsen Landtgrauen zu Hessen, Grauen zu katzen Ellenbogen, mynen gnedigen Herrn zu synen gnaden eignen Handen.

Durchlüchtiger, Hochgeborner Fürst, gnediger Herr. Ew. F. G. wünsche ich vonn got, dem Allmechtigen syn gnad und wolfart, sampt myner undertheniger und schuldiger Diensten. Dann yr E.F.G. als eyn besunder Christlichem Haubt, alle Diener gotts und guthertzigen zugewandt und gehorsam syn sollen. Es befilhet uns Zwingli E.F.G. schriftlichenn anzuzeigen, wann wir vonn Hynen gedachten zu verrytten, uff das sie uns hetten durch yre Diener und lebendig geleyt, uff gewisse Zit und malstatt, wüssen zu empfahen. Daruff ist durch mich und myn mittbruder, eyner uß mynen Herren, so in soliche zu befragen und sonderlich befelh hatt, angesprochen, den syhet für gut an, das wir uff den achtzehnden tag des Septembris, vonn hier ußrütten, biß ghen Wachßlen, das myner Herrn eyns Rhats, unnd vier meilen von der Statt Straßburg gelegen ist, Und am xixtag fürter uff Zweyenbruck zu. By dysen abreden und fürnemen, es unsserthalb, will gott, beruhen solle. Welches ich undertheniger wolmeinung uff befelh myns lieben Brüders Zwingli, der sich am Höchsten Zu besorgen hat, E.F.G. zugeschrieben, die gott zu allem guten erhalten wölle, den wir unß, als unsser F.G. und Herr undertheniglich befehlend.

Geben Straßburgk.
E.F.G.
undertheniger
Martin Bucer
Diener Im Wort Gots
zu Straßburgk.

Urkunden aus der Reformationszeit
Ch. Gotthold Neudecker
Cassel, 1836
Bei J. C. Krieger