Calvin, Jean – An Madame de Coligny in Chatillon.

Nr. 742 (C. R. – 4003)

Vom Nutzen des Krankseins.

Madame, dass mein letzter Brief Ihnen ohne meine Unterschrift gesandt wurde, ist nicht aus Unbedacht oder Gleichgültigkeit meinerseits geschehen, sondern weil Herr Beza es sehr eilig hatte, der, während ich krank lag, die Briefe nahm und, ohne zu sehen, ob Unterschrift und Datum darauf stehe, sie versiegelte und einpackte. Doch es genügt ja, dass Sie errieten, von wem der Brief war; denn meine persönliche Unterschrift hätte nichts besonders Hübsches mehr dazugetan. Indessen will ich ein andres Mal besser darauf achten. Im Übrigen, Madame, danke ich Gott, dass er Ihnen wieder Genesung geschenkt hat von einer Krankheit, von der man wohl fürchten konnte, sie könnte zum Tode führen. Ich war freilich nicht in Sorge, gerade deswegen, aber ich habe doch stets Ihrer gedacht, denn mit gutem Recht liegen sowohl der Herr Admiral wie Sie allen wahren Dienern Gottes besonders am Herzen, zu denen ich hoffentlich auch gehöre, wiewohl ich der Unwürdigste unter ihnen bin. Sie wissen, Madame, wie wir unsern Gewinn suchen müssen aus den Züchtigungen, die wir von der Hand unseres guten Vaters empfangen, und auch aus der Hilfe, die er zur rechten Zeit wieder sendet. Sicher sollen alle unsere Krankheiten uns nicht nur demütigen, indem sie uns unsere Gebrechlichkeit vor Augen stellen, sondern sie sollen uns auch zur Selbstprüfung veranlassen, damit wir unsere Schwachheit erkennen und unsere Zuflucht zu seiner Barmherzigkeit nehmen. Sie sollen uns aber auch als Arznei dienen, die uns frei macht von den Leidenschaften dieser Welt und wegätzt, was überflüssig ist in uns. Sie sind ferner auch Botschaften vom Tode und sollen uns lehren, unsere Füße frei zu machen, um auszuziehen, wenns Gott gefällt. Indessen lässt er uns auch jedes Mal, wenn er uns davon befreit, seine Güte schmecken, wie es ja auch Ihnen, Madame, ganz nützlich war, die Gefahr zu erkennen, in der Sie waren und von der er Sie nun erlöst hat. So müssen Sie mit St. Paulo schließen: Welcher uns von solchem Tode erlöset hat und noch täglich erlöset, der wird uns auch hinfort erlösen [2. Kor. 1, 10]. Und so fassen Sie umso mehr Mut, sich in seinen Dienst zu stellen; denn bedenken Sie wohl, dazu hat er Sie erhalten. Ich bin sehr froh, dass der Herr Admiral sich entschließt, bei nächster passender Gelegenheit an den Hof zu gehen. Ich hoffe, diese Reise wird von großem Nutzen sein in verschiedener Beziehung, und wir bitten Gott, er wolle ihm Glück zur Reise geben.

Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, empfohlen halte, bitte ich unsern Gott und Vater, er wolle Sie stets in seiner Hut halten, Sie reich machen an seinen Geistesgaben, Sie allezeit leiten, damit sein Name an Ihnen gepriesen werde.

Genf, 5. August 1563.

Calvin, Jean – An Madame de Coligny in Gand.

Nr. 596 (C. R. – 3021)

Das Gerücht hatte ein Freilassung Colignys gemeldet, in Wirklichkeit hatte es sich nur um eine Übersiedelung des Gefangenen ins Schloss Gand gehandelt. Colignys war der Connetable Montmorency, ein leidenschaftlicher Hugenottenfeind (vgl. 364); Colignys Bruder Odet Chatillon, der schon seit seinem sechzehnten Jahre Kardinal war, schloss sich selbst später dem Protestantismus an; mit dem, der „so wohl begonnen hat“ usw. ist d´ Andelot gemeint.

Mahnung zur Geduld im Leiden.

Madame, das Gerücht von der Befreiung Monseigneurs hat uns für recht kurze Zeit Freude gemacht, und umso größer war dann unser Bedauern, hören zu müssen, dass unser Wunsch und unsere Meinung getäuscht worden waren. Aber wiewohl es nun anders gekommen ist, so müssen Sie doch in der Tat beweisen, was die Schrift uns lehrt, nämlich dass der Glaube lange warten kann, und dass uns nicht befohlen ist, geduldig zu sein etwa ein bis zwei Jahre, sondern unsere Leidenschaft im Zaume zu halten, bis die gelegene Zeit kommt [Jak. 1, 4. 5, 7, 8], und stets unsere Zuflucht zu nehmen zu dem, der ein Ende machen kann. Ihn sollen wir bitten, dass er uns erhöre, unsere Schwachheit trage und, solange wir nach seinem Willen leiden sollen, uns stärke zur Festigkeit. Das ist die Hauptsache in unserm Leben, dass wir dazu kommen, uns in aller Ergebenheit und Demut in seinen Willen zu finden; denn das bringt mit sich, dass er sich ruhig an uns freuen kann, dass wir gefangen sind unter seinem Gehorsam, ja dass wir willig sind, uns ihm zu opfern, zu sterben oder zu leben, wie er es mit uns machen will. Ihre jetzige Trübsal ist ja nicht einmal so hart, dass Sie nicht mancherlei hätten, Ihre Traurigkeit zu verringern, so dass Sie ruhig bleiben können, bis Ihr Leid sich wendet. Doch bitte ich Sie, Madame, auch fest zu bleiben gegen die Angriffe, die weiterhin noch auf Sie unternommen werden können. Denn welche Neigung Ihr Gemahl auch zeigt, sich ganz Gott zu widmen, so fürchte ich doch, er könne darin noch wankend gemacht werden durch das Murren und Drohen seines Onkels oder das Zureden seines Bruders. Denken Sie daran, dass es Ihre Pflicht ist, ihm durch Ihr Beispiel zu helfen, dass er Mut fasst. Wir wollen auch unsrerseits Gott bitten, dass er ihm größeren Mut gibt als dem, der so wohl begonnen hatte, aber nicht gleichermaßen fortfuhr. Jedenfalls kann uns, soviel Schwierigkeiten wir auch sehen, die Verheißung genügen, die uns gegeben ist, dass Gott es versehen und allem abhelfen wird, so dass wir keiner Versuchung unterliegen, sondern so sehr ans ewige Leben denken und uns daran halten, dass uns die Welt nichts mehr ist und wir zum mindesten durch sie wandeln wie Fremdlinge und stets den Spruch im Gedächtnis behalten: wir sollen unserm Herrn Jesu gleich werden im Leiden, auf dass wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden [Röm. 8, 7].

Und nun, Madame, will ich mich ergebenst Ihrer Gewogenheit empfehlen und den Vater der Barmherzigkeit bitten, er wolle Sie behüten, Ihnen immer mehr seiner Geistesgaben geben, Sie aufrecht erhalten mit seiner Kraft und Ihnen die Gnade schenken, dass Sie ihm dienen und ihn ehren bis ans Ende.

27. Februar 1559.

Calvin, Jean – An Charlotte de Coligny in Fort de l´ Ecluse.

Nr. 579 (C. R. – 2951)

Charlotte de Coligny, geb. de Laval, teilte offenbar ihres Mannes Gefangenschaft und bewog ihn, zum evangelischen Glauben überzutreten.

Vom Segen der Trübsal.

Madame, wenn die Traurigkeit, die Sie bei der Gefangennahme Ihres Herrn Gemahls empfanden, auch hart und bitter für Sie war, so hoffe ich doch, Sie werden zum Teil wenigstens bereits an ihren Früchten erkannt haben, dass Gott Ihnen eine solche Heimsuchung nur gesandt hat zu Ihrem Wohl und Seelenheil, und das muss ja all unser Leid versüßen und uns geduldig machen, so dass wir uns Gott gutem Willen friedlich unterwerfen. Wir müssen es merken, dass er nicht nur unseren Glauben prüft, sondern auch, wenn er uns den trügerischen Lockungen und Lüsten dieser Welt entzieht, uns seine Güte schmecken und seine Hilfe spüren lässt und uns sozusagen unter seine Flügel sammelt, damit wir mit David sagen können, dass unser höchstes Gut ist, ihm anzuhangen [Psalm 16, 5]. Tatsächlich ist es ja schwer, wenn wir, wie man sagt, glücklichen Wind im Segel haben, dass unser Herz in seiner Freude sich nicht verliert, und es ist kein Wunder, dass es nicht oft vorkommt, dass jemand, der lang im Glücke lebt, sich hält in der Furcht Gottes. Gerade eben um seine Kinder im Zaum zu halten, schickt ihnen Gott allerlei Trübsal. Ja wir sehen, selbst David brauchte solche Arznei, denn er bekennt, dass auch er, als es ihm wohl ging, sich selbst mehr zuschrieb, als er durfte, und nicht mehr daran dachte, dass seine ganze Kraft darauf beruhte, sich auf Gott zu stützen [Psalm 30, 7]. Ich zweifle nicht daran, dass auch Sie seit einem Jahre gemerkt haben, dass diese Züchtigung Ihnen nützlicher war, als Sie es sich je hätten denken können, bevor Sie sie erfahren hatten, und daran spüren wir, dass, obwohl wir das so genannte Unglück gemein haben mit Ungläubigen und Weltmenschen, Gott doch das segnet, was wir zu leiden haben und es so zu unserem Besten wendet, dass wir uns stets trösten, ja uns freuen können in unserem Leid. Ja, Sie müssen auch erkennen, dass es Gott noch gefallen hat, schonend mit Ihnen umzugehen, wenn Sie sehen, wie viel schärfer er viele andere behandelt, die doch nicht einmal irgendeine Erleichterung in ihrem Schmerze haben. Das geschieht, damit Sie umso leichter aus seiner Mahnung Nutzen ziehen können, ohne durch Güter und Ehren dieser Welt aufgehalten zu werden; ja, wenn es ihm gefallen sollte, Ihnen davon wieder mehr als bisher zu geben, dass Sie sich dann hüten, Ihr Herz daran zu verlieren, vielmehr alle zeitlichen Güter nur so brauchen, dass Sie nicht gehindert werden, nach Höherem zu trachten. Wenn uns ja wirklich auch alles nach Wunsch ginge ohne alle Trübsal, so müsste uns doch schon die Kürze dieses Lebens zeigen, dass es hienieden nur ein trübseliger Aufenthalt ist. Wie dem auch sei, Madame, werden Sie nicht müde, einem so guten Meister zu dienen und einem so lieben Vater sich unterzuordnen im Bewusstsein, dass unsere größte Weisheit ist, sich von ihm führen zu lassen und darauf zu warten, dass er uns heimholt zur ewigen Ruhe. Man zieht zwar heutzutage den Hass der Menschen auf sich, wenn man ihn rein ehren will; aber erzürnen Sie lieber jedermann, um ihm allein zu gefallen, als dass Sie vom rechten Wege weichen, um dem Hass und dem Murren der Welt auszuweichen. Es ist ja auch nur recht, dass wir uns ganz ihm hingeben, der uns so teuer erlöst hat, und nach der Liebe, die er uns erwiesen, müssen wir seine Gnade höher schätzen als alle Gunst der Welt. Damit, Madame, empfehle ich mich ergebenst Ihrer Wohlgewogenheit und bitte den lieben Gott, er wolle Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen Geist, Sie reich werden lassen an geistigen Gütern und Sie stärken in unüberwindlicher Standhaftigkeit.

4. September 1558.