Brenz, Johannes – An den Rat zu Hall (23 Juli 1530.)

Erbar und weys hern. Gottes Gnad durch seinen Sun Jesum Christum sampt meinem underthenigen willigen dienst zuvor. Gunstig lieb Hern. Es haben auss bevelh e. w. mein zwen gunstig Hern, die Statmaister, so von e. w. hieher gen Augspurg auff den Reichstag gesandt seyen, mein gutbeduncken begert, wes sich e. w. gegen dem kunfftigen abschied dises gegenwurtigen Reichtags in dem artickel unsern hailigen Cristenlichen glauben belangendt gepurlich und cristenlich halten sol. Hieruff gib ich e. w. auss schuldigem gehorsam nach vermog meins geringen verstands zuerkennen, das auss der gnad und Barmhertzikait Gottis, angesen sovil ernstlicher und hertzlicher furbit und flehen, das teglich in den cristenlichen kirchen allenthalben fleyssig geschieht, auch gotlicher bestendikait deren fursten und Stet, so sich der bekantnus des glaubens der kay. M. ubergeben, auch e. w. vor diser zeit von meinen gunstigen hern den Stetmaistern zugestelt, wol zuverhoffen ist, es werde ein gnediger abschied gefallen, Den jm unser Hergot, der des konigs hertz, wie geschriben stet, in seiner handt hat und zeucht es wohin er wil, guter zuversicht aberbieten und ergreinen lassen wurt, Ob wol der lewt sund und undanckbarkait ain anderst verdient hat. Idoch ist auch auss menge und gewalt der widersecher des Evangeliums und auss gegenwurtiger beswerlicher handlung, so kay. M. unangesehen des gnedigen aussschreybens gegen den Cristenlichen Fursten und Stenden furnimpt, zuvermuten, der abschied wird dahin gelangen, das man furohin biss auf ein Concilium. so vileicht nimermer wurt, alle Evangelische predig abstellen und die Bapstlichen kirchen gebreuch widerumb auffrichten sol. Nun ist wol zuerachten, das hierin ein unglaubiger weltmensch jm selbs bald geraten hat. Dan dieweyl Er sein Datum in disse welt setzt und acht des glaubens und des zukunfftigen gottes Reich nit hoch oder vil, so gilt es jme gleich, er vergonne warhait oder lugen zupredigen, recht oder unrecht gebreuch in seinen kirchen auffzurichten, wurt sich auch dero sach halben mit keiner ungnad seins weltlichen hern und nachtail seins zeitlichen guts beladen. Aber gesetzt, wie es auch die recht grundtlich warhait ist, das die Evangelisch predigt, wie sie genant wurt und biss hieher an vil orten teutscher Nation gepredigt ist worden, im grund also sey, und der abschied des itzigen Reichstag solt die selb warbait verbieten: So kan ain igklicher verstendiger selbs wol ermessen, was nachtails nit allein vor got und an der sel selikait, sonder auch vor der welt seins guten ruffs und Namens halb einem solchen entsten wurde, der erstlich die gotlich warhait zugelassen und angenomen het, und darnach dieselb auss verbot eins weltlichen hern verleuckeln und verdamen helffen wolt. Ich gedenck, ein weyser haid, der schon kein rechter grundtlicher crist were, so jm ain solcher fal begegnet, und wolt doch seiner sel nicht achten, der wurd doch seins namens und guten Rufs vor der welt verschonnen, Auch alle gepurliche rechtmessige mitel suchen, wie er sich des unbillichen verpot gegen seinem weltlichen Hern entschultet. Darumb kan und wais Ich E. W. als ein ungeschickter prediger in diser sach nichts anders zuraten, dan das e. w. so ein abschied gefiel, der die warhait gotlichs worts verpieten wurde, den selben abschied nicht anneme noch darin bewillig, Sonder dawider protestire und auff ein kunfftig Concilium appellire mit dem fursatz, der Ro. kay. M. als naturlicher Oberkait mit gwalt nimermer zuwidersten. Dan hiemit wurd e. w. vor unserm Herr Got als cristen besten und wurde doch gemeine Stat auch die unrechten cristen, so in der Stat wonnen, in kein gevar oder nachtail jrs leips und guts gesetzt. Es ist ye protestiren und appelliren ein gotlich rechtmessig mitel von allen Rechten vergondt and erlaupt, das sich darmit ein beschwerter vor unbillichem urtail und Mandaten seins Oberherrn gotlich behelffen mag. So ist auch kay. M. kein Richter in den sachen des glaubens, sonder wan man ye menschlich darvon reden wil, so gehorn dieselben sachen fur ein gemein frev cristenlich Concilion. Daruff dan sich kay. M. durch jr gesandten und Oratores uff allen Reichstaegen bisshieher zu Nurnberg and Speyer gehalten selbs gezogen hat, auch nie nichts in den Sachen des glaubens erortern wollen, sonder alwegen auff ein Concilium geschoben. Das demnach in der handlung den glauben belangend protestirn und appellirn von dem kaiserlichen abschied auff ein Concilium ein erlaupt gotlich mitel ist, des sich ein ider Stand des Reichs billich gebrauchen mag. Nemlich auch der ursach halb, da sich kay. M. erster erwelung gegen den Stenden des Reichs verschriben hat, sein M. wolle jden Stand by Recht lassen pleyben und dartzu das Recht (wie dan appellirn auch ein stuck des Rechts ist) handthaben und beschirmen. So aber kay. M. der appellation kein stat noch raum wolt geben und fure fort mit der acht und aberacht und thatlichem krig (das doch kay. M. von Rechts wegen ist geboten wurde, und must auss einem tirannischen gemut volgen, welchs by itzger kay. M. in kein weg gespurt mag werden: Alsdan wurde es e. w. gepuren, kay. M. underthenigklich zuverstendigen and anzuzaigen, das e. w. gemut und meynung gar nit dahin gericht sey, seiner M. mit gewalt zuwiderstreben, Sonder dieweil e. w. die erkante warhait nit verleugnen ken, wolle sie leiden, das kay. M. jr itzige prediger und pfarer vertreybe, andere verordne und in der kirchen auffricht, was Ir M. gefellig sey. Hiemit wurd freylich gemein Stat in kein gevar gesetzt, sonder allein die prediger und die Ihenigen, so der predig gelaupten und wollten auff dem selben glauben verharren. Es soll auch also zugen, das das bad von des Evangeliums wegen nicht uber ein gemein landt oder Stat, Sonder uber die prediger und bestendigen glaubigen, dero alweg der geringst tail in einem flecken erfunden werden, aussgen sol. Dan X aol ein igklicher Crist glauben seinem nachpawer on schaden. Es sagt auch Cristus, da die Juden jn fingen: Wan jr mich suchent, so lasst disse (vermeint aber seine Junger) ledig gen. Es sol aber nit gedencken, das sie in disem fall von wegen gemeiner Stat protestire und appellire, dan wer wolt von des glaubens wegen fur boss leichtfertig buben oder schon erber doch unglaubig lewt, dere man alwegen vil in einer gemein Stat findt, protestirn. Sonder e. w. protestirt fur jr selbs person, wie sie jr underthon regirn wolle; gefellt dasselb kay. M. nicht, so mag jr M. disse person, so dem Evangclion glaupt, des ampts entsetzen und ein andern dabin verordnen, das doch hirin gemeiner Stat kein uberlasst beschicht. Das hab ich e. w. undertheniger meynung nit verhalten wollen, Unsern Herrn got bittend, das er E. W. sein gnad verleyhe hirin zuhandeln, was gotlich und Cristenlich ist. Dan E. W. und jrer underthon hail sol mir liber sein und hoher erfrewen, dan alles zeitlich gluck und gut, so mir in disser zergengklichen welt zusten mocht. Hiemit bevilh Ich mich E. W. die got in langwirigem Regiment friste. Amen. Datum zu Augspurg am tag Marie Magdalena Anno XXX.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz: Missiv, wess sich ein E. Rhatt zu Hall (da dess Reichs Abschidt wider die warheit Gottlichs worts gefiel) verhalten soll.

Erbar und weys hern. Gottes Gnad durch seinen Sun Jesum Christum sampt meinem underthenigen willigen dienst zuvor. Gunstig lieb Hern. Es haben auss bevelh e. w. mein zwen gunstig Hern, die Statmaister, so von e. w. hieher gen Augspurg auff den Reichstag gesandt seyen, mein gutbeduncken begert, wes sich e. w. gegen dem kunfftigen abschied dises gegenwurtigen Reichtags in dem artickel unsern hailigen Cristenlichen glauben belangendt gepurlich und cristenlich halten sol. Hieruff gib ich e. w. auss schuldigem gehorsam nach vermog meins geringen verstands zuerkennen, das auss der gnad und Barmhertzikait Gottis, angesen sovil ernstlicher und hertzlicher furbit und flehen, das teglich in den cristenlichen kirchen allenthalben fleyssig geschieht, auch gotlicher bestendikait deren fursten und Stet, so sich der bekantnus des glaubens der kay. M. ubergeben, auch e. w. vor diser zeit von meinen gunstigen hern den Stetmaistern zugestelt, wol zuverhoffen ist, es werde ein gnediger abschied gefallen, Den jm unser Hergot, der des konigs hertz, wie geschriben stet, in seiner handt hat und zeucht es wohin er wil, guter zuversicht aberbieten und ergreinen lassen wurt, Ob wol der lewt sund und undanckbarkait ain anderst verdient hat. Idoch ist auch auss menge und gewalt der widersecher des Evangeliums und auss gegenwurtiger beswerlicher handlung, so kay. M. unangesehen des gnedigen aussschreybens gegen den Cristenlichen Fursten und Stenden furnimpt, zuvermuten, der abschied wird dahin gelangen, das man furohin biss auf ein Concilium, so vileicht nimermer wurt, alle Evangelische predig abstellen und die Bapstlichen kirchen gebreuch widerumb auffrichten sol. Nun ist wol zuerachten, das hierin ein unglaubiger weltmensch jm selbs bald geraten hat. Dan dieweyl Er sein Datum in disse welt setzt und acht des glaubens und des zukunfftigen gottes Reich nit hoch oder vil, so gilt es jme gleich, er vergonne warhait oder lugen zupredigen, recht oder unrecht gebreuch in seinen kirchen auffzurichten, wurt sich auch dero sach halben mit keiner ungnad seins weltlichen hern und nachtail seins zeitlichen guts beladen. Aber gesetzt, wie es auch die recht grundtlich warhait ist, das die Evangelisch preding, wie sie genant wurt und bisshieher an vil orten teutscher Nation gepredigt ist worden, im grund also sey, und der abschied des itzigen Reichstag solt die selb warhait verbieten: So kan ain igklicher verstendiger selbs wol ermessen, was nachtails nit allein vor got und an der sel selikait, sonder auch vor der welt seins guten ruffs und Namens halb einem solchen entsten wurde, der erstlich die gotlich warhait zugelassen und angenomen het, und darnach dieselb auss verbot eins weltlichen hern verleuckeln und verdamen helffen wolt. Ich gedenck, ein weyser haid, der schon kein rechter grundtlicher crist were, so jm ain solcher fal begegnet, und wolt doch seiner sel nicht achten, der wurd doch seins namens und guten Rufs vor der welt verschonnen, Auch alle gepurliche rechtmessige mitel suchen, wie er sich des unbillichen verpot gegen seinem weltlichen Hern entschuttet. Darumb kan und wais Ich E. W. als ein ungeschickter prediger in diser sach nichts anders zuraten, dan das e. w. so ein abschied gefiel, der die warhait gotlichs worts verpieten wurde, den selben abschied nicht anneme noch darin bewillig, Sonder dawider protestire und auff ein kunfftig Concilium appellire mit dem fursatz, der Ro. kay. M. als naturlicher Oberkait mit gwalt nimermer zuwidersten. Dan hiemit wurd e. w. vor unserm Herr Got als cristen besten und wurde doch gemeine Stat auch die unrechten cristen, so in der Stat wonnen, in kein gevar oder nachtail jrs leips und guts gesetzt. Es ist ye protestiren und appelliren ein gotlich rechtmessig mitel von allen Rechten vergondt und erlaupt, das sich darmit ein beschwerter vor unbillichem urtail und Mandaten seins Oberherrn gotlich behelffen mag. So ist auch kay. M. kein Richter in den sachen des glaubens, sonder wan man ye menschlich darvon reden wil, so gehorn dieselben sachen fur ein gemein frey cristenlich Concilion. Daruff dan sich kay. M. durch jr gesandten und Oratores uff allen Reichstaegen bisshieher zu Nurnberg und Speyer gehalten selbs gezogen hat, auch nie nichtz in den sachen des glaubens erortern wollen, sonder alwegen auff ein Concilium geschoben. Das demnach in der handlung den glauben belangend protestirn und appellirn von dem kaiserlichen abschied auff ein Concilium ein erlaupt gotlich mitel ist, des sich ein ider Stand des Reichs billich gebrauchen mag. Nemlich auch der ursach halb, das sich kay. M. erster erwelung gegen den Stenden des Reichs verschriben hat, sein M. wolle jden Stand by Recht lassen pleyben und dartzu das Recht (wie dan appellirn auch ein stuck des Rechten ist) handthaben und beschirmen. So aber kay. M. der appellation kein stat noch raum wolt geben und fure fort mit der acht und aberacht und thatlichem krig (das doch kay. M. von Rechts wegen nit gepuren wurde, und must auss einem tirannischen gemut volgen, welchs by itzger kay. M. in kein weg gespurt mag werden: Alsdan wurde es e. w. gepuren, kay. M. underthenigklich zuverstendigen und anzuzaigen, das e. w. gemut und meynung gar nit dahin gericht sey, seiner M. mit gewalt zuwiderstreben, Sonder dieweil e. w. die erkante warhait nit verleugnen ken, wolle sie leiden, das kay. M. jr itzige prediger und pfarer vertreybe, andere verordne und in der kirchen auffricht, was Ir M. gefellig sey. Hiemit wurd freylich gemein Stat in kein gevar gesetzt, sonder allein die prediger und die Ihenigen, so der predig gelaupten und wollten auff dem selben glauben verharren. Es soll auch also zugen, das das bad von des Evangeliums wegen nicht uber ein gemein landt oder Stat, Sonder uber die prediger und bestendigen glaubigen, dero alweg der geringst tail in einem flecken erfunden werden, aussgen sol. Dan es sol ein igklicher Crist glauben seinem nachpawer on schaden. So sagt auch Cristus, da die Juden jn fingen: Wan jr mich suchent, so lasst disse (vermeint aber seine Junger) ledig gen. Es sol aber e. w. nit gedencken, das sie in disem fall von wegen gemeiner Stat protestire und appellire, dan wer wolt von des glaubens wegen fur boss leichtfertig buben oder schon erber doch unglaubig lewt, dere man alwegen vil in einer gemein Stat findt, protestirn. Sonder e. w. protestirt fur jr selbs person, wie sie jr underthon regirn wolle; gefellt dasselb kay. M. nicht, so mag jr M. disse person, so dem Evangelion glaupt, des ampts entsetzen und ein andern dahin verordnen, das doch hirin gemeiner Stat kein uberlasst beschicht. Das hab ich e. w. undertheniger meynung nit verhalten wollen, Unsern Herrn got bittend, das er E. W. sein gnad verleyhe hirin zuhandeln, was gotlich und Cristenlich ist. Dan E. W. und jrer underthon hail sol mir liber sein und hoher erfrewen, dan alles zeitlich gluck und gut, so mir in disser zergengklichen welt zusten mocht. Hiemit bevilh Ich mich E. W. die got in langwirigem Regiment friste. Amen. Datum zu Augspurg am tag Marie Magdalene Anno XXX.

Bitt der Kirchendiener zu Hall an den Rath daselbst, Cristenliche Ordnung furzunemen.

1529.

Erbar, weys und fursichtig Herrn. Es tregt E. W. gut wissen, was fur ein grausam geschrey und jemerlich Handlung vom Turckiechen Tirannen ytz vorhanden seyen, dardurch aller ander Cristenlicher hertzen vonwegen der not und angst jren verwandten nachbauren und mitglaubigen, so von dem Turcken ellendlich verhext und verschlaift, billich entsetzt, erschreckt und zu ernstlichem mitleyden, auch underthenigem furbit gegen Unserm Herrn Got geraitzt und gezogen sollen werden. Dieweyl nu uns als den unwirdigen der Kirchen sorg bevolhen und wir auss teglicher erfarnus des gmeinen pobels unachtsamkait, auch rowloss leben also befinden, das weder zucht noch ordnung, wollen geschweigen cristlich besserung des lebens on stete empsige anweysung gotlichs worts an jnen erlangt und erholet werden mogen, So bitten wir E. W. underthenigklich, wolle uns all Sontag zur vesper und all donnerstag zum tag ampt ein Cristenlich Litanei, das ist Gemein gebet zusingen sampt vorgender predig wider den Turcken vergonen und erlauben.

Wir haben wol, wie e. w. wussend, bisshieher allen feyertag gemein gebet in der Kirchen gefurt, darin gleichwol wider die Tirannei des Turcken aber doch verborgenlich gebetet wurdt. Auch so wir in unserem teglichen predigen das volck zur besserung des lebens ermanet, haben wir eben mit dem selben das recht mittel getroffen, dardurch der Turck uberwunden und vertriben werden mocht. Zu dem so ists wol war, das eusserlich gemein Kirchengebet on besserung des sundtlichen lebens und on ernstlich heimlich stet seufftzen gegen Got geringen nutz bringt. Idoch so ist das jung volck und gemein pobel so farlessig und unachtsam, das es sich wenig umb ander Cristenmenschen leiden und anfechtung bekumert, man teuts dan jnen mit fingern und stelle es jnen offenlich fur die augen, Wais auch nit fur sich selbs, was oder wie es sich in einem jeglichen gegenwärtigen nodt halten, und ob oder wie es doch unsern Herrn Got bitten und anrufen sol.

Hieruff diser ungeschicklicheit zubegegnen were unsers bedunckens vast nutzlich und dienstlich, so in der wochen zwey oder dreimal ein predig von Turcken gehalten und gmein Litaney gesungen wurdt, das wir auss e. w. erlaubnus gantz gehorsamlich und willigklich anrichten und mit der Hilff Gottis gern vollbringen wollen.

Das aber die gemein kirch auch fur e. w. dester frolicher und mit besserm gewussen unsern Herrn Got bitten kond, So bitten wir e. w. unser person halb underthenigklich, aber unsers ampts halben, so wir unwirdigklich tragen, ermanen wir Euch durch unsern Herrn Got ernstlich, das E. W. die ergernus des Bepstlichen missglaubens, noch zum tail allhie in der Stat aufrichtig, mit fuglichen mitel, sovil einer Cristenlichen Oberkait muglich furkomen wolle. Dan E. W. ist wol bericht, das die Bepstlich mess ein solicher abergraw vor unserm Herrn Got ist, das Er von der selben wegen, wie by den Juden von wegen jrer abgotterey, also by den Cristen land and lewt verderpt, verhert und gantz verschlaift. Und wo das E. W. noch nit bericht were, wolten wir dasselb sampt gotlicher Hilff mit allem fleis und warhait auss der hailigen geschrift thun zu welcher zeyt wir erfordert wurden.

Nun helt man noch teglich on underlass in der Schupach die Bepstlich mess, auch zu sant Johans. Wiewol aber E. W. der Kirchen sant Johans halben ein entschuldigung haben mocht, das ie Irer Oberkait nicht underwurfflich sey, und gebur keinem seinem »Iten herkomen mit unordenlichem gwalt zuwern, Wir auch selbs nit raten wollen, etwas mit unordentlichem gewalt auszurichten: So bednnckt doch uns, wo ein grosserer lust zu dem Evangelio den zu dem gunst der gewaltigen getragen wurd, es were vor langest durch bequem mittel zu Sant Johans ein cristenliche ordnung angericht Und furnemlich kan e. w. der Schupach halb gar kein entschuldigung haben. Dan die selb Stifftung, sovil wir wussens tragen, ist zum mehrer tail in e. w. handt gestellt und mag derhalben auss craft jrer Oberkait aufs cristenlichst und nutzlichst angericht werden. Wolten schon die Stiffter oder erben diss nit vergonnen, So wer es doch E. W. und der gantzen Stat ril nutzer und besser, das gelt der Stifftung gar lassen faren, dan ein eoüchen abergraw in jrer Stat zugedulden. Ja ob schon E. W. ytz d gelt der Stifftung wider den Turcken wendet, wie solt dasselb nit mögen vor den Stiffter vor gaistlichen und weltlichen verantwort werden? Dieweyl doch auch die Bepstlichen Fursten und Oberkaiten jtzundt pfrunden der meynung einnemen, das sie die nutzung wider den Turcken zuwenden furgeben. Darumb bitten wir fleissig, E. W. wolle jr die schmach, so unserm Herrn Jesu Cristo teglich in der Bepstischen mess widerfert, zu hertzen gen lassen und die selben fuglicher weys, wie ytzundt antzaigt, furkomen, Oder doch auff das allerwenigst die nutzung der Stifftung in der Schupach aufheben, biss auff ein anortnung eins gmeinen Conciliums. Dan wo e. w. so kaltsinnig ytz in der nodt wie vorhin in diesem handel sein wurdt, wie kunden wir mit frolichem gewussen fur E. W. unsern Herrn Got bitten? Wie kan oder mag der Cristenlichen Kirchen gebet Euch zu gutem und wolfart geradten? Wie kont Ir mit gutem gewussen des Turcken gewertig sein, dieweyl Ir die schmach des Gottis, so ewer nothelffer sein soll, oneulich gedulden, ja mit demselben darein verwilligen und doch gepurlicher weys wol weren kundten. Es ist vil ein ander ding umb ein Oberkait dan umb ein underthon. Der underthon ist wol entschuldigt, das er leidet ein offenliche schmach Gottis. Aber wan das selb ein Oberkeit gedult und kan es mit gotlichenn billichen mitteln wem, thuts aber nit, so gedeyt die schmach gottis eben als wol uber die Oberkait als uber den Jhenigen, so sie volnbringt. Was hilffts dan, wan man schon lang fur eine soliche Oberkait bittet und grossen ernst vor Got furwendt? So es doch als wenig fasselt als das gebet Mosi fur pharaonem oder Samuelis fur den konig Saul. Dises bitten wir underthenigklich wol e. w. bedencken und jrm beruff trewlich nackkomen. Weyter so lesen wir im propheten Jona, das unser Herr Got Im furnam, die gross Stat Ninive zu vertilcken und schickt derhalben den propheten Jonam dahin, das er dasselb solt in der Stat ansagen und verkundigen, sprechend: Es sind noch viertzig tag, so wurt Ninive umbgekert. Nun glaupt das gemein volck nit allein diser predig, Sie besserten auch nit allein jr leben mit fasten und angezogen secken, dasselb antzaigendt oder beweysendt: Sonder die Oberkait griffs auch selbs an. Dan da das geschray fur den konig zu Ninive kam, stund er auff von seinem tron und legt sein purpur ab und hullet einen sack umb sich und satzt sich in die Aschen und Hess ausschreyhen -und gebietten zu Ninive aus bevelh des konigs und seiner gewaltigen also: Es sol weder menschen noch thier, weder ochsen, schaff etwas essen, Und man sol sie nicht waiden noch wasser trincken lassen, und solt seck umb sich hullen, baid menschen und thier und zu Gott ruffen hefftig, Und ein igklicher beker sich von seinem bossen weg und von frevel seiner hend.

Das mocht wol ein eeltzam affenspiel sein gewesen, das nit allein den menschen, sonder auch den unvernunftigen thiern zu vasten von dem konig gebotten ward. Aber man sehe es an, wie man wol, so hat der konig mit dissen stucken sein und des volcks ernst beweysen und antzeigen wollen, das sie ein forchtsam rewig hertz und diemutig gewissen auss der gotlichen predig entpfangen haben. Dardurch ist auch Gott also erwaicht worden, das er jnen die straff nachgelassen hat.

Dieweyl nu die itzig not und geverlichait eben als hefftig ist als deren zu Ninive, und wer waisst, Ob wir noch viertzig tag lang vor dem Turcken und der zerstorung unsers lands wie die Niniviter acherhait haben: So wil es auch e. w. als einer Cristenlichen Oberkait geburn und erhaisch die gegenwurtig not, das auss ordnung gotlichs worts und nach dem vorbild des konigs zu Ninive e. w. allen jren underthonen ernstlich gebieten lass, hie zwuschen kein offenliche hochzeit zubegen, kein offenlichen Tantz zuhaben, kein offenliche gemein zech auff den Stuben oder wirtzheussern zuhalten, Oder zum wenigsten, das am feyertag all offenliche zech zur vesper zeit ein end solten haben und menigklich in die Kirchen zur Letaney zagen vermanet werden. Auch die weyber kein hochzeitlich geschmuck zutragen, damit menigklich vor Got und menschen sein rewig hertz, sein sundtlich leben und sein ernstlich bitten bezeugt und bewiss. Dan als Uria sagt: Wie solt es sich reymen, das unsere verwandten und mitbruder im feld wider den Turcken ein bartselig leben furten, und wir hie zwuschen im sauss und allen freuden lepten. Disse stuck seyen wol kindisch, ja gleyssnerisch und dem gemeinen nutz schedlich anzusehen. Dan wo man nit vil zecht, da gets am ungelt ab. Man muss aber gedencken, das sich der Turck nit mit dem ungelt, so von der menschen fullerey ver»amelt, Sonder von der besserung unsers lebens vertryben lasst. Auch so vil an* dem zechen erspart wurdt, so kan der gemein man dester mer stewerung wider den Turcken auss anfordcrung der Oberkait erlegen. Zu dem das solich weys und ordnung den ernst by dem gemeinen man schaffen und in allweg zu merer gehorsam und milterer handtreichung bewegen, auch by unsern nachbauren gut exempel erzaigen wurd.

Über das alles wer waiss? Wie im propheten Jona stet: Got mocht sich dardurch bekeren und rewen und sich wenden voü sei~ou grimigen zorn, das wir durch den Turcken nicht verderben. Wit wollen setzen, es sey schon kein ernst, auch kein rechtgeschafne besserung des lebens darhinder (welche doch unser Herr Got gnedigklich wenden wol und bessers zu Im verhoffen), So haben doch wir auss dem vorbild des konigs Ahabs erlernt, das unser Herr Got so barmhertzig und gnedig ist und lasst sich auch einr gleyssners diemutikait von dem zorn abwenden. Dan als der konig Ahab von Elia hort, das sein geschlecht solt aussgerot werden, zerrreys er seine cleider und legt ein sack an und ging krum einher. Wiewol nu Ahab sonst ein ertzbub ware und die besserung des lebens in verborgenheit seins hertzen nit ernstlich meinet: Idoch sagt Got -zuHelia: Hastu nit gesehen, wie sich Ahab vor mir bucket? Weil er nu sich vor mir buckt, wil Ich das ungluck nit einfuren by seinem leben. Also on zweyfel, so unser Herr Got unsern ernst in den Eusserlichen ordnungen sehe, und schon im grund (das er barmhertzigklich verhuten wol) kein ernst were, So mocht er sich doch bewegen lassen; wolt er ye den zorn nit gar von uns abwenden, wurd er uns doch by unserm leben frid geben. Darumb Erbar und weys Herrn, bitten wir abermal, E. W. wolle in dissem fall dem frumen konig zu Ninive in sein fusstapfen tretten und den Ernst der gegenwertigen geferlikait mit Cristenlichen Ordnungen, wie antzaigt, vor menigklich beweysen. Und wo es E. W. geliept, So haben wir ein vorgebne copey eins statut hieby gelegt gestellt, nicht E. W. etwas furzuschreyben, Sonder allein unser meynung vergebisser weys anzuzaigen. Setzen ditz alles in e. w. willen und wolgefallen. Und wo wir in diser und ander sachen etwas mer kunden raten, thon oder helffen, wollen wir alweg ungesparts fleys gehorsam erfunden werden.

E. E. W. underthenige und gehorsam

Johan Isenman, pfarher zu S. Michel.
Johan Brentz, prediger.
Michel Greter pfarher zu S. Katherin.
Nicolaus Trabant, helter zu S. Michel.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg zu Brandenburg. (31. December 1529)

Durchleuchtiger hochgeborner furst. Unsers HERRN gottis gnad sampt meinem underthenigen alzeit bereiten gehorsamen dienst zuvor. Gnediger herr. Nach dem Ich in vergangenen tagen ein buchlin mit des Schwenckfelds Annotationibus ad marginem verzeichnet von E. f. G. undertheniglich entpfangen, hab Ich darauff mein antwort, wie E. f. G. im hiebey gelegten libell finden wurdt, begriffen, nit der meinung, das des Schwenckfelds gegenwurff von wegen Irer ungeschicklicheit einer antwort werdt seyen, Sonder das der pfarher, dem das verzeichnet büchlin zustendig und villeicht dardurch in ein zweyfelung und Irthum gefallen, die andern partey weh höret und darauss in der sach ein underricht erlangte. Hiemit sev E. f. g. unserm HERRN gott bevolhen, und E. F. G. underthenigen gehorsam zu beweysen will ich allweg bereit erfunden werden. Datum zu schwebischen hall 31. die decembris Anno XXIX. E. F. G. alzeit undertheniger und gehorsamer

Iohann brentz prediger zu hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Bitt der Kirchendiener zu Hall an den Rath daselbst, Cristenliche ordnung furzunemen.

1529.

Erbar, weys und fursichtig Herrn. Es tregt E. W. gut wussen, was fur ein grausam geschrey und jemerlich handlung vom Turckischen Tirannen ytz vorhanden seyen, dardurch aller ander Cristenlicher hertzen vonwegen der not und angst jren verwandten nachbauren und mitglaubigen, SO von dem Turcken ellendlich verhert und verschlaift, billich entsetzt, erschreckt und zu ernstlichem mitleyden, auch underthenigem furbit gegen Unserm Herrn Got geraitzt und gezogen sollen werden. Dieweyl nu uns als den unwirdigen der kirchen sorg bevolhen und wir auss teglicher erfarnus des gmeinen pobels unachtsamkait, auch rowloss leben also befinden, das weder zucht noch ordnung, wollen geschweigen cristlich besserung des lebens on stete empsige anweysung gotlichs worts an jnen erlangt und erholet werden mogen, So bitten wir E. W. underthenigklich, wolle uns all Sontag zur vesper und all donnerstag zum tag ampt ein Cristenlich Litanei, das ist Gemein gebet zusingen sampt vorgender predig wider den Turcken vergonen und erlauben.

Wir haben wol, wie e. w. wussend, bisshieher allen feyertag gemein gebet in der kirchen gefurt, darin gleichwol wider die Tirannei des Turcken aber doch verborgenlich gebetet wurdt. Auch so wir in unserem teglichen predigen das volck zur besserung des lebens ermanet, haben wir eben mit dem selben das recht mittel getroffen, dardurch der Turck uberwunden und vertriben werden mocht. Zu dem so ists wol war, das eusserlich gemein kirchengebet on besserung des sundtlichen lebens und on ernstlich heimlich stet seufftzen gegen Got geringen nutz bringt. Idoch so ist das jung volck und gemein pobel so farlessig und unachtsam, das es sich wenig umb ander Cristenmenschen leiden und anfechtung bekumert, man teuts dan jnen mit fingern und stelle es jnen offenlich fur die augen, Wais auch nit fur sich selbs, was oder wie es sich in einem solichen gegenwurtigen nodt halten, und ob oder wie es doch unsern Herrn Got bitten und anrufen sol.

Hieruff diser ungeschicklicheit zubegegnen were unsers bedunckens vast nutzlich und dienstlich, so in der wochen zwey oder dreimal ein predig von Turcken gehalten und gmein Litaney gesungen wurdt, das wir auss e. w. erlaubnus gantz gehorsamlich und willigklich anrichten und mit der Hilff Gottis gern vollbringen wollen.

Das aber die gemein kirch auch fur e. w. dester frolicher und mit besserm gewussen unsern Herrn Got bitten kond, So bitten wir e. w. unser person halb underthenigklich, aber unsers ampts halben, so wir unwirdigklich tragen, ermanen wir Euch durch unsern Herrn Got ernstlich, das E. W. die ergernus des Bepstlichen missglaubens, noch zum tail allhie in der Stat aufrichtig, mit fuglichen mitel, sovil einer Cristenlichen Oberkait muglich furkomen wolle. Dan E. W. ist wol bericht, das die Bepstlich mess ein solicher abergraw vor unserm Herrn Got ist, das Er von der selben wegen, wie by den Juden von wegen jrer abgotterey, also by den Cristen land und lewt verderpt, verhert und gantz verschlaift. Und wo das E. W. noch nit bericht were, wolten wir dasselb sampt gotlicher hilff mit allem fleis und warhait auss der hailigen geschrift thun zu welcher zeyt wir erfordert wurden.

Nun helt man noch teglich on underlass in der Schupach die Bepstlich mess, auch zu sant Johans. Wiewol aber E. W. der kirchen sant Johans halben ein entschuldigung haben mocht, das sie Irer Oberkait nicht underwurfflich sey, und gebur keinem seinem alten herkomen mit unordenlichem gwalt zuwern, Wir auch selbs nit raten wollen, etwas mit unordentlichem gewalt ausszurichten: So bedunckt doch uns, wo ein grosserer lust zu dem Evangelio den zu dem gunst der gewaltigen getragen wurd, es were vor langest durch bequem mittel zu Sant Johans ein cristenliche ordnung angericht Und furnemlich kan e. w. der Schupach halb gar kein entschuldigung haben. Dan die selb Stifftung, sovil wir wussens tragen, ist zum mehrer tail in e. w. handt gestellt und mag derhalben auss craft jrer Oberkait aufs cristenlichst und nutzlichst angericht werden. Wolten schon die Stiffter oder erben diss nit vergonnen, So wer es doch E. W. und der gantzen Stat vil nutzer und besser, das gelt der Stifftung gar lassen faren, dan ein solichen abergraw in jrer Stat zugedulden. Ja ob schon E. W. ytz das gelt der Stifftung wider den Turcken wendet, wie solt dasselb nit mogen vor den Stiffter vor gaistlichen und weltlichen verantwort werden? Dieweyl doch auch die Bepstlichen Fursten und Oberkaiten jtzundt pfrunden der meynung einnemen, das sie die nutzung wider den Turcken zuwenden furgeben. Darumb bitten wir fleissig, E. W. wolle jr die schmach, so unserm Herrn Jesu Cristo teglich in der Bepstischen mess widerfert, zu hertzen gen lassen und die selben fuglicher weys, wie ytzundt antzaigt, furkomen, Oder doch auff das allerwenigst die nutzung der Stifftung in der Schupach aufheben, biss auff ein anortnung eins gmeinen Conciliums. Dan wo e. w. so kaltsinnig ytz in der nodt wie vorhin in diesem handel sein wurdt, wie kunden wir mit frolichem gewussen fur E. W. unsern Herrn Got bitten? Wie kan oder mag der Cristenlichen kirchen gebet Euch zu gutem und wolfart geradten? Wie kont Ir mit gutem gewussen des Turcken gewertig sein, dieweyl Ir die schmach des Gottis, so ewer nothelffer sein soll, offenlich gedulden, ja mit demselben darein verwilligen und doch gepurlicher weys wol weren kundten. Es ist vil ein ander ding umb ein Oberkait dan umb ein underthon. Der underthon ist wol entschuldigt, das er leidet ein offenliche schmach Gottis. Aber wan das selb ein Oberkeit gedult und kan es mit gotlichenn billichen mitteln wern, thuts aber nit, so gedeyt die schmach gottis eben als wol uber die Oberkait als uber den Jhenigen, so sie volnbringt. Was hilffts dan, wan man schon lang fur eine soliche Oberkait bittet und grossen ernst vor Got furwendt? So es doch als wenig fasselt als das gebet Mosi fur pharaonem oder Samuelis fur den konig Saul. Dises bitten wir underthenigklich wol e. w. bedencken und jrm beruff trewlich nackkomen.

Weyter so lesen wir im propheten Jona, das unser Herr Got jm furnam, die gross Stat Ninive zu vertilcken und schickt derhalben den propheten Jonam dahin, das er dasselb solt in der Stat ansagen und verkundigen, sprechend: Es sind noch viertzig tag, so wurt Ninive umbgekert. Nun glaupt das gemein volck nit allein diser predig, Sie besserten auch nit allein jr leben mit fasten und angezogen secken, dasselb antzaigendt oder beweysendt: Sonder die Oberkait griffs auch selbs an. Dan da das geschray fur den konig zu Ninive kam, stund er auff von seinem tron und legt sein purpur ab und hullet einen sack umb sich und satzt sich in die Aschen und liess ausschreyhen und gebietten zu Ninive aus bevelh des konigs und seiner gewaltigen also: Es sol weder menschen noch thier, weder ochsen, schaff etwas essen, Und man sol sie nicht waiden noch wasser trincken lassen, und solt seck umb sich hullen, baid menschen und thier und zu Gott ruffen hefftig, Und ein igklicher beker sich von seinem bossen weg und von frevel seiner hend.

Das mocht wol ein seltzam affenspiel sein gewesen, das nit allein den menschen, sonder auch den unvernufftigen thiern zu vasten von dem konig gebotten ward. Aber man sehe es an, wie man wol, so hat der konig mit dissen stucken sein und des volcks ernst beweysen und antzeigen wollen, das sie ein forchtsam rewig hertz und diemutig gewissen auss der gotlichen predig entpfangen haben. Dardurch ist auch Gott also erwaicht worden, das er jnen die straff nachgelassen hat.

Dieweyl nu die itzig not und geverlichait eben als hefftig ist als deren zu Ninive, und wer waisst, Ob wir noch viertzig tag lang vor dem Turcken und der zerstorung unsers lands wie die Niniviter sicherheit haben: So wil es auch e. w. als einer Cristenlichen Oberkait geburn und erhaisch die gegenwurtig not, das auss ordnung gotlichs worts und nach dem vorbild des konigs zu Ninive e. w. allen jren underthonen ernstlich gebieten lass, hie zwuschen kein offenliche hochzeit zubegen, kein offenlichen Tantz zuhaben, kein offenliche gemein zech auff den Stuben oder wirtzheussern zuhalten, Oder zum wenigsten, das am feyertag all offenliche zech zur vesper zeit ein end solten haben und menigklich in die kirchen zur Letaney zugen vermanet werden. Auch die weyber kein hochzeitlich geschmuck zutragen, damit menigklich vor Got und menschen sein rewig hertz, sein sundtlich leben und sein ernstlich bitten bezeugt und bewiss. Dan als Uria sagt: Wie solt es sich reymen, das unsere verwandten und mitbruder im feld wider den Turcken ein hartselig leben furten, und wir hie zwuschen im sauss und allen freuden lepten. Disse stuck seyen wol kindisch, ja gleyssnerisch und dem gemeinen nutz schedlich anzusehen. Dan wo man nit vil zecht, da gets am ungelt ab. Man muss aber gedencken, das sich der Turck nit mit dem ungelt, so von der menschen fullerey versamelt, Sonder von der besserung unsers lebens vertryben lasst. Auch so vil an dem zechen erspart wurdt, so kan der gemein man dester mer stewerung wider den Turcken auss anforderung der Oberkait erlegen. Zu dem das solich weys und ordnung den ernst by dem gemeinen man schaffen und in allweg zu merer gehorsam und milterer handtreichung bewegen, auch by unsern nachbauren ein gut exempel erzaigen wurd.

Uber das alles wer waiss? Wie im propheten Jona stet: Got mocht sich dardurch bekeren und rewen und sich wenden von seinem grimigen zorn, das wir durch den Turcken nicht verderben. Wir wollen setzen, es sey schon kein ernst, auch kein rechtgeschafne besserung des lebens darhinder (welche doch unser Herr Got gnedigklich wenden wol und bessers zu jm verhoffen), So haben doch wir auss dem vorbild des konigs Ahabs erlernt, das unser Herr Got so barmhertzig und gnedig ist und lasst sich auch einr gleyssners diemutikait von dem zorn abwenden. Dan als der konig Ahab von Elia hort, das sein geschlecht solt aussgerot werden, zerrreys er seine cleider und legt ein sack an und ging krum einher. Wiewol nu Ahab sonst ein ertzbub ware und die besserung des lebens in verborgenheit seins hertzen nit ernstlich meinet: Idoch sagt Got zu Helia: Hastu nit gesehen, wie sich Ahab vor mir bucket? Weil er nu sich vor mir buckt, wil Ich das ungluck nit einfuren by seinem leben. Also on zweyfel, so unser Herr Got unsern ernst in den Eusserlichen ordnungen sehe, und schon im grund (das er barmhertzigklich verhuten wol) kein ernst were, So mocht er sich doch bewegen lassen; wolt er ye den zorn nit gar von uns abwenden, wurd er uns doch by unserm leben frid geben. Darumb Erbar und weys Herrn, bitten wir abermal, E. W. wolle in dissem fall dem frumen konig zu Ninive in sein fusstapfen tretten und den Ernst der gegenwertigen geferlikait mit Cristenlichen Ordnungen, wie antzaigt, vor menigklich beweysen. Und wo es E. W. geliept, So haben wir ein vorgebne copey eins statut hieby gelegt gestellt, nicht E. W. etwas furzuschreyben, Sonder allein unser meynung vergebisser weys anzuzaigen. Setzen ditz alles in e. w. willen und wolgefallen. Und wo wir in diser und ander sachen etwas mer kunden raten, thon oder helffen, wollen wir alweg ungesparts fleys gehorsam erfunden werden.

E. E. W. underthenige und gehorsam Johan Isenman, pfarher zu S. Michel. Johan Brentz, prediger. Michel Greter pfarher zu S. Katherin. Nicolaus Trabant, helfer zu S. Michel.

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg zu Brandenburg. (27 November 1529.)

Durchleuchtiger hochgeborner fürst. Unsers HERRN gottis gnad und barmhertzigkeit sampt meinem underthenigen allzeit bereiten schuldigen dienst zuvor. Gnediger herr. Ich hab die verzeichnuss von E. F. G. mir zugeschickt mit fleissiger underthenigkeit verlesen und nach meinem geringen verstandt bewegen, kan mich demnach selbs auss der heiligen gschrifft nit anderst berichten, dann das solliche verzeichnuss mit begriffung jrer puncten gantz göttlich und Christenlich gestellt seye. Es ist je das Römisch reich warhafftiglich nach der Zeugnuss Pauli ein ordnung gotts, und als etlich der frummen heiligen leerer wollen, von dem propheten Daniel zuvor, ehe dann es auffkame, verkündiget und durch gottis wort bestetigt. Nun hatt dasselb Reich ein sollche gestallt wie vor augen, das darin fürnemlich der Oberst, der mittelst und der uriderst. Im Obersten ist allein der keyser, im understen seyen allein die gmeinen underthonen, aber im mittelsten seyen die Churfürsten, fürsten, graven und der Stet Ratt, welche dise gstallt haben, das sie nach Irem ansehen yetz für Oberkeit yetz für underthon gerechnet mögen werden. Dann gegen Iren underthonen zu rechnen seyen sie Oberkeit , und demnach, was für spruch in der heiligen gschrifft auff die Oberkeit lauten, nemlich Sie tregt das schwert nit vergeblich, Item Sie ist gottis dienerin, Item Sie ist ein recherin zur straff über den, der boses thut, seyen Inen billich in disem fall gegen Iren underthonen zugehörig. Aber gegen dem keyser zurechnen, seyen sie recht naturlich underthon, nach dem der keyser von Inen allen fur Ir naturlich Oberkeit erkent wurdt. Darumb wasserley spruch in der heiligen gschrifft auff die underthon lauten, nemlich Rechnet euch selber nit, dann es steet gschriben: Die Rach ist mein, Ich wils vergellten, spricht der HERR. Item Ir sollt dem übell nit widerstreben, Item Wer das schwert nimpt, der soll durchs Schwert umbkommen, und andere mehr derselben werden auch billich den Churfursten, fürsten, Stett Ratt und anderen in dem mitteln Stand begriffen, In disem fall gegen dem keyser zurechnen, zugezeelet. Hierauff, als wenig die bauren in der vergangenen auffrur mit gutem gwissen sich wider Ire Oberkait gweltiglich mit dem schwert haben widersetzen künden, ob Inen woll zu zeiten maniche unbilligkeit von Irer Oberkeit begegnet war, als wenig möchtein fürst oder Stett Radt des Römischen reichs wider keyserlich Mt. in gutem gwissen und frolicher anruffung gottlicher hilff mit gweltigem schwert widerstreben, ob schon k. Mt. ein unbillichs es sey in zeittlichen oder ewigen guttern furnemen hett. So dann gottis hilff im gweltigen widerstreben nit tröstlich verhofft noch frolich gesucht mocht werden, wie kunt man sich further einer hilff und beystand bey den menschen versehen. Dann es geht mit dem Christlichen glauben also zu, das in einem land oder Statt allweg der wenigst und geringst teill recht Christen seyen. Die andern und der gross hauff glauben der gwonheit nach, und so lang kein gfar darauff steet. So es dann an ein treffen gieng, wurden dieselben des evangelii halb, welches sie nie recht geglaubt haben, kein nodt erleiden und dorfften woll, wo Inen der raum wurde, die ersten under den verfolgern sein, wie Christus sagt: Es wurt ein bruder den andern nun todt überantworten und der vatter den Son etc. So aber in einer sollchen nodt der Vatter den Son zum todt verradt, wie sollt dann ein unglaubiger nachbaur für den glaubigen des glaubens halb streiten und sein leben wagen wollen. Zu dem, so ein wieder kriegender fürst oder Stadt von dem keyser mit dem schwert uberwunden, würde er oder sie nit als ein Christ sonder als ein auffrürer überwunden. Hierzu schreibet Petrus: Niemandt under euch leyde als ein ubeltheter, leidet er aber als ein Christ, so scheine er lich nit, sonder preyse gott in der sach. Nun leidet man dazumall als ein Christ, wan man* im recht thun leidet, darinn man dann •roch unsern HERRN gott umb hilff anruffen kan. Aber recht thun ist Christum unsern HERRN nit verlaugnen, sonder In offenlich bekennen. Unrecht thun ist der naturlichen Oberkeit mit dem schwert widerstreben. Welcher nun in disem thun leidet, der leydet als ein übeltheter und kann im selber thun gottis hilff warhafftiglich nit anruffen noch begeren.

Man findt woll im buch der Richter, das die Israeliten wurden in gwallt des konigs zu Mesopotamia acht Jar, des konigs der Moabiter achtzehen Jar, des konigs der Cananiter zwentzig Jar und anderen mehr konigen von gott ergeben, und sie (die Israeliter) sich darnach mit gwallt Inen widersetzten, auch von Inen mit dem schwert sich erredten: Das hatt aber kein vergleichniss gegen den unterthonen des Römischen reichs. Dann das volck Israel ware von gott den eegenannten konigen nit als einer ordenlichen Oberkeit Sonder als einem züchtiger eins sündigen volcks zur straff ein zeitlang ergeben. Es waren ye nach göttlicher ordnung und zusagung die israeliter recht verordnet Oberkeit (ob sie es woll noch nit in der hand betten) über dieselben könig der Cananiter, Moabiter, Philistiner und anderer, und möchten sie, wo Inen durch ir eigne Sünd ir hand nit verkürtzt worden wer, nach göttlichem rechten» und urteill erwürgen und todten. Das aber das spill sich mit den Israeliten wendet, und musten deren könig, so Irer Oberkeit von gott zugeteült waren, diener und underthon sein, ist für ein straff der Sünde und nit für ein ordenlich regiment zu zeelen, wie dann der HERR zum offter mall verhengt hatt, das die Oberkeit von Iren eigen underthonen undertruckt seyen worden. Demnach wan die Israeliter von den Sünden abstunden, mochten sie mit gutem gwissen und frolicher anruffung gottlicher hilff den selben königen, deren gfangen sie waren, mit gwallt widerstreben und sich erredten.

Aber unser HERR gott hatt die glider und die Stend des Romischen reichs dem keyser nit als einem unordenlichen zuchtiger der Sünd und als einem gwalltigen strassreuber, sonder als einer ordenlichen Oberkeit underworffen. Darumb mag man sich hierin der exempeln in dem buch Judicum beschriben nit behelffen. Und kan Ich meins bedunckens auch nit anderst erfinden, dann das alle Stend des Reichs gegen k. M. underthon seyen, und hierauff in den sprüchen der heiligen gschrifft den underthonen zugehörig begriffen. Das wollt Ich nach der lenge E. F. G. undertheniger meinung nit verhallten , dan E. F. G. underthenigen schuldigen gehorsam zu beweysen will Ich allweg mit der hilff gottis ungesparts fleiss erfunden werden. Hiemit E. F. G. unserm HERRN gott bevolhen, der wolle sie in rechtem glauben" und bestendiger bekantnuss unsers HERRN Jesu Christi und seines evangeliums erhallten. Datum zu schwebischen hall Sambstag nach katerinae Anno XXIX.

E. F. G. undertheniger und gehorsamer

Iohan brentz, prediger zu hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz an Markgraf Georg zu Brandenburg.

Durchleuchtiger hochgeborner fürst, mein underthenig und alzeit bereit gehorsam dienst sey E. F. G. zuvor. Gnediger Herr. Ich schick E. F. G. hiemit meins geringen verstands in den gemeinsten puncten der Eesachen gutbeduncken, und wo sich ander fell zutragen wöllten, wie dann der handell sonst weitleuffig ist, und auff ein mall nit alles in schrifften verfasst werden mag, will Ich auff E. F. G. ansinnen mit meinem müglichsten fleiss allwegen gantz undertheniglich erfunden werden. Ich hab aber in disem libell der Eesachen offt ettlich stück auss den weltlichen rechten erholen müssen, nit der meinung, das Ich als ein ungeschickter Theologus mich in frembd hendell schlahen wöllt, sonder das Ich anzeigt, wie die keyserlichen Rechten, wo sie nit dem wort gottis widerstreben, ein ordnung (wie sie Sanct Pauls nennt) gottis seyen. Und mag woll einer frummen Oberkeit verdrüsslich sein, das so manche feine ordnung der policey in keyserlichen rechten begriffen ist, und ist doch von den bebstlichen rechten villfelltig zerrüttellt und zerstöret. Hie mit bevilhe Ich mich E. F. G. undertheniglich, welche unser HERR gott zur fürderung seins göttlichen worts in langwirigem regiment erhallten wöll. Datum zu Hall mitwoch nach Jacobi Anno XXIX.
E. F. G. undertheniger und gehorsamer Johan brentz prediger zu hall.

Brenz, Johannes – An Kanzler G. Vogler (1529).

1 Juni 1529.

Gnad und frid von unserm Herrn Jesu Cristo zuvor, günstiger lieber Herr Cantzler. Ich schick euch hie mit meinem lieben bruder Meister Hioben der Stift und Clöster ordnung sampt angezeigten Ursachen, warumb einem ehristenlichen fürsten enderung des ungötlichen gotzdiensts furzunemen gebüre. Und wiewoll Ich mich zu solichen und andern fürtreffenlichen sachen gantz ungeschick erkenne, yedoch warin Ich meinem gnedigen Herrn und euch gehorsame underthenigkeit dienstlich erzeigen kan, will Ich nach meinem geringen Verstandt und allem vermügen allweg willig und trew erfunden werden. Es hatt mir mein lieber herr und freund Lazarus Spengler widerumb geschriben und angezeigt, wie er meine Herrn trewlich vor den Christenlichen Stenden zu Nürnberg versprochen hab, bin es hoher erfrewt worden, dann niemands achtet. Er hatt meinen herrn in seinem schreiben ein meinung angezeigt, die gefellt mir auch vast woll. Aber eins gebricht meiner person, das Ich die hertzen der menschen nit in meiner hand hab, kan Inen woll auss gottis gnad zuzeiten nach meinem bläden kindischen verstandt etwas guts fürsagen, aber Ich bin Im zu schlecht und onmechtig, das Ich Ir hertz und ginuet darauff füren und bestetigen möcht. Dann diss stück hat Im unser HERR gott allein vorbehallten, will es keinem Sündigen menschen, under welchen Ich der grost bin, gedeyen lassen. Sonst sollte schon vor langest gescheen sein, was frum leut fur nutz und gut angesehen nett. Yedoch verhoff Ich zu unserm Herrn gott, er werde die sach gwisslich auff das best richten und verordnen. Amen. Hiemit unserm HERRN gott bevolhen, wollendt auch mich in ewer gebett bevolhen sein lassen. Ich hab der ordnung halben meister Hioben ein underricht geben, wo mein gschrifft unverstentlich were, wurdt er euch darin mein meinung erkleren etc. Datum zu scheffischen hall am ersten tag Junii Anno XXIX.

Johan brentz ewer williger und gehorsamer alzeit .

Lieber Herr Cantzler, nach dem Ich disen brieff geschriben, Ist mir ewer anderer brieff bey herrn Wilbolden zuckommen, und wiewoll mir darauss mein kummer gemehret, yedoch bin Ich erfrewt worden, das Ir dannocht meine herrn lasst Nicodemisch bleiben. Ich nim das wort (Nicodemus) für mich an. Dann ob woll Nicodemus erstlich heimlich in der nacht zu Christo gieng und vor forcht der Juden sich nitt offenlich am tag dorfft geben, aber doch, da alle Junger von Christo abtrünnig worden waren, und Christus allein von allen verlassen am creutz hienge, da tratt er sampt dem fruinmen Joseph herfur und bekant sein glauben offenlich am hellen tag mit abnemung des leibs Christi von dem Creutz. Wie wan unser HERR gott meinen herrn so gnedig sein wurdt, das sie aller *weiss Nicodemo nachfolgten. An meinem fürbitten, wo eins sündigen menschen gebett etwas von gott erlangen möcht, soll es nit feelen. So verhoff Ich, Ir und all frum Christen sollen fiir meiner herrn bestendigkeit und für mich zu bitten auch fleiss ankeeren. Dann dweill der menschen hertzen nitt in meiner hand oder gwallt steen, so weiss Ich yetz nit weiter zu thun dann meine Augen zu unserm Herrn gott auffzuheben. Bin auch guter zuversicht, er werde die sach nach unser Seel heill am geschicksten vobbringen. Datum ut supra.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – Brief an Bernhard Griebler

Febr. 1526

Liber maister Bernhart Ich hab den briff von dem Ernverten Hartmut von Cronberg euch zugeschickt gelesen, darin sein Cristenlicher verstand und glauben von dem nachtmal Cristi vernomen. Lass mirs sunderlich gefallen, das got unser Herr sein gnad so reylich aussgossen hat uber dissen man. Wer kan got gnugk darumb dancken? Ich find auch in dem glauben von gottlicher vorsehung kein Irrung, dan allein, das die red und bekantnus desselbigen glauben zu hart und zu hoch gesetzt ist. Wil Ich euch derhalben meynung auss der geschrift gesogen von der gotlichen fursehung antzaigen.

Gott unser Herr ist der allergerechtest, weyshest und allein almechtig nit allein der vermuglichait nach, sundern nach der that. Ich gemeins also: Got vermag nit allein alle ding, sunder er thut, schaft, würckt auch alle ding, guts und boss. Aber das boss nit seinethalb, sondern des bossen werckzeugks halb, der jm in seiner almehctigen wirckung zu handen stosst. Gleych als ein guter Zimmerman beheudt das holtz eben oder schartig: Darnach jm ein axt zuhanden stosst; Ist der werckzeug gut und eben, so wurt das werk eben, ist er schartig, so wurt das werck auch schertig: Also auch got, so jm in seiner stetten almechtigen wurckung ein guter werckzeugk zuhanden stosst, wirckt er ein gut werck, stosst jm aber an die handt ein bosser werckzeug, wurckt er ein boss werck, nit seinethalben, sonder des werckzeugs halben, Wie es geschriben ist psal. 18: Bey dem hailigen wurdestu hailig sein, bei den unwandeln wurdestu unwandel sein, by den reinen wurdestu rein sein und by den verkerten wurdestu verkert sein.

Nu dieweyl Got der allerweysest ist, so kan und mag in seins furnemens, radts und willens ein mal furgenomen nimer gerewen, 1 Samu. 15: Der held in ISrael wurt nit felen und sich nit gerewen lassen. Dieweyl er auch der allergewaltigst und allein almechtig ist, so kan und mag sein Rat, willen und furnemen niemandt hindern, Esa. 14: Das bestimpt furnemen gottes mag niemant schwechen. Dartzu dieweyl er aller gerechtest ist, mag niemant mit der wahrheitbeclagen, jm geschehe unrecht, es gee jm gleich wie es wol. Hierauss muss gewisslich folgen, das alle ding im himel und auff erden auss not des zwingenden almechtigen, Oder so Ich deutlicher reden sol, althetlichen willen gottis, und nit auss aigner chur oder freyhait geschehen. Es muss auch alles gegen got zu rechnen, nit gegen dem Instrument oder werckzeug, weysslich, wol undgerecht gethon sein, Ob wol unser verstand die weysshait und gerechtigkait gotlicher handlung nit erlangt,

Nach disser weys und form wurt under andern gotlichen thaten auch die ewig fursehung zur selikait oder verdamnus verordnet, ee und die welt erschaffen ist worden. Das gibt paulus Ga. 9. zu versten, als er von Jacob und Esau redt, sprechende: Ehe die kinder geporn waren und weder guts noch boss thon heten, auff das der fursatz bestund nach der wale, wart gesagt, nicht auss verdienst der werck, sonder auss genad des beruffens. Also der grosser sol dienstbar werden dem cleinen, wie geschriben ist: Jacob hab Ich geliept, Esau hab Ich gehasset. Darumb ligt es nun nicht an ymandts wollen oder lauffen, sonder an gottes erbarmen. Aber Er erbarmt sich welchs er wil, keins verdienst oder unverdienst angesehen, sonder allein seinen willen. Des er sich nun erbarmt vor gelegtem grund der welt, sundt, todt, Hell, noch alle teuffel. Herwiderumb den er verwurfft oder verstopft, der mag nit bekert zur selickait werden, wan im all creaturen beystendig wern. Ursach: Gots furnemen mag niemants schwechen. Es gerewet Got seins willens nicht. Wie aber solichs alles zugee und was die ursach sey des willen gottes, warumb er das oder jens also und nit anders schaff und wirck, ist keinem menschen muglich, zugedencken oder zureden, Sonder solche heimliche verborgne ding meher gehorsamlich anzubeten und als gerecht und weys zu glauben, dan sorgfeltiglich zu forschen. Ich nenne dies stuck meiner gewohnhait nach die heimlich gotlich Cantzlei. Dan gleych wie es in eins fursten hoff zuget, was heimlich sachen sein, werden auch heimlich ernstlich verborgenlich mit beslossnen thur geratslagt und gehandelt, darnach wurt einer, zwen oder meher auss den Reten herauss geschickt, die handlung der landtschaft antzusagen, welche alsdan nit alles, so im verborgen radt gehandelt, sonder als vil der landtschaft not und nutz zuwussen ist antzaigen. Es begibt sich auch dergleychen in kreigsleuffen, das der houptman sampt seinen retten offt etwas ernstlichs besliessen, dasselbig auch dem Here lassen ansagen, doch nit gentzlich nach jrm verborgen besluss, sonder als vil dem here nutz zuwussen ist: Also auch hat Got der vater sampt seinem Son und hailigen gaist vor der erschaffung der welt ein heimlichen Rat besessen und uber all menschen beslossen, Ein parthey zur sleikait verordnet, die ander zuverdamnus, und wie es darin verordnet ist, also muss es von not wegen furtgeen, da beyst jm kein mauss kein faden ab. Wir sein aber des Rats unser verstentnus nach nit vehig. Dartzu furt got in seinem ratslag ein sprach, ain red, die uns zu fremd und seltzam ist, sollen wir die sprach des Ratslags versten, so muss sie in unser mutersprach transferirt und verendert sein. Eben als ainer der Griechischen und Hebraischen sprach unkundig nit mag begreyffen den Inhalt derselbigen red, man transferir oder verender sie dan in sein bekante oder angeborne sprach: Also auch die menschen sein gotlicher sprach und red unwissend, sollen sie aber doch ein clains darvon begreyffen, so muss sie in unser muttersprach gezogen sein. Demnach hat got der vater seinen son, das Wort, welchs auch endtlich ainen menschen hat angestraift, herfur uss der haimlichen Cantzleistuben geschickt, mit uns nach unser bekanter sprach zureden und mit dem hailigen gaist versiegelt den Ratslag gottes unser weys nach uns, die wir herauss vor der Cantzlei eins beschaids warten der selikait oder verdamnus halben, seins willens zu verstendigen. Steht nu hie offentlich, sagt uns an die meynung und ordnung gottes, nach dem wir es begreyffen megen und horen, sprechend: Were glaußt, der wurt selig, Wer nit glaußt, der wurt verdampt. Wiltu eingen ins leben, so halt die gebot gottes. Item: Wan ich sprich zum gerechten, Du wurst leben, und er vertrost sich uff sein gerechtikait, thut ubels, so werden sein gerechtikait vergessen und wurt in seiner bosshait sterben. Sag Ich aber zum Gottlossen: Du musst sterben, und er thut buss, So wurt er leben und nit sterben. Item: Ein igklicher zweyg, der in mir keine frucht bringt, wurt abgeschnitten und ins fewer geworffen. Item: Die handt des Herrn ist nit gekurzt, das er nit mag erlossen oder seligen den Jenigen, so vorhin verworffen ist. Wan er sich nu furthin zu dem Herrn bekert. Item Augustinus sagt: Bistu nit erwelt zur selikait, so verschaf mit rechtem leben, das du erwult werdest. Was ist das anderst gesagt dan eben, wie Etzechielis 33. steet: Sag Ich zum Gotlosse, du must sterben, und er thut buss, lebt recht, so wurt er leben und nit sterben. Und der glychen beschaid ist die gantz schrift vol. Wie reumt es sich aber mit der ewigen unwandelbaren fursehung gottes fast wol? Dan die gotlich fursehung jr art nach kan mit eusserlichen menschlichen worten nit erlangt werden, sonder wil geglaußt und angebetet sein. Darumb ist der beschaid derselbigen fursehung in bekante art der red verfasst, gleych als man sunst von got schreypt: Es rewet mich, das Ich menschen erschaffen hab. Item: Der Herr hat sein handt ausgestreckt. Item: O Herr naig dein or zu mir etc. Ist alles vast wol unser art nach geredt. Es were aber ubel glaupt, wan einer glauben wolt, Es gerew got, Er het hand, fuss, nass und orn, wie ein ander mensch, daher die kezer komen, so man anthropomorphitas nennet, welche achten, got hab ain menschengestalt. Also auch ist es fast wol geredt: Bistu nit fursehen, so halt dich dermassen so glaubig und fruntlich, das du fursehen werdest. Und gibt doch der hailig gaist dem glauben under disen worten unser art nach geredt sein verstand gnug an. Er lasst die sprach pleyben in ir weys und art, lert aber darunder zuglauben und anzubeten den unwandelbarlichen willen gottes, der mit vernufft nit mag erlangt noch mit menschlicher red gefasst werden. Wie paulus sagt: Ich ken ein menschen, der ward entzuckt in das paradeys und hort unausssprechliche wort, welche kein mensch sagen kan. Dan als wenig die Juden mochten horn die stim gottes, da er das gesatz gab, sie musten ein mitler, nemlich Moisen haben: Als wenig mogen wir horn die stim von der ewigen fursehung, wir mussen ein mittel haben, das ist die sprach unserm verstand gemess. Man kann wol sagen: Got versicht disen oder Ihenen zu der Hell; Ist auch die warhait, es laut aber nichtz vor menschlichen orn, So ist es auch nit wol mit menschliechen wortern zureden oder zuerlangen; das alsbald gehort wurt Gottes fursehung ordnet zur Hel oder Himel, fert der verstand menschlicher vernufft daher, spricht: So lig nichts daran, man sunde oder thue recht, Und als Ro. 9. stet: wer mag seinem willen oder fursehung widersten? Was clagt got uber uns, Er clag uber in, das er uns nit besser mach! Dem zu weren, so get der hailig gaist in der geschrift mit uns kindisch umb und fasst gemeinlich den unwandelbarlichen Rat gottes in art der red unserm verstand gemess: spricht: Glaub, so wurstu selig! Thu guts, so wurstu behalten! Glaubstu nit, so wurstu verdampt! Die handt des Herrn ist nit gekurtzt: Er mag noch seligen, den er zuvor verstossen hat, So mag er auch verstossen, den er zuvor erwelt hat, Wie von dem Saul geschriben ist 1 Sam. 15: Dieweyl du des Herrn wort verworffen hast, hat er dich auch verworffen, das du nit konig seyest. Es ist geschriben von den Juden: Israhel ist mein erstgeborner Sun und das erwelt hailig volck, und ist doch zur zeyt Christi verstossen worden. Die Haiden waren vor zeytten von Got verworffen, seyn doch, nach dem sie das Evangelium annamen, erwelt worden. Osea spricht: Der Herr sagt: Ich wil zu dem Volck, das nit mein Volck ist, sprechen: Du bist mein Volck. Was nu von aim gantzen volck wurt gesagt, das mag auch geteut werden uff ein igklichen insonderhait, als Cristus spricht: Ein igklicher reben an mir, der nicht frucht bringt, wurt abgeschnitten und ins fewer geworffen. Es scheint wol wider einander sein: An Christo besten, das ist erwelt zusein, und darnach abgeschnitten zuwerden, gleych als solt die Cur und fursehung gottes verendert mogen werden, bleipt es doch als baid war, ein igklichs seiner weys nach gezelt, Nemlich das die ewig fursehung geglaupt sol werden, aber die red von derselben unser weys und art nach lauten sol, als man glaußt, Got hab kein handt. Wan man aber von jm reden wil, so sagen wir: Got hat sein handt aussgestreckt, Got hat sein or zu mir genaigt. Wie sol der hailig gaist in der geschrift anderst mit uns umbgeen, dan nach unser aigen art. Hirumb so man spricht: David hat nit uffgehort zuglauben, da er Cristum verleugnet hat, Paulus ist nit Gotloss gewesen, (dieweyl er von Muter leiß an zu dem predig ampt, ja von ewikait zu der selikait verordnet gewesen ist), da er die Cristen verfolgt: Ist der ewigen fursehung nach zuglauben die warhait, ist ja wol geglaubt, aber zu hart geredt. Dan wan wir under den menschen von der fursehung reden wollen, mussen wir jr kindischen art nach reden, under welcher der hailig gaist sein aigentlich verstandt den glaubigen gnugsam angibt. Summa Summarum: Was Got in seiner heimlichen Cantzlei besleusst, das mogen und kunden wir in diser zeit nit begreyffen, wans uns schon an wurt gesagt. Er hat aber zu uns geschickt herauss sein botschaft, unsern Hern Jesum Christum mit dem hailigen gayst versigelt, der gibt uns ain beschaid, das wer da glaußt und sich dem glauben enlich halte, werd selig, Wer aber nit glaub und sundige, der werd verdampt. Der glaub ist ainig die gerechtikait, so vor got gilt, der unglaub ist ainig die sunde, die verdampt. Aber sie haben baide jre frucht: der glaub gute frucht, der unglaub bosse. Derhalben muss David, als er sein eebruch und mordt volnbracht, ubel und auss dem unglauben gehandelt haben, so man die that ansicht. Aber so man die ewigen fursehung ansicht, ist er bliben in gottes huld. Wie aber das zugee, ist uns, die wir allein nach der that urtailn mogen, verborgen. Also auch paulus, da er die Cristen verfolgt, nach der gotlichen fursehung ist nichts deste weniger in dem erwelten gunst gottes bliben, welchs uns ungruntlich ist; Aber der that nach hat Er bubisch unglaubig uncristenlich gehandelt. Petrus ist auch in seiner verleuknus der fursehung nach nit von got und seinem Sun Cristo gewichen, welches bass geglaupt dan geredt wurdt. Aber der that nach hat er bosslich und unglaubig gnug ghandelt.

Wolan so die Gotlich ewig fursehung bass glaubt dan geredt oder erforscht wurt, wie get es dan zu, das die geschrifft offt bemeldt, das gottes bestimpter radt nit hinder sich gee, Und das wir vor dem gesetzten grund der welt durch Jesum cristum erwelt seyen? Antwort: Es geschicht nit der meynung von dem hailigen gaist, dass er darmit der vernufft locken wol die ewigen fursehung gottes zuergrunden und nachzuforschen. Sonder es geschicht den glaubigen zugut, uff das sie in den hochsten anstossen ein unbeweglichen felsen haben, daruff sie fussen. Dan wan all hilff, trost und zuversicht hinweg ist und allein Sund, tod und Hell under augen stet, So ist der ewig unwandelbarlich radt gottes aller erst die recht bequem zuflucht, Nemlich das der glaub by jm selbs anslecht: Es gehe wie es wol, die sunde sey gleych zornig, der tod mur nur serhe und vast, die Hel sey wie haiss sie wol: So wurt mich der handt gottes, darin er mich ewiglich gefasst und durch das wort des Evangeliums geoffenbart, niemant mogen entziehen, wie es geschriben ist Ro. 8: Ich bins gewiss, das weder todt noch leben noch engel noch furstenthumb noch gewalt noch gegenwurtigs noch zukunfftigs noch hochs noch tieffs noch kein ander creatur mag uns schaiden von der lieb gottes, die da ist in Jesu Cristo unserm Herrn. Hiemit seyt Got bevolhen, liber maister Bernhart. Bittent Got fur mich. Amen.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

J. Brenz an Dietrich von Gemmingen.

Gnad und frydt von unserm Herren Jesu Christo. Amen. Edler und vester Juncker, jr tragt gut gewissen, das die herlich gnad gottes in Jesu Christo das ist seinem ewigen Wort zu unsern zitten nicht uss unserem verdienst, sunder uss lauterer aigener angeborner kostfreyhait mer dan vor vyle Jaren an hellen Tag gestalt hat. Nun aber der Sathan des claren lichtz unleidlich newe Irrsal dem Wort nachteylig erwecket, er kan ja nit ruh haben, wo man mit dem wort wyderficht. So hats jn auch uff aller seytten byss hieher misslungen; es halfen ihn nicht bapslich bullen, keyserlich mandat, so hats jm auch jtzund durch der bauerischen uffrur, dem Wort zuwyder erweckt, nit wellen von Stat gon: was solt er thon? er hat auch ein Ecklen gefunden, do hyn er fleucht, laeuft den Sacramenten zu, Vermeint damit auch dass Wort, so ausserlich ist, und den gantzen eusserlichen Cristum zu boden stossen. Es wirt jm on zwiffel die kunst felen. Demnach, edler und vester Juncker, wil ich ewer veste kurtzlich, aber doch cristlich myn meynung von dem nachtmal Christi erzelen, nicht darmit einen zwyfel an ewer veste arckwone (dan ich an euch ain unwandelbarlichen glauben uff das wort durch vil ursachen erkenne), sunder dass jr auch myns glaubens grundt erkennet.

Zum ersten mag ewer vest wol ermessen, was hynder dem sacramentisch geist stecke, der im anfang seiner handlung nit mit. im selbs eins ist; den uss disen dreyen Worten: das ist myn lyb, daran die houptsach hangt, sein algeradt drei sekten entstanden. Ainer zeucht das wörtlin das uff den leyb und nit uff das brott, als Carolstatt. Der ander balgt sich mit dem Wörtlin ist, das muss jm bedeutten haissen, als Zwingling thut; der dritt, nemlich Oecolampadius, stelt sich uff das Wortlin leyb, unnd sagt, es soll ausgelegt werden fur ein figur oder zeychen des lybs. Wiewol die zwen letsten fast mit aym stimmen, so sind sy doch wyder den ersten, vermaynen, sy habens bass getroffen. Nun acht ich, ewer Vest sey wol kundt, das Carolstads meynung der geschrifft untreglich sey, die andern aber wellen sich mit der art der geschrifft beschonen, darum lass ich den Carolstatt fallen und nimm die andern für die handt.

Zwinglius wil, das ist soll haissen bedeut, wurdt darzu bewegt uss andern geschrifften. Nun ist es nit mynder, ist wurdt offt fur bedeuten in der geschrifft verstanden, aber nit alwegen, sunder zu syner zitt, nemlich so die geschrifft ein trom oder glychniss usslegt, nemlich Genesis am 41. Cap. die syben faysten ochsen syn (das ist: sy bedeutten) die syben faisten Jar; und Mathei am 13. Cap.: der acker das ist (bedeut) die welt; wo aber die geschrifft nit uslegt trom und glychnus, so lasst sie alwegen das Ist in synem aigen angebornen werdt ston. Als nemlich an dem nachtmal Christi wurdt kein trom oder glychnus usgelegt, dan das sy beid, Zwingly und Oecolampadius usserhalb der usslegung ains troms oder glychnus zwei spruch, ain uss Exod. am 12. den andern uss 1. Corinth. 10. Cap. einfuren, da das ist ein bedeutten soll haissen, thun sy der geschrifft gewalt.

Zum ersten stet es also geschriben Exodi am 12.: Um ewer lenden solt ihr gegurdet seyn und ewere schuh an ewer fussen haben und stab in ewern henden, und sollt mit eyl essen, dan es ist des herrn passah (oder ybergang). Sych, sprechen sy, ist muss hie bedeutten haissen, dan das osterlamp oder die wyss dasselbig zu essen ist nit sunder bedeut dass passach oder ybergang. Aber sye sehen nit, dass hernach die geschrifft sich selbs usslegt und lasst das ist in seynem naturlichen werdt, legt aber das wertlin passach uss sprechendt: wan ewer kinder fragen, was haben Ir da fur ain dienst, solt jr sagen, es ist das opfer passach, unnd nit: es bedeut das passach, in dem ersten spruch als vyl sy als das opffer passach. Zum andern sagt Paulus 1. Corinth. 10.: sie trancken von dem felsen gaistlichen, der jnen nach volgt, der felss aber ist Christus. Den spruch furen sie fast für den houptspruch jrer meynung, dan sie achten, Es mög hie nit anders seyn und durch das ist verstanden werden dan bedeutten; aber sy thun dem wort Pauli gewalt. Es stet clar gnug hie: sie trancken von dem geystlichen felsen; der geystlich fels ist selb Christus, der leiblich fels bedeut wol Christum. Aber Paulus redt nicht hie von dem leyblichen: sie trancken von dem geistlichen felsen. Auch sprechen sie, lucas und paulus sagen von dem kelch: das ist der kelch des newen testaments, der kelch aber sey nit das new testament, sunder bedeut es. Sie solten ein wenig bass daruff gesehen haben, dan dass hie ein new testament wurdt genant, das legen die andern Evangelisten Mattheus und Marcus uss, sprechend: das ist das blut (nit die figur) des newen testaments. Das sin fast die höchsten gründt, daruff der wydderpartey meynung stet, aber wie gemes der geschrifft angezogen, ist schon offenbar. Kürtzlich Christus nimpt das brott und spricht: das ist mein leip, spricht nit: das ist die figur mins leyps. Er hett ja auch die sprach gekundt, wan er meynet, es wer ein figur seyns leybs, er würde es wol clar gnug gesprochen haben, es wer ein figur. Nun ist es niemantz verborgen, dass das wort uns gott und all syn gütter heym tregt, nemlich dies wort: Ich bin die Urstendt, das leben und die warheit, hat die art an im, dass uns heimtregt die ganz urstendt, das gantz leben; also auch hat Christus uns seyn leib und blut geschenckt und zu eigen geben in seynem leyden. Wer tregt aber uns solche schenck und gab heim, wer theilts uns mit und gibts uns zu eygen? Das wort thut es, Nemlich der leip ist fur uns gegeben, oder Ich gib mein leip fur euch und vergiess mein blut fur euch Das wort, dieweyl es ein wort Christi der warhait ist, muss es on zweyffel war sein. So es nu war ist, muss es uns je den leip cristi und das plut heimtragen, wie auch Oecolampadius selbs nit leugknet. Gleych wie dis wort: Ich bin das liecht, tregt uns warlich das liecht heim, Und diss wort: Ich verzeyh dir die sund, tregt uns warlich verzeyhung der Sund heim. Solt dan dis wort: Ich gib mein leip fur euch, nit auch uns mogen heimtragen sein leiplichen leip, der fur uns geben, ist je nit ein gaistlicher leip fur uns geben, sunder ein leiplicher. Nu so das wort: Ich gib mein leip fur euch, allein solchen gewalt hat, den waren leip cristi uns heimtzutragen, wolt es dan nit glychen gewalt haben, So es deuttet uff das brot sprechendt: Nempt, das ist mein leip, der fur euch geben wurdt: Was solt jme das brot fur ein craft nemen? Dartzu sagen wir nit, das wir den leiplichen leyp Cristi leiplich essen, Sunder wir essen das brot leiplich, aber den leiplichen leip essen wir gaistlich, das ist mit dem glauben. Dan zu mererem verstand reden wir also davon. Der kaysser gibt seinem Richter ein stab und spricht: Nim, das ist der gewalt zu richten. Nun ist der stab, als er ein steck ist, ein zeichen des Richters. Aber alsbald er das wort hat (Nim hin, das ist der gewalt zu richten), So ist es nit ein zeychen des gewalts, sunder der gewaldt selbs, Nit als ein steck, sunder als er das wort des kaisers hat.

Also auch brot als brot beteut cristum. Aber dieweyl das brot des nachtmals das wort hat (das ist mein leyp), so ist es der leip nit als brot, Sunder als es das wort hat.

Das wort thuts, am wort ligt es, nit am brot. Das wort hat den leip, das wort tregt den leip zu dem brot, und wie wir das wort essen, so essen wir auch den leip. Das wort wil geistlich gessen sein, So muss man je den leip auch geistlich essen. Das gaistlich essen nimpt aber dem brot nichts, Es lasst dannocht das brot den leip sein. Gleychwie der glaub petri Cristo hat lassen fleisch und plut bleyben und hats geistlich gessen, also bleipt das brot, in dem es das wort hat, der leip Cristi und will doch der leiplich leyp geistlich gessen sein. Wir horn auch das Evangelium und mussens gaistlich annemen. Aber das gaistlich annemen nimpt darumb nit dem Eusserlichen wort des Evangelii, das es nit mer leiplich oder buchstablich sey.

Es werden wol auch etlich veter herfur gezogen, so sagen, das brod beteud den leip und sey nit der leip. Es sein aber dargegen auch, die clerlich sprechen, Er sey nit allein die figur des leips, sunder sey selbs der leyp. Aber uff die veter ist nichts zu bawen, sunder uff geschrifft.

Paulus spricht, wer es unwirdig ess, der Ess das urtail, darumb das er nit unterscheid den leip Cristi, sag nit die figur des leips.
Das ist kurtzlich der grund meins glaubens. Und wo e. v. nit gnug wer geschehen, wil ich euch das selbig wo jrs begert mit merern worten darthon. Bit auch ewer vest wel hyrin Maister Martin von fürfeldt hören; wyr haben uns der sache hiezwischen nit wenig underzogen, on zwiffel nit unnutzlich. Item nit merer, dan gebyttendt zu mir als ewerem willigen zu aller zeit. Der fryd des herren sy mit euch. Amen. Datum zu Hall. Fritag nach Lucae anno XXV.

E. Veste williger und gehorsamer

Johan Brentz, prediger zu Hall.