Brödlis, Johannes – An Friedli Schuhmacher und die Christen zu Zollickon

Dem frommen Friedli Schuhmacher zu Zollickon und andern seinen lieben Mit-Brüdern in Christo zu Zollickon.

Johannes ein Diener Jesu Christi, beruft das Evangelium Jesu Christi zu verkündigen, durch den Willen Gottes des Vaters, den frommen Christen und Beruften von Gott der Christlichen Versammlung zu Zollikon, Gnad und Fried von Gott dem Vater und unserm Herren Jesu Christo. Ihr wisset, liebe Brüder! wie ich euch das Wort Gottes, dieweil ich bey euch war, treulich klärlich, einfältiglich verkündiget, und nicht darmit gehandlet habe, wie die untreue Weinschencke, die da Wasser in den Wein schütten; Ihr wisset, wie ich Muth gehabt habe, bey euch zu wohnen, mit meiner Hand zu arbeiten, und niemand zu beschwehren; Ihr wisset auch, wie ich um der Warheit willen von euch vertriben worden nach dem Willen des Herren; Ihr wisset endlich, wie ich euch so treulich vermahnet habe, daß ihr nicht von der Gnade abfallet, in welcher ihr beruft waret. Gott wolle, daß ihr noch darinnen seyet! Ich bezeuge noch heut zu Tag Himmel und Erdreich, daß ich euch die Warheit gelehret habe: bestehet ihr in derselbigen Warheit, so seyt ihr Gottes, und er ist euer und ihr seyt seelig; fallet ihr aber ab, so seyt ihr Kinder der Verdamniß, und Gott ist weit von euch, und ihr seyt elend, und Waisen, los, und werdet eine jede Mucke fliehen. O wie einbrünstig ist mein Hertz gegen euch gewesen, da ich diese Dinge anfieng an euch zu schreiben? O wie gern wollte ich laut geschryen haben? Ich bitte Gott ernstlich, daß ihr in dem Glauben bestehet. O wie gern wollte ich bey euch seyn, damit ich euch ermahnen möchte, daß ihr bestündet? Ich habe gehört, daß etliche Brüder sollen gefangen seyn. Gott wolle, daß sie frölich seyen in Gott, wie ich auch bin! O wie einbrünstig und lustig bin ich gewesen, da mich Gott hieß von euch gehen? Ja, ja, ich bin frölich darvon gegangen; Ja, ja, ich habe nicht geweinet, da ihr alle von mir waret, sondern gesungen. O wie frölich wird ich seyn, wenn mich Gott wiederum wird heissen zu euch gehen? Da ich an die Spanweid kommen bin, ist Christus zu uns kommen, ja Christus in den Seinen. Denn ein frommer Bruder von Bern, Nahmens Christen, ist bis gen Kloten mit uns, und darnach am andern Tag wieder von uns gegangen. Ja, ja ich bin offt auf dem Wege geschlipfft, aber nicht gefallen. Ja, ja da wir über Eglisau kommen sind, hatte ich und der Wilhelm uns das Leben verschätzet. Ich halte darfür Gott habe es abgewandt. Wir kamen von der rechten Strasse, und giengen denselbigen halben Tag irre, ja durch Stöcke und Studen. Gott aber hat es also wollen. Zunacht kamen wir zu frommen Leuten, und endlich nach Hallau. Ich habe mein Weib und Kinder da gelassen, wir hingegen sind nach Schaffhausen gegangen, ja wir haben unseren lieben Bruder Conrad Grebel daselbst gefunden. Wir sind bey den Doctoren beyden gewesen, und haben mit ihnen zu Nacht geessen. Ja Doctor Sebastian ist einhellig mit uns gewesen des Tauffes halber. Gott wolle, daß es besser um ihn werde in allen Dingen! Wir sind wiederum von Schaffhausen gen Hallau gekommen; Am Tage darnach gieng der Wilhelm, und der Merger gen Waldshut; ich bin zu Hallau geblieiben. Der Wilhelm ist noch nicht zu mir gekommen, ich weis auch nicht wenn er gekommen ist; Der Merger weiß es vielleicht. Ich habe am nächsten Sonntage nach der Liechtmesse zu Hallau öffentlich geprediget, und eine grosse Ernd daselbst gefunden, aber wenig Schnitter. Das Volck hat ernstlich begehrt, mich zu hören, und begehrt es noch heutigs Tages. Die Pfaffen sind, wie sie mögen. Der Antichrist regiert noch hefftig unter dem Volcke. Bittet Gott für sie, daß er sie erleuchten wolle. Ich habe eine gute Herberge bekommen, und das Volck thäte gern das beste, aber der Hagel hat sie gar sehr beschädiget, und leiden viele einen grossen Mangel. Es ist meine ernstliche Bitte an euch, Liebe Brüder! Daß ihr mir mein Fleisch und den Ancken((Butter)), samt dem Wein schicken wollet. Mag es seyn, oder mag es nicht seyn, schicket mir doch das Fleisch und den Ancken. Ich förchte, ich könne nicht lange hierselbst bleiben, denn es sind alle Dinge theuer. Ich wollte am liebsten bey euch seyn, wenn es seyn möchte. Thut als getreue Brüder Christi; ich kan nicht mehrers sagen. Ich kan euch nicht mehr heissen von meinen Sachen zu schiken, weil ich nicht weis, wie lange ich hier bin. Ich wollte gern, daß ihr mir den Wein und das kleine Kinder-Pfändlein schicktet. Mein Weib bittet euch, daß ihr derselbigen ein Pfund Baumwullen und zwey Kämblein schicket, was es kostet wollen wir euch ausrichten. Schicket auch dem Weibe die schwartze Unter-Jüppe und mir des Carolstads Büchlein. Das übrige behaltet mir in Friedli Schumachers Hause. Schicket der Frauen zwey Ermel und mir meine Schuhe rc.

Liebe Brüder! beharret in dem Glauben, der Liebe und Hoffnung! Lasset euch niemand abschrecken. Welcher euch ein ander Evangelium prediget, denn ich euch geprediget habe, der seye ein Fluch. Wenn es seyn mag, so schicket einen Bruder zu mir, der mir sage, wie es um euch stehe, dann es wundert mich vast. Grüsset einandern mit dem Kusse des Friedens! Hütet euch vor einem jeden Bruder, der da unordentlich handlet, und nicht nach dem, so er und ihr gelernt habet! Hütet euch vor den falschen Propheten, die um den Sold predigen! Fleuhet sie! Ermahnet ihr einander und bleibet in der Lehre, die ihr empfangen habet. Der Friede Gottes seye mit euch allen Amen.

Johannes Brödlein, Euer Diener in Christo, jetzt wohnend zu Hallau.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten Des Schweitzerlandes
Johann Conrad Füßlin.
Erster Theil.
Zürich, bey Conrad Orell und Comp.
1741
und Leipzig bey Joh. Fried. Gleditsch.

Giger, Gabriel – Brief an die Wiedertäuffer in Zollikon

Fried und Gnad sey mit euch von Gott dem Vater und unserem HErren JEsu Christo, der sich vor unsere Sünden gegeben hat, damit er uns errettete von dieser gegenwärtigen argen Welt nach dem Willen Gottes unseres Vaters, welchem seye Preiß von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Meine liebe Brüder! lasset es euch nicht unbillich vorkommen, daß wir so lange nicht schreiben, dann es geht keine Wochen vor, wir müssen vor die Wölfe. Aber wir lassen euch wissen, lieben Brüder! daß Gott in dem einfältigen Volke wunderlich würke. Ich glauben, es seyen zu St. Gallen gar viele in der christlichen Tauffe getauft, deßgleichen in dem Appenzellerlande und in des Abts Gerichten. Nichts mehr, dann bittet Gott vor uns, daß er euch und uns unsere Sünden nicht wolle zurechnen und seine Gnade nicht entzeuhe, Amen. Grüsset mir Uli Merger, Heinrich Gigli, Georg Schad, Rutsch Hottinger, Jacob Hottinger und alle Schwestern und Brüder zu Zollikon. Es sind wohl fünfhundert Menschen in der christlichen Tauffe getauft in der Stadt und auf dem Lande.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen- Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes; Herausgegeben von Johann Conrad Füßlin. Dritter Theil. Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1747.

Eines Wiedertäuffers Nachricht an die Brüder und Schwesteren des Schweitzerlandes von Hinrichtung einiger ihrer Secte zu Rothenburg am Neckar und denen darbey vorgefallenen Wunderzeichen.

//Diese neue Zeitung hat Wilhelm den Täuffern zu Zollikon, Grüningen, Basel und Appenell zugeschickt; ob der Verfasser der oft erwähnte Wilhelm Reublin gewesen, lasse ich dahin gestellt seyn. Einmahl war derselbige von Rothenburg gebürtig. Uebrigens ist diese Execution in dem Jahr 1527. vorgegangen.//

Zu Heuw sind sechszehen Männer und eilf Weiber gefangen und etwas Zeits in dem Gefängnisse behalten, hernach die Fremden, als der Michel ((Michael Sattler)) sammt seinem Weibe, der Mathias Kürßner von St. Gallen und Vit Fering von Rothenburg von den Rittern gen Binsdorf geführt und in die Thürne daselbst geleget worden. Dieselbigen haben ein Blutgericht zu Rothenburg angesehen und zwey Männer von Gretzingen, zwey von Ueberlingen, zwey von Villingen, zwey von Tübingen, und zwey von Rothenburg verordnet, welche am Freytag und Samstag in der vierten Wochen vor Pfingsten dasselbige Gericht besetzet, für welches bemeldte vier Personen sammt den Gefangenen von Rothenburg, nemlich sieben Männer und acht Weiber gestellt worden. Vor diesem Gericht wurde über den Michel eine grausame Klag geführet. Zum ersten: Er sey ein Ketzer, ein Bößwicht, und ein Verführer der Christen. Zum andern: Es sey von dem heiligen, priesterlichen Stand und Sacrament wider Gottes und der Römischen Kirche Satzung und Geboten abgetreten. Zum dritten: Er sey von den höchsten Gelübden gefallen und hab ein Weib zur Ehe genommen. Zum vierten: Er habe die Sacramente verschmähet und zerstöhret, als die heilige Oehlung, die Tauffe, das heilige Sacrament des Leibes und Blutesw JEsu Christi. Es wurden ihm andere Artickel mehr fürgehalten und über ihn geklaget, daß er als ein Ketzer an Leib und Leben solte gestraft und verurtheilt werden.((Laut Sebastian Franks Ketzer-Chronik waren das u.a. diese: Man solte allerdings auch der Obrigkeit nicht schweeren; ein Christ möchte keine Obrigkeit seyn, die das Schwerd führe oder gebrauche; wenn der Türk in das Land käm, solte man ihm keinen Widerstand thn, dann es sey in keinen Weg recht oder ziemlich zu Kriegen; wenn Kriegen recht wäre, wollten sie (die Wiedertäuffer) lieber wider die vermeynten Christen ziehen, als wider den Türken rc.))

Michel gab selbst auf alles Antwort mit sanften und christlichen Worten über alle und jede Artickel. Er gründete und hielt sich allein an dem Worte Gottes des A. und N. Testamentes. Er bezeugete, wenn er aus demselbigen überwunden würde, wollte er gern die Straffe leiden; Wenn er aber seine Sach mit dem göttlichen Worte und der Wahrheit erhielt und ausführete, solte er billich ungestraft bleiben, rc. Er begehrte hiermit die Bibel, die Gelehrten und alle Christen auf Erden, denen wollte er seines Glaubens Richterin seyn. Es wurde ihm aber nicht gestattet. Darzu sprach der Herren Fürsprech, der Stadtschreiber von Ehingen: Der Diebshenker müßte mit ihm disputiren, zog sein Schwerd halb aus der Scheide und sprach: Wenn du nicht abstehest, will ich dich selbst mit diesem Schwerd richten, wormit ich hoffe Gott einen Dienst zu thun. Darmit satzte er seine Sache zum Rechten. Michel aber erwehlte nicht zu weichen, sondern eher zu leiden und befahl sich Gott und seinem Willen, mit vielen christlichen Worten.

Hernach ergieng das Urtheil: Daß Michel auf den Marck geführet werden, ihm die Zunge abgehauen, darnach sechs Griffe mit glüenden Zangen auf ihn gethan und er mit lebendigem Leibe in ein Feuer geworffen und zu Pulver verbrand werden solle. Ihn tröstete seine Schwester vor vielen Fürsten und Herren mit Freudigkeit. Nach dem Urtheil ward er wiederum in den Thurm geleget vom Samstag biß auf den Montag. Was Angst, Kampf und Streit Fleisch und Geist mit einandern gehabt haben, ist unbegreiflich. Er ward an demselbigen Tage ausgeführt und der Anfang gemachet mit Aushauung der Zunge, hernach ward ihm sein Leib mit glüenden Zangen gegriffen. Er lobete aber Gott auf der Wallstatt sehr; da er mit Seilen auf die Leiter gebunden war, ermahnete er das Volk zur Besserung, Buß und Forcht Gottes. Hernach die Herren, insbesondere den Schultheiß, daß er eingedenk wäre, was er in geheim aus Liebe mit ihm geredt hätte. Hierauf ergab er sich williglich Gott dem Herren. Es ward ihm ein Säcklein mit Pulver an den Halß gehänget und er also in das Feuer geworffen. Als das Pulver versprang, und man meynte, er wär schon tod, fieng er mit heller Stimm oft und dick an zu Gott im Himmel zu schreyen. Da er lange also schrye, ward er im Feuer ledig und hob seine Aerme und an jeder Hand die zwey vorderstedn Finger empor zum Allerhöchsten und schrye mit gewaltiger Stimme: Vater in deine Hände befehl ich meine Seele und beschloß also sein Leben. Der Herr sey gelobet in Ewigkeit! Amen. Seine rechte Hand hat man nicht verbrennen mögen, das Herz auch nicht, biß daß der Henker dasselige in Stücke zerhauen hat, da dann das Blut hoch gegen den Himmel aufgesprungen ist. In der Nacht hat männiglich Sonn und Mond an derselben Wallstatt gesehen stehen, drey Stunde an einander und güldene Buchstaben darinnen. Der Schein war so hell, daß jedermann vermeynt, es wär mitten in dem Tag. Dieses haben die Gewaltigen bey dem Eid zu sagen verboten, und haben unterstanden die Sach zu unterdrüken, es hat aber nicht helffen mögen.

Weiter sind vier, nemlich Mathis Kürßner, Stoffel Schumacher, Michel Lenzi, und der alte Geiger an demselbigen Tage des Abends ausgeführt worden und haben sich so christlich und steif gehalten im Glauben und dem göttlichen Worte, haben auch einandern christlich zugesprochen und sich getröstet. Als sie zu der Wallstatt gekommen, ist alsobald ein Reitender gekommen und hat ihnen (nach menschlicher Weise) zugesprochen: Wenn sie von ihrer Sache stehen wollen, seyen sie durch des Markgrafen Gnad erlößt. Sie antworteten, Gottes Gnad wär ihnen lieber als der Menschen, und darum soll sie ihr Leben nicht hintern, noch aller Welt Gut. Hierauf sind sie mit frölichem Herzen niedergekneuet und sind ihnen die Häupter abgeschlagen worden. Der Matthis wurde noch einmahl angestrengt, da die drey andern vor ihm lagen: Er solle doch sein Leben erretten, abstehen und Gnad begehren. ER sagte schnell, nein. Das will Gott nimmermehr. Hätte ich sieben Köpfe, ich wollte sie alle darhalten um des Namens Christi willen. Solchennach kneuete er nieder, befahl seine Seele Gott in seine Hände und beschloß also mit den anderen sein Leben.

Am Mittwochen ward des Michels Frau ausgeführt auf den Neckar. Sie hat mit keinen menschlichen Gnaden noch Worten von ihrem Glauben mögen abgewandt werden, sondern hat mit grossen Freuden den Tod angenommen, und in starkem Glauben erlitten. Gott sey gelobt! Also ist sie ertränkt worden.

Die übrigen Weiber und Männer sind alle zu Rothenburg abgestanden und haben wiederruft durch einen geschwohrnen Eid, darbey sie zwey Finger in die Bibel legen müssen. Sie haben bejaen müssen, daß Christi Fleisch und Blut im Sacrament des Altars sey; item daß die Kinder-Tauffe gerecht sey und daß sie glauben, was die Römische Kirche aufgesetzt, sey recht und dasselbige wollen sie halten, glaubenn und dem nachkommen. Einem jedem wurde ein krauer Rock angelegt und auf die Brust ein Kelch und Oblate gemahlet, auf die Seite aber ein Taufstein. Darbey mußten sie aus dem Land schweeren und daß sie keine Nacht in demselbigen bleiben wollten.

Es sind noch vierzehen andere, über welche erkandt worden, daß sie sollen angenommen werden. Es hat sich auch in der Fasten begeben, daß vier Brüder in einem bösen Thurn zu Rotenburg gefangen gelegen sind, und mit einem Brod-Messer durch die Mauer, hernach vierzehen Schuhe hoch durch die Erde übersich gebrochen haben. Von diesen ist einer, Martin Schühli, abgefallen, und hat sich schriftlich bekennen müssen, geirret zu haben, welches den andern Brüdern vorgelesen worden, jedoch hat sie es nicht bewegt, daß sie abgestanden wären.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten Des Schweitzerlandes
Johann Conrad Füßlin.
Erster Theil.
Zürcih, bey Conrad Orell und Comp.
1741
und Leipzig bey Joh. Fried. Gleditsch.

Zweyter Brief Johannes Brödlis an Friedli Schumacher und die von Zollickon

An Fridli Schumacher und andere fromme Christen in Zollickon.

JOhannes ein Diener Jesu Christi durch den Willen Gottes, den frommen Christen und Brüdern, die da zu Zollickon wohnen, und den Gläubigen in Christo Jesu. Gnad und Friede seye mit euch von Gott dem Vater und unserm Herren Jesu Christo. Liebe Brüder! ich weis nicht, was ich euch schreiben soll, oder ob ihr noch in dem Glaube seyt, wie ich euch gelassen habe, oder nicht. Ich habe euch vor vierzehen Tagen auch geschrieben, aber ich habe keine Antwort von euch empfangen. Ich weis nicht, ob euch der Brief zugekommen, oder nicht. Ist er euch zugekommen, so ist eine kleine Liebe Gottes in euch; ist er euch aber nicht zugekommen, will ich mich zum besten verstehen. Es sind zwey Briefe in einandern gelegen. Der erste hat dem Wirt beym Salmen zugehört. Der andere euch. In demselbigen Brief ist vieles, das ich jezt der Kürtze wegen will unterwegen lassen. Was soll ich euch sagen? Mein Hertz ist bekümmert und betrügt in Christo um euertwillen. Ich höre sagen, welches mir sehr übel gefällt, daß euer etliche vom H. Glaube und dem Worte Gottes, das ihr bekandt habet, und darüber ihr getaufft worden, abgefallen seyen. Zum andern, daß diejenigen, die gefangen gewesen, das Zeichen der Tauffe verläugnet, und ihnen ein Zihl haben setzen lassen, welches klärlich, wie ihr wisset, wider das Wort Gottes ist. O weh dem zeitlichen Gut, dann es hinderet euch! Christus zeiget es an im Evangelio. Im ersten Briefe ist meine ernstliche Bitte an euch gewesen, und ist jezt noch, wenn immer Christen unter euch sind, daß ihm mir mein Fleisch schicket oder bringet, deßgleichen den Ancken und den Wein; über dieses der Frauen Baumwolle, zwey Kämblein, die schwartze Unterjüppe, zwey Ermel, das Hals-Göller und mir die Bibel. Das übrige sollet ihr mir behalten und versorgen. Weiter sollet ihr wissen, daß ich zu Hallau bin und schon vier Predigen gethan habe. Aber niemand will davon wissen, daß sie mir nachgefraget haben. Das Volck ist begirrig das Wort Gottes zu hören, aber der Hirt ist halb und halb. Er ist ein geitziger und ein Hurer. Das Volck thäte gern das beste, aber sie sind arm. Der Hagel hat alles beschädiget, deßwegen alle Dinge theuer sind. Ich bin in einer Herberg, da ich alle Wochen zwy Costnizer-Batzen geben muß. Es stehet allenthalben übel; man gebeut ihnen die Fasten zu halten rc. Ich bitte euch, seyt ihr Christen, so bleibet vest. Ich bitte euch, daß ihr mir helffet, damit mir der Eid nachgelassen werde. Wenn ihr das beste darbey thut, mag es wol geschehen. Schreibet mir wiederum, was eure Meinung seye, und wie es um die Brüder stehe. Man saget, einige hätten das Creutz geflohen, und sich verborgen, welches mich fast Wunder nimmt, ob es wahr seye. Der Wilhelm ist seither von mir gekommen, und jezt zum letsten wieder von mir gegangen, und ich weis nicht, wo er ist. Er ist betrübt, wie ich, in Christo um euertwillen. Lasset euch diesen Bot befohlen seyn. Er ist ein guter Christ, ein frommer Mann, der auch von dem Hagel beschädiget worden, und um das Allmosen hat herum geben müssen. Gebet ihm etwas, damit ihm geholffen werde! Schicket mir gewiß die Bibel! Stehet in dem Glaube! Lasset euch niemand abschrecken, so wird euch Gott, der da starck ist, stärcken! O wie starck, höre ich, daß mein Bruder Mantz seye, und der Görg, aber besonders der Felix Mantz? Gott seye gelobt! Conrad Grebel ist betrübt, aber in Christo. Wilhelm ist neulich bey mir gewesen. Ich ermahne euch bey dem Worte und Glaube, den ihr einmal empfangen habet, zu bleiben. Seyt ihr noch darinnen, so schicket einen frommen Bruder zu mir, nebst dem, so ich euch gebeten. Richtet ihr den Bot nicht aus, so schreibst mir, so will ich ihn ausrichten. Grüsset einandern mit dem Kusse des Friedens. Gott und seine Gnade seye mit euch.

Johannes Brödlein euer Bruder in Christo hat dieses mit seiner eigenen Hand geschrieben.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten Des Schweitzerlandes
Johann Conrad Füßlin.
Erster Theil.
Zürcih, bey Conrad Orell und Comp.
1741
und Leipzig bey Joh. Fried. Gleditsch.