Nr. 388 (C. R. – 1884)
Dank für das günstige Gutachten.
Endlich ist unser Bote zurückgekommen, sechs Tage, nachdem ich deinen Brief erhielt. Die Schaffhauser antworten fromm und mutig, die Basler nüchtern. Sie geben uns nämlich fast keinen Rat; sondern sie schicken nur ihre Gesetze [über Kirchenzucht], ohne damit aber ein Urteil abgeben zu wollen. Unser Bruder Sulzer entschuldigt sich eifrig, er habe nicht mehr erreichen können. Wie energisch du aber, bester, verehrtester Bruder, dich mühtest, uns zu helfen, erkenne ich an mancherlei. Jedenfalls hat auch unser lieber Herr Gwalther sein Teil dazu getan. Wie es auch komme, – ich bin Euch für Eure außerordentliche Treue und Euren großen Eifer mehr verpflichtet, als ich sagen kann; der Herr aber, für den Ihr Euch Mühe gegeben habt, wird es Euch reichlich vergelten. Mir soll es sicher an gutem Willen gegen Euch nicht fehlen. Im Rat ist noch nichts verhandelt worden, weil die Briefe noch beim Übersetzer sind. Weil wir mit sehr bösen Verleumdern zu tun haben, werden sie uns noch allerlei Händel anrichten. Doch hoffe ich auf Sieg oder wenigstens einen erträglichen Ausgang. Sobald etwas geschehen ist, will ich dafür sorgen, dass du es erfährst. Denn wir können uns beide Glück wünschen, wenn es nach Wunsch gelingt.
Mein Büchlein gegen Servet wird auf die nächste Frankfurter Messe erscheinen; ich werde darin den Stoff, den du von mir behandelt wünschst, kurz berühren. Über die Leute, die [gegen Servets Hinrichtung] reden, habe ich mich nur persönlich bei dir beklagt, dabei aber beschlossen, ihre Namen nicht zu nennen, und es auch so gehalten, damit nicht die Schande von einigen Leuten eine ganze Kirche treffe. Sie sinds auch wert, dass ewiges Stillschweigen sie deckt. Was mir zuerst nicht in den Sinn gekommen war, das zeigte mir dann der weitere Verlauf der Sache als nützlich, nämlich Euer Gutachten über Servet in das Buch aufzunehmen. Im Vertrauen auf Eure Freundlichkeit habe ich es mir erlaubt. Findet mein Plan deine Zustimmung nicht, so will ichs zu ändern suchen. Lebwohl, edelster Mann, trefflicher Diener Christi und verehrter Amtsbruder. Der Herr fahre fort, dich mit dem Geist der Klugheit und Kraft zu leiten und Eure Kirche zu behüten. Grüße deine Kollegen und deine Familie angelegentlichst von mir. Meine Kollegen, Herr Celso di Martinengo, Herr Budè und andere Brüder lassen dich ehrerbietigst grüßen.
Genf, 31. Dezember 1553.
In Wahrheit dein
Johannes Calvin.