Nr. 665 (C. R. – 3401)
Vgl. 664. Der Brief ist wohl nur ein Auszug aus dem eigentlichen Schreiben Calvins, den Blaurer unter Weglassung einiger Teile für einen andern machte. Brenz hatte auf Geheiß Christophs von Württemberg eine Schrift gegen Bullinger geschrieben.
Hemmungen und Fortschritte des Evangeliums in Frankreich.
Die Lage Frankreichs ist noch nicht so wohlgeordnet, wie du glaubst. Der König von Navarra ist noch ebenso schwach wie früher. Aus der Königin-Mutter ist zuweilen ein Zugeständnis herauszulocken; aber selbst das immer voll Hinterlist und Untreue. In vielen Städten haben sich die Papisten zusammengerottet, und es ist bis zum Morden gekommen. In Paris sind sie zweimal kräftig zurückgeschlagen und bös mitgenommen worden. Der Gerichtshof, das so genannte Parlament, schweigt nicht nur dazu, sondern scheint es als Gewinn anzusehen, wenn der Fanatismus gegen uns wieder aufflammt. Fast unglaublich aber ists, wie trotzdem das Reich Christi sich nach allen Richtungen ausbreitet. Von überallher verlangt man Pfarrer von uns, und obschon wir längst keine mehr haben, so nehmen wir doch noch den Bodensatz um ihres zudringlichen Forderns willen. Das Toulouser Parlament ist noch grausamer als das Pariser. Viele sind noch im Kerker; einige sind neulich verbrannt worden. Hätte sich nicht die Königin von Navarra, die sich viel mutiger und mannhafter benimmt als ihr Gatte, ins Mittel gelegt, es wären viele Gemeinden schwer heimgesucht worden. Es wäre sehr wenig Hoffnung, wenn nicht Gott bei der Aufrichtung von seines Sohnes Reich öfters verworrene Anfänge zu erfreulichem Ausgang brächte. Da ich sehe, dass in den Herzen aller Frommen unüberwindliche Freudigkeit herrscht, die keinem Schreckmittel weicht, so hält mich gute Zuversicht aufrecht.
Indessen feiern die Lutheraner weiter ihre Orgien. Ich habe vor, diese Midianiterangriffe weiterhin stillschweigend zu verachten; denn besser können sie nicht vernichtet werden, als wenn man sie ihrer eigenen Wut überlässt. Brenz hätte seinen Ruf besser gewahrt, wenn er geschwiegen hätte. Nun ist er so weit gegangen in seiner Dummheit und seinem Wahnwitz, dass er sich mehr Schande geholt hat, als selbst seine Gegner gewünscht hätten. Wirklich, diese eine Tat muss ihm eine Schmach bleiben bis über das Grab hinaus.
[Mai 1561.]