„Welchen Lärm wird es nun geben und wie wird unser Evangelium heruntergemacht werden! Wie wird man ausposaunen: Derjenige (nämlich Luther) habe nicht falsch prophezeit, der uns des Müntzerischen Geistes beschuldigte! Handeln wir deshalb bescheidener und vorsichtiger. Meine hiesigen Amtsbrüder wissen, welche Befürchtungen jene klugen Pläne stets in mir erregten. Da sie jedoch glückten, dachte ich: mannigfaltig sind die Wege des Herrn. Der ganze Verlauf der Sache wird Dir wohl von Konstanz aus berichtet worden sein, und zwar besser als wir ihn kennen. Ich will Dir dennoch mittheilen, was man uns geschrieben hat.
Am 10. Oktober kam nach Zürich ein früher aus dem Lande verwiesener Laufbursche, um Gnade und Wiederaufnahme bittend und als Gegendienst die Anzeige machend, daß die fünf Orte gerades Wegs gen Zürich heranzögen und schon im Begriff seien, Kappel zu besetzen. Die Zürcher vertrauten dem Verräther, ließen eine Kohorte Bombarden vorrücken und folgten sogleich unter der Führerschaft Georg Göldli’s, in so großen Haufen als möglich, ungerüstet. Zwingli, zu Pferd und bewaffnet, begleitete sie. In einiger Entfernung von der Stadt angelangt, sandten sie jenen Menschen, dem sie Waffen gegeben hatten, voraus, um die Beschaffenheit des feindlichen Lagers auszukundschaften. Kaum hatte er sich ihren Blicken entzogen, so warf er seine Waffen ab, kehrte schnurstracks zu den Feinden zurück und verrieth Alles. Die Luzerner sollen nicht dabei gewesen sein. Jene traten nun aus ihrem Versteck, dem Wald, hervor, als der Augenblick günstig erschien und eröffneten die Schlacht. Die Unsrigen, in Schlachtordnung aufgestellt, griffen mit großem Muthe an, und zwar zuerst mit den Kanonen, welche gute Dienste geleistet haben sollen. Als es dann zum Handgemenge kam, ließen die Zürcher es nicht mangeln an der größten Tapferkeit und zwangen den Feind zu weichen. Bereits war ausgekämpft, als Letzterer bemerkte, daß die Bauern, welche unser Geschütz decken sollten, geflohen waren. Hierdurch ermuthigt, griff er, in schon überlegener Anzahl, uns zum dritten Male an. Es entbrannte nun auf beiden Seiten eine solche Wuth und wurde mit solcher Hartnäckigkeit gekämpft, daß man zuletzt mit den Tischmessern, mit den Zähnen und den Nägeln sich gegenseitig niedermachte. Zwingli, die Seinen in Gefahr erblickend, sprang bis in die zweitvorderste Reihe vor und fiel als ein Held. 16 Kanonen, zwei Banner samt dem ganzen Gepäck gingen verloren. Das große Banner, das in die dritte Hand gekommen war, wurde zuletzt durch einen etwa 18-jährigen Jüngling zusammengerollt und nach Zürich zurückgebracht. Der Feind hat seine Leichen mit sich weggeführt, so daß die Unsrigen seine Verluste nicht erfahren haben. Ein Zürcher, der gefangen worden, hat erzählt, welche Gräuelthaten an Zwingli’s Leiche verübt wurden. In Zürich herrscht unsägliche Trauer, denn es fielen 14 Mitglieder des Kleinen Rathes, unter denen Dumysen mit zwei Söhnen; ungefähr 400, heißt es, werden vermißt, großen Theils Zürcher Bürger und die Besten der Stadt.
O des Unheils! So hat der Herr uns vergolten! Suchen wir Trost bei Christo, welcher unsere Sache augenblicklich nur deshalb verläßt, um uns zu demüthigen. Lebe wohl. Stärken wir uns durch das Gebet. Martin Bucer, ganz der Deine.