Calvin, Jean – An Pfarrer Hans Haller in Bern.

Bern als Asyl der Gegner Calvins.

Darauf möchte ich dich aufmerksam machen, dass alle Böswilligen, sobald sie in Bedrängnis kommen, [zu Euch] als in eine allen gemeinsame Zufluchtsstätte fliehen, um zu ihrer Verteidigung Anschuldigungen vorzubringen, die dazu erfunden sind, uns verhasst zu machen. Damit nicht zufrieden, widerstreben sie auch, wenn niemand sie belästigt, unaufhörlich meiner Wirksamkeit, die doch, nach aller Guten Urteil, der Kirche Gottes nur von Nutzen ist. Meinetwegen wäre es ihnen ja gern erlaubt, mich ungestraft zu verlästern, denn es ist nichts besser, als das Bellen solcher Hunde zu verachten. Aber von Euch muss solche Frechheit im Zaum gehalten werden. Nun ist da ein gewisser Marcourt, ein Mensch von ganz unruhigem Wesen, oder, um einmal die Wahrheit zu sagen, ein Verrückter, der sich nun rühmt, er wolle irgendeine Erklärung gegen mich vorbringen, weil ich geschrieben habe, die Verheißung Gottes genüge zum Seelenheil der Christenkinder, wo die Taufe unmöglich sei. Er aber behauptet, die symbolische Handlung sei heilsnotwendig, und zwar so sehr, dass die Verheißung an sich nichts nütze. Ohne Zweifel erkennst du es als deine Pflicht an, derartig aufdringliche Dummköpfe zur Ordnung zu bringen. Wenn weiterhin, um meine persönlichen Angelegenheiten bei Seite zu lassen, in der Bestrafung der lasterhaften Pfarrer nicht strengere Zucht angewendet wird, so wird bald der ganze Stand in bösem Wahnsinn entbrennen, so dass keine Rettung mehr ist. Ich möchte dir das also ernstlich einprägen, damit wir wenigstens einen kleinen Versuch dazu zu spüren bekommen. Lebwohl.

Genf, 14. März 1549.