Frid und lieb Christi. Dein schreiben erwirdiger doctor Martine und bruder in Christo, das Du am freytag nach Sant Thomastag im vier und zweintzigsten jar gethan hast, ist fast langsam mir zukomen, als nemlich ist heut dato, und wunscht, daß mirs ehr worden were. Unser freundschaft begere ich ernstlich und treulich widerumb aufgericht zu werden nach weisung der warheit. Dann ich will sonst nyemant denn Christum zum hauptsacher unser irrung und zwispeldickeit abzuleynen haben, welche warlich zwischcen uns mit grossem nachteil der christenlichen kirchen erwachsen ist und dem gedeyen des euangelions vil mer entzogen hat, denn ich je gemeint hett, welchs wir wider hinlegen mussen. Derhalben bringe mir zuwegen ein geleyt von unsern durchl. fursten dem churfursten und seiner c.g. brudern, meinen gnedigen herrn, wie Du mir zusagest, so will ich zustund ankumen. Du solt mir aber ein genugsams sicher gleyt erlangen. Dann es ist das gerucht, dass mir ire f. g. ungnedig seind, dass vil leut Dir zumessen, als habstu dasselb zu wegen gebracht. Demnach will ich on ein gleit auch nicht einen fuß verwenden, und das haben mir verstendige freund geraten. Warumb solt ich mich auch in fare geben, weil Du mir doch wilt und kanst ein gleit gantz leichtlich erlangen.
Mir gefellt auch wol, daß Du die sach allein wider mich wilt treiben, dann ich will auch also thun, als wer ich mit der person tot. Darumb laß uns den alden Adam außthun, bruderlich zusamen treten, mit dem harnasch der warheit becleiden, und uns das wort gottes lassen beheiligen, wenn mir mit einander reden werden. Gegen der hellen rede Christi und den klaren gerichten gottes will ich weicher sein, den der schnee gegen dem heissen feur und will ehr zulaufen, denn ein tayle zu einem erwermten ecsteyn, wenn er geriben wirt. Derhalben hastu von hertzen geschriben, dafur ichs achte, so wirdestu das zugesagt gleit bald zuwegen bringen. Dann sobald ich das gleit bekum, so will ich mit dem furderlichsten, als mir muglich kummen. In dess gehab Dich wol in Christo mitsampt unsern brudern bey Dir. Datum am achtzehenden tag des Februarii Anno XXV.
Postsc. Wenn meine schweger zu Dir kumen, so troste sie in dem hern, sie sollen sich nicht bekumern, dan Christus ist mir nit fast ungnedig, durch des wundersam schutz und rat mir bisher ist geholfen worden. Dann ich hab in alleweg mussen gepeynigt und angefochten werden, sonst hett mich der herr wol doheym behuten mugen, wiewol die hellische pforten ergrimmet weren worden, wenn gott nicht gesehen hett, dass es mir gut were. Ich weiß nu wieuil ich vom hern hab, denn ich nicht wolt, daß die, so ich lieb habe mit einem aug oderfinger zuentgegen sein solten. Got gebe, dass wir zu seiner eren zusamen kummen, dann ich were mich nicht, under disem allermechtigsten und allergetreuesten hern lenger in fare zusteen und in seynem heer zukriegen. So bin ich gemeinem frid und unser freuntschaft zu gut berayt vom nienniglich mich zuweisen lassen. Allein schick mir bey disem boten ein furstlich sicher gleyt, das Du mir aus eigenem bewegnus zugesagt hast, oder Du wirdest sonst zu mir in das elend kummen mussen, welchs ich um Deines frummen willen nicht wolt. Darumb wirts vil besser sein, das Du mir das gleyt schickest, das ich auch aus craft Deiner starcken zusage begere. Gehab dich abermals wol durch Christum.
Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefwechsel mit vielen unbekannten Briefen und unter vorzüglicher Berücksichtigung der De Wette’schen Ausgabe Herausgegeben von Dr. C.A.H. Burkhardt Grossherzogl. und Herzogl. Sächs. Archivar Leipzig Verlag von F. C. W. Vogel 1866