Nachricht über die glückliche Ankunft in Eisleben.
Meiner herzlieben Hausfrauen Katharin Lutherin Doctorin Zulsdorferin, Säumärkterin und was sie mehr seyn kann.
Gnade und Friede in Christo, und meine alte arme Liebe, und, wie ich weiß, unkräftige, zuvorn. Liebe Käthe! Ich bin ja schwach gewest auf dem Wege hart fur Eisleben, das war meine Schuld. Aber wenn du wärest da gewesen, so hättest du gesagt, es wäre der Juden oder ihres Gottes Schuld gewest. Denn wir mußten durch ein Dorf hart fur Eisleben[i], da viel Juden inne wohnten; vielleicht haben sie mich so hart angeblasen. Eo sind hie in der Stadt Eisleben itzt diese Stunde über 50 Juden wohnhaftig. Und wahr ists, da ich bey dem Dorf war, ging mir ein solch kalter Wind hinten in Wagen ein auf meinen Kopf durchs Baret, als wollt mirs das Hirn zu Eis machen.
Solchs mag mm zum Schwindel etwas haben geholfen; aber itzt bin ich Gott Lob wohl geschickt, ausgenommen, daß die schonen Frauen mich so hart anfechten, daß ich wider [weder] Sorge noch Furcht habe fur aller Unkeuschheit.
Wenn die Hauptsachen geschlichtet wären, so muß ich mich dranlegen die Juden zu vertreiben. Graf Albrecht ist ihnen feind, und hat sie schon Preis gegeben, aber niemand thut ihn noch nicht. Wills Gott, ich will auf der Kanzel Graf Albrecht helfen und sie auch Preis geben[ii].
Ich trinke Neunburgisch Bier fast des Schmacks, den du von Mansfeld mir etwa hast gelobet. Es gefällt mir wohl, macht mir auch des Morgens wohl drey Stuelen in dreyen Stunden.
Deine Sohnichen sind von Mansfeld gefahren ehegestern, weil sie Hans von Jena so demüthiglich gebeten hatte; weiß nicht, was sie da machen. Wenns kalt wäre, so mochten sie helfen frieren. Nun es warm ist, konnten sie wohl was anders thun oder leiden, wie es ihnen gefället. Hiemit Gott befohlen samt allem Hause, und grüße alle Tischgesellen, Virgilia Purificationis, 1546.
M. L. Dein alten Liebchen.
[i] Rießdorf
[ii] „Denn ich um des gekreuzigten Jüdens willen, den mir niemand nehmen soll, euch Juden allen gerne das Beste thun wollte, ausgenommen, daß ihr meiner Gunst nicht zu eurer Verstockung gebrauchen sollt,“ schrieb Luther einst an einen Juden, der sich mit der Bitte um Fürsprache bei dem Kurfürsten an ihn wendete, sagte dabei auch: „Mein Herz ja gewesen ist und noch, daß man die Juden sollt freundlich halten, der Meinung, ob sie Gott dermaleins wollt gnädiglich ansehen und zu ihrem Messia bringen, und nicht der Meinung, daß sie sollten durch meine Gunst und Forderung in ihrem Irrthum gestärkt und ärger werden,“ Später schrieb er sehr heftig wider ihre Lügen und Lästerungen.