Luther, Martin – An Herzog Johann Friedrichen zu Sachsen

31.3.1521

Von den guten Werken Christi und seinem Schlafen.

I. H. F. G. H. E. Fürstl. Gnaden Schrift und Inhalt habe ich unterthäniglich empfangen, nemlich von den guten Werken Christi und seinem Schlafen. Nun ists wahr, man lieset im Evangelio nicht mehr als einmal, daß er geschlafen habe, welches E. F. G. meldet. Sollt man aber alle seinen Schlaf geschrieben haben, was wolt vor ein Buch daraus worden seyn. Ist gnug, daß einmal angezeigt ist die natürliche wahre Menschheit in dem Stück. Er hat wol mehr mal gebetet, gefast, gangen, geprediget, Wunderzeichen gethan, denn im Evangelio stehet, wie Joh. ult. klar schreibet: Etliche aber seyn geschrieben uns zu lernen und gläubig zu machen rc. Daß aber er allezeit des Vaters Wohlgefallen gethan habe, ist wahr, es hat dem Vater sein Essen, Trinken, Schlafen, alles wohlgefallen, als die allerhöchste Wunderwerke. Denn der Vater siehet nicht die Werke, sondern den Willen in Werken an, wie ich das im Buche von guten Werken habe überflüßig gelehret. Es ist nicht Noth zu gläuben, daß Christus am Creuze den ganzen Psalm: deus, deus meus, respice, mündlich gebetet habe, doch auch nicht unchristlich, ob jemand das gläube. Es stehet das alles in gutem freyen Wahn eines jeglichen, denn die Schrift sagt nichts davon, so ist andern nicht Noth zu glauben. Ich überschicke E. F. G. hiermit das angefangene Magnificat, der vierte Quatern lieget noch in der Presse, ich muß solches lassen verzogen werden bis auf meine Wiederfahrt, denn E. F. G. siehet, wie ich, auf den Reichstag gefordert, alles muß liegen lassen. Hilft mir GOtt wieder zu Hause, soll es E. F. G. gar schnell haben. Hiermit befehl ich mich E. F. G. welche GOtt lasse seiner Gnaden befohlen seyn, Amen. Zu Wittenberg am Ostertage (den 31. Martii) 1521.

unterthäniger
Martin Luther

Dr. Martin Luthers
sowol in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte
und aus der letztern in die erstere übersetzte
Sämtliche Schriften.
Ein und Zwanzigster Theil
herausgegeben von
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Johann Justinus Gebauer.
1749