Luther, Martin – An seine Frau, aus Eisleben vom 7. Februar 1546.

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Meiner lieben Hausfrauen Katherin Lutherin, Doctorin, Selbsmartyrin[i] zu Wittenberg, meiner gnädigen Frauen zu Handen und Fußen.

Gnad und Fried im Herrn. Liese, du liebe Kethe, den Johannem und den kleinen Catechismum, davon du zu dem Mal sagetest: Es ist doch alles in dem Buch von mir gesagt. Denn du willt sorgen für deinen Gott, gerade als wäre er nicht allmächtig, der da konnte zehen Doctor Martinus schaffen, wo der alte einige alte ersoffe in der Saal oder im Ofenloch oder auf Wolfes Vogelheerd. Laß mich in Frieden mit deiner Sorge, ich hab einen bessern Sorger, denn du und alle Engel sind. Der liegt in der Krippen und hänget an einer Jungfrauen Zitzen; aber sitzet gleichwohl zur rechten Hand Gottes des allmächtigen Vaters. Darum sey in Frieden, Amen.

Ich denke, daß die Hölle und ganze Welt musse itzt ledig seyn von allen Teufeln, die vielleicht alle umb meinetwillen hie zu Eisleben zusammen kommen sind[ii], so fest und hart stehet die Sache. So sind auch hie Juden bei funfzig in einem Hause, wie ich dir zuvor geschrieben. Itzt sagt man, daß zu Rißdorf hart vor Eisleben gelegen, daselbst ich krank war im Einfahren, sollen aus- und einreiten und gehen bei vierhundert Juden. Graf Albrecht, der alle Grenze umb Eisleben her hat, der hat die Juden, so auf seinem Eigenthum ergriffen, Preiß gegeben. Noch will ihnen niemand nichts thun. Die Gräfin zu Mansfeld, Wittwe von Sollms, wird geachtet als der Juden Schützerin. Ich weiß nicht, obs wahr sey; aber ich hab mich heute lassen hören, wo mans merken wollte, was meine Meinung sey, groblich genug, wenns sonst helfen sollt. Betet, betet, betet und helft uns, daß wirs gut machen. Denn ich heute im Willen hatte, den Wagen zu schmieren in ira mea[iii]; aber der Jamer, so mir für fiel, meines Vaterlandes hat mich gehalten. Ich bin nu auch ein Jurist worden. Aber es wird ihnen nicht gedeihen. Es wäre besser, sie ließen mich einen Theologen bleiben. Kome ich unter sie, so ich leben soll, ich mocht ein Poltergeist werden, der ihren Stolz durch Gottes Gnade hemmen mochte.

Sie stellen sich, als wären sie Gott, davon mochten sie wohl und billig bei Zeit abtreten, ehe denn ihr Gottheit zur Teufelheit würde, wie Lucifer geschah, der auch im Himmel für Hoffart nicht bleiben kunnte. Wohlan, Gottes Wille geschehe! Du sollt M. Philipps diesen Brief lesen lassen: denn ich nicht Zeit hatte, ihm zu schreiben, damit du dich tresten kannst, daß ich dich gern lieb hätte, wenn ich konnte, wie du weißest, und er gegen seine Frauen vielleicht auch weiß, und alles wohl verstehet. Wir leben hie wohl, und der Rath schenkt mir zu iglicher Mahlzeit ein halb Stübigen Rheinfall, der ist sehr gut. Zuweilen trink ichs mit meinen Gesellen. So ist der Landwein hie gut, und naumburgisch Bier sehr gut, ohn daß mich dünkt, es machet mir die Brust voll Messmale mit seinem Pech. Der Teufel hat uns das Bier in aller Welt mit Pech verderbet, und bei euch den Wein mit Schwefel. Aber hie ist der Wein rein, ohn was des Landes Art giebt. Und wisse, daß alle Briefe, die du geschrieben hast, sind anher komen, und heute sind die komen, so du am nächsten Freytag geschrieben hast mit M. Philipps Briefen, damit du nicht zernest. Am Sonntag nach Dorotheens Tag, 1546.

Dein lieber Herr

M. Luther

 

[i] Das Wort ist undeutlich im Manuscript. Andere lesen es Stromackerin

[ii] Die Streithändel der Grafen, welche, wie Luther gegen Melanchthon klagt, durch die Juristen sogar bose geworden waren, daß er an ihrer Ausgleichung schier verzweifelt hätte

[iii] d, i. in meinem Zorn. Die Drohung Luthers, abzureisen, schlug durch und machte die harten Gemüther zur Einigung geneigt.