Melanchthon an den Rat von Regensburg, 28.11.1542

Den ehrbaren, fürsichtigen Herrn Bürgermeister und Rath der Stadt Regensburg, meinen günstigen Herrn und guten Freunden.

Gottes Gnade durch seinen eingebornen Sohn Jesum Christum unsern Heiland zuvor. Ehrbare, weise, günstige Herren. Ew. Weisheit Schrift habe ich empfangen auf den 25. Tag Novembris, welcher die Jahreszeit ist des Tages, da Maccabaeus den Tempel Gottes zu Jerusalem wieder erobert und reiniget, und den Abgott herausstieß und verbrennet. Wie nun Gott wunderbarliich die Zeit seiner Kirche Hülfe und Rettung gethan, also bitt ich von ganzem Herzen, daß er, der ewige Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi, Ew. W. und andern christlichen Regenten Hülfe und Schutz erzeigen wolle, seine Kirche wiederum zu reinigen und zu erbauen, daß sein Erkenntniß nicht verlösche auf ERden, daß auch viel Menschen ihn recht anrufen und selig werden. Denn wahrlich die Päpstlichen Mißbräuche so groß sind, mit ihren abgöttischen Messen, Heiligendienst, Möncherei, Unwissenheit des rechten Glaubens und Vertrauens auf Christum, daß alle Regenten darein greifen, und sie getrost abthun. Denn solches hat Gott allen Regenten geboten, wie der Psalm spricht: aperite portas principes vestras.

Soviel aber Magistrum Hieronymum Nopum belanget, wird Ew. W. sein Gemüth aus seiner Antwort vernehmen; nämlich, daß er zugesagt, sich zu Ew. W. auf künftige Fasten zu verfügen. Wiewohl ich nun achte, Ew. W. wolle lieber, daß er bald ankäme, und wir ihn dazu vermahnet haben; so hat er doch gebeten, dieser kurzen Zeit halber nicht Beschwerung zu haben. Und dieweil er verständig, gottfürchtig, sehr sittlich und friedlich ist, hoffen wir, er werde durch Gottes Gnade bei euch viel Gutes wirken. Darum wollen Ew. W. der Zeit Gedulg haben. Ich habe lang mit ihm gehandelt, daß er dem Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten und Herrn, Pfalzgrafen Philippsen dienen wollte; er hat sich aber vor dieser Zeit zu keinem Dienst begeben wollen. Nun hat es Gott also geschickt, daß er von Ew. W. erfordert, dazu (ich) ihm, und eurer Kirche Gottes Gnad, Hülf und Schutz wünsche. Ich hoffe auch, er soll zu Gottes Lob und Preis seliglich dienen. Gott bewahr Ew. W. allezeit.
Datum Wittenberg, 28. Nov. 1542
Philipp. Mel.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen IV.
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1837

Hubmaier, Balthasar – An den Rat von Regensburg

„Mir ist fast wohl bewusst, dass ich sollte mich wiederum zu Eurer Weisheit verfügt haben: so hat es von Leibes wegen nit sein mögen nämlich auf den anderen Sonntag nach Ostern. In mittlerer Zeit ist so großer Aussatz und Nachstellung allen denen, die das göttliche, wahr und klar Wort verkündet, zugefallen, dass ich mich nicht hab dürfen wagen. Ferner so hör ich mit großer Traurigkeit, wie in Eurer Stadt Regensburg noch auf diesen Tag mehr der Menschen Tand gepredigt werde, denn das pure Wort Gottes; was mir von Herzen leid ist; denn was nicht aus dem lebendigen Worte hervorfleußt, das ist tot vor Gott. Deshalb sagt Christus: Ergründet die Schrift. Er sagt nicht: folget nach den alten Bräuchen, wie wohl ich solches, als ich erstlich bei Euch gewesen bin, auch nicht getan. Es ist aber unwissend geschehen. Ich bin wie andere mit Menschenlehre verblendet gewesen und besessen. Deshalben ich öffentlich bekenne vor Gott und allen Menschen, dass ich also ein Doktor worden bin und nochmals etliche Jahre bei Euch und anderwo gepredigt und habe doch nicht gewusst den Weg ins ewige Leben. Innerhalb zweier Jahre erst hat Christus angefangen in meinem Inneren zu grünen. Ich habe ihn aber nie so männlich als jetzt aus der Gnade Gottes dürfen predigen. Gott sei es geklagt, dass ich so lange in dieser Krankheit bin krank gelegen. Ich bitt ihn treulich um Verzeihung, ich hab’s unwissend getan; darum schreib ich das. Ob Eure Prädikanten jetzt sagen werden, ich sei jetzt einer anderen Meinung, denn vorher, das bekenn ich und verfluche alle Lehre und Predigt, so ich getan hab bei Euch und anderswo, die in dem göttlichen Wort nicht gegründet sind. Und ob man Euch vorwirft die heiligen Concilia, glaubet’s nicht; man verführt Euch, wie wohl man uns jetzt Jahr und Tag aufgezogen, ein Concilium zu halten, aber es geschieht nicht. Sie wissen wohl, dass eine einzige Frau, und soll es schon die fromme christliche Frau Argula von Stauf sein, mehr weiß des göttlichen Worts, denn solch rote Häubler je sehen und greifen: Ergebt Euch Gott, vertraut ihm, baut auf sein Wort, er wird Euch nicht verlassen; gebt ein kurzes um ein langes (Leben), damit Ihr dort ewig lebt; und man Euch schon darum Ketzer schelten würde, o seid froh, Euer Lohn wird reichlich sein in den Himmeln. Die Sophistenköpfe haben uns bald Ketzer ausgeruft, aber dass sie uns mit der Schrift zu Ketzern machten, da lassen sie den Stein liegen. Gedenkt, dass Nürnberg, Nördling, Augsburg, Ulm, Reutling, Konstanz, St. Gallen, Appenzell, Zürich, Schaffhausen, Basel, Straßburg, Worms, Speier, Mainz und gar noch das ganze Land Sachsen auch nit Narren seien usw.“

Luther, Martin – An den Stadtrath von Regensburg. 1523

26. August 1523

Gnad und Fried in Christo, Amen. Ehrsamen, weisen, lieben Herren, Es ist von mir durch gute eure und meine Freund begehrt, an E. Weisheit ein Schrift zu thun, und zu ermahnen, daß nachdem bey euch in eurer Stadt die päpstliche Priesterschaft mächtig und dem Evangelio Gottes widerständig viel Mal dem armen Volk das heilsame Wort Gottes zu predigen verwehret, etlich auch drob verjagt, unter welchen auch nämlich dieser Meister Hans Plaumacher einer ist: zuletzt E. W. wollten sich auch merken lassen als die Liebhaber des Evangelii, und der verblendten Priester-Tyranney und Pfaffen-Frevel nicht allerding ihrs Muthwillens gestatten, die armen Seelen ihrer Seeligkeit zu berauben, sondern einen evangelischen Prediger verschaffen und denselben handhaben, wie viel ander christlich Städte und Gemeinen in deutschen Landen thun.

Nun höre ich, es läge fast das im Wege, daß die schöne Maria nicht leiden will, so man sie antastet; und doch das Evangelium nicht kann schön werden, die schöne Maria werde denn häßlich. Denn wo ich so viel gelten würde, daß mir E.W. glaubte, wollte ich leichtlich erweisen, daß der Teufel, nachdem die Juden vertrieben sind, sich selbst an ihrer Statt gesetzt und durch den hochgelobten Namen Maria falsche Zeichen thut, und euch sammt vielen andern betrügt 1). Denn so er die Macht hat, daß er auch göttlicher Majestät Namen, Christus Namen und des heiligen Geists Namen thut und darf fürwenden: wie sollt er denn nicht Marien Namen oder eines geringern Heiligen Namen aufwerfen? Auch ist das ein gewiß Zeichen des Teufels, daß die Leut so schwinde zulaufen, als die Unsinnigen, so doch der heilige Geist ein Geist des Raths ist, der nicht so ungestüm fähret, auch nicht lehret Gesind dem Herrn entlaufen, sondern Gehorsam halten. Darumb bitt ich, lieben Herrn, wolltet zuvor den Geist versuchen lassen, wie St. Johannes lehret, und nicht alsbald zufallen, ob er Zeichen fürgebe. Wir sind nicht so fromm, daß die Heiligen sollten sich so offentlich zu uns thun, das glaubt sicherlich. Hiemit befehl ich E.W. Gottes Gnaden, und laßt diesen Meister Hans samt seines gleichen befohlen seyn, Amen. Zu Wittenberg, am Mittwoch nach Bartholomäi 1523.

Martinus Luther.

1) Kurz zuvor wurden die Juden aus Regensburg vertreiben und an die Stelle ihrer zerstörten Synagoge eine Kapelle für Maria mit einem wunderwirkenden Marienbild errichtet, das viele spendenfreudige Pilger anzog.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedenken, vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe, aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Wilhelm Martin Leberecht de Wette, Professor der Theologie zu Basel Vierter Theil. Berlin, bey G. Reimer. 1827.