Luther an Wolfgang Stein.

11.10.1524

D. Wolfgango Stein, servo Christi in aula ducis Saxoniae, Vimariae.

Gnad und Friede in Christo. Mein Herr! Ich wollte wohl einen Prediger gen Rall von hinnen zufügen. Weil aber dieser Er Lorenz, der unser Brigitten aus der Marter helfen kann, dunket mich das Beste, daß er von dem Schöffer und Rath zu Eissenberg Zeugnuß nehme, und neben dieser meiner Schrift durch euer Mittel meinem gn. Herrn werde angeben. Denn er mir nicht ubel gefällt, soferne ich ihn kenne. Wolts aber nicht sein, will ich einen guten verschaffen. Euer Schrift sampt den Schriften Carlstad und der Orlamunder hab ich empfangen, auch das Schmuckbuchlin de actis zu Orlamunde rc. Es schadt nicht; sie suchen, Gott wird sie aber finden. Ihr gläubt nicht, wie der Mensch Carlstad in Schweizen, Preußen, Behemen und allen Orten anschlägt und Nest suchet, wie ich euch ein andermal schreiben will. Da siehet man, was Geist und Bauch ist. Grußt mir eur Costa, und bitte fur mich. Am Dienstag nach Dionysii 1524.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Fünfter Band.
Briefe vom September 1524 – Dezember 1526
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1893

Wolff von Salhausen – Brief an Martin Luther

Ain Sendtbrief Er wolffen von Salhawsen an D. Marti. Luther.

Gnad vnd fride in Christo/ Wirdiger vnnd Hochgelerter Herr Doctor/ vnd bruder in Christo. Es hat bey vns Tetzschen ainen grossen widerstandt vnser prediger/ von etlichen/ die auch der schrifft gewyß sein wöllen/ Sonderlich in zwayen Puncten. Erstlich sagt vnd leeret vnser prediger/ wie das das Gesetz den kindern/ vnd den bößen gegeben sey/ vnd so sy das nicht lernen/ nicht hören/ auch nicht halten wöllen/ So seind die Elltern vnd Oberkait schuldig die selbigen zu treyben/ auch mit straff/ das sy es lernen/ hören vnnd halten. Wider solche leere seind ettliche/ hardtstarrige/ vnd sprechen/ Christus habe Matth. x. gesaget/ Geet vnd prediget das Euangelion rc. Er habe nicht gesaget/ prediget das Gesetz/ Den Juden sey das Gesetz gegeben/ nicht vns Hayden/ der halben vns das gesetz/ Aber die Zehen gebott/ nicht angehen. Moses soll auch nicht vor dem Euangelion geprediget werden/ Sonder der glaube bringe alles mit jm/ vnd lerne/ was wir thun vnd lassen sollen.

Es sagt auch vnser prediger/ das das Euangelium vnd Christliche Freyhait/ solchen menschen/ nichts nütz sey/ die also leben on alles gesetz/ in jrem aygen willen/ denn der flayschliche mensch/ kan das nicht fassen/ der frid hab auch nit statt zu ruwen bey jm. Derhalben/ so die oberkait/ solchen menschen/ die alle Christliche freyhait/ in ain flayschliche freyhait ziehen vnnd brauchen/ nicht wöret vnd strafft/ So wölle der PRediger/ den staub von schuchen schlahen/ vnd daruon gehen. Er spricht auch/ das die Euangelischen prediger nicht rechte ordnung halten/ die des gesetzs art vnnd krafft nicht trewlich dem volck fürtragen vor dem glauben.

Derhalben mein lieber herr Doctor/ bit euch freüntlich/ auß Christlicher trew/ jr wöllt mich schrifftlich vndterrichten/ wie wir vns in disen stucken halten sollen/ Ob auch die oberkait/ auß götlichem beuelch/ die/ so das gesetz/ weder eusserlich noch innerlich/ vnnd doch des glaubens rümen/ halten/ zu strafen habe/ vnd zu treyben das sy hören/ lernen/ vnnd halten/ was Gott jn eusserlich zu thun/ gegen sein nechsten gebotten hatt.

Das ander leeret vnser Prediger/ nyemants kumme zu Gott/ Got geb nyemandts den glauben/ er habe dann zu vor das gantz gesetz gehalten. So er es nicht gehalten hat/ muß er sich vor Got bekennen/ das ers schuldig ist gewest zu halten/ vnd Gott bitten vmb vergebung. In sollicher vergebung schenckt jm gott den glauben/ vnd geschicht dem gesetz genug/ durch Christum. Dise alle obenuerzaychneten puncten/ sagen jr vil/ es sey irrthumb geprediget/ den Christen vnnöttig zu wissen/ denn der glaub lernet alle ding. Darumb/ wie oben gebetten/ bitt ich noch ain schrifftlich vndterricht/ vns allen zu gut. Hie mit Got beuolhen. Euch zu dienen bin ich allzeyt willig. Geben zu Tetzschen/ am Mitwoch nach Michaelis/ Im M.D. xxiiii. jar.

Aus einem Brief des Franz Kolb an Martin Luther

Brief vom 28.8.1524 aus Wertheim

Ich will Dir mein Verfahren schildern, verbessere Du die Unwissenheit, die ich gerne bekenne; an großem Eifer wenigstens fehlt es mir sicherlich nicht. So lange man nicht des Erlösers Worte einfach und ganz allein gelten läßt, gibt es für die Evangelischen keine Einigkeit. Darum unterlasse ich, nach gehaltener Preidgt, die bisher gebräuchlichen Zurüstungen zum heiligen Abendmahl, trage das Sündenbekenntniß, das Vater Unser und das christliche Symbol: Ich glaube an Gott u.s.w. – in deutscher Sprache vor, während ich vor dem Altar knie. Dann stehe ich auf, weihe blos mit Jesu eigenen Worten Brod und Kelch, und theile sie meinem Kaplan und den übrigen Brüdern und Schwestern mit. Nach der Kommunion halte ich noch eine kurze anrede an das Volk, damit es mit Danksagung gegen Gott von dannen gehe. Was ferner die Taufe betrifft, so fordere ich dabei zuerst die Anwesenden auf, mit mir die Knie zu beugen, und das Gebet des Herrn zu beten; dann spreche ich das Glaubensbekenntniß, ermahne sie, das Kind seiner Zeit christlich zu erziehen, und nachdem ich die Pathen gefragt, wie es heißen solle, spreche ich: N. N. ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, Amen.

Zwingli, Leo Judä und ich haben uns für die bildliche Erklärung dieser Worte entschieden, so gut als sie da stattfinden muß, wo Christus spricht: Ich bin der wahre Weinstock. Auch versichert ja das Evangelium, das Fleisch sei nicht nütze, nur der Geist mache lebendig.

Luther, Martin – Ein Sendbrieff an die ersamen und weysen Herrn Burgermeyster / Rhatt und gantze Gemeyn der Stadt Mulhausen.

Den ersamen und weysen herren Burgermeyster / Rhat und gantzer Gemeyn der Stadt Mulhausen / meynen lieben herrn und guten freunden.

Gnad und frid in Christo Jhesu unserm heyland. Ersamen weysen lieben herren / es haben mich gute freund gebeten / nach dem es erschollen ist / wie sich eyner / genannt Magister Thomas Muntzer / zu euch in ewr stat zu begeben willens sey / euch hierinnen treulich zu raten und warnen vor seiner lere / die er auß Christus geist hoch rhumet / zu hutten / welch ich dann als mich Christliche trew und pflicht vermanet / euch zu gutt / nicht hab unterlassen wollen / war auch gar willig und geneigt gewest / weyl ich heraussen bin in landen selbst personlich euch zu ersuchen. Aber mein gescheft im truck zu Wittenberg mir nit weytter zeit noch raum lest / Bit derhalben / wollet gar fleyssig euch rursehen vor disem falschen geyst und propheten / der in schaffs kleydern daher gehet / und ist inwendig eyn reyssender wolff. Dann er hat nun an vilen orten / sonderlich zu Zwickaw / und yetzt zu Alstedt / wol beweiser was er für eyn baum ist /weyll er keyn ander frucht tregt / dann mord und auffrhur / und blutvergiessen anzurichten / darzu er denn zu Alstedt öffentlich gepredigt / geschriben und gesungen hat. Der heylig geyst treybt nicht vil rhumens / sondern richtet grosse ding zuvor an / ehe er rumet. Aber diser geyst hat sich nu bey dreyen jaren trefflich gerhumet und auffgeworffen und hat doch biß her nicht eyn thetleyn thon / noch eynige frucht beweyset / on das er gerne morden wollt / wie ir des gutte kuntschafft beyde von Zwickaw und Alstedt haben mugt / Auch sendt er nur landtlauffer / die Gott nicht gesandt hat (dann sie kunnens nicht beweysen) noch durdi menschen beruften sind / sondern kumen von in selbst / und gehen nicht zu der thur hineyn / Darumb thun sie auch / wie Christus vor von denselben sagt / Johannis. Alle die vor mir kumen sind / die sind dieb und morder. Über das vermag sie niemandt / das sie anß Hecht weiten und zur antwortung stehen / on bey ires gleichen / Wer in zuhört und volget / der heyst der außerwelt gotes sun / wer sie nit hört / der muß gotloß seyn / und wollen in todten. Wie doll ding aber ire lere sey/were vil zu sagen/ Aber es wurdt bald an tag kumen Wollen euch aber solch meyne rede nit bewegen / so thut doch also / und volziehet die sach mit eim aufschub / biß ir es baß erfart was es für kinder sind. Denn es ist angangen / es wirt nicht lang im finstern bleyben. Treulich meyne ichs mit euch / das weiß got / unnd wolt ewer fahr und schaden gerne zuvorkummen / wo es Got wolt / des hoff ich solt ir mir selbst gut zeugnus geben. Denn ich mich ya rhumen kan in Christo / das ich mit meyner lere und ratt nyemandt ye keyn schaden gethon hab / noch gewolt / wie diser geyst furhat / Sonder bin yederman trostlich und hulftlich gewesen / daß ir disen meynen ratt ye billich nicht ursach habt zu verachten. Wo ir aber solchs veracht / den propheten annemet / und euch ungluck darauß entspringt / bin ich unschuldig an ewerm schaden / dann ich euch Christlich und freundtlich gewarnet hab. Es neme in ein ersamer ratt für sich auch vor der gantzen gemeyn (kan es geschehen) und frage in wer in her gesandt oder geruffen hab zu predigen / Es hatt ye der ersame rhat nicht gethon. Wenn er dann saget / Got und sein geyst hab in gesand / wie die Apostel / So last in dasselb beweysen mit zeychen und wunder / O der weret im das predigen / Denn wo Gott die ordenliche weyß will endern / so thut er alwegen wunderzeychen dabey. Ich hab noch nie geprediget noch predigen wollen / wo ich nicht durch menschen byn gebeten und beruften / Dann ich mich nicht berhumen kan / das mich Gott on mittel von hymel gesandt hat / wie sie thun / und lauften seibert so sie doch niemandt sendet noch ledt (wie Hieremias schreybt) Darumb richten sie auch keyn guts an. Gott gebe euch seyn genad / seynen götlichen willen treulich zu erkennen und zu volbringen / A. zu Weynmar am sontag Assumptionis Marie.

Martinus Luther.

Luther, Martin – An einige Klosterjungfrauen. 1524

Wittenberg. 6 August 1524.

Den freien Klosterjungfrauen, meinen lieben Schwestern in Christo, geschrieben freundlich:

Gnad und Fried in Christo Jesu unserm Heiland! Liebe Schwestern, ich habe eure Schriften jenes mal und das Mal empfangen, und euer Anliegen vernommen, hätte auch längst Antwort geben, wo ich wäre angeregt und Boten vorhanden gewesen wären, denn ich sonst viel zu tun habe.

Erstlich habt ihr recht wohl verstanden, daß zwo Ursach sind, Klosterleben und Gelübde zu verlassen: die eine ist, wo man die Menschengesetz und Klosterwerk mit Zwang fordert, und nicht frei lässet, sondern will damit die Gewissen beschweret haben; hier ist’s Zeit, das man auslaufe, und lasse Kloster und alles fahren. Ist’s nun bei euch also, daß man euch der Klosterwerke nicht will frei lassen, sondern die Gewissen damit zwingen, so ruft euere Freunde an, und laßt euch heraus helfen, und bei sich (so es die Obrigkeit leiden will) oder anderswo versorgen. Wollen die Freunde oder Eltern nicht, so laßt euch sonst gute Leute dermaßen helfen, unangesehen, ob die Eltern darüber sollten zürnen, sterben oder genesen. Denn der Seelen Heil und Gottes Wille soll über alles gehen, wie Christus spricht. [Matth. 10:37]: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert.“

Wollen euch aber die Schwestern frei lassen, oder zum wenigsten das Wort Gottes lassen lesen oder hören, so müßt ihr wohl darinne bleiben, und das Klosterwerk mit ihnen tun und halten, gleich als Spinnen, Kochen und dergleichen, daß ihr kein Vertrauen drein setzet.

Die ander Ursach ist das Fleisch: wiewohl hierin das Weibervolk sich schämet, solches zu bekennen, so gibt’s doch die Schrift und Erfahrung, daß unter viel tausend nicht Eine ist, Der Gott Gnade gibt, reine Keuschheit zu halten, sondern ein Weib hat sich selber nicht in der Gewalt. Gott hat ihren Leib geschaffen bei einem Mann zu sein, Kinder tragen und ziehen, wie die Worte klar lauten 1 Mos. 1, und die Gliedmaß des Leibes, von Gott selbst dazu verordnet, ausweisen. So nämlich als Essen, Trinken, Schlafen und Wachen ist von Gott also geschaffen: also will er auch natürlich, daß Mann und Weib bei einander ehelich sein sollen; darum ist dieses genugsam, und soll sich niemand des schämen, dazu ihn Gott geschaffen und gemacht hat, wo sich’s befände [Von uns ergänzt], daß es die hohe seltsame Gnade nicht hat, herauszugehen und tun, wozu sich’s findet geschaffen. Solches werdet ihr alles reichlich und genugsam lesen und lernen, wenn ihr heraus kommt, und rechte Predigten hören werdet. Denn ich hab’s jetzo überflüssig in dem Buch von Klostergelübden, item, von Menschenlehre zu meiden, item, im Sermon vom ehelichen Leben, item, in der Postilla, bewäret und beweiset, welche so ihr leset, werdet ihr aller Sachen, es sei Beicht, oder ander Ding, Unterricht genug finden, daß es viel zu lang und nicht nötig ist zu schreiben, weil ich mich versehe, ihr werdet aus dem Kloster ziehen, so diese zwo Ursachen oder Eine euch trifft, wie ihr denn klagt in der ersten. Ist’s Sache, daß das Kloster einmal zu rechter Freiheit kommt, kann wohl einziehen, welche Gnade und Lust dazu hat, gleichwie jetzt der Rat zu Bern in Schweizern hat das berühmteste Kloster Königfelden aufgetan, und lassen frei herausgehen, bleiben und einziehen, welche Jungfrau will, und geben ihr mit, was sie mit hineingebracht haben. Hiermit Gott befohlen, und bittet für mich. Geben zu Wittenberg, am Tage Sirti Martyris 1524.

 

Hans Zeysens, Schöffers zu Alstedt, Schreiben an Ge. Spalatinum

Hans Zeysens, Schöffers zu Alstedt, Schreiben an Ge. Spalatinum, Mitwochs nach Alexii 1524. abgelassen, und die von ihm gesuchte Verhör Thomä Müntzers betreffend, aus Zeysens eigenhändigem Exemplar.

Salutem, meyn lieber Her, sonderlicher Freundt, wie ich euch am nechsten zur Lochau gebeten, wie ich dan auch vnsern gnedigsten Hern, dozumal schrifftlich ersucht bericht habe, das von großen nothen sey, das magister Thomas verhort werde, als habt ir zugesagt, euch des zu bevleissenn, vnnd, so bald mein gnedigster Herdaßmals von der Jagt kemen, getreulich anzubrengen. Nun ist es von grossen nothen, das eß forderlich vnnd bald geschee, wie uf nechts auch Doctor Bruckenn hie bericht habe, das er sich beclagt, man wolle in nit horen, noch verhoren, vnnd wirdt seine lere also hie vmb außgebreytt vnter den gemeyn man, dodurch sie sich auch rotten, vnnd mit der predigt darauff dringt. Es ist groß zeit diese sach mit der vorheer fürtzunemen, dan geschiehts nicht, so ist contemptus principum vorhanden, ist zu besorgen, das sich das volck mit hauffen zusamen wirt werffen, wie er dan offentlich prophezirt, das wird placknn vnnd rawben, vnnd ein solicher vnlust in diser art werden, dovon nie abort, dorumb kert vleys an, das ein tag zu eyner offentlichen verhore angesetzt werde, zu erfarn, ob sein lere recht sey, befyndt sichs, das sie rechtschaffen ist, darob zu halten, wue nit, solichs fuglich abzuschaffen, dan vnerhort eine anderung zu machen, ist nicht zu thun. Das volck hengt vest an im, er thett nechst vor mein g. Hern baden furstl. hie ein sermon, den schick ich euch hiebey, er hat dem cantzler zusagt, vff vnsers gnedigsten Hern beuehel kein dingk drucken zulassenn, seine f. G. oder m. g. H. Hertzog Hannß haben es dan besichtigt, kert vleis an, das er furbeschieden werde, es were gein weymar, erffert oder sonst an gelegene stette, er will allerley volck dobey habenn, wie ir vielleicht bericht seytt, den brieff zu sittichbach habe ich Er Volckmarn zustellen lasßen. Domit beuihel ich euch vnnd mich got dem almechtigen. Datum eylendts mitwochen nach Allexii Anno rel. XXIIII°. Ich bit Euer freundtliche anttwort.

Hans zeys
schosser zu alstedt.

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Johann Erhard Kappen
Kleine Nachlese
Einiger, größten Theils noch ungedruckter,
Und sonderlich
zur Erläuterung
Der
Reformations-Geschichte
nützlicher Urkunden
Anderer Theil
Leipzig
Bey Joh. Friedrich Brauns, sel. Erben, 1727.

Luther, Martin – An Hans Schotten, im Mai 1524.

Dem Gestrengen und Festen, Hans Schotten, Ritter rc., meinem lieben Herrn und Freund, Martinus Luther.

Gnade und Friede in Christo, unsern Herrn und Heiland. Gestrenger lieber Herr und Freund! Da ich vom ehelichen Leben anfing zu schreiben, besorgte ich wohl, es würde mir gehen, wie es jetzt geht, daß ich mehr damit würde zu schaffen gewinnen, dann sonst mit meiner ganzen Sachen; und wenn man sonst nirgend an spüren könnte, daß der eheliche Stand so göttlich wäre, möchte allein das genugsam sein, daß sich der Welt Fürst, der Teufel, so mannigfaltig dawider sperre, wehrt mit Händen und Füßen und allen Kräften, daß ja der Hurerei nicht weniger, sondern mehr werde. Ich habe vorhin geschrieben wie der Eltern Gehorsam so groß sei, daß ein Kind ohne ihren Wissen und Willen sich nicht verloben noch verehelichen solle, und wo es geschähe, die Eltern Macht haben, solches zu reißen. Nun fahren die Eltern herum zu sehr auf diese Seiten, und fangen an, ihre Kinder zu hindern und aufzuhalten nach ihrem Muthwillen, und (wie ihr mir neulich auch ein Stück erzählt), zu zwingen, die oder den zu nehmen, da keine Lust noch Liebe hinziehet: daß ich abermals hier meinen Rath und gute Meinung gezwungen werde auszulassen, ob jemand sich darnach richten und trösten möchte. Hiemit Gottes Gnaden befohlen. Amen.

Das erste, daß die Eltern die Kinder zur Ehe zu zwingen kein Recht noch Macht haben.

Es ist gar viel ein anderes, die Ehe hindern oder wehren, und zur Ehe zu zwingen oder dringen; und ob die Eltern gleich im ersten, nämlich die Ehe zu wehren. Recht und Macht hätten, so folgt daraus nicht, daß sie auch Macht haben, dazu zu zwingen; dann es ist je leidlicher, daß dir Liebe, welche zwei gegen einander haben, getrennt und verhindert wird, denn daß zwei zusammen getrieben werden, die weder Lust noch Liebe zusammen haben; sintemal dort eine kleine Zeitlang Schmerzen ist, hier aber zu besorgen ist eine ewige Hölle und alles Unglück das ganze Lebenlang. Nun spricht St. Paulus, 2 Cor. 10, 13., daß auch die allerhöchste Gewalt, nämlich das Evangelium zu predigen, und die Seelen zu regieren, sei nicht von Gott gegeben zu verderben, sondern zu bessern. Wie viel weniger sollte dann die Gewalt der Eltern oder irgend eine andere Gewalt gegeben sein, zu verderben, und nicht vielmehr allein zu bessern?

Darum ist das gewiß, daß väterliche Gewalt ein solch Ziel und Maß hat, daß sie nicht weiter sich strecket, dann so fern sie dem Kinde ohne Schaden und Verderben, sonderlich der Seelen sei. Wenn nun ein Vater sein Kind zur Ehe dringet, da das Kind nicht Lust noch Liebe hin hat, da tritt er über, und übergeht seine Gewalt, und wird aus Vater ein Tyrann, der seine Gewalt braucht, nicht zur Besserung dazu sie ihm gegeben ist von Gott, sondern zum Verderben, dazu er sie ihm selbst nimmt ohne Gott, ja wider Gott.

Desselben gleichen, wo er sein Kind verhindert, oder so läßt gehen, daß er ihm nicht gedenkt zur Ehe zu helfen, als sichs wohl begibt zwischen Stiefvater und Kindern, oder zwischen Waisen und Vormündern, da der Geiz mehr trachtet nach des Kindes Gut, denn nach seiner Nothdurft; da ist wahrlich das Kind frei, und mag thun als wäre ihm sein Vater und Vormünder todt, sein Bestes gedenken, sich in Gottes Namen verloben und versorgen, aufs Beste es kann. Doch so ferne, daß das Kind den Vater zuvor darum ersuche, oder ersuchen und ermahnen lasse, daß es gewiß sei, wie der Vater oder Freund nichts wolle dazu thun, oder mit vergeblichen Worten immer und immer aufziehen; dann in solchem Falle läßt der Vater seine Pflicht und Gewalt anstehen, und gibt das Kind in Gefahr seiner Ehre oder Seele: darum hat er verdienet, und ist billig, daß man nach ihm auch nicht frage, der nach deiner Ehre und Seele nicht fraget. Sonderlich dient dieß daher, wo die Freunde sich sperren, den armen Nonnen zu helfen zur Ehe, wie sie jetzt thun, und fragen weder nach Ehre noch Seele ihres Gelübdes: da ist genug ihnen angesagt, und darnach immerfort in die Ehe, im Namen Gottes, Freund zürnen oder lachen darum.

Aber der größte Knoten in dieser Frage ist wohl der: Ob ein Kind schuldig sei dem Vater gehorsam zu sein, der es zur Ehe oder zu der Person dringt, da es nicht Lust dazu hat? Denn daß der Vater daran Unrecht, und als ein Teufel oder Tyrann thut, nicht als ein Vater, ist leichtlich beschlossen und verstanden; aber ob das Kind solche Gewalt und Unrecht leiden solle, und solchem Tyrannen folgen, da stößt es sich, weil Christus Matth. 5, 39, 40. 41. öffentlich und dürr gebeut: Man soll dem Bösen nicht widerstehen, und zwei Meilen gehen mit dem, der eine Meile fordert, und den Mantel zum Rock fahren lassen, und auch den andern Backen herhalten. Daraus will folgen, daß ein Kind soll und muß solchem Unrecht gehorchen, und nehmen, wozu ihn solch tyrannischer unväterlicher Vater zwinget.

Hierauf antworte ich, wann man diese Sache bei den Christen handelt, so ist hier dem Ding bald gerathen. Dann ein rechter Christ, der dem Evangelio folget, weil er bereit ist, Unrecht und Gewalt zu leiden, es treffe auch Leib, Gut oder Ehre an, es währe kurz oder lang oder ewig, wie Gott will, der würde sich freilich nicht weigern noch wehren, solche gezwungene Ehe anzunehmen, und würde thun als einer, der unter den Türken oder sonst in Feindes Hand gefangen, müßte nehmen, welche ihm der Türk oder Feind zutrüge, eben so wohl als wann er ihn ewig in einen Kerker legt, oder auf eine Galeere schmiedet; wie wir davon haben ein trefflich Exempel an dem heiligen Erzvater Jakob, dem seine Lea ward mit allem Unrecht wider seinen Willen zugedrungen, und er sie doch behielt, wiewohl ers für den Menschen nicht wäre schuldig gewesen, ob er sie gleich mit Unwissen beschlafen hat; dennoch litt und duldet er solch Unrecht, und nahm sie ohne seinen Willen (1 Mos. 29, 23.).

Aber wo sind solche Christen? Und ob Christen wären, wo sind sie, die so stark sind als dieser Jakob war, daß sie solches über ihr Herz möchten bringen? Wohlan, mir gebührt nichts zu rathen noch zu lehren, ohne was christlich ist, in dieser Sache und allen andern. Wer diesem Rathe nicht folgen kann, der bekenne seine Schwachheit vor Gott, und bitte um Gnade und Hilfe, eben sowohl, als der, der sich fürchtet und scheuet zu sterben, oder etwas anderes zu leiden um Gottes Willen, das er doch schuldig ist, und zu schwach sich fühlet, dasselbe zu vollbringen, denn da wird nicht anders aus, das Wort Christi muß bleiben: Sei zu Willen deinem Widersacher, dieweil du mit ihm auf dem Weg bist (Matth. 5, 25.).

Es will auch nicht helfen die Ausrede, ob man wollte sagen, aus solcher gezwungener Ehe wird kommen Haß, Neid, Mord, und alles Unglück; denn Christus wird bald dazu antworten: da laß mich für sorgen, warum trauest du mir nicht? Gehorchest du meinem Gebot, kann ichs wohl machen, daß der keines kommt, das du fürchtest, sondern alles Glück und Heil; willst du auf ungewiß, zukünftig Unglück mein gewiß glückselig Gebot übertreten? Oder willst du Uebel thun, auf daß Gutes geschehe? Welches Paulus verdammt, Röm. 3, (8.). Und obgleich gewiß Unglück künftig und schon vorhanden da wäre, solltest du um deswillen mein Gebot nachlassen, so du doch schuldig bist, Leib und Seel zeitlich und ewiglich um meinet willen in die Schanze zu geben?

Doch den schwachen Christen, die solches Gebot Christi nicht halten könnten, wollte ich also rathen, daß gute Freunde bei dem Fürsten, Bürgermeister, oder andern Obrigkeit suchten und erwürben, daß solchem Vater seines freveligen Unrechts und teuflischer Gewalt gesteuert, und das Kind von ihm errettet, und er zu rechtem Brauch väterlicher Gewalt gezwungen würde. Dann wiewohl Unrecht zu leiden ist einem Christen, so ist doch auch die weltliche Obrigkeit schuldig, solch Unrecht zu strafen und zu wehren, und das Recht zu schützen und handzuhaben.

Wo aber die Obrigkeit auch säumig oder tyrannisch sein wollte, wäre das die letzte Hülfe, daß das Kind flöhe in ein anderes Land, und verließe Vater und Obrigkeit, gleichwie vor Zeiten etliche schwache Christen flohen in die Wüste vor den Tyrannen, wie auch Elias der Prophet floh in Aegypten vor dem König Jojakim, und die hundert Propheten, auch Elia selbst, vor der Königin Isebel (1 Kön. 17, 5., Kap. 18, 4., Jerem. 26,21.). Außer dieser dreien Stücken weiß ich einem Christen keinen andern Rath zu geben. Die aber nicht Christen sind, die lasse ich hierinnen schaffen, was sie könnten, und was die weltlichen Rechte gestatten.

Das Andere, daß ein Kind sich nicht soll verehelichen noch verloben, ohne Willen und Wissen seiner Eltern.

Wiewohl ich davon in der Postille auch geredet habe, so muß ich es doch hier wiederholen. Hier steht gewaltiglich und fest das vierte Gebot Gottes: Du sollst Vater und Mutter ehren, und gehorsam sein. Darum lesen wir auch kein Exempel in der ganzen Schrift, daß sich zwei Kinder selbst mit einander verlobt haben, sondern allemal geschrieben steht von den Eltern: Gebt euern Töchtern Männer und euern Söhnen Weiber, Jer. 29, (6.); und 2 Mos. 21, (9.) saget Moses: Wo der Vater dem Sohn ein Weib gibt rc. Also nahmen Isaak und Jakob Weiber aus väterlichem Befehl (1 Mos. 24, 1. rc.; Kap. 29, 23. 28.). Daher auch der Brauch gekommen ist in aller Welt, daß die Hochzeiten oder Wirtschaften öffentlich, mit Wohlleben und Freuden ausgerichtet werden, damit solche heimliche Gelübde verdammt werden, und der Ehestand mit Wissen und Willen beider Freundschaft bestätigt und geehrt wird. Dann auch Adam, der erst Bräutigam, seine Braut Heva nicht selber nahm, sondern wie der Text klärlich ausdrückt: Gott brachte sie vor zu ihm, und also nahm er sie an (1 Mos. 2, 22.).

Das ist aber alles geredet von solchen Eltern, die sich väterlich gegen das Kind halten, wie droben gesagt ist; dann wo sie das nicht thun, sind sie gleich zu halten, als wären sie nicht Eltern, oder wären todt, und das Kind frei, sich zu verloben und verehelichen, welchem es gelüstet. Denn aber halten sie sich nicht väterlich, wann sie sehen, daß das Kind erwachsen, und zur Ehe tüchtig und geneigt, und doch nicht dazu helfen und rathen wollen, sondern ließen es wohl immer so hingehen, oder auch dringen oder zwingen, geistlich oder keusch zu leben; wie bisher der Adel mit seinen Töchtern gefahren, und sie in die Klöster verstoßen hat.

Denn die Eltern sollen wissen, daß ein Mensch zur Ehe geschaffen ist, Früchte seines Leibes von sich zu ziehen, sowohl als ein Baum geschaffen ist, Aepfel oder Birnen zu tragen, wo Gottes hohe sonderliche Gnade und Wunder die Natur nicht ändert oder hindert: darum sind sie auch schuldig, den Kindern zur Ehe zu helfen, und aus der Gefahr der Unkeuschheit zu setzen. Thun sie das nicht, so sind es nicht mehr Eltern, so ist das Kind schuldig, sich selbst zu verloben (doch zuvor dasselbe angesagt, und der Eltern Lässigkeit beklagt), und ihm selbst aus der Gefahr der Unkeuschheit, und in den Stand, dazu es geschaffen ist, zu helsen, es gefalle Vater, Mutter, Freunden oder Feinden.

Auch wo es so fern kommt, daß über das Gelübde sie heimlich ein Leib geworden sind, ists billig, daß man sie zusammen lasse, und väterliche Gewalt die Hand abthue. Wiewohl im Gesetz Mosis Gott auch in solchem Falle das Kind dein Vater vorbehielt, wie 2 Mos. 22, (16,17.18.) stehet: Wann eine Dirne beschlafen wird von jemand, soll er sie begaben und zur Ehe behalten, will aber der Vater nicht, so soll er ihr die Morgengabe ausrichten rc. Aber zu der Zeit lag nicht viel an der Jungfrauschaft; weil aber bei unsrer Zeit ein großer Ekel ist, eine verruckte1) zu nehmen, und gleich für eine hohe Schande gerechnet wird, daß also das andere Theil dieses Gesetzes Mosis, von väterlicher Macht über die verruckte Jungfrau, demselben Kinde gefährlich und schädlich ist: so bleibt billig das erste Theil, daß sie der behalte, der sie geschwächet hat.

Daß aber Jemand wollte vorgeben: hat der Vater Gewalt, des Kindes Gelübde und Ehe zu hindern und zerreißen, so hat er auch Gewalt, ihm die Ehe zu verbieten, und zu der Keuschheit zu zwingen antworte ich: Nicht also. Ich habe daroben gesagt, ein Mensch sei geschaffen nicht vom Vater, sondern von Gott, daß er essen, trinken, Frucht haben seines Leibes, schlafen und ander natürliche Werke thun soll, welches steht in keines Menschen Gewalt zu ändern. Darum ist es gar viel ein anders, die Ehe mit dieser oder der Person hindern, und die Ehe gar absagen; denn gleichwie der Vater mag gebieten, daß sein Kind dieß oder das nicht esse oder trinke, hier oder da nicht schlafe: so kann er doch nicht wehren, daß es gar ohne Essen und Trinken und Schlaf bleibe, ja er ist schuldig, dem Kinde Essen, Trinken, Kleider, Schlaf und Alles zu versorgen, für des Kindes Noth und zu seinem Besten; und wo er das nicht thut, so ist er nimmer Vater, und muß und soll es das Kind selber thun.

Also auch hat er Macht zu wehren, daß sein Kind diesen oder den nicht nehmen, aber gar keinen zu nehmen, hat er nicht Macht, sondern ist schuldig dem Kinde einen zu geben, der ihm gut und füglich2) sei, oder sich versehe, daß er ihm füglich sei: thut er es nicht, so muß und soll das Kind selbst sich versorgen. Wiederum, kann er auch ohne Sünde sich seines Rechts und Gewalts verzeihen, und wann er treulich gerathen und gewehret hat, dem Kinde seinen Muthwillen lassen, daß es ohne Vaters Willen nehme, welchen es will; denn wer kann alles Unrecht wehren, wo man gutem Rath und treuer Meinungen nicht folgen will? Gleichwie Isaak und Rebekka ließen ihren Sohn Esau machen, wie er wollte, und Weiber nehmen, die ihnen nicht gefielen, 1. Mos. 28, (9.). In solchem Falle hat der Vater genug gethan seiner Pflicht und väterlicher Schuld, und ist nicht Noth, daß er es mit Schwert und Stangen wehre; Gott wird des Kindes Ungehorsam und Muthwillen wohl finden und treffen.

Summa Summarum, solche Sachen geschehen nach zweierlei Recht, christlich oder menschlich. Christlich soll es also zugehen, daß auf beiden Theilen Will und Wissen sei, daß der Vater sein Kind hingebe, nicht ohne Willen und Wissen des Kindes; wie geschrieben steht, 1 Mos. 24, (57. 58. 59.), daß Rebekka zuvor darum gefragt ward, und ihr voll Wort und Willen darein gab, daß sie Isaaks Weib sein sollte; wiederum, das Kind auch nicht ohne Wissen und Willen des Vaters sich vergebe. Geschiehts aber menschlich, und nach dem strengen Recht, so mag der Vater das Kind hingeben, und das Kind ist schuldig, ihm zu gehorchen, und der Vater hat Macht zu zerreißen das Gelübde, so das Kind gethan hat, und das Kind hat nicht Macht, sich hinter dem Vater zu verloben.

Will aber ein Theil christlich fahren, nämlich der Vater, so mag er sich seines Rechtes verzeihen, und das Kind lassen sich seines Muthwillens und Ungehorsams walten, und nach gethanem treuen, väterlichen Widerstand, Warnung und Rath, sein Gewissen entschuldigen, und dem Kind sein Gewissen lassen beschweret sein, wie wohl mehr Ungehorsam manchmal manche heilige Väter haben von ihren Kindern geduldet, ohne ihren Willen, und die Sache Gott heimgeben. Geschiehts aber weder menschlich noch christlich, sondern teuflisch, als, wenn der Vater mit Gewalt dringt zur Ehe, da kein Herz zu ist im Kind: so gedenkt dasselbige Kind, der Türk habe es gefangen, und müsse dem Feinde zu Willen leben, oder wo es mag, so entrinne es, wie gesagt ist.

Das sei diesmal zu einem Sendbriefe genug, es wird vielleicht die Sache selbst noch wohl mehr heraus zwingen, wie man soll dem Recht nach, und nicht allein dem Evangelio nach handeln. Anno 1524.

1) geschwächte
2) passend, angemessen.

Quelle:
Luthers Volksbibliothek Zu Nutz und Frommen des Lutherschen Christenvolks ausgewählte vollständige Schriften Dr. Martin Luthers, unverändert mit den nöthigen erläuternden Bemerkungen abgedruckt. Herausgegeben von dem Amerikanischen Lutherverein zur Herausgabe Luther’scher Schriften für das Volk Siebenter Band St. Louis, Mo. Druck von Aug. Wiebusch u. Sohn. 1862

Wolf Christoph von Wiesenthau an Luther und Melanchthon, Ostern 1524

Den Erwirdigen und hochgelarten Herrn Martino Luther, Doctor, und Philippo Melancton Mgr, beiden Larern der Göttlichen Schrifft in Wittenberg, vnsern Lieben Freunden Herrn und Brüdern in Christo.
sämtlich und sonderlich.

Unser freundlich vnd willig Dienst zuvor, Günstigen lieben Freund, Herrn und Brüder in Christo! NAchdem die Zeit vor Augen, daß Gott der Allmechtig sein ewig Wort und Evangelium in die Hertzen der Menschen seiner Creaturen will scheinen lassen, das wir zu empfahen mit Hülff und Gabe Gott des heiligen Geistes, so vern wir Immer mögen, begierig, aber an den Wegwaysern bisher großen Mangel gehabt, Ist uns gegenwärtiger Burchardus Leykham, den (wie wir hoffen) aus dem verdampten Profeß Francisi (uns zu pesserung) geuordert, den wir denn ein zeit lang enthalten, vnd zu künftigen Ecclesiasten probiret und erwelt, vnd damit wir auch wohl fundirt im heiligen Evaugeli und Wort Gottes vnderwisen werden, berathschlagt und beschlossen, denselben Burcharden wohl gegründt zu machen, wie wir uns versehen bey euch zu finden, vnd ist demnach unser freuntlich und Brüderlich Bitt, Ir wollet Ine um vnser willen, zu Merung Christenlichs Glaubens günstigen bevohln haben, vnd wo es ihm mangelt, Brüderlich vnderweysen, damit wir und unser zuegewant zu seiner Wiederkunfft vns seiner Lere zu unser Seelen Seeligkeit gepessern mögen. Das wollen wir, neben der Belnung, so Ir von Gott ewiglich empfahnn werdet, vnsers Vermögens allezeit, mit allem Fleiß, verdienen.
Datum am heiligen Oster-Tag Anno 1524
Wolf Christoph von Wiesenthau, Amtmann, Bürgermeister, Rath und Gemain zu Swobach

Beiträge zur Bayerischen Kirchengeschichte
herausgegeben von D. Theodor Kolde
ord. Professor der Kirchengeschichte an der Universität Erlangen
5. Band.
Erlangen 1899
Verlag von Fr. Junge.

Luther an Herzog Johann von Sachsen

5.4.1524

Dem Durchleuchtigen Hochgebornen Fursten und Herrn, Herrn Johans, Herzog zu Sachsen, Landgraf in Duringen und Marggraf zu Meissen, meinem gnädigen Herrn.

Gnade und Friede in Christo. Durchleuchtiger, hochgeborner Furst, gnädiger Herr! Auf E. F. G. Schrift hab ich unterthäniges Fleißes verschafft, daß Er Johan Groe, weiland Pfarrherr zu Cronach, vom Bischofe zu Bamberg vertrieben, darumb daß er eine Jungfrau, frumm, zuchtig Kind, mit Willen und Wissen ihrer Eltern zur Ehe genommen, soll inwendig vierzehn Tagen sich zu Weymar einstellen, das Predigampt zu versorgen. Denn er fast ein vernunftiger, sittiger, stiller Mann ist, nu zwei Jahre bei uns gewesen, mit dem Weibe in aller Zucht und Ehren gelebt, daß ich hoffe, E. F. G. soll ein Gefallen an ihm haben, und er jedermann lieb und werth sein werde. Auch hat ich Er Wolffgang Stein gebeten, bei E. F. G. ein Geleitsbrief zu erlangen fur einen armen verjagten Priester unter E. F. G. Herrschaft zu Arnbach. Bitte unterthäniglich, E. F. G. wollt meine Bitte gnädiglich erhören, und dem armen Mann solch sicher Geleit lassen mit Gnaden geben, umb der armen Kindlin willen, die sein Weib hat müssen da lassen. Das wird Christus erkennen, welchs Gnade und Stärke sei mit E. F. G. ewiglich, Amen. Zu Wittemberg am Dienstag nach Quasimodogeniti 1524.

E. F. G.
unterthäniger
Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Vierter Band.
Briefe vom September 1522 – August 1524
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1891

Hubmaier, Balthasar – An den Rat von Regensburg

„Mir ist fast wohl bewusst, dass ich sollte mich wiederum zu Eurer Weisheit verfügt haben: so hat es von Leibes wegen nit sein mögen nämlich auf den anderen Sonntag nach Ostern. In mittlerer Zeit ist so großer Aussatz und Nachstellung allen denen, die das göttliche, wahr und klar Wort verkündet, zugefallen, dass ich mich nicht hab dürfen wagen. Ferner so hör ich mit großer Traurigkeit, wie in Eurer Stadt Regensburg noch auf diesen Tag mehr der Menschen Tand gepredigt werde, denn das pure Wort Gottes; was mir von Herzen leid ist; denn was nicht aus dem lebendigen Worte hervorfleußt, das ist tot vor Gott. Deshalb sagt Christus: Ergründet die Schrift. Er sagt nicht: folget nach den alten Bräuchen, wie wohl ich solches, als ich erstlich bei Euch gewesen bin, auch nicht getan. Es ist aber unwissend geschehen. Ich bin wie andere mit Menschenlehre verblendet gewesen und besessen. Deshalben ich öffentlich bekenne vor Gott und allen Menschen, dass ich also ein Doktor worden bin und nochmals etliche Jahre bei Euch und anderwo gepredigt und habe doch nicht gewusst den Weg ins ewige Leben. Innerhalb zweier Jahre erst hat Christus angefangen in meinem Inneren zu grünen. Ich habe ihn aber nie so männlich als jetzt aus der Gnade Gottes dürfen predigen. Gott sei es geklagt, dass ich so lange in dieser Krankheit bin krank gelegen. Ich bitt ihn treulich um Verzeihung, ich hab’s unwissend getan; darum schreib ich das. Ob Eure Prädikanten jetzt sagen werden, ich sei jetzt einer anderen Meinung, denn vorher, das bekenn ich und verfluche alle Lehre und Predigt, so ich getan hab bei Euch und anderswo, die in dem göttlichen Wort nicht gegründet sind. Und ob man Euch vorwirft die heiligen Concilia, glaubet’s nicht; man verführt Euch, wie wohl man uns jetzt Jahr und Tag aufgezogen, ein Concilium zu halten, aber es geschieht nicht. Sie wissen wohl, dass eine einzige Frau, und soll es schon die fromme christliche Frau Argula von Stauf sein, mehr weiß des göttlichen Worts, denn solch rote Häubler je sehen und greifen: Ergebt Euch Gott, vertraut ihm, baut auf sein Wort, er wird Euch nicht verlassen; gebt ein kurzes um ein langes (Leben), damit Ihr dort ewig lebt; und man Euch schon darum Ketzer schelten würde, o seid froh, Euer Lohn wird reichlich sein in den Himmeln. Die Sophistenköpfe haben uns bald Ketzer ausgeruft, aber dass sie uns mit der Schrift zu Ketzern machten, da lassen sie den Stein liegen. Gedenkt, dass Nürnberg, Nördling, Augsburg, Ulm, Reutling, Konstanz, St. Gallen, Appenzell, Zürich, Schaffhausen, Basel, Straßburg, Worms, Speier, Mainz und gar noch das ganze Land Sachsen auch nit Narren seien usw.“