Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel.

Unterstützung der Refugianten. Die Gutachten der Schweizer Kirche.

Ein paar gute Leute haben Geld gesandt zur Unterstützung flüchtiger und verbannter Brüder. Ein Drittel solle bei uns verteilt werden, zwei Drittel bestimmten sie für die Armen bei Euch und in Lausanne. Unser Beza wird dir 25 Sonnengulden zukommen lassen. Weil sich aber, soviel ich weiß, wenige Refugianten wenigstens der Art, wie sie sonst wo so häufig sind, nach Neuchatel begeben haben, so erwäge, wenn eben keine dringende Not besteht, nach deiner Treue und Klugheit, ob damit auch die Armut anderer Leute erleichtert werden darf. Ich will nicht verlangen, du mögest es uns wieder zurückschicken, aber daran möchte ich dich erinnern, dass du, wenn es dir gut scheint, einen Teil den armen Straßburgern schicken kannst. Freilich will ich nichts vorschreiben; aber weil ich fürchte, es könnte dich dasselbe Bedenken belästigen, so will ich dem lieber zuvorkommen. Endlich ist auch der Bote aus der Schweiz zurückgekommen. Morgen wird über die Gutachten auf dem Rathause verhandelt. Ich erwarte großes Gezänk, doch wird der Ausgang vielleicht erfreulicher sein, als die Bösen vorher meinten; sie lassen den Kamm nun wieder abschwellen. Aber es ist auch bei der Gegenpartei gar kein Mut. Sobald wir die bevorstehenden Kämpfe durchgefochten haben, will ich dir von allem ausgiebiger schreiben. Lebwohl, bester Bruder, und unterstütze uns mit deinem Gebet.

Genf, 31. Dezember 1553.

Die Zürcher raten klug von jeder Änderung ab. Die Basler senden, ohne ein eigenes Urteil beizufügen, eine Kopie ihrer Gesetze. Am mutigsten von allen sind die Schaffhauser. Unsere Nachbarn [in Bern] behandeln eben die Sache spöttisch kühl, wie ich mir von Anfang an dachte. Grüße die Brüder und Freunde angelegentlich von mir. Der Herr sei stets mit Euch und behüte Euch.

Dein
Johannes Calvin.