Luther an Myconius
Gnade und Friede in Christo! Ihr schreibt gar betrübte Dinge von D.(Draconites), lieber Friedrich, aber wie des Menschen Art ist, so sehe ich nicht, was ich rathen kann. Ich habe aber doch ziemlich ernst an ihn, wie mir dünkt, geschrieben, ob etwas helfen würde. Er schreibt Entschuldigungen zurück, aber die nichts taugen; von denen ich geschrieben, daß ich sie nicht einmal hören wollte. Ich sehe auch nicht, was es nütze, wenn die Sache hundertmal nach Hofe käme und durch des Fürsten Ansehen versucht würde. Er hat einen Kopf, der wenn er nicht vom Himmel geändert wird, so wird weiter nichts herauskommen, als daß er uns immer vorsinge: Gebuet hin, gebeut her; gebeut hin, gebeut her. Ich halte indessen, daß man ihn bis zur Kirchenvisitation warten lassen müsse. Unter der Zeit muß man ihn mit der ungeduldigsten Geduld tragen. Der Herr sei mit euch! und betet ihr für mich armen und schwachen Mann. Wittenberg, Sonnabends nach Himmelfahrt, 1528.
Martin Luther
Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde.
Siebenter Band, Erstes Hef
Jena
Friedrich Frommann
1867